No. 77
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. Oktober
1885
fünfundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1885 Nr. 77 Seite 1]

Anzeigen.

Der hinter den Knecht Heinrich Ferdinand Hermann Schulz, geboren am 5. August 1849 zu Berlin, unterm 19. d. M. erlassene Steckbrief wird hiemit zurückgenommen.
Neustrelitz, den 30. September 1885.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.

Seyberlich.         


Die Stellmacher, Tischler und Böttcher beabsichtigen eine gemeinschaftliche Innung zu gründen, und ist hierzu eine Versammlung in Anwesenheit des Herrn Amtsverwalter Spieckermann am

Sonntag, den 11. October d. J.,
Nachmittags 1 1/2 Uhr,

im Gasthause des Herrn Boye angesetzt, zu welcher sowohl alle Meiste der bisherigen Zünfte genannter Gewerke als auch diejenigen, welche beabsichtigen, der neuen Innung beizutreten, recht zahlreich geladen werden.

Mehrer Meister vorhergenannter Gewerke.

Schönberg i. M., den 1. October 1885.


Montag, den 12. October Nachmittags 3 Uhr,                          
Quartal der Schlachterinnung.
                                                    Der Vorstand.


Hauptversammlung
des Imkervereins:
Sonntag, den 11. October, nachmittags um 2 Uhr.                          


Der am Mittwoch, den 7. October angesetzte Acker= und Wiesenverkauf findet nicht statt.

J. Creutzfeldt.         


Helene Koopmann
Carl Mette
Verlobte.
Niendorf.                                                     Duvennest.


Allen Denjenigen die unsern lieben Sohn zu seiner letzten Ruhestätte geleitet, und Denen, die seinen Sarg mit Kränzen geschmückt haben, sagen wir unsern innigsten Dank.

C. Kähler und Frau.         

Kl. Siemz, den 2. October 1885.


Lampenkuppeln und Cylinder
in jeder Größe empfiehlt zu den billigsten Preisen
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Wagen= und Stallaternen sowie auch Wagenlichte empfiehlt
                                                    J. Ludw. D. Petersen.

J. Ludw. D. Petersen.


Wegen Veränderung der Züge fahre ich Morgens 5 1/2 Uhr von Schönberg und von der Neuen Welt 7 1/4 Uhr.

L. Schütt.         


Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich den Schönberger Markt mit einer sehr großen Auswahl

Schuhwaaren
für Herren, Damen und Kinder
besuchen werde.                                                    
Mein Stand ist vor der Apotheke.
                                 
Hochachtungsvoll
                                                    J. Schleuß, Lübeck.


Empfehle
Böhmische Braunkohlen
und
Schottische Steinkohlen
ab Bahnhof billigst                                                    
                                                    C. Schwedt.


Dr. Pattison's
Gichtwatte
bestes Heilmittel gegen                                                    
Gicht und Rheumatismen
aller Art, als Gesichts=, Brust=, Hals= und Zahnschmerzen, Kopf=, Hand= und Fußgicht, Gliederreißen, Rücken= u. Lendenweh.
In Packeten zu 1 Mark. und halben zu 60 Pfg. bei
Senator Wilh. Heincke.
Assecuranzgeschäft.


Tüchtige Agenten zum Verkauf von Caffee an Private werden gesuchte. Provision 10% nebst einem Fixum von 400 M. Offerten sub F. 777 an L. G. Daube & Co., Hamburg.


Gesucht

Agenten und Reisende zum Verkauf von Kaffee, Thee, Reis u. Hamburger Cigarren an Private gegen ein Fixum von 300 M. u. gute Provision.

Hamburg.                                                     J. Stiller & Co.


Zu Michaelis oder Ostern wird zu Hof=Selmsdorf ein

Deputatknecht
oder
Tagelöhner in Wohnung
gesucht.                                                     J. Breuel.


Gesucht zum 1. November

ein Mädchen

vom Lande zu allen häuslichen Arbeiten, welches melken und backen kann. Lohn 150 M.

Frau Henny Seebohm.         

Kaninchenberg b. Lübeck.


Vor ca. 14 Tagen ist mir ein halbjähriges

schwarzes Kalb

entlaufen. Wer mir dasselbe wiederbringt erhält eine angemessene Belohnung.

