No. 49
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 26. Juni
1885
fünfundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1885 Nr. 49 Seite 1]

Bekanntmachung.

       Das diesjährige Ober=Ersatzgeschäft zur Aushebung der Militairpflichtigen des hiesigen Aushebungsbezirks findet statt

in Schönberg
im Boye'schen Gasthofe
am
Mittwoch, den 8. Juli d. Js.

       Zu demselben haben sich diejenigen Militairpflichtigen, welche nach Ausweis ihrer Loosungsscheine eine endgültige Entscheidung über ihre Militairpflicht zu gewärtigen haben, und denen besondere Ladungen zugehen werden, Morgens präcise 9 Uhr einzufinden.
       Es steht jedoch jedem Militairpflichtigen, der in den Grundlisten des Aushebungsbezirks verzeichnet ist, frei, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Ober=Ersatz=Commission etwaige Anliegen vorzutragen.
       Die bei der Musterung für diensttauglich befundenen Mannschaften gelangen zuerst zur Vorstellung.
       Im Anschluß an das Ober=Ersatzgeschäft findet die Superrevision der Temporair=Invaliden statt.
Militairpflichtige, welche im Termin nicht pünktlich erscheinen, haben, sofern sie nicht dadurch eine härtere Strafe verwirkt haben, auf Grund des §. 24, 7 der Ersatz=Ordnung eine Geldstrafe bis zu 30 M. oder Haft bis zu 3 Tagen zu gewärtigen, auch können denselben die Vortheile der Loosung entzogen werden. Ist dieses Versäumniß in böslicher Absicht oder wiederholt erfolgt, so werden sie dem Befinden nach als unsichere Dienstpflichtige zur sofortigen Einstellung gebracht werden.
       Die Ortsvorsteher haben für die pünktliche Gestellung der betreffenden Militairpflichtigen aus ihrer Ortschaft Sorge zu tragen.
       Schönberg, den 12. Juni 1885.

Der Civilvorsitzende der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirkes für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


In Sachen, betreffend den Concurs über die Verlassenschaft des Buchbinders Carl Bade zu Schönberg, ergebt hierdurch der Bescheid: daß, unter Vollstreckung der in dem Proclam vom 6. Mai d. Js. angedrohten Nachtheile, alle diejenigen Gläubiger, welche in dem Termin vom 10. d. Mts. nicht erschienen sind, an die Beschlüsse der erschienen gebunden sein sollen.

V. R. W.
Schönberg, den 20. Juni 1885.                                                    
Großherzogliches Amtsgericht
G. Horn.

A. Dufft.         


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.

Allgemeine Versammlung am Sonntag, den 5. Juli nachmittags 3 Uhr im Vereinslokale.
Tagesordnung: 1, Beratung über die Fahnenweihe.
                              2, Die diesjährige Sedanfeier,
                              3, Ersatzwahl des Vorstandes,
                              4, event. Aenderung des § 27 der Statuten,
                              5, sonstige Vereinsangelegenheiten.

Der Vorstand.         


Quartal der Schuhmacher=Zunft.

Montag, den 29. Juni, Nachmittags 2 Uhr. Besprechung wegen etwaiger Aufhebung der jetzigen und Gründung der neuen Innung. Nicht erschienene Mitglieder sind wegen Aufhebung der Innung an die Beschlüsse der Versammlung gebunden.

Die Aelterleute.         


Schmuckgegenstände
in Elfenbein, Jett & Bernstein empfiehlt in schöner Auswahl                          
                                                    Emil Hempel,
                                                    Buchbinder.
Schönberg i/M.                                                    


Hamburg - Amerika.
Jeden Mittwoch und Sonntag nach New-York
Schiff
mit Post=Dampfschiffen der
Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft
No. 148. Auskunft und Ueberfahrts=Verträge bei           
Friedr. Frick in Röbel.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 49 Seite 2]

Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt.
Die Anstalt ist während des                          
Johannistermines
vom
24. Juni bis 1. Juli d. J.
täglich
von 8 bis 12 Uhr Vormittags,
am
Sonntag, den 28. Juni d. J.,
jedoch nur                                                    
von 7 bis 10 Uhr Morgens
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 18. Juni 1885.
                                                    Das Directorium.


