No. 62
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 11. August
1882
zweiundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1882 Nr. 62 Seite 1]

     Das Impfgeschäft im Impfbezirk Schönberg II (westlich) findet in diesem Jahre in nachbezeichneter Weise statt, und zwar:

I. im Impfdistrict Schönberg,

bestehend aus den Ortschaften:

Kleinfeld und Malzow

a. Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder

am Mittwoch, den 16 d. Mts., Morgens 10 Uhr

und Revision derselben

am Mittwoch den 23. d. Mts., Morgens 10 Uhr
im Hause des Herrn Dr. med. M. Marung in Schönberg.

b. Wiederimpfung der Kinder aus der Schule zu Kleinfeld

am Mittwoch den 20. September d. Js., Morgens 10 Uhr

und Revision derselben

am Mittwoch den 27. September d. Js., Morgens 10 Uhr
im Hause des Herrn Dr. med. M. Marung in Schönberg.

II. im Impfdistrict Zarnewenz,

bestehend aus den Ortschaften:

Zarnewenz (Hof und Dorf), Schwanbeck mit Siechenhaus, Schönberg=Sülsdorf und Teschow,

a. Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder,

b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Siechenhaus, Schönberg=Sülsdorf und Teschow

am Mittwoch den 23. d. Js., Nachmittags 2 Uhr

und Revision der sämmtlichen Impflinge resp. Wiederimpflinge

am Mittwoch den 30. d. Mts., Nachmittags 1 Uhr,
im Krughause zu Zarnewenz,

III. im Impfdistrict Selmsdorf,

bestehend aus den Ortschaften:

Selmsdorf (Hof und Dorf), Bardowiek, Hohemeile und Lauen

a. Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder

am Mittwoch den 30. d. Mts., Nachmittags 3 Uhr,

im Gasthause des Krügers Michaelsen zu Selmsdorf, und daselbst Revision dieser Impflinge, sowie Wiederimpfung der Kinder der Schule in Selmsdorf

am Mittwoch den 6. September d. Js., Nachmittags 2 Uhr,

sowie ferner in dem gedachten Locale

am Mittwoch den 13. September cr., Nachmittags 1 Uhr

Revision der am 6. September geimpften Schulkinder.

IV. im Impfdistrict Herrnburg,

bestehend aus den Ortschaften:

Herrnburg, Duvennest, Lenschow, Lüdersdorf, Palingen, Wahrsow (Hof und Dorf),

a. Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder aus der Ortschaft Herrnburg

am Mittwoch den 30. August cr., Nachmittags 4 Uhr,

b. Revision der Kinder sub a. und Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder aus den übrigen Ortschaften des Districts

am Mittwoch den 6. September cr., Nachmittags 4 Uhr,

c. Revision der sub b. bezeichneten am 6. September cr. geimpften Kinder, sowie Wiederimpfung der Kinder uns den Schulen zu Herrnburg, Duvennest, Lüdersdorf, Palingen und Wahrsow,

am Mittwoch den 13. September cr., Nachmittags 3 Uhr.

d. Revision der sub c. bezeichneten Schulkinder

am Mittwoch den 20. September cr., Nachmittags 2 Uhr.

Die Impfungen, sowie die Revisionen der Schutzblattern an den sub a. b. c. d. bezeichneten Terminstagen werden in dem Gastwirth Lohse'schen Local in Herrnburg vorgenommen werden.

[ => Original lesen: 1882 Nr. 62 Seite 2]

V. im Impfdistrict Rieps,

bestehend aus den Ortschaften:

Rieps, Boitin=Resdorf, Heiligeland, Gr. und Kl. Mist, Schlagresdorf, Schlag=Sülsdorf, Thandorf und Wendorf

a. Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder aus den Dörfern Rieps, Gr. und Kl. Mist, Boitin=Resdorf

am Mittwoch den 6. September cr., Nachmittags 6 Uhr,

b. Revision der sub a. bezeichneten Kinder, sowie Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder aus den übrigen Ortschaften des Districts und Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Rieps, Gr. und Kl. Mist, Schlagresdorf, Schlag=Sülsdorf und Thandorf

am Mittwoch den 13. September cr., Nachmittags 5 Uhr.

c. Revision der am 13. September cr. geimpften Kinder

Die Impfungen sowie die Revisionen der sämmtlichen Kinder des Districts Rieps werden in dem Locale des Gastwirths Böttcher in Rieps stattfinden.