                                                    Hauswirth Hans Krellenberg,
                                                    Sülsdorf.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 77 Seite 2]
Auswahl=Sendungen
nach auswärts werden prompt ausgeführt.
An Sonn= und Festtagen sind sämmtliche Geschäftsräume geschlossen.
   Carl Rocholl,
HANNOVER,
Georgstraße Nr. 12.
   Proben,
illustrirte Cataloge
und
Aufträge von 20 M. an franco durch ganz Deutschland.

Seiden-, Manufactur- u. Modewaaren, Gardinen, Möbelstoffe, Teppiche, Weisswaaren,

Versand-Geschäft.    Lager fertiger Costüme und Damenmäntel.
Anfertigung nach Maaß prompt und geschmackvoll.
   Versand-Geschäft.

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Jedes Stück ist mit der Fabrik marke versehen.   

Als neuesten Modestoff empfehle ich eine reiche Auswahl hervorragend schöner und preiswerther

Lindener Zephyr-Köper-Sammete,

sowie alle anderen zu Confections=, Besatz= und Putz=Zwecken vorzüglich geeigneten Sorten von Baumwoll=Sammet der weltberühmten

Mechanischen Weberei zu Linden vor Hannover,

welche durch die höchsten Anerkennungen, wie u. A. die königlich preußische goldene Staats=Medaille und das von Sr. KK. Hoheit Erzherzog Rainer vollzogene Wiener Ehren=Diplom ausgezeichnet wurden.
Ueber die unvergleichliche Schönheit der Lindener Sammete, welche in der ganzen Welt ihren "deutschen Ursprung" als Ehrentitel führen, spricht sich der von achtzehn Preisrichtern aller Nationen ausgefertigte officielle Philadelphiaer Preiskrönungsbericht folgendermaßen aus:
"Gewebe und Appretur prachtvoll! Farben schön, dauerhaft, vortrefflich und so harmonisch glänzend, daß sie dem Stoff das Aussehen des Seiden=Sammets verleihen.
Ein vollständiger Triumph in Bezug auf Qualität und Farbe!"
Ich offerire diese prachtvollen Costüm=, Besatz= und Putz=Sammete wie folgt:

Costüm- Sammete.
Marke F, 56 Cmtr. breit, 2,50 M.
Marke C, 56 Cmtr, breit, 3,25 M.
Marke R, 56 Cmtr. breit, 3,75 M.
In den denkbar schönsten und neuesten Farben.
   Schwarze Sammete.
49 Cmtr breit:
Nr. 10  Nr. 15  Nr. 20  Nr. 25
1,50 M., 1,65 M., 1,85 M., 2 M.
56 Cmtr. breit:
Nr. 30  Nr. 35  Nr. 40  Nr. 45  Nr. 50
2,25 M., 2,50 M., 3 M., 3,50 M., 4 M.
   Besatz- und Putz-Sammete.
Marke H, 49/50 Cmtr. breit, 1,75 M.
Marke G, 56 Cmtr. breit, 2,50 M.
In den denkbar schönsten und neuesten Farben.
   Jedes Stück ist mit der Fabrik marke versehen.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 77 Seite 3]
Mädchen-Jacken. Grösstes Lager Lübecks

Eröffnung der Herbst- und Winter-Saison.
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Feste Preise! Die
Berliner
Streng reelle Bedienung!
Damen-Mäntel-Fabrik
von
M. Jacoby
Breitestraße 51 LÜBECK Breitestraße 51
empfiehlt zur bevorstehenden
Herbst- und Winter-Saison
ihr reichhaltigst sortirtes, mit allen Neuheiten der Saison ausgestattetes Lager
von
Regen- und Winter-Mänteln
vom einfachsten bis hochelegantesten Genre in nur soliden Stoffen, geschmackvoller Ausführung und hervorragend sauberer Arbeit zu billigsten Preisen.
Jede Façon, jede Grösse stets vorräthig.
Ohne Preisangabe ganz erheblich billiger als jede Concurrenz.
Regen- und Winter-Kindermäntel
in allen Grössen zu denkbar billigsten Preisen.

Breitestrasse 51
Abend-Mäntel.


Fleisch-Extract
2 goldene Medaillen
Schutzmarke Fleisch Extrakt
Das reinste und gehaltvollste von alten Sorten Fleisch-Extract.                          
                                                    General-Vertreter
                                                    Ferd. Köhler,
                                                    grosse Altefähre 35, Lübeck.


