No. 67
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. August
1885
fünfundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1885 Nr. 67 Seite 1]

            Alle durch die diesjährigen im hiesigen Fürstenthume stattfindenden Truppenübungen veranlaßt werdenden Flurschäden sind von den Beschädigten bei den betreffenden Ortsvorständen sofort anzumelden, von letzteren Behufs Vorbereitung und Feststellung der Vergütungen zusammenzustellen und die Zusammenstellungen unverzüglich bei der Registratur der Großherzoglichen Landvogtei einzureichen.
Schönberg, den 3. August 1885.

Der Civil=Commissarius für die Abschätzung der Flurschäden im Fürstenthum Ratzeburg.
I. A.
H. Spieckermann,
Amtsverwalter.


                Nr. 15 des Offic. Anzeigers pro 1885 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
                  II. Abteilung:

(1.) Bekanntmachung, betreffend die Gestaltung von Ernte=Arbeiten an dem nächsten Sonntage.


Am Dienstag Vormittag ist das russische Kaiserpaar in Kremsier eingetroffen. Kronprinz Rudolf von Oesterreich war demselben bis Hallein entgegengefahren. Außer dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland sind anwesend: der Großfürst Thronfolger, die Großfürsten Georg und Wladimir, Minister v. Giers, Graf Lambsdorff, Minister Graf Woronzow und eine große Gefolgschaft von Hofpersonen und Generalen. Nach dem Diner fand eine Theatervorstellung statt, am Mittwoch ist ein Jagdausflug in Aussicht genommen und vor der Abreise, die gegen Abend erfolgt, noch einmal ein gemeinsames Mahl. Die russische Kaiserfamilie reist auf denselben Weg nach der Heimat zurück; später wohnt Kaiser Alexander den Manövern bei Kiew bei. Ende September gehen die Kaiser und die Kaiserin wahrscheinlich nach Kopenhagen.
Kremsier prangt im Fahnen= und Festschmuck, die Landbevölkerung in ihren bunten Trachten erregt viel Aufsehen, Fremde sind von allen Seiten in Massen herbeigeströmt. Die Ordnung halten wiener Polizisten, die Bürgergarde und die Veteranenvereine aufrecht. Bis jetzt sind nicht weniger als 38 Berichterstatter großer Blätter, deutscher, englischer, französischer und amerikanischer eingetroffen. Der Kaiser und die Kaiserin von Oesterreich wurden mit unendlichem Jubel von der Bevölkerung empfangen, nicht minder die russischen Herrschaften. Der Verkehr in der Stadt ist völlig ungehindert, der Zutritt zum Schloß ist nicht gestattet. Eine Verhaftung hat am 25. d. M. stattgefunden. Der Verhaftete ist Sozialist und heißt Smeykal, ein wiener Polizist erkannte ihn.
Die internationale Telegraphen=Conferenz in Berlin arbeitet nicht umsonst. Sie hat das System eines einheitlichen Tarifs angenommen und nur die von Deutschland vorgeschlagenen Sätze etwas erhöht. Auch die Kabelgebühren werden ermäßigt werden.
Fürst Bismarck hat aus der Summe von 1 200 000 Mark, die nach dem Ankaufe des Gutes Schönhausen übrig geblieben sind, eine "Schönhauser Stiftung" errichtet, welcher der Kaiser die Rechte einer juristischen Person erteilt hat. Zweck der Stiftung ist, deutschen jungen Männern, welche sich dem höheren Lehrfach widmen, vor ihrer besoldeten Anstellung Unterstützung zu gewähren, auch im Inlande wohnenden Wittwen von Lehrern des höheren Lehrfaches Beihülfe für ihren Lebensunterhalt und für die Erziehung ihrer Kinder zu leisten. Die Unterstützung soll in der Regel 1000 Mark jährlich betragen und die Verleihung am 1. October erfolgen. Söhne von Lehrern höherer Schulen können auch schon während ihrer Studienzeit Unterstützung erhalten, wenn sie Philologie studiren. Vorsteher der Stiftung ist vorläufig der Reichskanzler.
In Marinekreisen gibt man die Kreuzer=Corvette "Augusta", die wahrscheinlich in einen Cyclon oder Wirbelsturm gerathen ist, verloren. Die Besatzung betrug 238 Mann, der Werth des Schiffes mehr als 3 Millionen Mark.
An Ehren und an Siegen reich sind die Wiener Sänger heimgekehrt. Von Berlin haben sie einen Abstecher gemacht und Hamburg im Regen kennen gelernt; von da fuhren sie auf die Insel Helgoland, wo die Schiffsflaggen gehißt und die Kanonen gelöst wurden und der englische Gouverneur ihnen die Honneurs machte.
50 Jahre sind's her, daß die erste Eisenbahn auf dem Festland gebaut wurde. Welche scheinbar unüberwindlichen Hindernisse galt es aus dem Weg zu räumen, welche lächerlichen Vorurtheile waren zu überwinden, bis der erste schüchterne Versuch gewagt wurde! Daß die Fuhrwerksbesitzer über Schädigung ihrer Rechte schrieen, ist begreiflich, sie bewiesen wenigstens größeren Scharfblick als der große Thiers, der den Gedanken an eine sich von der Stelle bewegende Dampfmaschine für "britannische Tollheit erklärte. Ganz unglaublich möchte es uns heutzutage scheinen, daß Abgeordnete den Ruin des Handels und der Landwirtschaft prophezeiten, daß es schwer war, den einfachen Bauern zu beschwichtigen, durch das Pfeifen der Lokomotive könnten ihm seine Ochsen scheu werden, die Milchfrau zu versichern, ihre Furcht, alle Milch gerinne, wenn ein Zug an ihr vorbeisause, sei übertrieben; ein allzu ängstlicher Biedermann verstieg sich sogar zu der Weissagung, der Antichrist komme auf der Lokomotive ins Land gefahren! Welche Sinnesänderung im Laufe eines kurzen halben Jahrhunderts! Vor 50 Jahren wurden die Minister mit Bittschriften bestürmt: "nur zu uns keine Eisenbahn!" und heute bittet jedes Dörfchen um eine eigene Linie. Im Jahr 1835 schien der 21 Kil. lange Schienenweg von Brüssel nach Mecheln und die Bahn von Fürth nach Nürnberg ein kolossales Unternehmen, im Jahr 1885 hat das kleine Belgien allein ein Eisenbahnnetz von einer Länge von 4430 Kilometern und die Linien in Europa betragen mehr als 20 000 deutsche Meilen! Belgien, dem

