No. 56
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. Juli
1883
dreinundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1883 Nr. 56 Seite 1]

      Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das Füsilier=Bataillon 2. Hanseatischen Infanterie=Regiments Nr. 76 in Lübeck am

Freitag, den 3. August d. Js.,
von Morgens 7 Uhr bis Abends 8 Uhr,

auf der Palinger Haide ein Prüfungs= und Gefechtsschießen abhalten wird.
     Zur Vermeidung von Unglücksfällen wird das Betreten des Terrains, welches durch den Landgraben von Brandenbaum bis zum Försterhaus Wesloe, die Straßen vom Försterhaus Wesloe bis Schlutup, Schlutup bis Palingen und Palingen bis Brandenbaum begrenzt wird, den Bewohnern des hiesigen Fürstenthums an dem gedachten Tage bei Strafe verboten.
     Schönberg, den 17. Juli 1883.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


     Nr. 13 des Offic. Anzeigers pro 1883 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
          II. Abtheilung.
     (1.) Bekanntmachung, betr. den Magdeburger Verein für Dampfkesselbetrieb in Magdeburg.
     (2.) Publicandum betreffend die Hebung der edictmäßigen Steuer pro 1883/84 zur Deckung der Kosten des Landesfonds etc.
     (3.) Bekanntmachung, betr. den Weltpostverein.
     (4.) Bekanntmachung, betr. den Weltpostverein.


Politische Rundschau.

Kaiser Wilhelm hat die kirchenpolitische Novelle am 11. Juli (für Preußen) genehmigt und vollzogen.
Die "Germania", die päpstliche Zeitung in Berlin, führt eine sehr bemerkenswerthe Sprache gegen Bismarck und dessen neueste Auslassung in der N. A. Z. Sie gibt 1) zu verstehen, daß der betr. Artikel von Bismarck persönlich geschrieben sei und unterscheidet 2) sehr scharf zwischen der preußischen Regierung und dem Kaiser; nur dem Kaiser schreibt sie den ehrlichen Willen zu, zum Frieden mit der katholischen Kirche zu kommen. Sie schreibt wörtlich: "Das Oberhaupt der katholischen Kirche findet in Berlin noch nicht diejenige Achtung, die es verlangen kann". - "Unter der glatten offiziellen Oberfläche schlummert noch eine bedenkliche Masse von Haß und Neid und an friedliche Beziehungen ist nur so lange zu denken, als der Wille Sr. Majestät sie erzwingt".
Mit dem nächsten Jahre scheidet der letzte Jahrgang derjenigen Landwehrmänner aus dem Heere aus, die noch an dem Kriege von 1870/71 Theil genommen haben, so daß von 1884 an das deutsche Heer, was den Mannschaftsstand betrifft, in seinen Reihen keine Soldaten mehr zählt, welche den Krieg aus eigener Erfahrung kennen.
Kaiser Franz Joseph wird, wie österreichische Blätter ankündigen, am 1. August von Ischl nach Gastein zur Entrevue mit dem Kaiser Wilhelm fahren und den deutschen Monarchen, der an demselben Tage abreisen soll, einige Stationen weit begleiten.
Das Defizit der Thierausstellung in Hamburg beträgt 150,000, nicht 500,000 M.; der Garantiefonds 340,000 M.
Bekanntlich ist das Privatvermögen des Königs von Italien ein verhältnißmäßig sehr geringes. Man wird sich ferner erinnern, daß Victor Emanuel II. bei seinem Tode recht beträchtliche Schulden hinterließ, deren Bezahlung König Humbert, um keinen Makel auf das Andenken seines Vaters fallen zu lassen, übernahm. Jedenfalls um für alle Fälle eine Deckung der eingegangenen Verpflichtungen zu beschaffen, beabsichtigte König Humbert sein Leben zu Gunsten seiner Familie mit 3 Millionen Lire zu versichern. Sein Antrag wurde indessen von der betreffenden Versicherungsgesellschaft nicht angenommen, angeblich weil die Statuten derselben eine solche Versicherung nicht gestatten. - Wir möchten dazu erwähnen, daß Kaiser Napoleon III. bei englischen Gesellschaften mit einer ungleich höheren Summe versichert war; auch Prinz Adalbert von Preußen hatte mit englischen Gesellschaften seinerzeit eine sehr hohe Versicherungssumme kontrahirt.
Die englische Presse ist unsinnig vor Freude darüber, daß die Tunnel=Commission den Bau des Canal=Tunnels ablehnte.
Vor nicht langer Zeit ging ein Gerücht durch viele Blätter, daß in der böhmischen Stadt Trautenau und deren Umgebung infolge der deutschfeindlichen Haltung der katholischen Geistlichkeit sich ein Massenaustritt aus der katholischen Kirche und Uebertritt zum Protestantismus vorbereite. Das scheint sich zu bestätigen; ein großer Theil der Bevölkerung in und um Trautenau soll thatsächlich fest entschlossen sein, der katholischen Kirche den Rücken zu kehren. Da Bischof Heiß von Königgrätz die Bitten der deutschen Gemeinden um deutsche Geistliche ignorirt und da die in die deutschen Orte gesandten czechischen Pfarrer und Kapläne ihre Hauptaufgabe in der Czichisirung ihrer Pfarrkinder suchen, so will man zur Rettung der deutschen Nationalität evangelische Gemeinden bilden, die ihre Pfarrer selbst wählen dürfen.
In Paris erscheint wöchentlich einmal ein Blättchen: "Anti=Prüssien". Es will keinen Krieg mit Deutschland, aber Fehde auf dem Gebiete der Industrie, um dem französischen Handel sein früheres Uebergewicht zu verschaffen. Allen (preußischen und deutschen) Geschäftsleuten in Frankreich wird der Krieg erklärt, ihre Namen werden veröffentlicht, ebenso die Namen aller in Frankreich lebenden Deutschen.
Die Stadt Paris hat am 14. Juli, dem Jahrestage der Erstürmung der Bastille (1789), ein Standbild der Republik errichtet. Präsident Grevy wohnte der Enthüllung nicht bei, wohl aber der