VI. im Impfdistrict Petersberg,

bestehend aus den Ortschaften:

Petersberg, Bechelsdorf, Lockwisch (Hof und Dorf), Niendorf, Rupensdorf, Wahlsdorf, Westerbeck, Impfung der im Jahre 1881 geborenen Kinder, sowie Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Petersberg, Lockwisch, Niendorf, Rupensdorf, Wahlsdorf,

am Mittwoch den 20. September cr., Nachmittags 5 1/2 Uhr

im Locale des Gastwirths Resenhöft zu Petersberg, sowie daselbst Revision der vorbezeichneten Kinder

am Mittwoch, den 27. September cr., Nachmittags 2 Uhr.

      Den Ortsvorständen wird hiedurch aufgegeben, für die rechtzeitige Bekanntmachung der obengedachten Termine und für die Zuführung der Impflinge durch Ansage der Eltern, Pflegeeltern oder Vormünder Sorge zu tragen.
      Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, deren Kinder und Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung entzogen geblieben sind, werden mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.

            Schönberg, den 6. August 1882.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1883/84 der Forst gegen die Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis zum 15. September hierher anzuzeigen.
Schönberg den 7. August 1882.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


Tapeten=Auction. Dienstag den 15. August a. c.,

Vormittags von 9 1/2 - 12 1/2 und Nachmittags von 3 1/2-5 Uhr sollen

Fleischhauerstraße 132, Lübeck,

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Tapeten,

sowie Goldvelour=, Gold= und Farbe=

Borden

(u. A. ff. Goldborden mit Ecken), öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.

Carl Meyer. Auctionator.       

NB. Den Herren Bauunternehmern u. sonstigen Consumenten besonders empfohlen, da nur neue Muster zum Verkauf kommen, und sind die Proben Montag, von 4. bis 6 Uhr, zur gefl. Ansicht ausgelegt.


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                                                    Schuhmacher Döscher,
                                                    Selmsdorf.


Kampfgenossen-Verein 1870/71.
General=Versammlung.
Sonntag den 20. August
Nachmittags 3 1/2 Uhr.
Der Vorstand.


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[ => Original lesen: 1882 Nr. 62 Seite 3]

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der denjenigen so nachweist, daß er gerichtlich belangt werden kann, der in vergangener Woche vom Bauhöfer=Rapsstoppel einen Pflug vermittelst eines einspänner Fuhrwerks entwendet hat. Der Pflug trägt auf Baum, Sick und Eisen eine römische Nr. IX.
Bauhof den 10. August 1882.

G. Stegemann.       


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Schönberg.                                                     J. Ludw. D. Petersen.


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Concert
in Schönberg, Köster's Hôtel
Donnerstag d. 17. Aug. Abends 7 1/2 Uhr.
Programm:
I. Theil

1. Arie aus dem Schäferspiel "Acis und Galatea" v. Händel.

(Fräulein Auguste Köttgen) Concertsängerin aus Düsseldorf.

2. Solo für Pianoforte.

(Herr Kohlschmidt). Pianist aus Weimar.

3. Arie aus dem Oratorium "Paulus" v. Mendelssohn.

(Herr Fritz Mevi). Concertsänger aus Frankfurt a. M.

4. Lieder für Alt:
      a) "Des Kindes Frage" Taubert.
      b) "An Rose" Curschmann.

(Fräulein Auguste Köttgen).

II. Theil.

5. Solo für Pianoforte.

(Herr Kohlschmidt).

6. "Was hör' ich draussen vor dem Thor" Ballade Schumann.

(Herr Fritz Mevi).

7. Lieder für Alt:
      a) "Der Tod und das Mädchen". Schubert.
      b) "Schlummerlied" Fritzsch.
      c) "Das Echo" Schubert.