[ => Original lesen: 1885 Nr. 67 Seite 2]

der Ruhm gebührt, zuerst auf dem Kontinent das große Werk gewagt zu haben, feierte gestern in seiner Hauptstadt den Gedenktag der Einweihung des ersten Bahnhofes.
Man darf gespannt darauf sein, zu welchen Maßregeln das englische Cabinet in Egypten greifen wird. Ob die Politik Lord Salisbury's wirklich energischer auftreten wird als die Mr. Gladstone's? Einstweilen ist noch nichts davon zu spüren; ein Theil der Truppen, etwa 7 Bataillone kehren jetzt nach England heim, andere werden nach Malta übergeführt werden, davon aber, den Aufständischen im Sudan entgegenzugehen, hört man nichts. Diese sind ihrerseits nicht lässig; sie haben die Städte Dabbeh und Abbi Gusi besetzt und rücken gegenwärtig auf Neu=Dongola vor.
Die Truppen verlassen Toulon wo die Cholera von Tag zu Tag heftiger auftritt. Sie werden in zerstreute Quartiere in der Umgegend gelegt. Auch die Kriegsschiffe meiden den Hafen und Brest wird zum Ausgangshafen für alle Sendungen nach Cochinchina und Madagaskar gemacht werden. In Marseille sind am Dienstag 69 Personen der Cholera erlegen.
Zu den schönen Nebeneinnahmen des Papstes gehören die Dispense. Zu der Heirath des Prinzen Waldemar (Protestant) mit der Tochter des Grafen von Chartres (Katholisch) hat der Papst seine Einwilligung nur unter folgenden Bedingungen gegeben. Prinz und Prinzessin behalten ihre Religion bei, die männlichen Kinder werden evangelisch, die weiblichen katholisch erzogen. Für diesen Dispens mußte der Graf von Chartres 120 000 Franks zahlen.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über das zu Schönberg an der Sabowerstraße sub Nr. 16 belegene Wohnhaus c. p. der Wittwe Bruhn, Caroline geb. Freitag, allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 31. August d. J.
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 12. Juni 1885.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.         


