No. 76
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Oktober
1885
fünfundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1885 Nr. 76 Seite 1]

Steckbrief.

Gegen den Knecht (Tischler) Heinrich Ferdinand Hermann Schulz, geboren am 5. August 1849 zu Berlin, zuletzt in Lockwisch, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Hausfriedensbruches verhängt.
Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das amtsgerichtliche Gefängniß zu Schönberg i/M. abzuliefern.
Neustrelitz, den 19. September 1885.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.

R. Funck.         


Der Schneider Johann Vallbracht, geboren am 12. September 1850 zu Alraft, Kreis Eder, zuletzt in Schönberg, wird beschuldigt, als Wehrmann der Landwehr ohne Erlaubniß ausgewandert zu sein, Uebertretung gegen § 360 No. 3 des Strafgesetzbuchs. Derselbe wird auf

Freitag, den 18. September 1885,
Vormittags 10 Uhr,

vor das Großherzogl. Schöffengericht zu Schönberg i. M. zur Hauptverhandlung geladen.
Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach §. 472 der Strafprozeßordnung von dem Großherzogl. Landwehr=Bezirks=Commando zu Neustrelitz ausgestellten Erklärung verurtheilt werden.
Schönberg, den 8. Juni 1885.

Der Amtsanwalt.
Fölsch.


Der Schlachter Ludwig Johann Adolph Rewohl, geboren am 27. August 1855 zu Schwerin, zuletzt in Schönberg i./M., wird beschuldigt, als Ersatzreservist erster Klasse ausgewandert zu sein, ohne von der bevorstehenden Auswanderung der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben, - Uebertretung gegen §. 360 No. 3 des Strafgesetzbuchs.
Derselbe wird auf

den 6. November 1885,
Vormittags 10 Uhr,

vor das Großherzogl. Schöffengericht zu Schönberg i./M. zur Hauptverhandlung geladen.
Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach §. 472 der Strafprozeßordnung von dem Großherzogl. Landwehr=Bezirks=Commando zu Schwerin ausgestellten Erklärung verurtheilt werden.
Schönberg, den 5. September 1885.

Der Großherzogl. Amtsanwalt.
H. Fölsch.


Die Stellmacher, Tischler und Böttcher beabsichtigen eine gemeinschaftliche Innung zu gründen, und ist hierzu eine Versammlung in Anwesenheit des Herrn Amtsverwalter Spieckermann am

Sonntag, den 11. October d. J.,
Nachmittags 1 1/2 Uhr,

im Gasthause des Herrn Boye angesetzt, zu welcher sowohl alle Meiste der bisherigen Zünfte genannter Gewerke als auch diejenigen, welche beabsichtigen, der neuen Innung beizutreten, recht zahlreich geladen werden.

Mehrer Meister vorhergenannter Gewerke.

Schönberg i. M., den 1. October 1885.


Versammlung

der Mitglieder der Zimmer=, Maurer, Maschinenbauer=Krankenkasse ist am Sonntag, den 4. October.

Der Vorstand.          


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

Sonntag, den 4. October,
Vormittags 11 1/2 Uhr präcise im Vereinslokale:
Erste Uebung der Sanitäts=Colonne.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.

Allgemeine Versammlung Sonntag, den 4. October nachmittags 4 Uhr im Vereinslokale.
Tagesordnung: Berathung über die Fahnenweihe und sonstige Vereinsangelegenheiten.

Der Vorstand.         


Heute Morgen 10 Uhr entschlief sanft nach schweren Leiden im 88sten Lebensjahre unser Vater, Schwieger, und Großvater, der Schuhmachermeister

Joachim Heinrich Eckmann,

tief betrauert von den Hinterbliebenen.

Schönberg, den 29. September 1885.

Die Beerdigung findet am Sonnabend, den 3. Oktober, Nachmittags 2 Uhr statt.


Am 28. September verstarb in Rostock unser innigstgeliebter Sohn und Bruder

Dr. phil. J. Kähler,

im Alter von 25 Jahren.

Familie Kähler.         

Kl. Siemz, den 30. September 1885.


Sonntag, d. 4., Montag, d. 5. d. Mts. und am Markttage
Gesangvorträge
der Gesellschaft Lewertoff.
                                                    J. Köster Wwe.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 76 Seite 2]
Auswahl=Sendungen
nach auswärts werden prompt ausgeführt.
An Sonn= und Festtagen sind sämmtliche Geschäftsräume geschlossen.
   Carl Rocholl,
HANNOVER,
Georgstraße Nr. 12.
   Proben,
illustrirte Cataloge
und
Aufträge von 20 M. an franco durch ganz Deutschland.