(Fräulein Auguste Köttgen).

III. Theil.

8. Lieder aus Julius Wolff's Aventiure "Der Rattenfänger von Hammeln" Hans Sommer.
      a) "An meiner Thüre du blühender Zweig"
      b) "Still ist's im Wald"
      c) "Wenn der Stern über'm Kirchthurm steht".

(Herr Fritz Mevi).

9. Lieder für Alt:
      a) "Schön Rothraut" Schlottmann.
      b) "Dies und das" Tausch.

(Fräulein Auguste Köttgen).

10. Solo für Pianoforte.

(Herr Kohlschmidt).

11. Lieder für Alt:
      a) "Kinderspiele" Leszinsky.
      b) "Auf der Alm" Schmutzler.

(Fräulein Auguste Köttgen)

--------------------
Billets sind nur an der Casse zu haben.
Familienbillets a 3 Mark. (4 Pers.)
1. Platz 1 Mark. - 2. Platz 60 Pfg.
Nach dem Conzert                          
Ba1l.
Musik von den hiesigen Vereinsmusikern.


[ => Original lesen: 1882 Nr. 62 Seite 4]

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Um meiner Kundschaft mit gewohnter Sorgfalt und Pünktlichkeit aufwarten zu können, bin ich gezwungen mein Lager solider und dauerhaft gearbeiteter Polster=Möbeln zu jedem annehmbaren Preise bis ultimo September a. c. zu räumen. Die Sachen sind theils mit feinstem Plüsch, oder Phantasie=Stoffen bezogen, theils weiß und steht es Käufern frei diese mit beliebigen Stoffen beziehen zu lassen.

                          Hochachtungsvoll
                          F. Jürgens, Tapezier und Decorateur,
                          Lübeck, Holstenstraße 309.


Baugewerk-, Maschinen- und Mühlenbau-Schule
Neustadt in Mecklenburg. Auskunft durch den Director Jentzen.


Eine Dreschmaschine,

mit vollständigem Reinigungsapparat des Korns versehen und mit 4 Pferden zu treiben hat zu vermiethen

Fritz Wilms,       
Herrnburg.        


Gefunden.

Ein großes Herrentuch, von Schönberg nach Dassow. Der Eigenthümer desselben kann es zurückerhalten vom Brodträger Blomberg in Schönberg.


Kinder, welche zu Michaelis die Lübecker Schulen besuchen sollen, finden freundliche und liebevolle Aufnahme gegen billige Pension bei

                                                    J. Köhncke,
                                                    Karpfenstr. 2 vor dem Holstenthor.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 13. August.

Frühkirche: Fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.

(Missions=Collecte.)

     Amtswoche: Pastor Langbein.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Donnerstag den 10. August 1882.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1882 Nr. 62 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 62 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 11. August 1882.


Politische Rundschau.