        Den Bewohnern von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß für die Saison unser, auch dort bekanntes Lager jetzt vollständig assortirt ist. Wir empfehlen unsere

Kleiderstoffe, sowie Winter- und Herbst=Mäntel

in den geschmackvollsten Mustern und billigsten Preisen einem geehrten Publikum zu gefälliger Abnahme.

                                                    Achtungsvoll
Rehtwisch & Borchert.

        Lübeck, den 10. September 1885.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 77 Seite 4]

In Tuchen und Buckskins zu Anzügen, Stoffen zu Winterpaletots von den billigsten bis zu den besten Qualitäten ist unser Lager durch das Eintreffen der persönlich auf der Leipziger Messe gekauften

Neuheiten

complet sortirt.

Gebr. Burchard.         


Kleiderstoffe,
glatt und mit dazu passenden Besätzen, schwarze
Seidenzeuge,
hervorragend schön und preiswerth,                          
Damen- & Kinder-Unterröcke,

aus Filz und Velourstoff, abgesteppt und gestrickt, empfehlen in sehr großer Auswahl

Gebr. Burchard.         


Confection für Damen:

Ganz und halbanliegende Paletots, Pellerinen=Dollmanns und Räder in glatt Double= und Loop=Stoffen, Regenmäntel in verschiedenen Facons, empfehlen große Auswahl zu billigsten Preisen.

Gebr. Burchard.         


Regen- u. Wintermäntel
für kleine Mädchen
Winterüberzieher

für Knaben, in den gangbaren Größen halten vorräthig

Gebr. Burchard.         


Zu ganzen

Ausstattungen

empfehlen: Bettdrelle, Bettbezüge, weiße Leinen, Halbleinen, Hemdentuche, Gedecke, Tischtücher, Servietten, Handtücher, Teppiche, Bettvorleger und Waffeldecken in nur guten Qualitäten und Mustern

Gebr. Burchard.         


Bettfedern

zu verschiedenen Preisen, in staubfreier und frischer Waare sehr billig

Gebr. Burchard.         


Agenten und Reisende

zum Verkauf von Caffee, Thee, Reis, Cigarren an Private gegen ein Beneficium von 600 M. und gute Provision gesucht von G. Hartmann & Sohn. Hamburg, Neuer Wandrahm 1.


Frisch geräucherte Aale
Pr. Fett=Bücklinge
und
Echte=Kieler= Sprotten
empfiehlt                                                     H. Mette.


In Kösters Hotel
am Markttage Tanzmusik
à Tanz 10 Pfennig (Mecklenburg).


Während der Markttage                          
Musikalische Vorträge.
der Gesellschaft Kamm=Altona.
Personal: 4 Damen, 2 Komiker.                          
Um fleißigen Besuch bittet                          
                                                    Ergebenst
                                                    Johs. Krüger.


Sonntag, d. 4., Montag, d. 5. d. Mts. und am Markttage
Gesangvorträge
der Gesellschaft Lewertoff.
                                                    J. Köster Wwe.


Leberwurst, gekochte Mettwurst, Zungenwurst empfiehlt

H. Soltmann.         


Särge

von Eichen= und Tannenholz halten in jeder Ausstattung zu billigen Preisen stets vorräthig und empfehlen

Kiel & Rindfleisch,         
Tischlermeister.               


Das bedeutende
Bettfedern-Lager
Harry Unna in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme
(nicht unter 10 Pfund) gute neue
Bettfedern für 60 Pfennig

das Pfund, vorzüglich gute Sorte für M. 1.25, prima Halbduunen nur M. 1.60.
Verpackung zum Kostenpreis. Bei Abnahme von 50 Pfund 5 pCt. Rabatt. Umtausch gestattet.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
Richtung Lübeck
8,58 Uhr Vorm. 3,13 Uhr und 5,25 Uhr Nachm.
Richtung Grevesmühlen
8,56 Uhr Vorm. 1,12 Uhr und 8,30 Uhr Nachm.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 77 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 77 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 6. October 1885.


        Nr. 18 des Offic. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1885 enthält in der
        II. Abteilung.