Seiden-, Manufactur- u. Modewaaren, Gardinen, Möbelstoffe, Teppiche, Weisswaaren,

Versand-Geschäft.    Lager fertiger Costüme und Damenmäntel.
Anfertigung nach Maaß prompt und geschmackvoll.
   Versand-Geschäft.

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Jedes Stück ist mit der Fabrik marke versehen.   

Als neuesten Modestoff empfehle ich eine reiche Auswahl hervorragend schöner und preiswerther

Lindener Zephyr-Köper-Sammete,

sowie alle anderen zu Confections=, Besatz= und Putz=Zwecken vorzüglich geeigneten Sorten von Baumwoll=Sammet der weltberühmten

Mechanischen Weberei zu Linden vor Hannover,

welche durch die höchsten Anerkennungen, wie u. A. die königlich preußische goldene Staats=Medaille und das von Sr. KK. Hoheit Erzherzog Rainer vollzogene Wiener Ehren=Diplom ausgezeichnet wurden.
Ueber die unvergleichliche Schönheit der Lindener Sammete, welche in der ganzen Welt ihren "deutschen Ursprung" als Ehrentitel führen, spricht sich der von achtzehn Preisrichtern aller Nationen ausgefertigte officielle Philadelphiaer Preiskrönungsbericht folgendermaßen aus:
"Gewebe und Appretur prachtvoll! Farben schön, dauerhaft, vortrefflich und so harmonisch glänzend, daß sie dem Stoff das Aussehen des Seiden=Sammets verleihen.
Ein vollständiger Triumph in Bezug auf Qualität und Farbe!"
Ich offerire diese prachtvollen Costüm=, Besatz= und Putz=Sammete wie folgt:

Costüm- Sammete.
Marke F, 56 Cmtr. breit, 2,50 M.
Marke C, 56 Cmtr, breit, 3,25 M.
Marke R, 56 Cmtr. breit, 3,75 M.
In den denkbar schönsten und neuesten Farben.
   Schwarze Sammete.
49 Cmtr breit:
Nr. 10  Nr. 15  Nr. 20  Nr. 25
1,50 M., 1,65 M., 1,85 M., 2 M.
56 Cmtr. breit:
Nr. 30  Nr. 35  Nr. 40  Nr. 45  Nr. 50
2,25 M., 2,50 M., 3 M., 3,50 M., 4 M.
   Besatz- und Putz-Sammete.
Marke H, 49/50 Cmtr. breit, 1,75 M.
Marke G, 56 Cmtr. breit, 2,50 M.
In den denkbar schönsten und neuesten Farben.
   Jedes Stück ist mit der Fabrik marke versehen.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 76 Seite 3]

Den Eingang sämmtlicher neuer Wintersachen zeigen ergebenst an und halten unter billigster Preisnotirung zur geneigten Abnahme uns angelegentlichst empfohlen.

                                                    Diersen & Sommer,
                                                    Schönberg.


U. Beermann & Co.
Lübeck.                                                     Sandstraße 25.

empfehlen außer ihrem sehr reichhaltig assortirten Lager von

Manufactur-, Mode- & Weisswaaren

eine besonders große Auswahl der modernsten

Regen-, Herbst- & Wintermäntel, Jacken, Tricottaillen und Röcke,

nur aus soliden Stoffen, zu sehr billigen Preisen.


        Den Bewohnern von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß für die Saison unser, auch dort bekanntes Lager jetzt vollständig assortirt ist. Wir empfehlen unsere

Kleiderstoffe, sowie Winter- und Herbst=Mäntel

in den geschmackvollsten Mustern und billigsten Preisen einem geehrten Publikum zu gefälliger Abnahme.

                                                    Achtungsvoll
Rehtwisch & Borchert.

        Lübeck, den 10. September 1885.


Jürgensen & Robschuld,
Lübeck, Breitestraße 959.
Vollständiges Magazin
von Haus= und Küchengeräthen,
Lager von Werkzeugen, Eisen- und Kurzwaaren.