Der Verein für Geflügelzucht in Schönberg

hält seine diesjährige

Geflügel-Ausstellung

an den Königschußtagen am 6. u. 7. Juli d. J. auf dem Schützenplatze ab, wozu Züchter sowie Freunde des Geflügelsports unseres Fürstenthums zur zahlreichen Beteiligung hierdurch eingeladen werden.
Zur Prämiirung sind außer Diplomen 72 M. bewilligt und werden Anmeldungen bei den Herren W. Maass, W. Holldorff u. F. Lundwall bis zum 3. Juli d. J. erbeten.
An Standgeld wird erhoben:

Für ein Stamm Tauben 25 Pfennig (Mecklenburg).
Für ein Stamm Hühner, Enten oder Gänse 50 Pfennig (Mecklenburg).
                                                    Der Vorstand.


Zu meinem
Holzfeste

am Sonntag, den 28. Juni im Törber Holze bei der "großen Eiche" (sogen. Grieben=Eiche) erlaube ich mir hiedurch freundlichst einzuladen.
Nachmittags Concert und Abends Tanzmusik.

Krüger Muchow in Cordshagen.         


Die Anweisung der Plätze geschieht am 28. ds. Mts., Abends 7. Uhr.

Der Vorstand der Schützenzunft.         


Gesucht zu sofort für das Gut Roga b/Neubrandenburg

eine tüchtige Wirtschafterin

unter Leitung der Hausfrau. Meierin gehalten. Näheres zu erfahren bei Frau Oberförster Hottelet Schönberg.


Runkelrübenpflanzen
und Steckrübenpflanzen,
100 Schock 5 M.,
Gemüsepflanzen Schck. 10 Pfennig (Mecklenburg).
                                                    H. Ahrens, Grönau.


Dalmatiner Insektenpulver,
Insektenpulverspritzen,
Naphthalin, gegen Motten,
Naphthalinpapier, sehr praktisch zum Hineinlegen zwischen Zeug gegen Motten,
Desinfectionspulver
empfiehlt                                                    
                                                    die Apotheke zu Schönberg.


Ein bis eineinhalb
Fuder Kleefutter
zu verkaufen. Wo? sagt die Exped. d. Bl.                                                    


Sonntag, d. 28. und Montag, d. 29. Juni stehen beim Gastwirth Eckmann

ca. 40 Ferkel

zum Verkauf.

Carlow, den 29. Juni 1885.


Vorteilhafteste
Einkaufsgelegenheit
! für Aussteuern !
Wegen Räumung meines Ladens
nur bis z. 1. Juli d. J.
AUSVERKAUF
zu jedem annehmbaren Preise:
Fischmesser, Gabeln, Löffel, Transchirbestecke,
Schinkenmesser, Hack-, Wiege- und Küchen-Messer,
Kaffemühlen, Putzbretter, Siebe u. dgl.

Ferner ausserordentlich billig:
Leichdorn-, Rasir-, Taschen- und Trenn-Messer
Streichrieme, Pinsel und Pasta, Scheeren
und Scheerenbestecke.

Weiter empfehle ich für Gärtner:
Baumscheeren, Grabegabeln, Hacken, Harken,
Heckenscheeren, Hippen, Pfropf- u. Veredlungsmesser,
Spaten, Spargelstecher.

                                                    Diedrich Tesschau,
                                                    Königstrasse 73, Hüxstrasse-Ecke.
                                                    Lübeck.


J. Völlner's weltberühmte
Rheumatismus=Watte
schnell und radical wirkendes Mittel gegen fast alle durch Erkältung entstandene Krankheiten, als Rheumatismus, Lähmungen, rheumat. Kopf= und Zahnschmerzen etc. Dieselbe ist in Pack. zu 50 Pfennig (Mecklenburg). 1 M. u. 1,50 M. in Schönberg nur echt zu haben bei
H. Brüchmann, in Rehna bei Joh. Warner.


Angeriebene
Oelfarben in Blechdosen,
á 1, 2 1/2, 5, 10 u. 12 1/2 Kilo.
ferner alle Arten Maler= & Maurerfarben
trocken, Leinöl, Firniß, Lacke, Pinsel etc.
empfehlen in bester Qualität                                                    
                                                    Voss & Schwoll,
                                                    Lübeck, ob. Wahmstr. Nr. 6.


Butterfarbe,
Käsefarbe,
Laabessenz,
empfehlen                                                    
Voss & Schwoll,
Lübeck, ob. Wahmstr. Nr. 6.