(1.) Bekanntmachung, betreffend die Ausführungsvorschriften zu dem Gesetze, betreffend die Erhebung von Reichsstempelabgaben.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die Postkurs=Aenderungen im Fürstenthum Ratzeburg.
        III. Abtheilung:
        Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den Großherzoglich Mecklenburg=Schwerinschen Gerichtsassessor Gustav Brückner zum Landgerichtsrath bei dem hiesigen Großherzoglichen Landgerichte zu ernennen geruht.
        Neustrelitz, den 8. September 1885.


Der Chef der Admiralität veröffentlicht den Abschluß der Untersuchung über den Verbleib der Corvette "Augusta" mit dem Bemerken: "Da seit dem Tage, an welchem die Corvette Perim verließ, 4 Monate vergangen sind, eine Zeit, welche für die Corvette mehr als genügend gewesen wäre, selbst bei eingetretenem Kohlenmangel oder havarirter Maschine einen Hafen zu erreichen, so ist keine Hoffnung mehr vorhanden, daß das Schiff noch schwimmt, die Besatzung noch am Leben ist." Zugleich wird eine kurze Geschichte des verunglückten Schiffes und ein namentliches Verzeichniß der eingeschifften Personen gegeben. Es sind dies Corvettencapitän von Gloeden, Capitänlieutenant Rasche, Capitänlieutenant Hilgendorff, Lieut. z. S. Habermaas, Unterlieutnant z. S. Müller, III. Unterlieut. z. S. Schillbach, Unterlieut. z. S. v. Rosenberg=Gruszczynski, Stabsarzt Dr. Michaelis, Marine=Unter=Zahlmeister Schwencke aus Boizenburg a. E. Ferner 119 Mann von der ersten, 34 von der zweiten Matrosendivision, 25 Mann von der ersten 30, von der zweiten Matrosendivision, 3 Mann vom Seebataillon, 2 Aufwärter und 1 Koch.
Die "Londoner Central News" melden, zwischen Deutschland und Spanien sei nun Einigung erzielt, Deutschland anerkenne die Spanischen Besitzrechte, Spanien gewähre Deutschland freie Schifffahrt, Kohlenstationen etc. Die Vermittelung des Papstes würde nun überflüssig werden. Bestätigung bleibt abzuwarten.
Dem Reichstage sollen bei Wiederzusammentritt sofort die von voriger Session zurückgebliebenen Vorlagen, zum Theil umgearbeitet, zugehen.
In Friedrichsruh werden in den nächsten Tagen noch verschiedene Botschafter und Minister erwartet.
Ende September hat der Herzog von Cumberland ein neues Rundschreiben an die Deutschen Bundesstaaten, mit Ausschluß von Preußen, zur Begründung seine Erbanspruchs auf Braunschweig erlassen.
Am 1. October ist das Unfallversicherungs=Gesetz in Kraft getreten. Von ganzem Herzen darf diesem Gesetz eine große Zukunft und segensreiche Wirkung gewünscht werden. Ein Gutes wird das Gesetz sofort zeitigen, das Ende der trostlosen Prozesse zwischen Arbeiter und Arbeitgeber nämlich.
Der bayrische Landtag ist am Mittwoch in München eröffnet worden. Der vom Finanzminister vorgelegte Budgetentwurf für 1885/86 weist einen Ueberschuß von 7,051 952 M. auf. Für die Zukunft wird eine Stabilisirung des Malzaufschlags und eine Berechnung der Malzsteuer nach dem Gewicht vorgeschlagen. Auch eine neue Subhastationsordnung und ein Gesetz, betr. die Aufbesserung der Beamtengehälter wurde angekündigt. Also zu thun gibt's.
Beim Sozialistenprozeß in Chemnitz kommt es dem Staatsanwalt hauptsächlich darauf an, den Nachweis zu führen, daß die Angeklagten, die Reichstagsabgeordneten Bebel, Auer, Liebknecht u. s. w. einer geheimen Verbindung angehören. Die Angeklagten und ihre Vertheidiger, die Rechtsanwälte Freitag und Munkel, bestreiten das. Das Urtheil wird, da das Material ein sehr großes ist, erst am 7. October verkündet werden können.
In der Garnisonkirche in Jena wurde eine eiserne Tafel aufgefunden, die an den 1700 gestorbenen Bürgerm. von Jena Jos. Hoffmann und seine Frau El. Dor. Luther erinnert, die dort begraben sind. El. Dor. Luther wird als des "theuern Mannes Gottes Hrn. M. Luthers Sohnes Tochter, anno 1624 in Zeitz geboren," bezeichnet.
Ueber die Vorgänge auf der Balkanhalbinsel läßt sich heute noch nicht viel sagen. Die Botschafter haben in Konstantinopel eine Vorbesprechung gehabt, Herr von Radowitz, der deutsche, ist angelangt, die Großmächte halten an einem gemeinsamen Vorgehen fest und werden bemüht sein, den Frieden aufrecht zu erhalten. Es fragt sich jedoch, ob ihnen das gelingen wird, denn unter den Völkern und den "interessanten" Nationalitäten der Balkanhalbinsel herrscht sehr große Erregung. Es rüstet jetzt alles, als ob das Geld auf der Straße läge. Die Türkei, Serbien, Griechenland, die Albanesen, Bulgaren, nur Rumänien ist noch verhältnißmäßig vorsichtig, der rumänische Ministerpräsident ist in Wien gewesen und jetzt in Berlin angelangt. In Philippopel bei seinem Bruder ist dagegen Prinz Franz Joseph von Battenberg eingetroffen. Die bulgarischen Truppen werden nach den Grenzen vorgeschoben, die serbischen und türkischen gleichfalls.
In der Türkischen Armee soll eine heftige Erregung gegen die geduldige Friedenspolitik des Sultans sich geltend machen. Osman Pascha, den die Armee als ihren actionslustigen Führer ersehnt, wird im Sultanspalaste festgehalten.
Grévy läßt officiös erklären, daß er bereit sein würde, die Präsidentschaft wieder zu übernehmen, wenn das Land ihn nach Ablauf seiner Amtszeit abermals an die Spitze der Republik beruft.
König Oskar von Schweden hat eben ein Werk über die Europäische Politik von 1864 bis 1872 vollendet.
Aus Anam werden neue, große Christenmassacres gemeldet.
Ein furchtbarer Orkan hat die Stadt Falsenoint in Bengalen fast vollständig zerstört. 300 Personen sind dabei umgekommen.