Vielfach prämiirt.
Pulverfabrik Rottweil-Hamburg in Hamburg

offerirt als Spezialität den Herren Interessenten ihre unter Verwendung der vorzüglichsten Materialien; sowie auf Grund eingehender Versuche selbst hergestellten

geladenen Jagdpatronen "Waidmannsheil."

Vorzüge im Gebrauch sind: Kernschuß, vorzügliche Deckung, Schonung und Reinhaltung der Waffe, absolute Zuverlässigkeit, civiler Preis.
Die Patronen sind bei unseren sämmtlichen Verkaufsstellen assortirt in System, Caliber, sowie Schrot=Nummer und überall zu Original=Fabrikpreisen erhältlich.
Depositair für Lübeck Herren Grevsmühl & Riesland.
Depositair für Wismar Herren Gebrüder Frahm Nachfolger.
Depositair für Schönberg Herrn C. Schwedt. Kaufmann.

Vielfach prämiirt.


Bekanntmachung.

Ich mache meinen geehrten Kunden die ergebene Anzeige, daß mein Sohn aus meinem Geschäft entlassen ist. Bitte daher Aufträge an mich selbst zu übergeben.

                                                    H. Oldenburg, Tischlermeister,
                                                    Schönberg, Siemzerthor.


Lampenkuppeln und Cylinder
in jeder Größe empfiehlt zu den billigsten Preisen
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Wagen= und Stallaternen sowie auch Wagenlichte empfiehlt
                                                    J. Ludw. D. Petersen.

J. Ludw. D. Petersen.


Zu Michaelis oder Ostern wird zu Hof=Selmsdorf ein

Deputatknecht
oder
Tagelöhner in Wohnung
gesucht.                                                     J. Breuel.


Empfehle
Böhmische Braunkohlen
und
Schottische Steinkohlen
ab Bahnhof billigst                                                    
                                                    C. Schwedt.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 76 Seite 4]

In Tuchen und Buckskins zu Anzügen, Stoffen zu Winterpaletots von den billigsten bis zu den besten Qualitäten ist unser Lager durch das Eintreffen der persönlich auf der Leipziger Messe gekauften

Neuheiten

complet sortirt.

Gebr. Burchard.         


Kleiderstoffe,
glatt und mit dazu passenden Besätzen, schwarze
Seidenzeuge,
hervorragend schön und preiswerth,                          
Damen- & Kinder-Unterröcke,

aus Filz und Velourstoff, abgesteppt und gestrickt, empfehlen in sehr großer Auswahl

Gebr. Burchard.         


Confection für Damen:

Ganz und halbanliegende Paletots, Pellerinen=Dollmanns und Räder in glatt Double= und Loop=Stoffen, Regenmäntel in verschiedenen Facons, empfehlen große Auswahl zu billigsten Preisen.

Gebr. Burchard.         


Regen- u. Wintermäntel
für kleine Mädchen
Winterüberzieher

für Knaben, in den gangbaren Größen halten vorräthig

Gebr. Burchard.         


Zu ganzen

Ausstattungen

empfehlen: Bettdrelle, Bettbezüge, weiße Leinen, Halbleinen, Hemdentuche, Gedecke, Tischtücher, Servietten, Handtücher, Teppiche, Bettvorleger und Waffeldecken in nur guten Qualitäten und Mustern

Gebr. Burchard.         


Bettfedern

zu verschiedenen Preisen, in staubfreier und frischer Waare sehr billig

Gebr. Burchard.         


Agenten und Reisende

zum Verkauf von Caffee, Thee, Reis, Cigarren an Private gegen ein Beneficium von 600 M. und gute Provision gesucht von G. Hartmann & Sohn. Hamburg, Neuer Wandrahm 1.


70 Scheffel gute,

gelbe Eßkartoffel

wünsche ich zu kaufen; Verkäufer wollen sich freundlichst melden bei

B. Gartz.         


Das bedeutende
Bettfedern-Lager
Harry Unna in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme
(nicht unter 10 Pfund) gute neue
Bettfedern für 60 Pfennig

das Pfund, vorzüglich gute Sorte für M. 1.25, prima Halbduunen nur M. 1.60.
Verpackung zum Kostenpreis. Bei Abnahme von 50 Pfund 5 pCt. Rabatt. Umtausch gestattet.


Während der Markttage                          
Musikalische Vorträge.
der Gesellschaft Kamm=Altona.
Personal: 4 Damen, 2 Komiker.                          
Um fleißigen Besuch bittet                          
                                                    Ergebenst
                                                    Johs. Krüger.