Verzinnte
Stahlblechmilchsatten
nicht theurer wie thönerne, empfehle ich zu Fabrikpreisen                                                    
                                                    C. Schwedt.


Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


Särge!
stets vorräthig, große Auswahl, billige Preise.
                                                    bei G. Berger, Selmsdorf.


Gutes Ziegenfutter
hat zu vermiethen                                                    
                                                    F. Otto.


Gesucht

Agenten und Reisende zum Verkauf von Kaffee, Thee u. Reis an Private gegen ein Fixum von 300 M. u. gute Provision.

Hamburg.                                                     J. Stiller & Co.


Suche noch zu Johannis=Termin Geld in Posten von 1200-15000 M. zu erster und zweiter Hypothek. Näheres bei

Schönberg.                                                     J. P. Maass.
                                                                       Marienstraße.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 49 Seite 3]

Empfehle!

Jeden Mittwoch Eimerbier, sehr gut schmeckend und billig das Liter von 2 Pfennig an.

C. Schwedt.


Um zu beweisen, daß ich meine Biere aus nur rein Hopfen und Malz braue, fühle ich mich veranlaßt, eine Analyse des beeidigten Gerichtschemiker Herrn Th. Schorer-Lübeck zu veröffentlichen.
Das mir von Herrn Brauereibesitzer C. Schwedt in Schönberg i. M. übersandte Bier habe ich chemisch untersucht und folgendes Resultat erhalten:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Nach vorstehender Analyse muss das betreffende Bier als ein sehr reines, Malzextract= reiches erklärt werden.

LUEBECK, d. 17. 12. 83.                                                    Th. Schorer, beeidigter Gerichtschemicer.
Von hiesigen sowie auswärtigen Aerzten ist obige Analyse als ausgezeichnet erklärt.
                                                    Ergebenst
                                                    C. Schwedt.


Finnisch-Deutsche Granitwerke
45 Marlesgrube           Lübeck           Marlesgrube 45
(vormals Johs. Stapelfeldt Wwe.)
empfehlen ihr außerordentlich grosses Lager fertiger
Grab-Monumente
an Private, Steinmetzmeister und Händler.

        Eigene Granitbrüche und Schleifereien.
        Eigene Modellirwerkstätten zur Anfertigung von Bronce-Garnituren, Büsten und Medaillons.

Bau-Arbeiten
in polirtem und gestocktem Granit, Marmor und Sandstein.


Garten- und Veranda-Möbel
Triumphstühle in verschiedenen Ausführungen.                          

Zeltbänke
Blumenständer
Blumenkübel
Gartengeräthe
Giesskannen
Gartenspritzen.
Gartenschläuche
Schlauchkarren
Rasensprenger
      Croquetspiele
Turngeräthe
Hängematten
Eiserne Bettstellen
Kinderwagen
Kinderstühle
Kinderpulte
Velocipeden
Botanisirtrommel

ferner:
Verz. Drahtgeflecht, Einfriedigungs- u. Stachel-Draht
empfehlen zu billigsten Preisen                                                    

Lübeck,
Breitestraße 65.
Jürgensen & Robschuld, Lübeck,
Breitestraße 65.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 49 Seite 4]

Zu unserem am Montag, den 6. und Dienstag, den 7. Juli d. J. stattfindenden

Königschuß

laden wir die geehrten Bewohner von Stadt und Land so höflichst als ergebenst ein.

Tombola=Loose à 50 Pf.

sind bei uns zu haben.

Der Vorstand der Schützenzunft
Conr. Schultze.       F. Baer.       J. Greiff.

Programm:

Zur Vorfeier am Sonntag Nachmittag die üblichen Ständchen. - Abends Concert im Schützenhause. - 10 Uhr: Zapfenstreich.
Montag, den 6. Juli, Morgens 5 Uhr: Reveille. 1/2 7 Uhr: Antreten der Schützen auf dem Marktplatze, sodann Aufmarsch. Nach Ankunft im Schützenhause: Frühstück bei Tafelmusik. Beginn des Schießens nach der Königsscheibe und den beiden Gewinnscheiben. - Von Nachmittags 4 Uhr an bis zum Einmarsch: Concert gegen Entrée von 30 Pf. für Nichtmitglieder. - Von 3 Uhr bis zum Einmarsch großer Ball in dem zu diesem Zwecke auf dem Festplatze errichteten Festzelte; Entrée für Herren 1 M., für Damen 30 Pfennig (Mecklenburg)., Mitglieder frei. Nur einem anständigen Publikum ist der Eintritt gestattet. - Abends 10 Uhr: Proklamation des neuen Schützenkönigs.
Dienstag, den 7. Juli: Reveille, Ausmarsch, Schießen u. s. w. wie am Montage.
Nachmittags 3 Uhr:

Ziehung der Tombola.