- Häufig wird die Frage aufgeworfen, wie Fürsten reisen, namentlich ob dieselben Fahrvergünstigungen genießen. Die Antwort darauf wird manchen Leser interessiren: Der Kaiser sowohl als die königlichen Prinzen von Preußen zahlen sowohl auf Privat= als auch auf Staatsbahnen den vollen tarifmäßigen Preis, sei es für einzelne Billets, sei es für Extrazüge. Eine Ausnahme besteht für Kaiser und Kaiserin für die Strecke Cassel-Frankfurt, für welche der frühere Landesherr bei der Concessionsertheilung sich freie Fahrt ausbedungen hatte, die auch dem Kaiser und König von Preußen als Rechtsnachfolger jetzt zusteht. - Der Reichskanzler hat als solcher keine Fahrpreisvergünstigung. Dagegen wurde dem Fürsten Bismarck nach 1870 vom "Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen" ein Salonwagen geschenkt, mit Recht freier Beförderung desselben auf allen dem Verein angehörigen Bahnen und dies Recht auch durch Verfügung des früheren Ministers für Handel und Gewerbe auf die Staatsbahnen ausgedehnt.
- Wichtig für Gasthofsbesitzer ist folgende Entscheidung des Landgerichts in Cottbus. Ein Geschäftsreisender, der mit einem wohlgefüllten Musterkoffer abstieg, ließ nur sein Handgepäck auf sein Zimmer bringen, den Koffer aber unten im Hausflur stehen. Einige Tage darauf war der Koffer vom Hausflur gestohlen. Der Wirth ließ sich wegen Ersatz des Wertes des Koffers verkla=

