No. 96
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 07. Dezember
1883
dreinundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1883 Nr. 96 Seite 1]

In Sachen, betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuches über die zu Blüssen sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Jochen Heinrich Piper daselbst wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protokoll sofort im Termine der Präclusivbescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg den 3. December 1883.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        


Holz=Auction Nr. 2.

Am Sonnabend den 8. December Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Michaelsen zu Selmsdorf nachstehende HolZsortimente aus den Hohemeiler Tannen meistbietend verkauft werden:

5 Fichten Leiterbäume
136 Rmt. tannen Kluft
315 Rmt. tannen Knüppel
12 Fuder Durchforstholz von Bohnenstangen= bis Schleetstärke.
Schönberg, den 1. December 1883.

Der Oberförster:                    
C. Hottelet.          


Zu einer Weihnachtsbescheerung für arme Kinder erbitten wir freundliche Gaben aus der Gemeinde und ersuchen solche gütigst bis zum 20. d. M. uns zukommen zu lassen.

Kaempffer.                           Langbein.


Die diesjährige Herbst=Versammlung des Landwirthschaftlichen Vereins findet am

Mittwoch den 12. December 1883
Vormittags 11 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst statt, zu welcher Namens des Vorstandes ergebenst einladet

der Secretair des Vereins:       
Wilh. Heincke.             


Allen Denjenigen, welche bei dem so frühen und unerwarteten Hinscheiden unseres lieben Gatten, Sohnes und Bruders, des

Lehrers J. Simon in Rieps,

ihre wohlthuende Teilnahme uns bewiesen, insbesondere den Sangesbrüdern und Kollegen des Verstorbenen, welche ihn zu seiner letzten Ruhestätte begleitet und durch ihren Gesang unsern Herzen in den schweren Stunden Trost gespendet haben, sagen wir unsern innigsten und herzlichsten Dank.

Die trauernden Hinterbliebenen.       


Gewerbe-Verein.
Montag den 10 d. Mts. Abends 8 Uhr:
Hauptversammlung.
Vorführung des Abel'schen Petroleumprüfers.


Besten englischen Syrup,
sowie sämmtliche Gewürze in guter Ware empfiehlt
                                                    A. Wigger Nachfolger.


Zu den bevorstehenden Festbäckereien empfiehlt
besten engl. Syrup
sowie sämmtliche Gewürze in guter Qualität
                                                    W. Wieschendorf.


Englisches Salz
empfiehlt                          
                                                    W. Wieschendorf.


Neueste Patent
Fleischhack=Maschinen
sowie sämmtliche Ofen=Geräthschaften empfiehlt zu Weihnachtsgeschenken                          
                                                    W. Wieschendorf.


Englisches Salz
empfiehlt                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Beste Wallnüsse und Sicil. Haselnüsse
empfiehlt                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Besten engl. Syrup,

sowie sämmtliche Gewürze, auch gemahlen unter Garantie der Reinheit empfiehlt zu billigsten Preisen

Aug. Spehr.       


Franz. Wallnüsse,
sicil. Haselnüsse,
beste Krachmandeln und Traubrosinen,
Valencia Rosinen
süße und bittere Mandeln,
Smyrna= und Valencia=Feigen,
Catharinen Pflaumen,
große türkische Tafel=Pflaumen
      empfiehlt billigstens

Aug. Spehr.       


Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


[ => Original lesen: 1883 Nr. 96 Seite 2]

Unter Protectorat Ihrer Kaiserlich Königlichen Hoheiten
des Kronprinzen u. der Frau Kronprinzessin des Deutschen Reiches.
Große
Gold- und Silber-Lotterie
des Vereins für Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten.
Ziehung am 15. Januar 1884 und folgende Tage.
Hauptgewinne:
50000, 20000, 2 à 10000
4 à 5000, 11 à 2000, 25 à 1000, 40 à 500 Mark etc.