Abends Festball für Stadt= und Landbewohner im Schützenhause gegen Entrée für Herren 1,50 M., Damen 50 Pfennig (Mecklenburg).
Mittwoch, den 9. Juli, Abends 8 1/2 Uhr: Schützenball im Schützenhause nur für Ehren= und Zunftmitglieder.


Wäsche.

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Brautaus-
stattungen.

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Bunt- und Weiss-
Stickerei.

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Geschäfts-Eröffnung.

Hierdurch erlaube ich mir den geehrten Bewohnern Schönberg's und Umgegend die Anzeige zu machen, daß ich außer meinem Confectionsgeschäft mit heutigem Tage ein Geschäft in

Weisswaaren und Holländ. Waaren

eröffnet habe und halte ich mich bei Bedarf bestens empfohlen.
Ich mache die geehrten Herrschaften noch besonders auf meine Auswahl in Bunt= u. Weißstickerei, Damen= und Kinderschürzen, Kinderkragen und =Kleidchen, Corsetts von den einfachsten bis zu den besten Qualitäten zu billigen Preisen aufmerksam und bitte Sie um Ihren Besuch.

Hochachtungsvoll
Louise Soll.

Kragen.
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Manschetten.
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Cravatten.
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Damen- und Kinder-
Schürzen.

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Corsetts etc.
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Versammlung der                          
Gr. Siemzer Schweinegilde

am Sonntag, d. 28. d. M., Nachmittags 3 Uhr bei Gastwirth J. Boye hieselbst.

Der Vorstand.         


Die Agentur einer guten alten Feuer=Versicherungs=Gesellschaft ist für hiesigen Platz zu vergeben und werden gefl. Offert. unter H. W. 600 an die Expedition der Neubrandenburger Zeitung erbeten.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 49 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 49 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 26. Juni 1885.


          Nr. 10 des Offic. Anzeigers pro 1885 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
            II. Abtheilung:

(1.) .Bekanntmachung, betreffend die Ausführung des Gesetzes über die Ausdehnung der Unfall= und Krankenversicherung vom 28. Mai 1885.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die Durchschnittspreise des Monats Mai 1885.
          Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben nach dem Ableben des Landgerichtsrathes Seip den Landgerichtsrath von Witzendorf hieselbst wiederum zum Vorsitzenden und ersten Mitgliede und den Landgerichtsrath von Düring hieselbst zum dritten Mitgliede der Großherzoglichen Commission für das Heimathswesen zu ernennen geruhet.
          Neustrelitz, den 9. Juni 1885.
          Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben nach dem Ableben des Landgerichtsrathes Seip den Landgerichtsrath Wohlfahrt wiederum zum Vertreter des Dirigenten und ersten Hypothekenbewahrers bei der Großherzoglichen Hypothekenkammer für Landgüter in Neustrelitz zu ernennen geruhet.
          Neustrelitz, den 9. Juni 1885.