Wegen Veränderung der Züge fahre ich Morgens 5 1/2 Uhr von Schönberg und von der Neuen Welt 7 1/4 Uhr.

L. Schütt.         


Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich den Schönberger Markt mit einer sehr großen Auswahl

Schuhwaaren
für Herren, Damen und Kinder

besuchen werde.

Mein Stand ist vor der Apotheke.
                                                    Hochachtungsvoll
                                                             J. Schleuß, Lübeck.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 4. October.

Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Langbein.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
Richtung Lübeck
8,58 Uhr Vorm. 3,13 Uhr und 5,25 Uhr Nachm.
Richtung Grevesmühlen
8,56 Uhr Vorm. 1,12 Uhr und 8,30 Uhr Nachm.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 76 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 76 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. October 1885.


Bei den Manövern in Stuttgart sah Kaiser Wilhelm unter den alten Kriegern einen Veteranen von 1813, der das eiserne Kreuz trug. An ihn heranfahrend bemerkte er, daß dem Alten das Absteigen vom Wagen schwer wurde und rief ihm zu: Bleiben Sie sitzen, ich bin der Jüngere und komme zu Ihnen! Damit stieg er aus und ging auf ihn zu. Der Alte, tief ergriffen stotterte: Mein erhabener Herrscher, das Maß meines Lebens ist voll, seit ich meinen Kaiser gesehen habe! - Der Kaiser lehnte freundlich ab und sagte: Das ist noch lange nicht nöthig, obwohl wir (auf das eiserne Kreuz des Veteranen deutend) die beiden Einzigen unter diesen vielen Tausenden sind, die das Kreuz von 1813 tragen. Allerdings werden wir uns nicht wiedersehen, schloß er, ihm die Hand drückend.
Den großen Preis von 4000 M., den die Kaiserin Augusta auf das beste Modell einer leicht tragbaren Holz=Spital=Baracke ausgesetzt hat, ist den Herren Christoph und Unmack in Kopenhagen zuerkannt worden.
Prinz Wilhelm von Preußen ist in der Hofburg in Wien angekommen und jagt mit dem Kaiser und dem Kronprinzen fleißig auf Hochwild. Auch der Prinz von Wales ist in Wien.
Drei Dinge stehen fest. 1) Alle Großmächte halten eine Botschafter=Conferenz in Constantinopel, um das neueste Stück der orientalischen Frage zu ordnen. Der Sultan schlägt nicht los und die Anderen werden zur Ruhe gebracht werden. 2) Deutschland hat die von Spanien gebotene Genugthuung für das beschimpfte deutsche Wappen angenommen. 3) Der Papst ist Schiedsrichter oder doch Vermittler in der Carolinen=Frage und freut sich darüber. Die Sache wird wahrscheinlich so geordnet, daß der Besitz der Inseln Spanien zugebilligt und den Deutschen und Engländern freie Schifffahrt und freier Handel, auch Anlegung von Schiffs= und Kohlenstationen zugesprochen wird. (Die Reichsregierung soll sich erboten haben auf die Carolineninseln zu verzichten, wenn Spanien volle Handelsfreiheit für die ganze Inselgruppe gewähre.)
Mit dem Seekrieg mit Spanien hat's gute Wege. In der deutschen Flotte werden Ende September alle ausgedienten, an Land oder an Bord von Schiffen in einheimischen Gewässern befindlichen Mannschaften entlassen.
Auch für einen König mag das Wort gelten, daß der Uebel größtes die Schulden sind. Man wird wenigstens immer wieder durch die bayrischen Zeitungen daran erinnert, die sich den Kopf zerbrechen, wie diese Schulden am schicklichsten zu tilgen sind. Wir in Deutschland dürfen aber daran denken, daß der König auch ein großes patriotisches Guthaben aus dem Jahre 1870 hat. Das war sein rasches, festes und entscheidendes Wort: Bayern geht mit Preußen und Deutschland! Und er ging auch voran, als nach dem Siege über Frankreich das deutsche Kaiserthum errichtet wurde. Das ist sein Guthaben, wenn es auch nicht in klingender Münze erstattet werden kann.
In München ist der Oberarzt Dr. Schweninger, ein sehr begabter Bruder des Berliner Dr. Schweninger gestorben.
Der erste Empfänger eines Stipendiums aus der Bismarck=Schönhausen=Stiftung ist ein Mathematiker Dr. Ernst. Er erhielt 2100 Mark auf 2 Jahre für eine Preisarbeit und 1000 M. extra.
Unter dem Titel: "Ein Ausflug nach Straßburg" veröffentlicht die Pariser Zeitung Temps eine ausführliche Schilderung der Entwicklung Straßburgs unter deutscher Herrschaft, in welcher die französische Empfindelei mit der nüchternen Wahrheit einen harten, aber lehrreichen Kampf kämpft, weil der Verfasser trotz innerlichen Wiederstrebens die hohen Verdienste der deutschen Verwaltung anerkennen muß und zwischen den Zeilen zu verstehen gibt, daß die Zukunft der Reichslande dem französischen Einfluß entrückt ist. "Wer Ohren hat zu hören", schließt er, "und Augen zu sehen, kann aus einer Reise nach Straßburg großen Nutzen ziehen. Ich empfehle diese Reise vorzüglich den Politikern, Zeitungsschreibern und Professoren und überhaupt allen denen, die auf die öffentliche Meinung wirken und Einfluß auf die Geschichte des Landes üben. Mehr als ein Thor wird weise von dort zurückkehren."
Welche Ueberraschungen eine Republik bringt. In Frankreich hat der Minister des Innern die Präfekten (Oberpräsidenten) durch Rundschreiben aufgefordert, ihm alle Beamten zu nennen, die sich um eine Abgeordnetenstelle bewerben. Ein zweites Rundschreiben läßt diesen Beamten die Wahl, entweder auf ihre Bewerbung oder auf ihre Beamtenstelle zu verzichten. Viele Leute sind ganz paff über diesen Einfall, obgleich Bismarck einmal einen ähnlichen Gedanken ausgesprochen hat.