Original=Loose à 1 Mark (auch gegen Coupon oder Briefmarken) empfiehlt und versendet prompt der Hauptcollecteur

Carl Heintze, Bankgeschäft, Berlin W., U. d. Linden 3.
Zweiggeschäfte in Hamburg und Bremen.

Für portofreie Zusendung der Loose und eine Gewinnliste sind 20 Pfennig. der Bestellung beizufügen.


Die Damen-Mäntel-Fabrik
U. Beermann & Co., Lübeck Sandstraße 927.
empfiehlt eine großartige Auswahl der                          
modernsten Winter=Mäntel

als: Paletots, Dollmanns und Abendmäntel in solider und geschmackvoller Ausführung zu sehr billigen Preisen.


Weihnachts-Ausstellung
von
Kurz- & Galanteriewaaren
Spielwaaren,
Seifen und Parfümerien,Schirmen und Stöcken,
Nähmaschinen,
Nähutensilien.
Ia. russischen Gummischuhen
etc. etc.
bei
Glocksien & Evers,
Lübeck, Schüsselbuden 192.


Einem hochgeehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich von Weihnacht bis Neujahr

lebende Karpfen

zum Verkauf vorräthig halte. Ich nehme auch schon jetzt Bestellungen zu Weihnacht an.

                                                                       Hochachtungsvoll
Schönberg.                                                     H. Mette.


Musikalien
werden prompt und mit hohem Rabatt besorgt
von F. Brandt, Lübeck, Lindenstraße 42.


Pelzwaaren

aller Art, empfiehlt unter Garantie, sehr billig

B. Gartz.       


Waffen

(Prämiirt auf der Hamburg-Altonaer Internationalen Ausstellung 1869 mit der grossen silbernen Medaille.)
Revolver in allen Systemen u. Größen, in Lefaucheux, Centralfeuer u. Randfeuer, (letztere auch echt amerikanische), Büchsflinten, Pürschbüchsen, Entenflinten, Vorder- und Hinterlader-Scheibenbüchsen, Flobert-Salonbüchsen (Techins), in den neuesten Systemen Zimmerstutzen, Gartenbüchsen, Bolzenbüchsen, Luftgewehre, Luftpistolen, Stockflinten in Lefaucheux und Centralfeuer, Schiess-Spazierstöcke neuester Construction, Lefaucheux-Pistolen, Terzerole, Flobert-, Salon- und Scheibenpistolen, Revolver-Todtschläger mit Dolch; Lebensvertheidiger, Schlagringe, Dolch- und Degenstöcke, Dolchmesser, Dolche, Säbel, Degen, Hirschfänger, Jagdmesser, Fechterklingen- und Utensilien, Schiess-Scheiben, Patronen, Patronenhülsen, Patent-Jagdschrot (Hagel), Schiesspulver, Zündhütchen und Munition aller Art (auch Raketen) zu allen Schußwaffen, sowie sämmtliche Jagd-Artikel und Requisiten für Jäger, etc. etc., empfiehlt die Waffenfabrik von

F. W. Ortmann in Solingen.
Preislisten versende franco und gratis.


Englischen Syrup,

sowie sämmtliche Gewürze empfiehlt in bester Waare billigst

A. Zander.       


Honig
in feinster hellgelber, garantirt, reiner Waare empfiehlt
                                                    A. Zander.


Särge!
stets vorräthig, große Auswahl, billige Preise.
                                                    bei G. Berger, Selmsdorf.


[ => Original lesen: 1883 Nr. 96 Seite 3]

Große
Weihnachts-Ausstellung
von
Spielwaaren
empfiehlt zu billigsten Preisen                          
                                                    H. Brüchmann.


Jürgensen & Robschuld,
Lübeck, Breitestraße 959.
Vollständiges Magazin von Haus= und Küchengeräthen,
Lager von Werkzeugen, Eisen- und Kurzwaaren.


Vorzüglich geeignetes Weihnachtsgeschenk.