Antragsmäßig soll über die zu Herrnburg sub Nr. 11 belegene Büdnerstelle c. p. des Kiepenmachers Joachim Heinrich Voß daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung in dem auf

Donnerstag, den 17. September d. Js.,
Vormittags 10 Uhr

anstehenden Liquidations=Termin peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 25. Juni 1885.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.         


Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1886/87 der Forst gegen die Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis zum 1. October c. hierher anzuzeigen.
Schönberg, den 17. August 1885.

Großherz. Mecklenb. Domainen=Amt.
In Vertretung:
H. Spieckermann.


Großes Rennen
zu Ratzeburg am 2. September
Nachmittags 2 Uhr.
Das Renn-Comité
I. A.
H. Rautenberg.


Zur Berathung über die bevorstehende Jubiläumsfeier ersuchen wir alle Maurer= und Zimmergesellen sich am Sonntag, den 30. August, Nachmittags 2 Uhr, auf der Herberge einzufinden.

Mehrere Maurer und Zimmergesellen.


Am Mittwoch, den 2. September
Tanzmusik
in meinem Local.                                                 Anfang 6 Uhr.
                                                    Gastwirth Creutzfeldt,
                                                    Carlow.


Sommerfang Hering
empfiehlt                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Eine Parthie 4schaariger

Pflüge

mit neuesten Verbesserungen habe wieder vorräthig und empfehle dieselben zur geneigten Abnahme

Schönberg i. M.                                                     J. Oldenburg.


Circa 18 Ruthen                                                    
Kleefutter
hat auf Stamm zu verkaufen                                                    
                                                    Frau J. Creutzfeldt.


Jetzt ist entschieden die beste Zeit meine vorzüglich singenden vorjährigen Kanarienvögel, weil kräftig und fest im Gesange, per Post zu beziehen.
                                                    R. Maschke, St. Andreasberg, Harz.


Hamburg - Amerika.
Jeden Mittwoch und Sonntag nach New-York
Schiff
mit Post=Dampfschiffen der
Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft
Auskunft und Ueberfahrts=Verträge bei           
Friedr. Frick in Röbel.


Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


[ => Original lesen: 1885 Nr. 67 Seite 3]

Programm
zur
Sedanfeier in Schönberg
am 2. September 1885.

1. Morgens 11 1/2 Uhr: Bekränzung der Gräber verstorbener Kameraden Seitens des Kampfgenossen= und Krieger=Vereins.
2. Mittags 12 Uhr: Festzug durch die Stadt vom Siemzer=Thore aus.
3. Nach Ankunft im Schützenhause gemüthliches Beisammensein daselbst. Gleichzeitig Beginn des Schießens. (Siehe Bemerkungen.)
4. Nachmittags 3 Uhr: Concert im Schützenhause. Entree 30 Pf.
5. Abends 6 Uhr: Einmarsch und demnächst Antreten zum Fackelzug beim Siemzer=Thore.
6. Abends 7 Uhr: Fackelzug durch die Stadt und Bekränzung des Krieger=Denkmals. Gesang der "Teutonia" daselbst.
7. Abends 7 1/2 Uhr: Freudenfeuer auf der Holländerkoppel, Festrede, patriotische Gesänge.
8. Abends 8 1/2 Uhr: Beginn des Festballes im Schützenhause und in Kösters Hotel.