[ => Original lesen: 1883 Nr. 56 Seite 2]

Heerschau über die Pariser Garnison. Die Reden hielten der Seine=Präfect und der stark rötlich angehauchte Präsident des Gemeinderaths. Die Republik trägt einen Oelzweig in der Rechten.
Ueber den Zwischenfall auf Madagaskar liegen jetzt Privatmeldungen aus Tamatave vor, wodurch Gladstones Mittheilungen über das Gebahren der Franzosen theilweise bestätigt werden. Darnach ließ Admiral Pierre Tamatave als französische Stadt erklären, das Standrecht verkündigen, die Consulatflaggen streichen und verbot deren Wiederaufhissung, bis die Consuln auf's neue beglaubigt seien. Die Stadt Tamatave wurde gegen das englische Kanonenboot Dryard abgeschlossen, weil dessen Commandeur eine Abtheilung Seesoldaten vor das Consulat stellte und flüchtigen Einwohnern seine Boote zur Verfügung stellte. Der brittische Postdampfer "Taymuth Castle" wurde bei seiner Ankunft vor Tamatave am 26. Juni von einem französischen Offizier geentert, welcher einen Wachtposten an Bord stationirte und die Landung der Passagiere und der Ladung verhinderte.
Die Stadt Winterthur in der Schweiz hat ihre Zahlungen eingestellt. Lehrer und sonstige Angestellte sind übel dran, denn die am 1. Juli fälligen Gehälter blieben aus.
Die Deutschamerikaner wollen das 200jährige Jubiläum der ersten deutschen Ansiedlung in Nordamerika gemeinsam feiern. Am 6. October 1683 gründeten deutsche Auswanderer die Niederlassung, welche "Philadelphia" genannt, sich seitdem zu einer der ersten Großstädte entwickelt hat.


