No. 68
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 01. September
1882
zweiundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1882 Nr. 68 Seite 1]

      Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Räudekrankheit unter den Pferden zu Hof Wahrsow erloschen ist und die dieserhalb angeordneten Schutzmaßregeln aufgehoben sind.
     Schönberg, den 26. August 1882.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Bekanntmachung.

Die Sitzungen des Schwurgerichts bei dem Großherzoglichen Landgerichte zu Güstrow für das dritte Quartal dieses Jahres beginnen am

Dienstag den 26. September.

     Rostock, den 30. August 1882.

Der Präsident des Großherzoglichen Ober=Landes=Gerichts.
Dr. Budde.


Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1883/84 der Forst gegen die Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis zum 15. September hierher anzuzeigen.
Schönberg den 7. August 1882.

Großhrzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuches über die zu Lüdersdorf sub Nr. 5 belegene Büdnerstelle c. p. der verehelichten Arbeitsmann Langhans geb. Retelsdorf daselbst wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidationsprotocoll sofort im Termine der Praeclusivbescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 28. August 1882.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Zu der am Mittwoch den 6. September Vormittage 11 Uhr in der Domkirche zu Ratzeburg stattfindenden kirchlichen Feier der

vereinigten
Lauenburg.-Ratzeburgischen Bibelgesellschaft,

bei welcher Herr Pastor Moraht=Mölln die Predigt halten und Herr Pastor Eulenberg=Ziethen den Bericht erstatten wird, werden alle Liebhaber des göttlichen Wortes freundlichst eingeladen.

                                                    Der Verwaltungsausschuß
                                                    der Lauenb.= Ratzeb. Bibelgesellschaft.


Auf der Pfarre zu Selmsdorf ist ein
zweijähriger, weißer
italienischer Hahn
zu verkaufen.                                                    


Gesucht zum 1. Nov. oder früher gegen guten Lohn eine erfahrene Köchin in gesetzten Jahren für einen größeren Haushalt in Lübeck. Offerten sub J. B. befördert Fräul. Dorette Gussmann in Lübeck.


Kampfgenossen-Verein 1870/71.
Sedanfeier 1882.

Der Verein tritt beim Vereins=Locale an:
1) Zur Bekränzung der Gräber der verstorbenen Kameraden und zum Fackelzuge, Sonnabend den 2. September, Abends 6 1/2 Uhr.
2) Zum Ausmarsch, Sonntag den 3. September. Mittags 12 1/2 Uhr.
Pünktliches Erscheinen ist Ehrenpflicht für jeden Kameraden.

Der Vorsitzende:       
Dr. Marung.       


Die Plätze für Erfrischungs= und Kuchenbuden pp. am Sedantage auf dem Baubrink, werden durch den Schützen=Aeltesten Herrn Sattlermeister Baer angewiesen.


Stotterer,

auch solche, welche andere Anstalten ohne Erfolg besuchten, finden in kurzer Zeit sichere Heilung in der Anstalt von Emil Denhardt senior in Burgsteinfurt (Westfalen). Genaue Adresse. Honorar nach der Heilung. Erfolg garantirt. Prospect mit amtlichen Zeugnissen gratis. Geheilt 1384. Heilverfahren durch Preuß. Orden anerkannt, nicht Tactmethode.


Ausverkauf
von braunem Steinzeug

von braunem Steinzeug.
Einen Theil meines Lagers zu räumen verkaufe Töpfe in Bünden zu 35 u. 40 Pfennig (Mecklenburg)., Einmachtöpfe, Schmalztöpfe, Kochtöpfe und diverse Schüsseln 25 % unter Ladenpreis.
Der Verkauf währt nur bis 24. Sept. d. J.
Schönberg 1882.

H. C. Weinrebe.       


[ => Original lesen: 1882 Nr. 68 Seite 2]
Hängelampe      

Zur bevorstehenden Herbst=Saison empfehle ich mein mit allen Neuheiten versehenes

Lampen-Lager,
sowie
Stall= und Wagen=Laternen.

Hochachtungsvoll und ergebenst

W. Wieschendorf,
Klempner.

Hängelampen mit Zug von 10 M an.


Geschäfts=Aufhebung
meiner
Gold=u. Silberwaaren=Handlung.