[ => Original lesen: 1885 Nr. 77 Seite 6]

gen, machte alle möglichen Einwendungen, wurde aber schließlich doch verurtheilt und mußte den vollen Werth ersetzen.
- Der verwunschene Hausschlüssel. Studiosus Lämmle kommt als "krasser Fuchs" in X. an, wird schleunigst auf den "Pflug" geschleppt und thut daselbst manch ungewohnten Männertrank. Im Laufe des Abends beklagt er sich über das außergewöhnlich große Format der Xer Hausschlüssel und wird von seinem Nachbar, dem langen "Sambo", darüber belehrt, daß es in X. allgemeine Studentensitte ist, die in der That riesengroßen Hausschlüssel nicht in die Tasche zu stecken, sondern an der Schnalle des Beinleides zu befestigen. Diese praktische Methode leuchtete ihm außerordentlich ein, und bald sieht man auch am unteren Ende seines Rückens - die Röcke werden ja bekanntlich ausgezogen - den Hausschlüssel baumeln. Der Nachhauseweg wird unter Ueberwindung einiger Schwierigkeiten glücklich vollzogen. Nun kommt die große Aufgabe, die Thür zu öffnen. Lämmle's umnebelter Geist geräth nicht auf den naheliegenden Gedanken, daß man zu diesem Zwecke den Hausschlüssel einfach abschnallt, sondern spinnt in der Voraussetzung, daß sein Körper mit dem Hausschlüssel eng verbunden sei, die kühnsten Combinationen, wie man nun den Schlüssel eigentlich in das Schlüsselloch hineinbefördert. Endlich hat er es gefunden. Mit hochgehobenen Rockschößen, die linke Hand als Steuer für den horizontal gehaltenen Hausschlüssel brauchend, nähert er sich rückwärts gehend der Thür. Zwei, drei Versuche mißlingen - endlich ist der Schlüssel im Schloß. Aber jetzt - schrecklicher Gedanke! Wenn er den Schlüssel herumdrehen soll, muß er sich ja mit drehen! Wie soll das werden, wenn jetzt der ganze Lämmle sich einmal um sich selbst drehen muß, damit der Schlüssel das Schloß öffnet? O, Lämmle, hättest Du doch nicht so viel getrunken! Wie kannst Du in diesem Zustande Dir den nöthigen Ruck geben, um Deine ganze Figur in die gewünschte Kreisbewegung zu versetzen? Schon sieht er sich im Geiste, wie der Kopf unten am Fußboden angelangt ist, während die Füße hilflos nach oben zappeln, da er nicht im Stande ist, den ihm als Naturwissenschafter so wohl bekannten "todten Punkt" zu überwinden. Glücklicherweise strebt in diesem Augenblick ein Commilitone, der nicht ganz soviel getrunken hat, den häuslichen Penaten zu, brummt ihm zunächst einen "dummen Jungen" auf und befreit ihn dann aus seiner fatalen Lage.
- Im Wiener Jagdclub trieb man es eines Abends stark im Jägerlatein. Da ergriff Maler Canon das Wort und alles schwieg. Ich besitze, fing er an, einen feinrassigen Hühnerhund, Diana bewahre ihn vor einem Schnupfen, denn eine zweite solche Nase gibts nicht mehr. Wir waren eines Tages erst auf einer Hühnerjagd, hatten, wie man zu sagen pflegt, Pech und nach dreistündiger Wanderung noch keinen Schuß gethan, da steht plötzlich mein "Fido" und wir Alle stehen in Erwartung dessen, nichts fliegt auf, kein Lager sichtbar, aber der Hund steht, wedelt nervös und scharrt mit der Vorderpfote am Fuß eines kleinen Haselstrauches. Wir warten noch ein Weilchen und nähern uns vorsichtig; der Hund scharrt fort, immer eifriger, was er sonst nie zu thun pflegte, endlich, nachdem er schon ein ganz respectables Loch gegraben, nähern wir uns, ja einer von uns hilft sogar dem Hund bei seiner Arbeit; da plötzlich apportirt er mir - eine ganz neue Porzellanpfeife, auf der ein Rebhuhn gemalt war. Ich trage sie immer als Andenken bei mir, und er griff in seine Rocktasche und legte die Pfeife auf den Tisch. Allgemeines Gelächter und mit dem "Jägerlatein" war es an jenem Abend und auch an den folgenden zu Ende.
- In der Umgegend von Metz klagen die Landbewohner neuerdings über das immer frecher werdende Auftreten der Wölfe. Schafherden die Nacht über auf dem Feld zu lassen, wagt kein Mensch mehr, doch auch in den Stallungen mitten in den Dörfern ist das Vieh nicht mehr sicher. Man glaubt, daß sich die Wölfe, da sie in diesem Jahr schon vor dem Beginn des Winters sich so weit aus den Waldungen hervorwagen, in letzter Zeit stark vermehrt haben. Wenn auch noch so oft Treibjagden veranstaltet werden, die Bestien bekommen aus Frankreich her stets wieder neuen Zuzug.
- Bei der Festtafel eines landwirthschaftlichen Vereins kam folgender Trinkspruch unter großem Beifall zum Vortrag:
Drei Worte nenn ich Euch inhaltsschwer,
    Sie spielen die große Rolle.