Neustrelitz 15. Juli. Ihre Königliche Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin werden sich morgen nach London begeben. Die Herzogin von Cambridge, die Mutter I. K. H. der Großherzogin, feiert bekanntlich am 25. d. M. ihren 86. Geburtstag. Se. K. H. der Großherzog weilt bereits einige Zeit in London I. K. H. die Großherzogin, welche längere Zeit auf dem Keppschlosse bei Pillnitz Aufenthalt genommen hatte, trifft anläßlich der Geburtstagsfeier gleichfalls dort ein. Daselbst werden die Mitglieder unseres Fürstenhauses in engem Familienkreise die Feier des Geburtstages der erlauchten Frau begehen. I. K. H. die Großherzogin wird bei ihrer Mutter längere Zeit verweilen. Se. K. H. der Großherzog wird sich zum Kurgebrauch nach Homburg v. d. H. und später zur Nachkur nach Ostende begeben. II. KK. HH. der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin beabsichtigen, zunächst in Dessau bei ihren Verwandten einige Tage Aufenthalt zu nehmen. Von dort aus ist eine Reise nach dem Süden in Aussicht genommen.
Neustrelitz, 15. Juli. Der Glambecker See, dem man nachsagt, daß er jedes Jahr sein Opfer fordere, scheint in der That ein böses Gewässer zu sein. Gestern gegen Abend fand ein Soldat der 6. Kompagnie hiesigen Infanteriebataillons (aus Schönberg im Fürstenthum Ratzeburg) in dem See seinen Tod. Als der Soldat, übrigens ein tüchtiger Schwimmer, von dem Sprungbrett der Militär=Schwimmanstalt, welche sich am See befindet, in das Wasser sprang, tauchte er einige Male unter und war dann plötzlich verschwunden. Erst nach Verlauf einer halben Stunde wurde seine Leiche aufgefunden. Als Todesursache wird Schlaganfall angegeben. M. Z.
- Wichtige Reichsgerichts=Entscheidung. Der Verkauf von Vieh seitens eines Viehhändlers an einen Landwirth ist nach einem Unheil des Reichsgerichts, 4. Civilsenat, vom 31. Mai d. J. ein Handelsgeschäft, und die Haftbarkeit des Viehhändlers aus dem Gehöfte zum Schadenersatz (beispielsweise, wenn das verkaufte Vieh an einer Krankheit gelitten und den sonstigen Viehbestand des Landwirthes angesteckt hat) nach den Vorschriften des deutschen Handelgesetzbuches (Art. 282, 283) zu bestimmen.
- Zu dem Lutherfest am 9. August in Eisenach treffen die Studenten von Jena, Halle etc. mit einem Extrazuge von Erfurt her in vollem Wichs (aber nicht in historischem Costüme) ein und ziehen im Festzug durch die Stadt auf die Wartburg, wo ein Jenenser Professor die Festrede hält. Im Hellthal, wo Luther gern lustwandelte, findet ein Volksfest statt.
- In Venedig ist das weltberühmte Kloster St. Lazaro zum Theil abgebrannt. Die Bibliothek mit den allerseltensten Schätzen an alten Büchern und Handschriften ist gerettet.
- Wie die Hamburger Nachrichten melden, wurden während der Ausstellung verschiedene Spielgesellschaften aufgehoben, so in einem Hotel am Jungfernstieg, wo 22 Personen bei voller Arbeit angetroffen wurden. Sieben davon, die als "Macher" bezeichnet wurden, wanderten in Nummer Sicher, die übrigen wurden nach Aufnahme ihrer Personalien entlassen. In einem andern Hotel hatten vier Macher einen Spieltisch eingerichtet, wurden aber bei ihrer Ankunft von der Polizei, die Wind bekommen, in Empfang genommen und verhaftet.