Wegen dauernder Kränklichkeit und Verkauf meines Hauses habe ich mich entschlossen mein Geschäft gänzlich aufzugeben und verkaufe von jetzt ab meine sämmtlichen

Gold= und Silberwaaren

zu bedeutend herabgesetzten Preisen.

Lübeck, Sandstraße 1006.
                                                    F. Rinne
                                                    in Firma W. Kolls.


Für Zahnkranke
bin ich diesen Sonntag von Morgens bis Nachmittags 1/2 3 Uhr, Kalter Damm 4, zu sprechen.      Reinhard, Hamburg.
Einsetzen künstlicher Zähne.


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Vierschaarige Pflüge
halte vorräthig und empfehle zur gefälligen Abnahme.                          
Schönberg.                                                     J. Oldenburg.


Tesch's Restauration.
Am Sedantage
Krebssuppe,
kalte und warme Speisen
à la Carte.


Sedanfeier.
Am Sonntag den 3. September                          
große Tanzmusik,
wozu ergebenst einladet                          
Pogetz.                                                    Gastwirth Kaven.


Zur Sedanfeier.
Große Tanzmusik,
am Sonntag den 3. September.
Demern.                                                     H. Tretow, Krüger.


Zu dem am Sonntag den 3. und Montag den 4. September bei mir stattfindenden

Scheibenschießen

lade meine geehrten Freunde und Gönner hierdurch freundlich ein.
Schießbedarf wird von mir gehalten.
Ein Satz von 3 Schüssen, worauf nur ein Gewinn fallen kann, kostet 1 M.

Carlow.                                                     Gastwirth Creutzfeldt.


Zu Michaelis

suche ich ein tüchtiges Stubenmädchen und ein junges Kindermädchen.

Hof=Schlagsdorf.                                                     A. Sick.


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[ => Original lesen: 1882 Nr. 68 Seite 3]

Jürgensen & Robschuld,
Lübeck, Breitestraße 959.
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Um meiner Kundschaft mit gewohnter Sorgfalt und Pünktlichkeit aufwarten zu können, bin ich gezwungen mein Lager solider und dauerhaft gearbeiteter Polster=Möbeln zu jedem annehmbaren Preise bis ultimo September a. c. zu räumen. Die Sachen sind theils mit feinstem Plüsch, oder Phantasie=Stoffen bezogen, theils weiß und steht es Käufern frei diese mit beliebigen Stoffen beziehen zu lassen.

                          Hochachtungsvoll
                          F. Jürgens, Tapezier und Decorateur,
                          Lübeck, Holstenstraße 309.


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Begutachtet vom Lebensmittel=Untersuchungs=Amt Hannover und anderen Autoritäten.

aus der Fabrik von Leusmann & Zabel, Hannover ist zu haben bei: J. F. Eckmann, J. Ludw. D. Petersen, E. H. Vock, F. Zader in Schönberg. H. Richhardt in Gadebusch.


Deutsche Lebens-Versicherungs-Gesellschaft in Lübeck.
Errichtet 1828.

Von obiger Gesellschaft ist mir eine Agentur übertragen worden, und halte ich mich zum Abschluß von

Lebens=, Renten=, Sparkassen= und Aussteuer=Versicherungen

zu sehr billigen Prämien angelegentlichst empfohlen.
Klocksdorf, im August 1882.

Grevsmühl.       


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[ => Original lesen: 1882 Nr. 68 Seite 4]

Programm
der Sedanfeier in Schönberg.
Sonnabend den 2. September 1882.

7 Uhr Abends: Fackelzug vom Siemzerthore aus; Freudenfeuer in der Gegend des Schützenhauses; Commers mit Musik im Schützenhause.

Sonntag den 3. September 1882.

Nachmittags 1 Uhr. Festzug der Schützenzunft, des Kampfgenossen=Vereins, der Schüler und Schülerinnen und sonstiger Festtheilnehmer vom Siemzer Thore durch die Stadt zum Schützenhaus.
Nachmittags 2 Uhr. Schießen nach Silbergewinnen und freies Concert daselbst, Spiele der Schuljugend und sonstige Volksbelustigungen auf dem Baubrink.
Abends 7 Uhr. Anfang des Festballes in Köster's Hotel.
Abends 8 Uhr. Anfang des Festballes im Schützenhause.

Entree zu den Bällen für Herren 1 M. 20 Pfennig (Mecklenburg).,
für Damen 50 Pfennig (Mecklenburg).