Der Kaiser ist am Sonntag Abend von Berlin abgereist und am Montag früh wohlbehalten in Ems angekommen.
Zu dem Unfall den der Kronprinz mit dem König von Sachsen am vergangenen Mittwoch in Berlin an der Ecke der Wilhelmstraße mit seinem Gefährt gehabt hat, wird berliner Blättern noch von Augenzeugen gemeldet, daß das Anhalten des Wagens einem zufällig des Wegs kommenden Mann zu danken sei. Derselbe warf sich todesmuthig den Pferden entgegen, ergriff die Zügel des rechten Pferdes, rieß es nieder und brachte so beide Thiere zum stehen. Er öffnete dann den Wagenschlag und half dem Kronprinzen aussteigen. Nun erst bemerkte der Mann, wer im Wagen saß, und war darüber auf's Höchste überrascht. Der Kronprinz aber ergriff die Hand des Mannes und dankte ihm herzlich und darüber wieder wurde dieser so verlegen, daß er stotternd sagte: "Ach Sie sind's Kaiserliche Hoheit! Das freut mich, darüber bin ich glücklich." Der Kronprinz aber antwortete: "Sie haben brav gehandelt auch wenn ich's nicht gewesen wäre; ich danke Ihnen nochmals von Herzen." Auch der König von Sachsen dankte dem muthigen Mann mit freundlichen Worten und der Adjutant des Kronprinzen ließ sich den Namen des Mannes sagen und schrieb sich denselben auf.
Von einer in Gunzenhausen am 16. Juni abgehaltenen Bauernversammlung wurde dem Reichskanzler Fürsten Bismarck der Gruß und die Huldigung der Versammlung dargebracht. Darauf ging folgende Antwort des Fürsten Bismarck ein: Kissingen, den 12. Juni 1885. Den freundlichen Gruß der Bauern=Versammlung zu Gunzenhausen habe ich mit verbindlichem Dank erhalten und freue mich, daß die Herren in richtiger Erkenntniß ihrer Interessen deren Vertretung selbst in die Hand nehmen, weil nur auf diesem Weg der Landwirthschaft die gleiche Gunst wie jedem anderen Gewerbe in unserer Gesetzgebung gewonnen und erhalten werden kann von Bismarck."
Das Wetter in England und Italien scheint der Bildung neuer Ministerien nicht günstig zu sein. Es geht nicht vorwärts; in England kommen die Tories mit dem neuen Kabinet nicht zu Stande und in Italien findet sich überhaupt niemand, der Ministerpräsident werden möchte. Das ist der Segen der Parlamentsherrschaft. Gestürzt sind die Ministerien bald, aber wieder aufgebaut nicht so schnell; in Italien und England werden jetzt die Beweise dafür geliefert. In England will Gladstone mit den Seinen die Tories nicht unterstützen und deshalb rathen die Blätter Lord Salisbury, er solle den Auftrag, ein Kabinet zu bilden, doch freundlichst dankend ablehnen.
Die Verhandlungen des Norddeutschen Lloyds mit der Reichsregierung über die Dampfersubvention sind geschlossen. Der Kontrakt liegt dem Reichskanzler zur Genehmigung vor. Der Lloyd übernimmt auf 15 Jahre gegen Zuschuß von 4 400 000 Mk. die im Gesetz vorgeschriebenen Schiffs=Verbindungen, hat sich erboten, auf der ostasiatischen und Mittelmeerlinie mit 12 statt der geforderten 11 1/2 Knoten Schnelligkeit zu fahren und will 6 neue in Deutschland gebaute und 9 andere in seinem Besitz befindliche, auf 13 Knoten Schnelligkeit laufende Dampfer einstellen, wovon 5 speziell für die Fahrt in den Tropen gebaut sind.
Der für Kamerun gebaute Dampfer ist am Sonnabend glücklich vom Germania=Werft in Kiel vom Stapel gelassen worden. Viceadmiral Wickede taufte das Schiff auf kaiserlichen Befehl "Nachtigal", damit der Name desjenigen Pioniers der Civilisation, der so Hervorragendes bei der Erwerbung unserer Kolonien geleistet, der sein Leben dabei gelassen hat, auch in der Ferne auf dem Schauplatz seiner Thätigkeit nie vergessen werde.
Ueber die am vergangenen Sonnabend in Madrid stattgehabten Unruhen erfährt man jetzt, daß dieselben nicht so schlimm gewesen sind, wie es anfänglich geschienen hatte. Die Veranlassung zu den Unruhen, an denen sich namentlich die Bewohner der Vorstädte, Männlein, Weiblein und Kinder und die "Damen der Halle" betheiligt haben, gab die von den Stadtbehörden erlassene Veröffentlichung, daß in Madrid die Cholera ausgebrochen sei. Die Volksmenge schrie und pfiff, pflanzte schwarze Fahnen auf und bewarf die Gendarmen mit Steinen. Als diese nun gegen die Menge einschritten, leistete dieselbe Widerstand und nun gab es zwei Todte und mehrere Verwundete. Der König von Spanien besteht übrigens auf seinem Entschluß, eine Rundreise durch diejenigen Provinzen zu machen, in denen die Cholera ausgebrochen ist.
Die Chinesen sind die reinen Wütheriche; Herrn Liu=Viu=Phuoe, den General der Schwarzflaggen d. h. der Seeräuber, der ihnen im Krieg gegen die Franzosen so manchen guten Dienst erwiesen hat, wenn er auch immer ein Seeräuber geblieben ist, haben sie jetzt gefangen genommen und ohne alle Umstände erdrosseln lassen.