- In New=York herrschte in voriger Woche eine schreckliche Hitze; 20 Personen starben am Sonnenstich, außerdem wird der Tod von mehren hundert Kindern als Folge der Hitze angesehen.
- Im Rothschildschen Bankhaus in Wien ist man einer Veruntreuung im Betrage von 700,000 Gulden auf die Spur gekommen.
- Die Franzosen haben Angst, daß sie aussterben. Mehrere Nationalökonomen schlagen allen Ernstes vor, jeden Hagestolz mit einer jährlichen Steuer von 1500 Franks zu belegen und ein Gesetz zu erlassen, daß jeder Bürger zwischen 25 und 40 Jahren, der nach 5jährige Ehe keine Kinder besitzt, einen Knaben oder ein Mädchen im Findelhaus aussuchen und an Kindesstatt erziehen soll.
- Wien hat zwei seiner größten Baumeister durch den Tod verloren: Hansen und Ferstel, die Schöpfer der schönsten und größten neuesten Bauten der Kaiserstadt.
- Ueber Zeitversäumniß und die Höhe der Zeugengebühr gehen die Ansichten seltsam auseinander. Während die Stunde manchem Arbeiter mit 1 M. gut bezahlt erscheint, verlangte ein Frankfurter Börsenmann beim letzten Schwurgericht 100 M. Zeugengebühr für eine Stunde, weil er in dieser Zeit mindestens für 10,000 M. Egypter mit ein Procent Vortheil hätte verkaufen können. Das Gericht konnte aber auf solche Differenzgeschäftsrechnung nicht eingehen. - Wie bescheiden klingt statt dessen die Forderung von 300 M. für einen runden Tisch, dessen Platte mit 10,000 Briefmarken in geschmackvoll kunstsinniger Weise beklebt und in der Berliner Gewerbehalle aufgestellt ist. Es ist das Werk der Frau Ingenieur Hedwig Overhoff von Dortmund, die ihre Zeitversäumniß sehr gering berechnet hat. Ihre Geduld und Ausdauer ist Gegenstand der allgemeinsten Bewunderung.
- Bier und sein Trinken. Der Director einer Münchener Brauerei sagt: Es ist nicht genug, gutes Bier in die Welt zu schicken, man sollte auch jeden Wirth und Trinker die Behandlung lehren! Wie wird aber verfahren? 8/10 Wirthe verstehen nicht einzuschenken und 9/10 Trinker verstehen nicht zu trinken! Dem Biere muß seine Kohlensäure erhalten werden bis zum Munde des Trinkers. Durch die Kohlensäure nur bekommt uns das Bier gut. Wird sie durch verkehrtes Verfahren dem Biere entzogen, so hat es einen widrigen faden Geschmack, und liegt wie Blei im Magen, macht Kopfschmerzen und allerlei Uebelbefinden. Durch mehrmaliges Umgießen verflüchtet sich auch die Kohlensäure, deßgleichen auch durch Erwärmung. Erste Bedingung ist: Berührung des Bieres mit der Luft und Erwärmung zu vermeiden soviel als möglich; 2) das Bierglas muß dicht unter den Hahn gehalten werden. Verkehrt ist aber: das Einschenken tief unterm Hahne und Auf= und Niederfahren des Glases oder gar Luft einzuspritzen, wodurch die Kohlensäure geradezu gemordet wird; durch dergleichen Verfahren kann Schlimmeres und Thörichteres kaum gedacht werden. Die meisten Trinker, die kein Verständniß haben, wollen aber viel Schaum sehen. Wirth und Trinker sagen bei viel Schaum: "Das ist a Bierl!" Der Bierverständige sagt aber: "Das ist kein Bier!"
- Der große Zuwachs des berliner Fremden=Verkehrs spiegelt sich in höchst interessanter Weise in dem Besuch des Central=Hotels ab. Dieses Hotel, welches 500 Zimmer mit über 550 Betten enthält wurde in der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1883 von 80,191 Fremden besucht, was einen täglichen Durchschnittsverkehr von 445 Per=