Zu dieser Feier ladet alle Patrioten von Stadt und Land so freundlichst wie ergebenst ein

Das Fest-Comitee.       


Sedanfeier in Ratzeburg.

Zu dem am 2. September stattfindenden 12. nationalen Erinnerungsfeier ladet das unterzeichnete Festkomitee alle Vaterlandsfreunde ganz ergebenst ein. Die Festlichkeiten bestehen hauptsächlich aus der kirchlichen Feier (11 Uhr Morg.), Musik auf dem Markt (12 Uhr), Festzug nach dem Schützenhofe (2 1/2 Uhr), Festrede auf dem Markt, Konzert, Gesangvorträgen, Belustigungen, glänzender Illumination des Schützenhofes, Fackelzug, Feuerwerk und freier Tanzmusik an 4 Stellen (von 4 Uhr an bis 2 Uhr Nachts.) Entrée 50Pfennig (Mecklenburg). Es wird ebenso dringend wie höflich gebeten, die hierfür verabfolgten Festzeichen deutlich sichtbar tragen zu wollen; die Kriegsdenkmünze 1870/71 berechtigt zum unentgeldlichen Eintritt. Loose zur Festtombola bei allen Wirthen und Kaufleuten der Stadt.
Der 9.48' von Ratzeburg nach Lübeck abgehende Abendzug wird am 2. September ausnahmsweise auch in Sarau und Blankensee anhalten. Das Ratzeburger Dampfschiff "Möwe" fährt am 2. September von Rothenhusen nach Ratzeburg um 1 Uhr Mittags, von Ratzeburg nach Rothenhusen um 10 Uhr Abends.

Das Festkomitee.       


Eingesandt.

Um den verschiedenen an mich gerichteten Anfragen zu genügen, theile ich auf diesem Wege den betreffenden Herren mit, daß das Strohdach des hier niedergebrannten Hauses, wobei leider drei Menschen durch Brandwunden schwer verletzt sind, mit einem eisernen, aufrechtstehenden Schutzgitter und nicht mit einem Patent=Drathgewebe des Herrn Ferd. Schultz Nachfl. in Rostock versehen war. Letztere haben sich ja, wie ich in Erfahrung gebracht, schon bei mehreren Bränden als entschieden sicher bewährt.
Prangendorf b. Tessin, 23. Juli 1882.

Schulze Th. Kindt.       


Am 10. und 11. September ds. Js. wird bei mir ein

Scheibenschießen

nach Gewinnen stattfinden, zu welchem ich meine geehrten Freunde und Gönner freundlichst einlade.
Ein Satz von drei Schüssen, auf den nur ein Gewinn fallen kann, kostet 1 M.

G. Oldenburg, Lockwisch.       


Allen, die meiner lieben Frau, unserer guten Mutter die letzte Ehre erwiesen, sagen den herzlichsten Dank.

Lorenz Vock u. Kinder.       


Allen Denen, die unsern lieben Mann, Vater, Schwieger= und Großvater den Schlachtermeister Georg Ladendorf die letzte Ehre erwiesen, sagen hiermit herzlichsten Dank.

Die Hinterbliebenen.       


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 3. September.
(Erinnerung an Sedan.)

>Frühkirche: Fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
     Amtswoche: Pastor Langbein.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 31. August 1882.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1882 Nr. 68 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 68 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 1. September 1882.


Politische Rundschau.