Entree für Herren 1 M., für Damen 50 Pfennig (Mecklenburg).

Bemerkungen: Außer dem sonst üblichen Schießen nach Silber= und Alfenidegewinnen auf zwei Schießständen, findet in diesem Jahre auf einem dritten Stande ein Wettschießen nach einer Ringscheibe statt. Büchsenmacher zur Stelle. Die Plätze für Buden auf dem Baubrink werden am Freitag, den 28. August cr., Nachmittags 4 Uhr an Ort und Stelle angewiesen.
Um zahlreiche Betheiligung an dieser nationalen Feier bittet

Das Fest=Komitee des vereinigten Kampfgenossen= und Krieger=Vereins.


Verein der Kampfgenossen von 1870/71 und Krieger-Verein für das Fürstenthum Ratzeburg.

Die unterzeichneten Vorstände theilen den Kameraden hierdurch mit:

1. das Sedan=Komitee hat beschlossen, aus Gründen, welche den Vereinen in den nächsten allgemeinen Versammlungen näher dargelegt werden sollen, die diesjährige Sedanfeier auf einen Tag zu beschränken. (Das Programm siehe oben.)
2. Antreten der Kameraden;
        a. zum Ausmarsch, um 11 Uhr Vormittags vor dem Vereinslokal,
        b. zum Einmarsch, um 6 Uhr Abends vor dem Schützenhause.
3. Für die Mitglieder beider Vereine finden nachfolgende Entree=Ermäßigungen statt:
        a. Zu dem Concert und den Festbällen zahlen die Kameraden für ihre Person ein Entree von 50 Pf. und für eine einzuführende Dame 20 Pf;
        b. unbemittelte Kameraden können, sofern sie am Festzuge theilnehmen, auf ihren Antrag vom Kassierer ihres Vereins Freikarten erhalten.
Die Kameraden werden ersucht, mit militairischer Pünktlichkeit anzutreten. Orden und Vereins=Abzeichen sind anzulegen.

Die Vorstände:
Dr. Marung.           Liebenow.


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[ => Original lesen: 1885 Nr. 67 Seite 4]

                   Das Fest des 25 jährigen Regierungsjubiläums Sr. Königl. Hoheit unseres Allerdurchlauchtigsten Großherzogs, welches am 7. September d. J. stattfindet, wird auch im hiesigen Fürstenthume dem oftbewährten Patriotismus der Ratzeburger Gelegenheit geben, seine Anhänglichkeit an das angestammte Fürstenhaus zu zeigen Damit an der Feier die ganze Bevölkerung theilnehme, damit auch der geringste der Unterthanen an diesem Tage sich der hohen Wichtigkeit desselben bewußt werde, soll sich die Feier zu einem Volksfeste gestalten hier an dem Hauptorte des Fürstenthums und sollen Musik und Volksbelustigungen jedem frei zugänglich gemacht und der Festplatz am hiesigen Schützenhause würdig geschmückt werden.
                   Zur Deckung der Kosten werden von Mittwoch, den 26. d. Mts. ab Boten mit Sammelbögen herumgehen, und richten die Unterzeichneten, welche mit Hingebung die Sorge für das schöne Fest übernommen haben, an alle lieben Ratzeburger die Bitte, durch reichliche Beiträge zu ermöglichen, daß dies Fest sich in einer dem Fürstenthume und seiner patriotischen Gesinnung würdigen Weise gestalte, und ein rechtes Zeichen der Anhänglichkeit an unsern Allerdurchlauchtigsten Großherzog und Fürsten werde.
                   Schönberg, den 23. August 1885.