[ => Original lesen: 1883 Nr. 56 Seite 3]

sonen ergibt. In demselben Zeitraum des Vorjahres verkehrten daselbst 50,633 Personen oder täglich durchschnittlich 282 Fremde. Diese bedeutende Steigerung, welche wesentlich der durch die Stadtbahn herbeigeführten Verkehrserleichterung zuzuschreiben ist, zeigt von neuem, daß mit der Verbesserung der Berliner Verkehrsmittel auch die Fremdenfrequenz zunimmt. Schon jetzt vermittelt ein besonderes Hotelbureau, in welchem 4 Beamte fungiren, den Postverkehr innerhalb des Hauses. Circa 160-180 telegraphische Depeschen gehen daselbst täglich ein und eine gleiche Anzahl wird täglich abgesandt. Ganz außerordentlich ist der Briefverkehr des Hotels; eine Zählung auf 1. Juli cr. während der Zeit von Morgens 6 Uhr bis Abends 10 Uhr ergab, daß nicht weniger als 714 Briefe angekommen und 681 Briefe abgesandt worden waren.
- Ueber einen Unglücksfall, welcher sich in Vierlanden zugetragen haben soll, erfahren die Harburger Anz. Folgendes: Gestern Morgen stand bei dem sog. Sande in Vierlanden ein Bauer auf dem Deiche um Enten auf der Elbe zu schießen er traf jedoch unglücklicherweise anstatt der Enten einen in einem Kahne sitzenden Knaben, welcher sogleich verstarb. Aus Verzweiflung über seine That stürzte sich der Mann in die Elbe, um seinem Leben durch Ertrinken ein Ende zu machen. Ein hinzueilender Bauer sprang, als er den Ertrinkenden sah, sofort ins Wasser, um ihn zu retten, er mußte jedoch, ohne seinen unglücklichen Landsmann den Wellen entreißen zu können, seine hochherzige That mit seinem Leben büßen, so daß in einem kurzen Zeitraum drei Personen ihren Tod fanden.
- Die Hofetikette ist streng, auch bei uns, aber kaum so streng wie die englische, zumal bei Damenempfängen seitens der Königin Victoria. Im Punkte der Toilette herrscht bei diesen Empfängen eine so peinliche Strenge, daß das englische Hofjournal sich von Zeit zu Zeit und auch jüngst wieder bemüßigt fand, im Interesse der Damenwelt, welche sich an "Her Majesty's Drawing-Rooms" zu betheiligen pflegt, die von der Königin selbst approbbirten offiziellen Erfordernisse ins Gedächtniß zu rufen. Dieselben lauten: "Damen, welche ihrer Majestät Drawing=Rooms besuchen, müssen in vollständiger Hofrobe mit Schleppe und Federn (auf dem Kopfe) nach Vorschrift erscheinen. Federn müssen so getragen werden, daß sie deutlich gesehen werden können, wenn man sich ihrer Majestät nähert, und zwar mit weißen Schleiern. Farbige Federn sind unzulässig; blos in tiefer Trauer dürfen schwarze Federn getragen werden. Nur weiße Handschuhe dürfen getragen werden; ausgenommen in Trauerfällen, wo schwarze oder graue zulässig sind. Hochgeschlossene Roben können nicht als full dress erachtet werden und sind nicht zulässig bei Hofe. In Fällen delikater Gesundheit geruht Ihre Majestät, die obige Bedingung zu erlassen. Damen, welche in hochgeschlossenem Kleide zu erscheinen wünschen, müssen die Erlaubniß Ihrer Majestät durch den Lord=Kammerherrn nachsuchen. Dieses Gesuch muß stets von einem ärztlichen Atteste begleitet sein."
- Paris hat dieser Tage seinen Vielfraß verloren. Alfred Mouchet war ein langer, trockener Geselle, mit ungeheuren Händen und Füßen. Als Makler auf dem Pferdemarkt verdiente er 5 bis 6 Francs den Tag. Mouchet vermochte sich mit diesem Einkommen kaum vor dem Hungertode zu schützen. Oft wurden Wetten eingegangen oder es fanden sich Liebhaber, welche ihn essen sehen wollten und für ihn ein "kleines Frühstück" bezahlten, das aus einem Truthahn, einem Hammelstück von 6 - 7 Pfund, einem Pfund Käse, mehren Pfund Brod und 10 - 12 Liter Wein bestand. Die Fremdenführer führten ihm öfter Neugierige zu, darunter einmal einen Engländer, der eine Wette gegen Mouchet einging. Der Engländer brachte aus Deutschland oder Oesterreich einen gewissen Hans Dietrich herbei, um Mouchet im Essen zu übertreffen. Die beiden Gegner arbeiteten über zwei Stunden ununterbrochen; Dietrich erklärte sich überwunden, er hatte 8 Pfund Hammelkeule und ebensoviel Geflügel in seinen Magen geschickt. Doch verschaffte dieser Sieg dem wackeren Mouchet einiges Unwohlsein.
- (Starke Familie.) Beamter: Wie stark ist Ihre Familie? - Bauer: Wenn mer zusammenhalte, so verhaue mers ganze Dorf!
- In Berlin bestiegen zwei rumänische Seiltänzer bei aufsteigendem Gewitter das Thurmseil. Plötzlich zuckte ein greller Blitz und Beide stürzten in die Tiefe, durchschlugen das unten ausgespannte Netz und kamen unverletzt auf dem Boden an. Wie war Ihnen bei dem Falle zu Muthe? fragte ein Herr den Einen und dieser antwortete mit blassen Lippen: "Hab' ich gedacht - ade, nun ist futsch die schöne Welt."
- Einer der letzten Fürstbischöfe von Würzburg, ein leutseliger Herr, traf auf der Jagd einen Knaben, der Schweine hütete, und ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein. "Wie viel Lohn bekommst Du?" fragte der hohe Herr. "Hab' halt a Gwandel und zwei Paar Schuhe," antwortete der Junge. "Nicht mehr?" rief der Fürst, "Schau', ich bin auch ein Hirt, aber ich stehe mich doch besser als Du". "Glaub's schon, Ihr werdet auch mehr Säu' haben", war des Knaben Antwort. Da lachte der gemüthliche Fürst und sprach zu seinem Gefolge: "Nehmts ad notam, meine Herren!"
- (Deutsch=amerikanisch.) Herr Schulze äußerte gegen einen Bekannten: "In meiner Familie ist alle Wäsche mit S. S. gezeichnet, und es paßt für jeden von uns: meine Frau heißt Scharlotte, meine Tochter Schanette und ich heiße Schorsch."