- Schönberg, 1. October. In Folge der mit heute eingetretenen Kursänderungen der Meckl. Friedrich=Franz=Eisenbahn haben folgende Posten andere Abgangszeiten erhalten:
       I Pr. Pers. Fuhrwerk nach Rehna 9 Uhr 45 Min. Morgens,
         Pr. Pers. Fuhrwerk nach Carlow 9 Uhr 45 Min. Morgens,
       I Pr. Pers. Fuhrwerk nach Dassow 9 Uhr 45 Min. Morgens,
      II Pr. Pers. Fuhrwerk nach Rehna 8 Uhr 25 Min. Abends,
      II Pr. Pers. Fuhrwerk nach Dassow 8 Uhr 30 Min. Abends.
Ferner fällt wegen der späteren Ankunft des Abendzuges von Lübeck, (13 Minuten später gegen den Winterfahrplan des vorigen Jahres) die Ortsbestellung des Abends weg, dagegen ist neu eingerichtet:
         eine Bestellung um 7 Uhr Morgens und um 6 Uhr Abends.
Es werden demnach von heute ab vier statt früher drei Bestellungen im Ortsbezirke stattfinden.
- Die Germanisirung unserer afrikanischen Kolonien wird allem Anschein nach mit großem Eifer betrieben. So wurden in vergangener Woche vom kaiserlichen Gouvernement in Kamerun hundert große deutsche Handelsflaggen bei der Bonner Hoffahnenfabrik in Bonn bestellt, die wahrscheinlich für die auf dem Kamerunflusse verkehrenden Boote bestimmt sind. Unsere neuen Mitbürger in Afrika werden gewiß viele Freude daran haben.
- Eine ergötzliche Szene spielte sich vor der 91. Abtheilung des Schöffengerichts in Berlin ab. Dort war ein junger Schlosserlehrling angeklagt, weil er einem Kollegen ein Portemonnaie entwendet hatte. In der Verhandlung nahm auch die Mutter des Angeklagten als dessen Beistand das Wort und bat die Richter sehr eindringlich: "Sind Se man so jut un jeben Se ihm blos son'n kleenen Verweis; et hat zu Haus schon de scheenste Keile drum jesetzt, und Se kennen jlooben: Er dhut in seinen janzen Leben nich mehr!" - Der Gerichtshof that der Mutter wirklich den Gefallen und erkannte nur auf einen Verweis. Die Frau aber hat noch eigenthümliche Begriffe von der Stellung eines preußischen Richters; sie trat zum grünen Tisch heran und fragte ganz gemüthlich: Wat bin ick Ihn'n nu schuldig?"
- Fräulein von Köckeritz in Berlin war so schön, so gut, so elegant, aus so guter Familie und leider so alleinstehend, man mußte sich in sie verlieben. Ein angesehener Beamter that's auch und verlobte sich sogar mit ihr. Der Hochzeit aber widersetzten sich die Eltern, die stattliche Braut mißfiel ihnen, sie wußten selbst nicht recht warum. Endlich fragten sie im Stillen die Polizei um Rath und diese schlug ihre dicken Bücher auf und fand Folgendes. Die Braut war keine v. Köckeritz, sondern die Tochter eines armen, aber ehrsamen Schreiners, sie war auch schon lange kein Fräulein mehr, sondern schon vor zehn Jahren wegen liederlichen Lebenswandels aus dem Hause gejagt worden. Auf ihren Reisen durch die Welt hatte sie den Namen Köckeritz angenommen und flott