In Berlin striken, wie schon gemeldet, die Maurer. Der Strike ist seit dem 19. d. Mts. für alle Berliner Bauten allgemein durchgeführt. Obwohl einzelne Meister bereits den höheren Tagelohn von 5 M. bewilligt haben, kehren die Gesellen zu ihnen noch nicht zurück, die Arbeit soll vielmehr erst dann wieder aufgenommen werden, wenn alle Meister die Lohnerhöhung bewilligt haben. Es haben auch einige Ruhestörungen stattgefunden, die aber schnell durch polizeiliches Einschreiten unterdrückt worden sind. Man wird die Anzahl der gegenwärtig Feiernden mit 10 000 nicht zu hoch schätzen, und man kann sich einen Begriff machen, wie tief solche Vorgänge in das soziale und materielle Leben weiterer Kreise eingreifen.
- Wer noch deutsche Reichskassenscheine vom 11. Juni 1874 hat, seien es nun 100 Mark oder 5 Mark oder andere Scheine, der wechsle dieselben bei einem Banquier oder bei einer öffentlichen Kasse ein, denn diese Scheine werden eingezogen, weil sie nicht aus Faserpapier bestehen. Ende dieses Monats ist der Termin abgelaufen, dann giebt's Schwierigkeiten für den, der noch solche Scheine besitzt.
- Bill und Sybillchen müssen noch warten. Am 29. Juni sollte die Hochzeit des Grafen Wilhelm Bismarck mit Fräulein Sybilla von Arnim sein, dieselbe ist aber bis zum 6. Juli verschoben worden.
- Die Leiche des General=Feldmarschall von Manteuffel ist am Sonntag Mittag auf dem Familiengut Topper in Schlesien beigesetzt worden. Zum feierlichen Empfang der Leiche in Berlin waren die Generalität von Berlin und Potsdam, die obersten Hofchargen und das Offiziercorps auf dem Perron vor dem Königszimmer des Anhalter Bahnhofs versammelt, außerdem die Deputationen verschiedener Regimenter, die Militärbevollmächtigten der deutschen und fremden Staaten. Das Königszimmer des Bahnhofs war in eine Trauerkammer umgewandelt. Inmitten des Zimmers befand sich eine

[ => Original lesen: 1885 Nr. 49 Seite 6]

schwarze Estrade. Die Eingänge waren mit Doppelposten besetzt. Kurz vor Einlaufen des Zuges erschienen der Kronprinz und Prinz Wilhelm. Als der Zug, von militärischem Saint begrüßt, eingelaufen war, wandte sich der Kronprinz, während der blumenbekränzte Sarg herausgehoben wurde, zu den Hinterbliebenen des Staathalters. Unter Vorantritt zweier Adjutanten wurde der Sarg in das Königszimmer getragen. Dem Sarg folgte der Kronprinz mit der Tochter des Verewigten, hierauf die Söhne und Verwandten desselben. Die Musik spielte während dieses Vorganges die Choräle: "Jesus meine Zuversicht" und "Christus, der ist mein Leben." Der Kronprinz legte einen Lorbeerkranz auf den Sarg, auch der Kaiser ließ einen mit goldenem W und der Kaiserkrone geschmückten Kranz niederlegen. Nach dem Abspielen der Choräle verließ der Kronprinz mit dem Prinzen Wilhelm den Bahnhof. Unter dem Salut der unter Gewehr verbliebenen Wache und unter Vorantritt der Adjutanten folgte dann die Ueberführung der Leiche nach dem schlesischen Bahnhof, von wo dieselbe nach Topper gebracht wurde. Erschütternd ist der Umstand, daß der älteste Sohn des Verstorbenen, der Rittmeister v. Manteuffel, auf dem Schlesischen Bahnhof die Nachricht erhielt, daß soeben sein jüngstes Söhnchen am Scharlach gestorben sei.
- Der Verlust an Menschenleben in Folge des Erdbebens in Kaschmir ist jetzt amtlich auf 3881 angeschlagen; außerdem sind etwa 70 000 Häuser zerstört worden. So gehts in Indien zu.


Im letzten Augenblicke.
[Erzählung.]
(Fortsetzung.)


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