Anzeigen.

In Sachen betr. die Zwangsversteigerung der dem Maurergesellen Jochen Haase gehörigen zu Selmsdorf belegenen Büdnerei nebst Zubehör wird hierdurch bekannt gemacht,

daß in dem am 26. Juni d. Js. stattgehabten Termine zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das zu versteigernde Haasesche Grundstück sofort der Präclusivbescheid dahin verkündet ist, daß unter Vollstreckung der in dem Proclam vom 1. April 1883 angedrohten Rechtsnachtheile alle dinglichen Rechte und Ansprüche, soweit sie bisher nicht angemeldet worden und auch nicht von der Anmeldungspflicht gesetzlich ausgenommen sind, hiemit ausgeschlossen sein sollen.
Gleichzeitig wird der auf

Dienstag, den 24. Juli 1883
Vormittags 11 Uhr

angesetzte Ueberbotstermin mit dem Bemerken in Erinnerung gebracht, daß in dem ersten Verkaufstermine ein Gebot auf das Grundstück nicht abgegeben ist.
Schönberg, den 27. Juni 1883.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

H. Diederich.       


Auctions=Anzeige.

Am Mittwoch den 25. Juli d. J. Nachmittags 4 1/2 Uhr werde ich auf der Feldmark Lüdersdorf

40 bis 50 Stiege Roggen in passenden Cavelingen

öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung versteigern.
Versammlung der Käufer um 4 Uhr beim Wärterhause zwischen Lüdersdorf und Herrnburg.
Schönberg, den 18. Juli 1883.

Staffeldt, Gerichtsvollzieher.       


Am Sonntag den 22. d. M. soll auf der Bäck bei Ratzeburg beim Mauermann J. Schäding eine Auction abgehalten werden; in welcher die Sachen des verstorbenen Kesselschlägers J. Beckmann öffentlich meistbietend zum Verkauf kommen:

2 Kühe, 2 Schweine, ein Schaf, etwas Mobiliar, einige Kleidungsstücke, Haus= u. Küchengeräthschaften und was sich sonst noch vorfindet.


Gesucht zu sogleich oder Michaelis
ein junges Mädchen, welches Lust hat die Meierei zu erlernen von                          
                                                    H. Lehmkuhl.
Wahrsow bei Lüdersdorf.                          


Gesucht zum 1. August

für Lübeck ein junges Mädchen im Bäckerladen und zur Hülfe im Häuslichen. Schriftl. Offerten sub Ho. 2360 b befördert Haasenstein & Vogler, Lübeck.


[ => Original lesen: 1883 Nr. 56 Seite 4]

Peruanischer Guano.
Die chemischen Dünger-Fabriken von
Ohlendorff & Co.,
Hamburg, Emmerich a. R. Antwerpen, London Rotterdam
(gemäss Vertrag mit der Compagnie financière et commercciale du Pacifique in Paris als Käuferin von zwanzig Millionen Centnern Guano von der Chilenischen Regierung)
fortan alleinige Importeure des Peruanischen Guanos
für
Deutschland, Nord-Oesterreich, die Schweiz, Holland, Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Russland etc. etc.