Im Verlage von Baumgärtners Buchhandlung in Leipzig erschien und ist in jeder Buchhandlung zu haben:

Geographisches Lotto.
Ein Gesellschaftsspiel für 2 - 8 Personen.
     4. Auflage. 1883.     
In eleg. Kasten.      Preis 4 Mark.

Von diesem in ganz Deutschland und Oesterreich bekannten und beliebten Spiele ist soeben die neue Auflage in eleganter Ausstattung erschienen.
Dieses unterhaltende Spiel, welches acht sorgfältig in Farbendruck ausgeführte Landkarten enthält, ist zugleich das beste Lehrmittel, um sich in kürzester Zeit eingehende Kenntniß der hervorragendsten Hauptstädte, Länder, Flüsse, Gebirge, Meere, Inseln etc. zu verschaffen. Jeder Spieler erhält eine Karte mit roth ausgezeichneten geographischen Punkten (Bayern, Ostsee, Alpen, Wien u. s. w.). Einer der Mitspielenden ruft die Namenskärtchen aus und die Spielenden besetzen mit kleinen Blättchen die ausgerufenen Punkte. Wer zuerst eine ausgemachte Anzahl von Punkten besetzt hat, ist König. Als äußerst amüsante und zugleich in hohem Maaße instruktive Unterhaltung für die Winterabende kann es Alt und Jung nicht warm genug empfohlen werden und sollte in keiner Familie fehlen.


Die Gustav Walch'sche Dampfbrauerei
"zur goldenen Traube"
Haufbeuren Bayern,
Gegründet 1805.
empfiehlt zur jetzigen Versandzeit ihr anerkannt vorzüglichstes                          
Bayrisches Salon-Exportbier
in Flaschen und Gebinden.                                                    
Für Private offerire:                                                                
1 Probekiste mit 25 Flaschen zu M. 10.
1 Probekiste mit 12 Flaschen zu M.   5.
Verpackung zum Selbstkostenpreis.


Wilh. Berner,
Juwelen-, Gold- und Silberwaaren-Lager,
Lübeck, Sandstrasse 1010 (neben der Privatbank)empfiehlt in grösster Auswahl
Neuheiten
in Gold- und Silberschmucksachen als: Châlebroches mit Amethyst, Tapas, Almanden, Turquisen, Perlen, Lapis Lazuli etc.
Silberne oxydirte im Rennaissance-Styl
gehaltene Broschen, Armbänder, Colliers, Anhänger, Herren- und Damenketten etc.
Ferner alle übrigen Gold- u. Silberwaaren von den einfachsten bis zu den feinsten Gegenständen zu sehr billigen Preisen.
Trauringe stark von 14 karatigem Golde das Paar von 17 Mark an,
Trauringe stark von feinem Golde das Paar von 35 Mark an,
Reparaturen, sowie nach Bestellung anzufertigende Arbeiten werden auf das Sauberste prompt und billig ausgeführt.


[ => Original lesen: 1883 Nr. 96 Seite 4]

Prima Honig und engl. Syrup
empfiehlt billigst                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Herren= u. Knaben=Wintermützen
in neuester Facon hält vorräthig                          
                                                    B. Gartz.


Mecklenburgische Bank,
Schwerin i. M.

Status per ultimo November 1883.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Die Direction.
Steiner.           Frels.


Für Weihnachten.

12 Bände Jugendschriften u. Bilderbücher ganz neu und elegant gebunden mit zahlreichen nur künstlerisch ausgeführten Illustrationen in Farbendruck mit Text der besten Autoren passend für Knaben und Mädchen im Alter von 3-15 Jahren zu nur Mk. 6.-.
25 starke Bände Romane (zur Unterhaltung während der langen Winterabende) von Braun, Ernesti, Grabowski, Herbert etc. zu nur Mk. 6.-.

Zusendung direct per Post unter Nachnahme oder vorherige Einsendung des Betrags.
Ausführliche Cataloge gratis.C. B. Griesbach's Verlag u. Antiquariat.
in Gera (Reuss j. L.)