Das Festkomitee.
F. Graf Eyben, Ehrenpräsident.
Amtsrichter G. Horn, Vorsitzender. Bürgermeister Bicker, Stellvertreter des Vorsitzenden.
Referendar Fölsch, Schriftführer. Amtsverwalter Spieckermann, Cassier.
Hauswirth Arndt. Domainenpächter Breuel. Sattler Baer. Schulze Borchert. Hofschmied Draeger. Zimmermeister Egert. Hauswirth Freitag. Bäckeraltermann Hagen. Schulze Hagendorf. Amtsrichter Dr. Hahn. Vize=Schulze Holst. Oberförster Hottelet. Vize=Schulze Karsten. Lehrer Koopmann. Hauswirth Kröger. Postmeister Krüger. C. Liebenow. Dr. med. M. Marung. Schulze Meier. Apotheker Montag. Hauswirth Oldenburg=Zarnewenz.
Hauswirth H. Oldenburg=Kl. Mist. Schulze Olrogge. Schuhmacher C. Rahn. Director Ringeling. Bezirksthierarzt Reimer. Domainenpächter Riekhof. Maler C. Schulz. Hausw. Siebenmark=Falkenhagen. Domainenpächter Stamer. Rector Woisin. Schulze Wigger=Samkow. Hauswirth Franz Wigger.


Sedanfeier in Ratzeburg.

Zu der am 2. September stattfindenden

15. nationalen Erinnerungsfeier
ladet das unterzeichnete Festcomitè alle Vaterlandsfreunde ganz ergebenst ein.
Die Hauptfestlichkeiten sind:
Festgottesdienst (10 1/2 Uhr), Festmusik und Gesangvorträge auf dem Markt (11 1/2 Uhr), Festzug vom Palmberge aus (2 Uhr), Festrede auf dem Markt, Konzert auf dem Schützenhof, gemeinsamer Gesang, Belustigungen, Scherztombola, glänzende Illumination, Fackelzug, besonders großartiges Feuerwerk, Freudenfeuer und freie Tanzmusik an 4 Stellen bis 2 Uhr Nachts.
Entree 50 Pfg.

Das hierfür verabreichte Festzeichen muß deutlich sichtbar getragen werden. Die Kriegsdenkmünze von 1870=1871 berechtigt zum unentgeltlichen Eintritt. Loose zur reichhaltig mit Gewinnen ausgestatteten Fest=Tombola bei den Kaufleuten und Wirthen der Stadt zu 50 Pfennig (Mecklenburg).
Der Abendzug nach Lübeck wird am Sedantage auch in Sarau und Blankensee anhalten.

                                                    Das Ratzeburger Sedan-Comite.


Eintragungen in die Standes=Register des Standesamts=Bezirks Schönberg.

Geboren:

Den 9. August dem Arbeiter Franz Pöhls zu Bauhof=Schönberg eine Tochter.
D. 12. dem Arbeiter Jochen Wienck zu Lockwisch eine Tochter.
D. 14. dem Arbeiter Heinrich Moll zu Schönberg ein Sohn.
D. 16 dem Arbeiter Joachim Stahl zu Bauhof=Schönberg ein Sohn.
D. 18. dem Stadtdiener Stree zu Schönberg ein Sohn.
D. 19 ein unehel. Sohn zu Torisdorf.
D. 19. dem Knecht Johann Vierig zu Niendorf eine Tochter.
D. 20. dem Schuhmacher Johann Allwardt zu Schönberg eine Tochter.

Gestorben:

D. 13. August Catharina Marie Louise Reimer geb. Freitag, Arbeiterfrau zu Törpt, 30 J. 5 M. alt.
D. 17. Hans Heinrich Möller, Arbeitersohn zu Torisdorf, 1 J. 11 M. alt.
D. 22. Catharina Elsabe Elisabeth Schmüser geb. Brockmüller, Arbeiterfrau zu Bauhof=Schönberg, 49 J. 3 M. alt.
D. 24. Sophie Nevermann geb. Dettmann, Tischlermeisterwittwe zu Schönberg, 66 J. 6 M. alt.

Eheschließungen:

D. 19 August Müller Johann Friedrich Heinrich Wigger und Catharina Marie Elisabeth Maaß, beide zu Lockwischer Mühle.
D. 25. Knecht Joachim Heinrich Wegener und Catharine Marie Bade, beide zu Lockwisch.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 30. August.

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 67 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 67 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 28. August 1885.