[ => Original lesen: 1885 Nr. 76 Seite 6]

gelebt. Die Verlobung ging zurück und das hat die Sittenpolizei und der Instinkt der Eltern gethan.
- Eine tragische Geschichte spielte in Chester. Die achtzehnjährige einzige Tochter des Gutsbesitzers Jeomann verliebte sich leidenschaftlich in ihren Klavierlehrer. Der seit Jahren leidende Vater war außer sich über diese Neigung, umsomehr, als der junge Mann in mancher Beziehung übel berüchtigt war. Das Mädchen jedoch drohte mit Selbstmord und schließlich gab der Vater seine Einwilligung zur Verbindung. Die Hochzeit war für den 1. October festgesetzt; am 15. August starb Mr. Jeoman und in seinem Testamente vermachte er sein ganzes Vermögen seiner Gattin, da er, wie er ausdrücklich bemerkte, bei der Verschwendungssucht des Bräutigams seiner Tochter für deren Zukunft in Angst sei. Als nach dem Begräbnisse das Testament verlesen ward, drückte das Gesicht des anwesenden Klavierlehrers große Wuth aus, wenige Tage darauf löste er das Verlöbniß und am 20. v. Mts. ließ er sich in aller Stille und Heimlichkeit - mit der Mutter seiner Braut trauen. Nellie Jeoman hat sich am Abend des Hochzeitstages am Grabe ihres Vaters erschossen und wurde mit zerschmetterter Kinnbacke ins Haus der Neuvermählten gebracht.
- Damit auch die Post Samariterdienst thun kann, werden die Postbeamten in nächster Zeit in der Chirurgie ausgebildet. Die Bahnpostwagen sind deshalb mit Verbandkasten nach dem Esmarch'schen System ausgerüstet, um den fahrenden Beamten und Unterbeamten die Möglichkeit zu gewähren, bei vorkommenden Verletzungen in Folge von Unfällen etc. eine vorläufige Hülfeleistung eintreten zu lassen. Das reisende Publikum hat alle Ursache, der Reichspostverwaltung für diese ungemein nützliche Einrichtung dankbar zu sein.
- Der Abgeordnete Dr. Cremer im Nachthemd des Reichskanzlers, das ist ein erhabener Gedanke. Auf einer seiner letzten Wahlreisen kam Herr Dr. Cremer auch in die Nähe von Varzin. Der Reichskanzler hatte die Aufmerksamkeit, ihn zum Abendessen einzuladen. Es wurde beim Wein eine Unterhaltung angeknüpft und, ehe Cremer sich dessen versah, war es bereits recht spät geworden. Der Kanzler lud ihn ein zu bleiben, aber Cremer lehnte verschämt ab; er könne nicht, es ginge nicht. Lange konnte man dem Grund nicht auf die Spur kommen, bis schließlich Graf Wilhelm erforscht hatte, Cremer habe - kein Nachthemd bei sich. Jetzt war die Sache bald gemacht, die Fürstin ließ ein Nachthemd des Reichskanzlers besorgen und, in dieses eingehüllt, schlief Cremer den Schlaf des Gerechten. Hoffentlich hat er es aus Pietät nicht mitgenommen, denn auch den Reichskanzlern soll es unangenehm sein, wenn ihnen aus dem Dutzend ein Stück fehlt.
- Nicht nur die Offiziere und Soldaten bei den großen Manövern in Württemberg haben sich ausgezeichnet, wie der Kaiser anerkannt hat, sondern auch die Bewohner sämmtlicher Dörfer im Manöver=Gebiet. Sowie das Signal zum Einstellen des Gefechtes gegeben war, eilten Männer, Weiber und Kinder herbei, um in Fässern, Kübeln und Krügen das Nationalgetränk Apfelwein oder Most zur Erquickung der Soldaten herbeizuschleppen. In den Dorfstraßen standen vor allen Häusern ebenfalls Gefäße mit Most, um die Durstigen zu erquicken. Der Apfelwein besitzt neben vielen andern guten Eigenschaften die, daß, wo er regiert, der Schnaps nicht aufkommen kann. In den ländlichen Wirtschaften der Manövergegend war überhaupt kein Branntwein zu kaufen, aber für 10 Pfennig (Mecklenburg). ein halbes Liter Apfelwein. Diesem guten, heilsamen Getränke darf es nicht zum kleinsten Theile zugeschrieben werden, daß die Truppen trotz der großen Anstrengungen, trotz Hitze und Staub so gut aushielten. An beiden Tagen war nicht ein Maroder zu bemerken.
- Lieutenant (spöttisch zu einem älteren Fräulein): Sie würden mich, mein Fräulein, zum glücklichsten aller Sterblichen machen, wenn Sie meinen Antrag erhören würden . . . . - Fräulein: Erst wenn Sie Major sind, Herr Lieutenant, kommen Sie wieder. - Lieutenant (schlagfertig): Ganz wohl, mein Fräulein, dann werde ich mir aber erlauben, bei Ihrem Fräulein Tochter anzufragen.
- "Saht, Kutscher," sagte kürzlich in Elberfeld ein Schusterjunge zu einem Droschkenkutscher, "das Pärht is jone Sozialdemokrat." Kutscher: "Mach fot, domme Jong! Wie kümmste de dozoh?" Schusterjunge: "No, joh! mehr sicht doch an dem ganze Gestell, dat de Pärht Umsturzjedanke hätt!"