Beim Landmann, und säß' er auch noch so sehr
    Bis über die Ohren in Wolle.
    Dem Landmann ist aller Werth geraubt,
    Wenn er nicht an die drei Worte glaubt!

"Guter Muth ist wohl das erste Wort,
    'Ne Hauptsach' in jedem Falle.
Nur Muth hilft über die Klippen fort;
    Wer den nicht: der ist alle!
    Den Muth verloren ist Alles dahin,
    Drum guter Muth ist der erste Gewinn.

"Gut Wetter!" das ist das zweite Wort
    Trotz Knochenmehl und Probiren,
Trotz Peru=Guano der beste Hort,
    Gut Wetter geht über's Studiren.
    Ja, plage dich, armer Erdensohn,
Wenn der Himmel nicht will, dann wird Dir kein Lohn.

"Ne gute Hausfrau!" ist's dritte Wort,
    Das ist die Krone von Allem,
Wer die nicht hat im sicheren Port,
    Dem sind die Würfel gefallen.
    Dann plage dich armer Erdensohn:
    Der Segen ist fort: zwei Drittheile schon.

Drum "guten Muth's" in die Zukunft geblickt,
    "Gut Wetter," das kommt nur von oben,
Mit der Hausfrau hat's Allen von uns geglückt,
    Denn ich hör' sie ja alle loben!
    Und wer sie nicht hat, der nehme sie bald,
    Damit ihn nicht später die Reue krallt.

Das sind die "drei Worte" so inhaltschwer,
    Erfahrung giebt davon Kunde;
Dem Landmann wird oftmals der Beutel leer,
    steht er nicht mit ihnen im Bunde.
    Drum laßt uns beim frohen Zusammensein
    Auch diesen "drei Wörtern" ein Gläschen weih'n!"


- Nachstehendes Gedicht von Schiller, zum Geburtsfest der Geh. Kirchenräthin Griesbach in Jena von dessen ältesten Söhnchen vorgetragen, zeigt uns den Dichter von so liebenswürdiger Seite, daß die Kenntniß desselben Vielen erwünscht sein wird. Das Gedicht selbst ist bis jetzt, so viel wir wissen, noch nicht öffentlich bekannt geworden.
           Mach auf Frau Griesbach, ich bin da
           Und klopf an Deine Thür,
           Mich schickt Papa und die Mama,
           Daß ich Dir gratulir!

           Ich bringe nichts als ein Gedicht
           Zu Deines Namens Feier;
           Denn Alles, wie die Mutter spricht,
           Ist so entsetzlich theuer.

           Sag' selbst, was ich Dir wünschen soll,
           Ich weiß nichts zu erdenken,
           Du hast ja Küch' und Keller voll
           Nichts fehlt in Deinen Schränken.

           Es wachsen fast Dir auf den Tisch
           Die Spargel und die Schoten;
           Die Stachelbeeren blühen frisch
           Und so die Renecleauden.

           Bei Stachelbeeren fällt mir ein,
           Die schmecken gar so süße,
           Und wenn sie werden zeitig sein,
           So sorge, daß ich's wisse.

           Viel fette Schweine mästest Du
           Und gibst den Hühnern Futter;
           Die Kuh im Stall ruft muh! muh, muh!
           Und giebt Dir Milch und Butter.

           Es haben alle Dich so gern,
           Die Alten und die Jungen,
           Und Deinem lieben braven Herrn
           Ist alles wohl gelungen.

           Du bist wohl auf; Gott Lob und Dank
           Mußt's auch fein immer bleiben;
           Ja, höre! werde ja nicht krank,
           Daß sie Dir nichts verschreiben.

           Nun lebe wohl! ich sag' Ade
           Gelt, ich war heut bescheiden?
           Doch könntest Du mir, eh' ich geh'
           Ne Butterbemme schneiden.


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