- In Köln sind wiederum 2 Häuser eingestürzt. Diesmal am sog. kleinen Griechenmarkt und diesmal ohne Opfer an Menschenleben zu fordern. Die Bewohner vermochten sich noch rechtzeitig zu retten. Das alte Köln scheint einer Auffrischung bedürftig zu sein, an seinen Häusern wenigstens, die zum Theil schon Jahrhunderte stehen.
- In der Kirche Mühlwald im Pusterthale hatte der Pfarrer am Altar den Wettersegen kaum beendet, da schlug der Blitz ein und streckte ihn zu Boden, ohne ihn zu tödten.
- Die Staatsanwaltschaft in Lyk sucht zwei Kinder, Magda und Amalie, zwei Mädchen von 12 und 7 Jahren, die Töchter der Eheleute Schütz in Lyk, die vor etwa 5 Wochen spurlos verschwunden sind. Die Kinder sind zart, hellblond und blauäugig, man glaubt, daß sie von einer umherziehenden Spielergesellschaft mitgenommen worden sind. Die Eltern sind arme Maurersleute und über den Raub der Kinder untröstlich.
- Für minderwertiges, aber gesundes Fleisch wird jetzt in größeren Städten in nachahmungswerther Weise unter Aufsicht der Ortsbehörde und eines Thierarztes eine s. g. Freibank, Verkaufsstelle mit sehr ermäßigten Kaufpreisen eingerichtet, welche auch den ärmeren Einwohnern den Ankauf von gutem, gesunden Fleisch ermöglicht, dessen Qualität freilich nicht die erste sein kann. Der Fleischpreis wird obrigkeitlich festgesetzt und veröffentlicht und muß mindestens um ein Viertel unter dem gewöhnlichen Ladenpreis bleiben. In Frankfurt a. M. und den umliegenden Städten wird diese Einrichtung nur lobend anerkannt.
- Beim Bundesschießen in Innsbruck gefiel die Marketenderin Zöttl "ein kreuzsaubers Dirndl", dem Kaiser von Oesterreich so gut, daß er sie von den besten Photographen photographiren und im Salonwagen nach Kufstein zurückkehren ließ. Sie ist seitdem eine Tyroler Berühmtheit.
- Größer noch als in Deutschland war die Hitze in Nordamerika. In vielen Städten und Landschaften erreichte sie im Juli die Höhe von 90-100 Grad Fahrenheit. Die Zeitungen veröffentlichten täglich lange Listen von Todesfällen durch Sonnenstich.
Ueber die Potsdamer ("potsdämlicher Sprachverein" u. s. w.) machen die Berliner gern ihre Witze, aber Potsdam selber loben sie sich. Wenn sie Potsdam und Umgegend, Sanssouci, Babelsberg und Pfingstberg, die Pfaueninsel, den Frauen= und Wannsee, die schöne Havel und die schönen Gärten und Wälder nicht hätten, wüßten sie nicht, wohin sie ihre Gäste führen sollten; denn der Thiergarten reicht doch nicht aus. Die Umgegend von Potsdam ist ihre Oase, die sie den fremden Gästen, wie neuerdings den Wiener Sängern und den Herren der Telegraphen=Conferenz, mit Stolz zeigen; und sie haben die Genugthuung, zu hören, das hätten wir nicht erwartet - den Nachsatz: "in des Reiches Streusandbüchse", verschlucken die Gäste artig.
- Woher kommt der Ausdruck Strohwittwer? Nach uralter deutscher Sitte, die jetzt noch in einigen Gegenden herrscht, gilt das Stroh als Sinnbild für etwas nicht Wirkliches. Bei Frühlingsfesten wurde eine Strohpuppe als sinnbildliche Darstellung des Winters im Triumph umhergeführt und dann entweder geprügelt oder in's Wasser geworfen, ein Brauch, der in Franken noch heute besteht. So wurden einmal bei einer Belagerung von Mühlhausen in Thüringen Strohmänner mit Waffen bewehrt auf die Mauer gestellt um die Zahl der Vertheidiger größer erscheinen zu lassen; die hierdurch getäuschten Hessen erhielten damals den Namen der blinden. Bald bürgerte sich der Name Strohmann für etwas nicht Wirkliches (namentlich beim Kartenspiel) ein und führte allmälig zu der Ausdehnung des Begriffes "Strohwittwer". Oder weiß ein Gelehrter bessere Auskunft zu geben?