Filzschuhe u. Pantoffel
in großer Auswahl bei                          
                                                    B. Gartz.


Englisches Salz
empfiehlt                                                     A. Zander.


Englisches Salz
empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


Einem geehrten Publikum von Schönberg und Umgegend halte mein

Schuhwaaren-Lager

von selbstgefertigten Arbeiten unter Garantie und Zusichernng promptester Bedienung bestens empfohlen.
      Halbstiefel von 10 M. an.
      Roßlederne Halbstiefel von 12 M. an.
      Kniestiefel von 13 M. an.
Gleichzeitig bringe hiermit in geneigte Erinnerung, daß ich Bestellungen auf Herren=, Damen= und Kinderarbeit in kürzester Zeit solide ausführe.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Carl Rahn.
                                                    Siemzerstraße Nr. 178.


Am Sonntag den 9. December
große Tanzmusik
                                                    bei Gastwirth Tretow,
Demern.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 9. December.

     Vormittagskirche: Candidat Nahmmacher.
     Abendkirche: Pastor Kaempffer.
          Amtswoche: Pastor Langbein.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 6. December 1883.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


"Der heutigen Nummer unserer Gesammtauflage liegt ein Prospect des

Bankhauses A. Wolfsberg

in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser besonders aufmerksam machen."


Fortsetzung in der Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1883 Nr. 96 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 96 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 7. December 1883.