Wie man erfährt, ist die Reichsregierung geneigt, eine offizielle Sammlung der Entscheidungen der obersten Behörden betreffs der Auslegung des Wechselstempelgesetzes erscheinen zu lassen; eine solche Sammlung würde gegen die herrschende Unbestimmtheit Abhilfe schaffen.
Der kommandirende General des Gardecorps, Prinz August von Württemberg hat rücksichtlich seines schonungsbedürftigen Gesundheitszustandes den nachgesuchten Abschied in Gnaden erhalten.
Die goldenen Fünfmarkstücke werden von den Reichsbankanstalten aus dem Verkehr zurückgezogen.
Der König von Bayern hat seinen 37. Geburtstag wie schon seit mehren Jahren, auch diesmal wieder in stillster Zurückgezogenheit auf dem Schachen gefeiert. Anläßlich dieses Tages sei eine Episode aus dem deutsch=französischen Feldzuge erwähnt. Als bei dem kaiserlichen Hauptquartier am 25. August 1870 zu Bar le Duc ein Bataillon bayrischer Infanterie vorbeimarschirte, trat der Kaiser trotz des in Strömen niederfallenden Regens ins Freie, um die Truppen seines königlichen Bundesgenossen an dessen Geburtstage durch die Abnahme eines Parademarsches auszuzeichnen.
Rußland. Gelegentlich der Vorstellung von fünfhundertfünfzehn neu ernannten Offizieren in Peterhof hielt Czar Alexander III. anstatt der bisherigen kurzen Gratulation folgende Ansprache: "Ich hoffe, daß ihr wissen werdet, tapfer fürs Vaterland zu kämpfen und die Ehre Rußlands überall zu wahren." Ein begeistertes Hurrah beantwortete diese Ansprache, welche allgemein überraschte.
Die officiöse sonst so vernünftige Petersburger Zeitung fällt heute mal gründlich aus der Rolle. Sie schreibt: Es wäre Zeit, die leere traditionelle pharisäische Deutschenfreundschaft, welche die russische Politik zu nichts führen wird und zu nichts geführt hat, fallen zu lassen. Die Maske ist unnütz. Wir sind die natürlichen Feinde Deutschlands: geographisch als Nachbarn, ethnographisch wegen der Herrschaftsfrage zwischen der germanischen und slavischen Welt, psychisch, weil wir einander nicht lieben etc. Zu unterschätzen ist diese Ausgabe freilich nicht, denn sie gemahnt uns wiederum daran, unser Pulver trocken zu halten.
Oesterreich. Die Oesterreicher haben jetzt auch ihren Reuleaux gefunden. Ein berühmter Wiener Techniker, gleichzeitig ein über jeden Zweifel erhabener Patriot, R. von Eitelberger, hat Berlin besucht und ruft seinen Landsleuten bei seiner Rückkunft in einer Brochüre zu, daß Wien und Oesterreich auf den wichtigsten Gebieten der Kunst, der Kunst=Industrie und des Verkehrs sehr in Gefahr schwebten, von Berlin und dem deutschen Reiche gänzlich überholt zu werden.
Spanien. An der spanischen Pyrenäen=Grenze sind wieder carlistische Banden aufgetreten.
Großbritannien. Erst kürzlich hat Papst Leo XIII. wieder ein Proclama an die Irländer erlassen, in welchem er dieselben vermahnt, jedes ungesetzliche Vorgehen zu vermeiden, da auch eine gerechte Sache durch ungerechte Mittel verdorben werde.
Bei dem Zulukönig Ketschwayo erschien eine Deputation der englischen Temperenz=Liga, um ihn zu ersuchen, die Einführung berauschender Getränke in sein Land zu erschweren. Ketschwayo antwortete der Deputation in folgender würdiger Weise: "Ich weiß kaum, meine Herren, welche Antwort ich Ihnen geben soll. Ich kann nur sagen, daß mein Volk sich im Ganzen des Genusses berauschender Getränke enthält. Das Bier, welches wir trinken, ist ein Nahrungsmittel und hat keine Aehnlichkeit mit Ihren tödtlichen Spirituosen. Ich habe in einer Proklamation die Einfuhr berauschender Getränke verboten, und dieses Verbot wird nach meiner Thronbesteigung wieder in Kraft gesetzt werden. Aber ich glaube, die rechte Stelle, die Thüre zu schließen, ist die Seite, von welcher die Spirituosen herkommen. Es nützt nichts, die Thüre an meiner Seite zu schließen, denn ich besitze keine Branntweinbrennereien. . . . . In dem Lande, wo der Genuß von Spirituosen allgemein ist, muß dies verhängnißvoll sein. Wenn man Fässer Rum in das Land bringt, raubt man dem Volke das Gehirn." Wäre Ketschwayo nicht höflicher gewesen, als seine unberufenen Rathgeber, so hätte er dieselben wohl an den Opiumkrieg erinnert, welchen England geführt hat, um dem einträglichen Handel mit dem verwüstenden Opium ungeschmälert zu erhalten. Die Herren Temperenzler stehen, wie Ketschwayo richtig bemerkt, an der anderen Seite der Thüre; warum bemühen sie sich nicht, von hier aus eine Schließung zu veranlassen?