- Ein Bienenproceß. "Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt." Mancher, der nach langem Ueberlegen sich an einer schönen Stelle sein Heim gebaut und gehofft hat, darin in behaglichem Genießen seine Tage zu enden, hat später Haus und Hof verlassen müssen, weil ihm unversehens eine Leimsiederei oder eine Schneidemühle mit Kreissäge und Dampfbetrieb oder ein anderes ähnliche schönes Institut vor die Nase oder die Ohren gesetzt worden ist. Glücklicher ist ein Braunschweiger gewesen, welchem sein Gartengrundstück dadurch verleitet wurde, daß sein Nachbar einen Bienenstand von mehr als 100 Körben unterhielt. Als keine Vorstellungen mehr halfen, verklagte er den bösen Nachbar. Dieser bestritt die Statthaftigkeit der Klage und stützte außerdem vor, daß er seit 1868 jährlich mehr als 100 Bienenstöcke gehalten, also ein Recht auf deren Haltung gegen den Kläger ersessen habe. Das Landgericht und Oberlandesgericht zu Braunschweig legten aber dem Beklagten auf, "daß eine übermäßige Beeinträchtigung des klägerischen Eigenthums bewirkende Eindringen seiner Bienen in das Grundstück des Klägers zu verhindern." Das Reichs=Gericht bestätigte diese Entscheidung und sprach u. a. aus, daß zwar nicht das Eindringen einzelner Bienen ein Recht zur Klage gebe, wohl aber ein in ungewöhnlicher Menge statthabendes Eindringen. - (Ein Gleiches gilt übrigens auch vom Rauch, der von einem Grundstück auf das andere dringt.) - Eine "Ersitzung" habe nicht stattfinden können, weil der Bienenzüchter offenbar nicht die Absicht gehabt habe, durch das Hinüberfliegen seiner Bienen auf das Nachbargrundstück sich ein dingliches Recht an demselben zu erwerben, sondern weil er eine solche Befugniß aus einem Eigenthum an demjenigen Grundstück, auf welchem er seine Bienenstöcke hält, herleiten zu können geglaubt habe. Wen also das Uebermaß der Bienenhaltung seines Nachbars genirt, der weiß, daß er sich das nicht gefallen zu lassen braucht, und wer zu viel Bienen hält, lasse es auf einen Prozeß lieber nicht ankommen.
- In Paris ist ein interessanter Prozeß zwischen einem homöopathischen Arzt und der Herzogin von Medinacali entschieden worden. Der Arzt hatte für eine kurze Kur ein Honorar von 600 000 Franks verlangt und seinen Anspruch mit dem unermeßlichen Reichthum der Herzogin begründet. Die Herzogin hatte die Forderung etwas phantastisch gefunden und der Arzt war darauf zur Klage geschritten. Der Gerichtshof erkannte dem Kläger ein Honorar von 84 000 Franks zu und legte ihm die Prozeßkosten auf. Der Aerger des Arztes ist um so größer, als ihm die Herzogin vor dem Prozeß ein weit höheres Honorar geboten hatte.
- Die "Mondschein=Banden beginnen in Irland ihr Wesen wieder zu treiben. Besonders unsicher ist die Grafschaft Clare, wo in einer Nacht nicht weniger als 4 Pachthöfe von bewaffneten Männern, deren Gesichter unkenntlich gemacht waren, heimgesucht und geplündert wurden. Die Pächter selbst werden aus den Betten gezerrt, geprügelt und gefesselt; dann ließ man die Unglücklichen liegen. Auch die niederträchtigste aller Rachearten, Verstümmelungen von Pferden und Rindern, ist wieder an der Tagesordnung und die Polizei ist in fieberhafter Tätigkeit, um die "Mondscheinler" aufzugreifen. Leider wissen diese sich den Händen der Polizei stets zu entziehen.
- Unter vielen Hundegeschichten theilt die Thür. Z. folgende mit: Ein Bauer verkaufte seine Schafherde einem Viehhändler und gab diesem seinen Hund unter der Bedingung mit, daß er ihm am Ende der Wanderung zu fressen gebe und ihn dann wieder heimschicke. Der Händler fand das Thier indessen so brauchbar, daß er beschloß, es für sich zu behalten und es einsperrte. Phylar befreite sich jedoch endlich aus seiner Haft, und da er offenbar