Die geräuschvollsten Tagesfragen sind der Besuch des Kronprinzen in Spanien, der Sieg des falschen Propheten in Egypten, der drohende Krieg zwischen Frankreich und China und der fast über Nacht gekommene Freundschaftsausbruch Rußlands zu Deutschland. Die Mittheilungen des Kaisers Wilhelm an die Präsidenten des preußischen Landtags lauten viel bestimmter und erfreulicher als seither bekannt war. Kaiser Alexander hat unseren Kaiser in einem eigenhändigen Briefe die bündigsten Versicherungen seiner Friedensliebe und Freundschaft gegeben und sie durch seinen Minister Giers persönlich erläutern und bekräftigen lassen. Der Kaiser zeigte sich sehr erfreut - und diese feierlichen Erklärungen sind für die nächste Zeit mehr werth als die Beängstigungen guter Leute über das (zweifelhafte) Nordlicht als Vorzeichen nahe bevorstehender kriegerischer Ereignisse.
- Die Nachrichten aus Spanien über die Aufnahme des deutschen Kronprinzen übertreffen alle Erwartungen. Wir Deutschen können stolz auf diesen Vertreter und seine Eroberungen sein. Spanische und englische Berichte rühmen den Zauber seiner Persönlichkeit und seines gütigen und freundlichen Herzens; sie rühmen, wie der Kronprinz überall würdevoll, taktvoll und klug auftrat und auch die anfangs Gleichgültigen und Abgeneigten gewinnt. Er überwindet nicht nur die Strapazen der fürstlichen Repräsentation wie spielend, sondern zeigt auch für alles, worauf die Spanier stolz sind, ernstes Interesse und wandert von einer Kunstsammlung und Industriewerkstätte zur andern. Die Franzosen sind ganz bestürzt über die freundliche Haltung der Parteien und ihre Zeitungen fast verstummt. Die Spanier sind besonders überrascht über das bescheidene Auftreten des kaiserlichen Kronprinzen und Feldherrn. Unter dem langen Einflusse französischer Schilderungen hatten sie sich die deutschen Heerführer von 1866 und 70 als halbe Menschenfresser voll Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit vorgestellt und finden nun das Gegentheil. Welcher aber ist Blumenthal? fragen sie sofort. "Der muß doch der richtige Haudegen sein." - Aber siehe da, auch Blumenthal ist ein alter, freundlicher, beweglicher Herr, der gar nicht wie ein Eisenfresser aussieht.
Je mehr sich der Kronprinz in Spanien öffentlich zeigt, desto mehr neigt sich ihm die Gunst zu. Die Spanier sind stolz darauf, daß er an ihren Sitten und Gebräuchen, ihren großartigen Bauten und Sehenswürdigkeiten so lebhaftes Interesse nimmt. Sehr interessant war der Besuch in der weltberühmten Waffenfabrik in Toledo. Das Geheimniß, diese stahlharten und doch äußerst biegsamen Klingen zu schmieden, hat noch Niemand enthüllt. Es liegt weder im Wasser, wie man behauptet hat, noch im Eisen, sondern in dem sichern Blicke der Arbeiter, welcher sich von Geschlecht zu Geschlecht vererbt und dadurch eine besondere Schärfe erlangt hat. Der Toledaner sieht es dem glühenden Stahle an, wann es aus dem Feuer zu ziehen und in das Wasser zu tauchen ist; er sieht es, und fremde Arbeiter sehen es nicht; das ist das große Geheimniß. König Alfons der den Kronprinzen führte, zeigte einer Klinge die Biegsamkeit des Stahles, der sich in die Form einer 8 schmiegte, und die Härte desselben, die selbst bei einem Schlage auf Eisen sich bewährte. Der Kronprinz schrieb sich in das Album der Fabrik ein. (Vor Zeiten trug jede Toledo=Klinge die Inschrift: "Ziehe mich nicht ohne Grund, stecke mich nie ein ohne Ehre.")
Die Rückreise des deutschen Kronprinzen aus Spanien ist auf den 15. d. M. angesetzt, an welchem Tage die Einschiffung in Barcelona geschieht. Barcelona hatte gebeten, auf der Rückreise mit einem Besuche beehrt zu werden und trifft Vorbereitungen zu dem festlichsten Empfang des Kronprinzen.
Das preuß. Abgeordnetenhaus berieth am 5. d. einen Antrag, betr. die Einführung der geheimen Abstimmung bei den Landtags= und Kommunalwahlen. Der Minister des Innern bekämpfte ganz entschieden den Antrag und meinte, die an die geheime Reichstagswahl geknüpften Erwartungen hätten sich nicht erfüllt. Die Regierung werde sich wohl überlegen, ob sie nicht beim Bundesrath die Abschaffung der geheimen Abstimmung bei den Reichstagswahlen beantragen soll.
Das Krankenkassengesetz tritt in Kraft. Es müssen jetzt die gewerblichen Arbeiter die Entscheidung treffen, in welche Kasse sie eintreten. In eine Kasse müssen sie treten, denn das Reichsgesetz schreibt unbedingten Beitritt vor; aber sie haben die Wahl unter den Kassen. Der zwangsweise Beitritt aller gewerblichen Arbeiter zu den Krankenkassen wird sich in der Folgezeit gewiß als eine soziale Verbesserung herausstellen. Es ist eben ein Anfang, der von weiteren Schritten in der Socialreform nicht entbindet, sondern vielmehr dazu drängt. Der Staat soll überhaupt in socialen Dingen, auch wo er von dem besten Wunsche besellt ist, nichts künstlich machen, aber er soll zum Guten anregen, ermuntern, fördern, und wo es reif, ihm auch zur festen gesetzlichen Form verhelfen. Die Krankenversicherung ist dieser Art und so möge der erste gedeihliche Schritt bald von weiteren gefolgt sein. - Mannigfaltig, wie die Ursachen socialer Mißstände, müssen auch die Hülfsmittel dagegen sein. Dahin gehört die Bekämpfung des Mißbrauchs geistiger Getränke. In vielen Städten sind bereits Vereine gegründet zur Beschwörung des Alkoholteufels. Daß die Trunksucht die schwersten sittlichen und socialen Gefahren im Gefolge hat, darin begegnen sich alle Gesellschaftskreise und Berufsarten, welche zur Bekämpfung des Uebels zusammen wirken. Nichts aber würde den Vereinen zur Bekämpfung der Trunksucht mehr schaden als wenn sie den Feind lediglich in den Reihen des niederen Volkes suchten. Die Moralität der großen Masse ist wesentlich bedingt von dem Zustande der Moralität in den höheren und wohlhabenderen Schichten der Bevölkerung. Diese sind auch darin die natürlichen Führer des Volkes. Und da ist es denn gar kein Zweifel, daß die sog. gebildeten Kreise in puncto des Trinkens nicht immer mit einem guten Beispiele vorangehen.