Den französischen Herbst=Manövern zwischen Marseille und Lyon, werden folgende, vom alten Moltke ausgewählte deutsche Offiziere mit scharfen Augen beiwohnen: Generalmajor Bronsart von Schellendorff, Chef des Generalstabes des X. Armeecorps (Bruder des Commandeursder 2. Garde=Infanterie=Division), Oberst Graf Schliefen, Kommandeur des ersten Garde=Ulanen=Regiments, Major Freiherr von der Horst vom Kaiser Franz=Garde=Grenadier-Regiment, der erste Militär=Attache bei der deutschen Botschaft in Paris, Major von Villaume vom großen Generalstabe, der zweite Militär=Attaché ebendaselbst, Major von Gentzkow vom Garde-Fuß=Artillerie=Regiment und der Botschafts=Attaché Lieutenant Graf Czapski vom zweiten Garde=Dragoner Regiment.
Frankreich. Die Minister der französischen Republik sind Eintagsfliegen. Das neueste Ministerium, das noch nicht einmal fertig, ist seit 1871 das 18te und seit der Präsidentschaft Grevy's das 6te.
Egypten. Von bestinformirter Seite wird geschrieben: Es bestätigt sich, daß sich die Pforte bereit erklärte, in Verhandlungen behufs Abschlusses einer anglo=türkischen Militärkonvention einzutreten. Der türkische Minister des Aeußern, Said Pascha, machte Lord Dufferin die entsprechende Mittheilung und ersuchte denselben, die Ernennung englischer Delegirter veranlassen zu wollen, welche mit den von der Pforte zu ernennenden Delegirten die Bedingungen der Militärkonventionen zu verabreden hätten. Was bisher über diese Bedingungen in die Oeffentlichkeit drang, ist entweder falsch oder verfrüht; indessen hat sich aus den betreffenden inoffiziellen Vorbesprechungen die ziemliche Gewißheit ergeben, daß eine Verständigung zwischen der Türkei und England zu Stande kommen wird. Die Pforte erklärte ferner, daß sie von allem Anfang an Arabi Pascha für einen Rebellen erachtet habe, daß sie indessen gewichtige Gründe gehabt habe, die Achterklärung bisher nicht auszusprechen. Nunmehr sei der Zeitpunkt gekommen, wo die Hohe Pforte nicht länger anstehen werde, die Achterklärung gegen Arabi Pascha zu erlassen. Die Achterklärung wird in kürzester Frist erfolgen. Said Pascha machte gleichzeitig den Botschaftern der anderen Mächte betreffende Mittheilung.
In Egypten braut sich ein Wetter zusammen, das wie Sturm aussieht. Die Engländer betragen sich wie die Herren im Lande, sie bombardiren Alexandrien, sie besetzen den Suez=Kanal und das Städtchen Suez selber und schicken sich an, Abukir zu bombardiren. Alles nur zum Schutz des Khedive, wie sie sagen, welcher der rechtmäßige Herr des Landes, aber deutsch gesagt, ihr Strohmann ist. Die europäische Conferenz in Constantinopel schickt türkische Truppen nach Egypten, der Sultan, der Oberherr, soll Ordnung schaffen. Was sagt und thut England? Es droht, die Türken nicht eher ans Land zu lassen und nöthigenfalls zu schießen, bis der Sultan den Arabi Pascha als Rebell abgesetzt und die türkischen Truppen unter englischen Oberbefehl gestellt hat. Das ist unser Krieg, sagt England und verbietet allen Berichterstattern, welcher Nation sie seien, auch nur ein Wort heim zu schreiben, bevor es nicht der englische Oberbefehlshaber gesehen und patentirt hat. Ganz Europa soll nur durch englische Brillen sehen. Es ist merkwürdig, was sich diese Leute herausnehmen und man darf gespannt sein, was Europa dazu sagen wird. Frankreich hält sich zurück, Italien "macht nicht mit", Rußland grollt leise wie ferner Donner; vielleicht ist's aber nur Theater=Donner, der sich in Flüstern auflöst: Nimm' Du Egypten laß mir Constantinopel! Bismarck schweigt; er pflegt nicht eher zu drohen, bis er bereit ist, zu handeln.
Der Vorschlag, welchen Italien der Konferenz machte, den Suezkanal einer gemeinsamen europäischen Obhut zu unterstellen, ist bekanntlich von England nur mit ausdrücklichem Vorbehalt und "im Prinzip" angenommen worden, daß diese Obhut nicht länger währe, als die Okkupation. Von irgend einer Seite - wenn wir nicht irren von Wien aus - wurde sodann die Nachricht in die europäische Presse lancirt, daß nach Art der "gemischten Donau=Kommission" eine "gemischte Suez=Kommission" geplant sei, durch welche Englands Machtstellung am Suezkanal auch für die Zukunft völlig eingedämmt werde. Ein Theil der englischen Presse nützte diese Nachricht zu Parteizwecken gegen das Kabinet Gladstone aus.
Der Khedive erließ eine Proklamation, in welcher er dem egyptischen Volke erklärt, Arabi habe das erste Massacre in Alexandrien durch seine Intriguen verursacht. Er habe die Befehle des Sultans nicht befolgt, wodurch dann Alexandrien bombardirt wurde. Arabi plünderte und setzte Alexandrien in Flammen. Hierfür wird er als Rebell erklärt und Jedermann der ihm folgt, werde strenger Strafe entgegensehen. Es ist dies das erste Mal, daß der Khedive eine solche scharfe Sprache gegen Arabi führt. Die frühere Proklamation war quasi eine gezwungene Entschuldigung.