- Die Schule genießt bei vielen Eltern leider nicht die Achtung, die ihr gebührt. Hat einmal ein Range für verübte Ungehörigkeiten seinen Denkzettel bekommen, so erheben die Herren Eltern oft ein großes Geschrei, anstatt zu Hause eine entsprechende Ergänzung folgen zu lassen. Hat man aus irgend einem Grunde gegen einen Lehrer etwas einzuwenden, so wird das mit größter Ausführlichkeit in Gegenwart der aufmerksamen Sprößlinge besprochen, ganz gleich, ob dadurch nicht die für die Schulzucht so unerläßliche Achtung vor den Lehrern untergraben wird. Ja, der Fall ist gar nicht selten, daß Kinder, die aus Faulheit und Ungezogenheit die Unterrichtsstunden versäumen, zu Hause entweder gar nicht oder doch nicht mit der nötigen Strenge zum pünktlichen Besuch derselben angehalten werden. Dann liegt es natürlich an den Eltern, wenn die Schule ihre Aufgabe nicht genügend erfüllen kann, und an diese muß sich die Behörde mit ihren Strafmaßnahmen in solchen Fällen halten. Bis jetzt sind die betreffenden Bestimmungen noch nicht hinreichend scharf und genau ausgesprochen. In Preußen wird jetzt in dieser Beziehung vorangegangen. Als Zwangsmittel werden in dem betretenden Gesetzentwurfe genannt: 1) Verwarnung der Eltern und Erzieher; 2) Abholung der säumigen Kinder zur Schule auf Kosten der nachlässigen Eltern; 3) Geldstrafe, im Unvermögensfalle Haft oder Arbeitsstrafe. Die Geldstrafe für die auf einen Tag treffende Versäumniß soll den Betrag von 50 Pfennig (Mecklenburg) nicht übersteigen. Bei Umwandlung einer Geldstrafe in Haft= oder Strafarbeit ist eine Stunde Haft= oder Strafarbeit einer Geldstrafe von 10 Pfennig (Mecklenburg) gleich zu achten. Erweisen sich diese Zwangsmittel unwirksam, so kann die Ortsschulbehörde richterliche Verfolgung einleiten. Es wäre alsdann auf Geldstrafe bis zu 150 M. oder auf Haft zu erkennen.
- Wie bereits früher berichtet, müssen die Anmeldungen zu der im nächsten Jahre in Berlin stattfindenden hygienischen Ausstellung spätestens bis 16. October d. J. eingereicht werden. In den Bereich der Ausstellung fallen unter Anderem auch Lehrmittel für Schulen und Beschäftigungsmittel für Kinder, Spielsachen für Kindererziehung, ferner Hauseinrichtungen. Ist jedem Ausstellungsgegenstande die sorgfältigste, sachkundigste Prüfung und wenn tüchtig, die weiteste Bekanntschaft und beste Empfehlung in allen Fachkreisen gesichert, so wird auch jeder, der Tüchtiges ausstellt, zur entsprechenden Belehrung des Publikums und zur Beförderung des wahrhaft wohltätigen und für das deutsche Volk ehrenvollen Unternehmens beitragen.
- In den beiden reußischen Fürstenthümern

[ => Original lesen: 1882 Nr. 68 Seite 6]