- In Folge des heftigen Nordoststurmes in der Nacht zum Mittwoch ist wiederum von einer Sturmfluth an der Mecklenburgischen Küste zu berichten, wie dieselbe seit jener schrecklichen Novembernacht vom Jahre 1872 nicht wieder so heftig aufgetreten ist. Ueberall ist die See weit über ihre Ufer getreten und hat wieder viel Schaden an dem Eigenthum der Anwohner verursacht. In Wismar standen die großen Holzläger, sowie ein ganzes Stadtviertel unter Wasser. Glücklicherweise ließ der Sturm gegen Morgen an Heftigkeit nach, so daß schon gegen Mittag ein Sinken des Wassers eintrat. Auch in der Maurine war das Seewasser so hoch aufgestiegen, daß das große Wiesenthal bis Mahlzow und Bünsdorf einem großen See glich. Die Holzläger am Hafen bei Schönberg standen ebenfalls unter Wasser, auf dem Balken und Bretter umherschwammen. Die Viehställe der Mühle waren gleichfalls unter Wasser, so daß sämmtliches Vieh anderweitig untergebracht werden mußte.
- Der Minister des Innern in Preußen macht Epileptische und deren Angehörige auf die Anstalt Pethel bei Bielefeld aufmerksam. Der Vorstand dieser Anstalt hat sich bereit erklärt, kostenlos dasjenige Heilverfahren anzugeben, das sich als das sicherste bewährt hat und auch den Kranken in einzelnen Fällen und im Verlaufe der Krankheit mit Rath beizustehen. In dieser Anstalt wurden seit 16 Jahren mehr als 1400 Kranke durch erfahrene Aerzte behandelt.
- Einen muthigen Landsmann haben die Franzosen, der ihnen den Spiegel vorhält und die Wahrheit sagt: das ist Saint=Genest im "Figaro".

[ => Original lesen: 1883 Nr. 96 Seite 6]