Commissions=Lager
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Patent=Corsetts mit Uhrfedereinlage oder ächt Fischbein.

Ganz neu in vorzüglichen Qualitäten. Sowie von den anerkannt gut sitzenden

Cordel=Corsetts,
die viel praktischer als Fischbein à M. 2,60.
                                                    Michael Apfelbaum,
                                                    Lübeck, Breitestraße 46.


Commissions=Lager
von
Tricot-Taillen
und
Tricot-Kinderkleidchen

in allen Größen, nur Ima Qualität, verkaufe zu Fabrikpreisen.

Michael Apfelbaum,
                                                    Lübeck, Breitestraße 46.


Hierdurch zeige ich ganz ergebenst an, daß ich am heutigen Tage das von dem verstorbenen Schlossermeister Schaeper betriebene Geschäft käuflich übernommen habe, und bitte ich, das meinem Vorgänger geschenkte Vertrauen auf mich zu übertragen, indem ich prompte und reelle Arbeit verspreche.

                                                    Achtungsvoll und ergebenst
                                                    J. H. Schlatow,
                                                    Schlosser.

Selmsdorf, den 29. September 1885.


Wohnungsveränderung.

Von jetzt an wohne ich nicht mehr bei der Wittwe Kähler, sondern in meinem neuerbauten Hause.
Gleichzeitig empfehle meine

fertigen Herrengarderoben, sowie Tuche und Bukskins,

auf das Beste sortirt. Preise fest und billig.

                                                    H. Hundt,
                                                    Herrenkleidermacher.


Gesucht

Agenten und Reisende zum Verkauf von Kaffee, Thee ,Reis u. Hamburger Cigarren an Private gegen ein Fixum von 300 M. u. gute Provision.

Hamburg.                                                     J. Stiller & Co.


Tüchtige Agenten zum Verkauf von Caffee an Private werden gesuchte. Provision 10% nebst einem Fixum von 400 M. Offerten sub F. 777 an L. G. Daube & Co., Hamburg.


Ich suche zu sofort ein                                                    
ordentliches Kindermädchen.
                                                    Postmeisterin Krüger.


Ein Kuhfutterer,
welcher melken kann, wird zu sogleich gesucht. Wo? zu erfragen bei                                                    
Schönberg.                                                    C. Schwie.


Vor ca. 14 Tagen ist mir ein halbjähriges

schwarzes Kalb

entlaufen. Wer mir dasselbe wiederbringt erhält eine angemessene Belohnung.

                                                    Hauswirth Hans Krellenberg,
                                                    Sülsdorf.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
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