findet demnächst die dritte Hinrichtung binnen 4 Monaten statt, von denen zwei auf Gera und eine, die, worum es sich handelt, auf Greiz kommt. Der Verbrecher ist der Arbeiter Kober aus Lunzig, der seinen Schwiegervater aus Habsucht ermordete.
- Eine sehr interessante Entscheidung wurde von dem Königlichen Schöffengericht in Berlin, Abtheilung 88 unter Vorsitz des Herrn Amtsgerichtsrathes Appellius gefällt. Der Arbeiter Lentzke war des Betruges angeklagt, weil er am 14. März d. J. zur Fahrt nach Steglitz dem controlirenden Schaffner ein mit dem 13. März gestempeltes Billet vorzeigte. In dem Termine stellte sich die Sache sehr unschuldig heraus. Lentzke hatte am 13. März ein Billet nach Steglitz gekauft, vermißte dies aber beim Besteigen des Wagens und löste daher in aller Eile noch ein Billet, mit dem er die Fahrt bewirkte. Am 14. wollte er dieselbe Strecke wieder zurücklegen und zeigte dem Schaffner das am Tage vorher gekaufte, noch nicht koupirte Billet vor, weil er der festen Ueberzeugung, dasselbe als reell bezahlt und noch nicht gebraucht verwenden zu dürfen. Man hinderte ihn aber nun seitens der Eisenbahnbehörde nicht allein an der Fahrt, sondern stellte auch den Strafantrag gegen ihn. Nach der das obige Resultat ergebenden Beweisaufnahme stellte der Staatsanwalt Werner selbst den Antrag auf Freisprechung, welchem der Gerichtshof auch entsprach, indem er das Urtheil begründete: "Man könne wohl verlangen, daß Jedermann die Landesgesetze kenne und beachte, aber unmöglich, daß auch Jeder sämmtliche Reglements der einzelnen Behörden kenne. Nur das Fahrreglement stelle fest, daß ein Eisenbahnfahrbillet für eine einfache Tour nur an dem Tage gültig, an dem es gelöst ist. Verstößt also Jemand gegen dieses Reglement, so kann ihn die Eisenbahnbehörde von der Fahrt ausschließen, oder ihn gegebenen Falls im Civilwege zum Ersatze eines Schadens in Anspruch nehmen. Strafrechtlich sei er nicht zu verfolgen, da von Betrug keine Rede sein könne."
- Ein Reisender forderte im Wartesaale rasch ein Glas Cognac. Aber das ist ja ganz gemeines Zeug! rief er aus, als er das Glas geleert hatte. - Sie können ja denken, es sei Cognac gewesen, antwortete der Wirth mit Gleichmuth, worauf sich der Andere der Thüre zuwandte. - Hollah! Sie haben noch nicht bezahlt! - Sie können sich ja denken, ich hätte bezahlt! Sprachs und verschwand.
- Ein reisender Kaufmann, der auf der Rückreise aus einem Seebade in einem Gasthofe bei Halle übernachtete, zog sich dadurch eine plötzliche Erblindung zu, daß er die Unvorsichtigkeit beging, sich stark erhitzt bei offenem Fenster zu Bett zu legen.
New=York. (Temperenzdekorum.) Ein fröhlicher Pfälzer wanderte vor dreißig Jahren in Amerika ein und besuchte seinen in der Nähe Lancaster, Penns., ansässigen Onkel. Neben dem reichen Sonntagsmahl stand anstatt der gewohnten Weinflasche das Wasserglas. Der Deutsche machte einige Bemerkungen darüber, die man ihm kurz mit der Erklärung abschnitt: "Mir sein halt Temperenz, bei uns derf kein Troppe Spiritus ins Haus." - Nach dem Essen zog sich der Bauer zum Mittagsschläfchen zurück, die Mädchen gingen in die Sonntagsschule und die Jungen in die Scheune. Plötzlich rief die Tante den deutschen Vetter in die Küche und zog verstohlen eine Flasche Kirschengeist aus dem Wandschrank und sagte: Komm, trink - mein Alter ist so streng Temperenz, daß ich nichts merken lassen darf; aber man kriegt mitunter Leibweh." - Zehn Minuten später ruft der Alte den Vetter in seine Stube, schließt eine Kiste auf, in welcher ein vier Gallonenfäßchen schlummert, schenkt ein und sagt: "Trink herzhaft, wenn mer auch Temperenzler sein, unseren guten Troppe halte mer doch, aber die Alte darfs net wisse." - Etwas später geht der Gast nach den Ställen, dort schleppen ihn die Söhne des Farmers in eine dunkle Ecken, ziehen eine Flasche aus dem Stroh mit den Worten: "Vetter trink, 's ist guter Bourbon, aber sag's den Alten net, die sein verrückte Temperenzler."