Hören wir einige Proben. "Was man in Frankreich Patriotismus nennt ist kindische Eitelkeit, sie ist die Hauptquelle des Hasses gegen die Deutschen; es ist der Zorn des trotzigen Kindes, welches schmollt, weil man es gedemüthigt hat. Wir Franzosen sind nicht wie andere Leute: die anderen vergessen eine Niederlage, wir niemals. Die anderen geben zu, daß sie Unrecht gehabt haben, wir niemals. Wenn wir die Russen bei Sebastopol, die Oesterreicher bei Solferino schlagen, so finden wir es natürlich, daß sie verzeihen. Wenn man aber das Verbrechen begangen hat, uns zu schlagen, dann gibt es keine Entschuldigung. Was ist das für ein Unsinn? Sind wir Franzosen nicht als Eroberer in Wien, Moskau, Madrid und Berlin gewesen? Haben wir nicht Provinzen weggenommen und den besiegten Völkern Lösegeld auferlegt? Tragen nicht die Ufer des Rheins heute noch die Spuren unserer Plünderung? - Wir thun immer, als wären wir aus einem besonderen Teige geknetet" u. s. w.
- In Berlin wird ein neues Repetirgewehr geprüft, das eine Erfindung der Gewehrfabrikanten Bornmüller, Simson und Huck ist. Dieses Gewehr gestattet die Aufnahme von zwölf Patronen innerhalb des Kolbens und einer Röhre im Schafte; ferner läßt sich der Lademechanismus ohne Schwierigkeit an jedem Hinterladergewehr mit Cylinderverschluß anbringen und mit dem vorhandenen Schlosse derart verbinden, daß die Patrone durch das Oeffnen des Verschlusses ganz von selbst in den Laderaum tritt und das Gewehr nach dem Schließen des Verschlusses zum Schießen fertig ist. Zudem ist der ganze Mechanismus äußerst einfach und die Haltbarkeit des Gewehres wird durch denselben in keiner Weise gefährdet. (Einen kleinen Schreck bekommt man aber doch, wenn von neuen Gewehren die Rede ist wegen des nervus rerum.)
- Die auffallende Röthe, welche sich kürzlich vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang am Morgen= resp. Abendhimmel zeigte, und alle Thürme, Dächer und Giebel, Berge und Thäler mit einem rosigen Lichte übergoß, ist, wie uns Sachverständige auf unsere Erkundigung mittheilen, weiter nichts, als sehr schön ausgebildetes Morgen= und Abendroth, hervorgerufen durch einen eigenthümlichen Zustand unserer Atmosphäre. Diese Dämmerungserscheinungen erstrecken sich, wie es scheint, über ganz Deutschland und geben zu vielfachen Betrachtungen Anlaß. Am Gründlichsten hat sie Herr Dr. Aßmann in der Magdeburger Zeitung beschrieben. - Anderwärts hat man die Erscheinung für ein Nordlicht gehalten.
- Der Eisenbahnminister Maybach in Berlin führt ein scharfes Regiment, aber zum Besten des Publikums. Nach seiner Anordnung sollen Bahnbeamte, die sich ein Versehen zu Schulden kommen lassen, auch dann bestraft werden, wenn ein Unglück dadurch nicht herbeigeführt worden ist. Ferner sollen Schwellen und Schienen möglichst in der Nähe der Wärterhäuschen niedergelegt und größere Anhäufungen durch Wärter beschützt werden. Bei verübten Bahnfreveln sind die Behörden angewiesen, nach Umständen noch mehr als 300 M. auszusetzen für die Entdeckung der Thäter.
- Wie der an allen Luxus gewöhnte Sprößling eines der ersten Fürstenhäuser Deutschlands dazu kam, ein Leben voll Entbehrungen freiwillig auf sich zu nehmen und fast ein Jahr lang unerkannt als bescheidener Arbeiter in den Vereinigten Staaten sein Brod zu verdienen, darüber erzählt die in Chicago erscheinende "Illinos Staatszeitung" folgende interessante Geschichte: "Graf Alfred Salm, ältester Sohn des Fürsten Friedrich Salm, jetzt etwa 27 Jahre alt, studirte bis vor einem Jahre auf der Universität Bonn Rechtswissenschaft und genügte hierbei gleichzeitig seiner Militärpflicht in dem Königshusaren=Regiment, das in Bonn in Garnison liegt. Der Vater des Grafen, Fürst Friedrich, ist General à la suite der Armee und einer der reichsten Grundbesitzer in den preußischen Rheinlanden, dem seine Güter ein jährliches Einkommen von fast drei Millionen Mark abwerfen. Graf Alfred Salm, der als ältester Sohn des Fürsten dereinst der Erbe dieser Reichthümer wird, war in den besseren Bürgerfamilien ein gern gesehener Gast. Auf diese Weise wurde der junge Graf