Bleiblombe      offeriren hiermit
rohen Peru-Guano,
pulverisirt, frei von Stücken und Knollen,
unter Garantie eines Gehaltes in demselben von
7 % Stickstoff,             
14 % Phosphorsäure und
  2-2 1/2 % Kali             
zum Preise von
M. 250. - bei Entnahme von 30,000 Ko. und mehr,
M. 260. - bei Entnahme von unter 30,000 Ko.;      
      Bleiblombe
Bleiblombe      aufgeschlossenen Peru-Guano I
unter Garantie eines Gehaltes in demselben von
7 % vor Verflüchtigung geschütztem Stickstoff,
9 1/2 % leicht löslicher Phosphorsäure und     
2 % Kali                                                       
                          zum Preise von
M. 256. - bei Entnahme von 30,000 Ko. und mehr,  
M. 266. - bei Entnahme von unter 30,000 Ko.;        
aufgeschlossenen Peru-Guano II
unter Garantie eines Gehaltes in demselben von
   5 % vor Verflüchtigung geschütztem Stickstoff,
10 % leicht löslicher Phosphorsäure und          
  2 % Kali                                                       
                          zum Preise von
M. 216. - bei Entnahme von 30,000 Ko. und mehr,
M. 226. - bei Entnahme von unter 30,000 Ko.;      
      Bleiblombe

pro 1000 Ko. incl. Säcke, excl. Verladungsspesen, ab Lager hier, gegen comptante Zahlung. Ueber sonstige Verkaufsbedingungen ertheilen wir auf Anfrage bereitwilligst Auskunft.
Zur grösseren Sicherstellung unserer Abnehmer vor Täuschungen wird jeder einzelne Sack rohen pulverisirten und aufgeschlossenen Peru-Guanos mit der respectiven, vorstehend abgebildeten, die behördlich registrirte Schutzmarke tragenden Plombe, sowie mit deutlicher Bezeichnung des Gehalts der Waare versehen, worauf bei Ankäufen zu achten nicht dringend genug empfohlen werden kann.
Unser soeben erschienener neuester (XI.) Bericht mit vielen Gutachten practischer Landwirte steht gratis und franco zur Verfügung.
                Hamburg, Ende Juni 1883.


Eisenbahn    Mecklenb. Friedrich-Franz-Eisenbahn.
Am Sonntag den 5. August d. Js.
Extrazug
Hamburg=Lübeck=Schwerin
und zurück II. und III. Wagenklasse
zum einfachen Fahrpreise für Hin= und Rückfahrt.

Abfahrt von Lübeck 9 Uhr 5 Min Vorm.
Abfahrt von Schönberg 9 Uhr 37 Min Vorm.
Abfahrt von Grevesmühlen 10 Uhr 3 Min Vorm.
Abfahrt von Bobitz 10 Uhr 24 Min Vorm.
Abfahrt von Kleinen 10 Uhr 40 Min Vorm.
Abfahrt von Ankunft in Schwerin 11 Uhr 2 Min Vorm.
            ------------
Abfahrt von Schwerin 9 Uhr 37 Min. Abends
Abfahrt von Kleinen 10 Uhr - Min. Abends
Abfahrt von Bobitz 10 Uhr 17 Min. Abends
Abfahrt von Grevesmühlen 10 Uhr 34 Min. Abends
Abfahrt von Schönberg 10 Uhr 59 Min. Abends
Abfahrt von Lübeck 11 Uhr 25 Min. Abends
Die Billets zum einfachen Fahrpreise (Doppelbillets) berechtigen für die Rückfahrt nicht allein zur Benutzung des Extrazuges Schwerin=Lübeck=Hamburg, sondern auch der fahrplanmäßigen, von Schwerin um 8 Uhr 4 Min. Morgens und um 1 Uhr 40 Min. Nachmittags abgehenden Personenzüge am 7. August c.
In Wismar werden am 5. August zu dem 7 Uhr 52 Minuten Morgens abgehenden Zuge ebenfalls Doppelbillets nach Schwerin zum einfachen Fahrpreise ausgegeben, welche zur Rückfahrt mit allen fahrplanmäßigen Zügen am 5. und 6. August berechtigen.
Freigewicht für Gepäck wird nicht gewährt.

Die Direction.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 22. Juli.

     Frühkirche: Pastor Kaempffer.
     Vormittagskirche: Candidat Nahmmacher.
          Amtswoche: Pastor Langbein.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 19. Juli 1883.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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