[ => Original lesen: 1885 Nr. 67 Seite 6]

die Ansicht hegte, der Mann habe ebensowenig ein Recht auf die Herde wie auf den Hüter derselben, so lief er auf die Weide, sammelte die seinem Herrn gehörigen Schafe und trieb sie heimwärts, wo er zu dessen großem Erstaunen mit seinen Schutzbefohlenen glücklich anlangte.
- Ein Herr beabsichtigte einen Ausflug auf die Dauer eines Tages zu unternehmen und sah vorher in seiner Börse nach, ob er auch genug Geld bei sich habe. Als er nachher zu Mittag gespeist hatte und bezahlen wollte, bemerkte er, daß ihm ein Goldstück fehlte. Nach seiner Rückkehr erfuhr er, daß sein Hund krank sein müsse, da er gar nichts fressen wollte. Sofort begab er sich zu seinem Liebling, und sobald er eintrat, eilte das treue Thier auf ihn zu, legte die vermißte Münze seinem Herrn vor die Füße und verzehrte als dann gierig das ihm vorgesetzte Fressen. Der Herr hatte also vor dem Weggehen das Goldstück fallen lassen, der Hund hatte es aufgelesen, im Maul behalten und keine Nahrung zu sich genommen, aus Furcht, er könne dadurch die Gelegenheit verlieren, seinem Herrn den Fund zurück zu erstatten.
Das Rupfen der lebenden Gänse zum Zweck der Federgewinnung ist nicht nur eine arge Tierquälerei, sondern mit einem Schaden an Geldeswerth für den Eigentümer des gerupften Thieres verbunden. Nach angestellten Versuchen steht nämlich der Federgewinn durch das dreimalige Rupfen der Gänse der sich auf 50 bis 80 Gramm im Werth von 40 bis 50 Pfg. beläuft, nicht im Verhältniß zu dem Verbrauch von Futter, um die abgerupften Federn zu ersetzen. Jedes Loth Federn gleicht einem Verlust von 1 kg. Fleisch und Fett. Nicht gerupfte Gänse liefern bedeutend mehr Fleisch und Fett und ebenso viel Federn.
- "Hinne sescht", so lautet der Name eines Vereins, den 14 junge Mädchen in Bad Kreuznach gegründet haben. Sie machen es bekannt und laden zum Beitritt ein. Und was bezwecken sie mit ihrer Vereinigung? Sie haben gelobt, ferner weder ein Kißchen, noch eine Tournüre auf dem Gewissen zu tragen.
- Als nach den Befreiungskriegen das neue Lieutenants=Examen eingeführt wurde, rief der alte Blücher: Gott sei Dank, daß ich Feldmarschall bin, Lieutenant könnte ich nun nicht mehr werden!
- (Geschäftsstil.) Wie die "Dresdener Nachrichten" erzählen, ging einem Magdeburger Viehhändler vor kurzem ein Telegramm folgenden Inhalts zu: "Morgen alle Schweine auf dem Bahnhof, Sie erwarte ich auch; kann erst morgen kommen, da Personenzug keine Ochsen mitnimmt. Schlechtes Marktgeschäft, Rindvieh im Preise gestiegen, sehen Sie sich vor, wenn Sie Ochsen brauchen, denken Sie an mich."


Durch Leid geläutert.
[Erzählung.]
(Fortsetzung.)


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