auch mit der reizenden Tochter eines der angesehensten Bürger der Stadt Bonn bekannt, und was war natürlicher, als daß der feurige Jüngling sich über die Ohren in die junge Dame verliebte und derselben einen Heirathsantrag machte. Die Eltern des jungen Mädchens machten ihre Einwilligung zu einer Verlobung des Paares von der Zustimmung des Fürsten abhängig. Bei einem Besuche in dem elterlichen Schlosse machte Graf Alfred seinen Vater mit seinem Vorhaben bekannt, nur so viel erfuhr die "gute Gesellschaft" in Bonn, daß der junge Graf mit seinem Vater den Verkehr abgebrochen habe und der Letztere sich weigere, seinem Sohne für die Folge die zum standesgemäßen Unterhalt nöthigen Mittel zu gewähren. Im Laufe des October des vorigen Jahres verschwand Graf Alfred plötzlich aus Bonn und alle Nachforschungen der besorgten Familie nach seinem Aufenthaltsorte blieben erfolglos. Vor etwa zwei Monaten endlich erhielt Fürst Salm einen Brief aus Chicago, worin ein gewisser Karl Schneider die Mittheilung machte, daß Graf Alfred sich in der Nähe von Chicago aufhalte und kümmerlich sein Leben friste. Die Nachricht lautete so bestimmt und die Beschreibung der Person des Grafen war so zutreffend, daß Fürst Salm sich veranlaßt fühlte, seinen Gutsverwalter von Maltzahn dorthin zu schicken, um den Flüchtling wieder nach Hause zu bringen. Vor etwa 14 Tagen traf dieser Herr in Chicago ein und setzte sich mit Schneider sofort in Verbindung. Letzterer hatte im Königshusaren=Regiment in derselben Escadron mit Graf Alfred ein halbes Jahr lang gedient und war dann vor etwa anderthalb Jahren nach Amerika ausgewandert. Da sich ihm nicht Besseres bot, so arbeitete er seitdem als Tagelöhner an der Illinois=Eisenbahn in der Nähe von Chicago, wo er eines Tages zu seinem großen Erstaunen den Grafen Salm in grobem Arbeitergewand entdeckte. Obschon dieser anfangs sein Incognito zu wahren suchte, so mußte er schließlich doch dem ehemaligen Kameraden gegenüber seinen wahren Stand enthüllen. Graf Salm arbeitete auf der Bahnstrecke unter den Namen Friedrich Reinhardt und schien sich vollkommen in diese ungewohnte Lebensweise gefunden zu haben. Schneider erzählte, er sei mit wenigen Mitteln nach Chicago gekommen, habe, ehe er an der Bahn Beschäftigung fand, eine Zeit lang auf dem Dampfer "City of Duluth" gearbeitet, weil er trotz der Kenntniß der englischen Sprache keine andere Stellung habe finden können. Als Herr von Maltzahn vor Kurzem in Chicago eintraf, führte Schneider diesen zu dem Grafen, der sich anfangs beharrlich weigerte, nach Deutschland zurückzukehren, schließlich aber in die Rückkehr einwilligte, als der Abgesandte seines Vaters ihm das Ehrenwort gab, daß der Verwirklichung seiner Wünsche kein Hinderniß mehr in den Weg gelegt würde. Dem Karl Schneider wurde das Anerbieten gemacht, in den Dienst des Grafen zu treten, was dieser dankbar annahm. Vor Kurzem trat die Gesellschaft die Rückreise nach Deutschland an.
- Im Prater in Wien wurde ein Bravourstück ausgeführt, das meist nur in Romanen vorkommt, die Pferde eines eleganten Wagens gingen durch und stürmten rasend daher und die im Wagen sitzenden Herren und Damen schienen verloren; da warfen sich zwei entschlossene junge Männer mit Lebensgefahr den wüthenden Thieren entgegen und es gelang ihnen, dieselben zum Stehen zu bringen. Die beiden Männer waren der Herzog Carl Theodor von Bayern und der Herzog von Braganza. Sie entzogen sich rasch dem Danke.
- Seinen nächsten und schönsten Walzer muß der ungarische Componist J. Gungl den deutschen Zeitungen widmen, die ihm das Leben gerettet haben, während ihn ungarische Blätter todt sagten. Gungl lebt in Cassel bei seiner Tochter. Die Walzertänzer müssen den Zeitungen die Rettungsmedaille verleihen.
- In Wien ermordete am 27. v. Mts. ein Schustergeselle auf grauenvolle Weise seine Geliebte, mit welcher er in einen geringfügigen Streit gerieth. Er nahm den Kopf des Mädchens zwischen seine Knie und schlug nun mit der Faust so lange auf den Nacken der Unglücklichen, bis diese todt zusammensank.


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