- Etwas über die Ameisen. Sir John Lubbock, ein englischer Naturforscher hat viele Jahre der Beobachtung der Ameisen gewidmet und ist wohl der beste Kenner derselben. Er ist seit 10 Jahren in Besitz einer Ameisengemeinde und hat eine Einrichtung erfunden, die es ihm ermöglicht, 30 bis 40 Ameisenstädte, bewohnt von verschiedenen Gattungen, in angenehmer Gefangenschaft zu halten und ihr gesammtes Treiben durch die Glasfenster ihrer künstlichen Nester zu beobachten. Das Ergebniß seiner Forschungen ist die Ueberzeuguug, daß die Ameise auf der Stufenleiter der Intelligenz unter allen Thieren dem Menschen in vielen Beziehungen am nächsten zu stehen scheint. Das klingt erstaunlich. Wenn man aber Lubbocks Buch über die Ameisen studirt hat, so findet man es begreiflich. Die wunderbaren Aeußerungen ihrer Seelenthätigkeit, ihre gesellschaftlichen Einrichtungen, die Ordnung ihrer Stadtgemeinden, den kunstvollen Bau ihrer Ortschaften, die Anlage ihrer Straßen, die Art wie sie Hausthiere zahmen, Sklaven züchten, Krieg führen u. s. w., lassen sich kaum anders als durch die Annahme erklären, daß in den kaum stecknadelgroßen Köpfen dieser Thierchen ein Gehirn mit Verstand sitzt und daß sie zu gleicher Zeit von Leidenschaften und anderen Regungen bewegt werden, die man mit Liebe, Heldenmuth und Partriotismus bezeichnen darf. Die Ameisen besitzen Gedächtniß, Unterscheidungsgabe und Ordnungssinn. Sie ordnen die Larven oder Maden, die den von den Weibchen gelegten Eiern entschlüpfen, nach ihrer Größe in Gruppen. Die Puppen, in die sich diese Larven nach einiger Zeit verwandeln (die Ameiseneier unserer Vogelfutterhändler) können sich nicht selbst aus ihrer Umhüllung heraushelfen und zu vollkommenen Insekten werden, so zerbeißen die alten Ameisen diese Hülle, heben ihnen die Beinchen heraus und glätten ihnen die Flügel. Andernfalls sind die Ameisen sehr wüthige und gewandte Kriegsleute. Jede Gattung hat ihre besondere Gefechtsweise, wobei sie nach gemeinsamem Plane kämpfen, dessen Regeln sie sich durch militärische Uebungen und Manöver aneignen. Drei oder vier von den kleinen rothen Spezies pflegen die große Nasenameise bei den Füßen zu erfassen, eine vierte oder fünfte springt ihr an den Hals und beißt ihr den Kopf ab. Für ihre Milchkühe, die Blattläuse, tragen sie Sorge wie ein Landwirth. Ist der Zweig, an welchem eine Colonie solcher Zuckerlieferanten sich festgesetzt hat, abgestorben, so wird sie von Arbeitsameisen behutsam abgelöst und auf einen noch frischen verpflanzt. Im Herbst aber bringen sie dieselben an die zarten Wurzeln der Gewächse. Außer den Blattläusen haben sie auch andere Lieblinge, die sie in ihren Nestern hegen und pflegen, z. B. Engerlinge, Asseln, Goldkäferlarven und gewisse Arten von Kurzflüglern. Die Ameisen machen weite Märsche, nehmen feindliche Ameisenhaufen mit Sturm, und kehren triumphirend mit Gefangenen und Beute heim. Eine Besetzung der Insel Grenada durch ein Ameisenheer vor etwa 100 Jahren erinnert durch ihre Großartigkeit an germanische und sarazenische Eroberungszüge. Sie stiegen von den Bergen herab, lesen wir, wie reißende Sturzbäche und füllten Straßen, Fußpfade und Anpflanzungen meilenweit mit ihren Schaaren. Ratten, Mäuse etc. wurden ihnen eine leichte Beute und selbst Vögel wurden von ihnen bedrängt. Wasserläufe auf dem Wege bildeten nur für kurze Zeit ein Hinderniß, Die vordersten Reihen der heranstürmenden stürzten sich blindlings in den sichern Tod, andere sprangen ihnen auf den Rücken, weitere Heere hinter ihnen thaten das desgleichen, bis sich aus den Leichen ein neues Ufer und eine schwankende Brücke nach der andern Seite bildete, die der Hauptarmee den sichern Uebergang gewährte. Selbst Feuer wurde ohne Erfolg gegen ihren Andrang angewendet. Nicht lange war die feurige Schranke gezogen, so wimmelte es in solches Myriaden in der Gluth, daß sie nach kurzem Flackern zum Erlöschen kam. Erst ein wolkenbruchartiger Regen, der sie vom Lande in die Ströme trieb, machte dem Nothstande ein Ende.


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