- Der hundertjährige Todestag eines Erfinders, der für Millionen Süßigkeiten gebracht, war der diesjährige 7. August. An jenem Datum starb im Jahre 1782 zu Berlin in dem Hause Dorotheenstraße 10, Andreas Sigismund Marggraf, der Entdecker des Zuckers in der Runkelrübe. Nicht durch Zufall, sondern durch jahrelange chemische Studien gelang ihm seine Entdeckung. Der Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er war, stattete er 1747 seinen Bericht ab, welcher lautete: "Chemische Versuche zur Gewinnung wirklichen Zuckers aus verschiedenen, in unseren Gegenden wachsenden Pflanzen." Praktisch verwerthet wurde die Erfindung Marggrafs allerdings erst durch seinen Schüler, den späteren Direktor der Akademie, Franz Karl Onhard, der mit Aufopferung seines Vermögens nach unsäglichen Mühen auf dem Gute Cunern in Schlesien 1802 die erste Zucker=Raffinerie errichtete. In diesen Tagen ist in Berlin ein Komitee zusammengetreten, welches Marggraf ein Denkmal in Berlin errichten will. Beiträge für das Monument nimmt das Bankhaus Bleichröder entgegen.
- Wie groß ist die Sonne im Verhältniß zur Erde? Dies Exempel läßt sich ziemlich genau an einer Druckseite unseres Blattes lösen. Nimmt man nämlich den Flächeninhalt unseres Tagesgestirns zu einer solchen Druckseite an, so kommt für den Flächeninhalt der Erde etwa der 100ste Theil einer Zeile heraus. Nehme ich als Durchmesser der Sonne die Länge einer Druckspalte an, so muß sich die Erde in ihren Durchmesser mit dem kleinen i begnügen, aber ohne das Tüpfchen, Willst Du aber den Mond noch hinzugeben, so kannst Du auch das Tüpfchen dabeibehalten. Um das richtige Verhältniß herauszubekommen, müßtest Du jedoch den Mond aus seiner über 50,000 Meilen betragenden Entfernung in etwa 20 Meilen näher rücken. Damit Du nun auch die Probe auf das Exempel machen kannst, gebe ich Dir hier die Zahlen an der Hand. Die Erde hat bei einem Durchmesser von 1715 Mei=

[ => Original lesen: 1882 Nr. 62 Seite 6]

len einen Flächeninhalt von 9 1/4 Million Quadrat=Meilen, die Sonne bei 200,000 Meilen Durchmesser einen solchen von 1,080,000 Quadratmeilen. Der Umfang der Erde beträgt etwa 5400, derjenige der Sonne 630,000 Meilen. Wolltest Du in einem Schnellzuge die Reise um die Erde machen, so würdest Du bei ununterbrochener Fahrt und die Geschwindigkeit pro Stunde zu 60 Kilometer gerechnet, 30 Tage gebrauchen, bei der Reise um die Sonne aber 3500 oder 9 Jahre und 215 Tage.
- Ein Roggenhalm mit 13 Aehren. Es ist vielfach bemerkt worden, daß bei der gegenwärtigen Erndte Roggenhalme mit doppelten und dreifachen Aehren vorkommen. Dieser Tage fand ein Mäher in einem Roggenfelde bei der Dorfschaft Bark einen Halm, der 13 Aehren hatte und zwar in der Weise, daß auf jeder Seite der Hauptähre 6 korntragende Nebenehren sich entwickelt hatten.
- Registrator Schulz in Weimar hat am 30. Juli einen sehr merkwürdigen Tag registrirt, nämlich seine zweite silberne Hochzeit. Die erste feierte er im Jahre 1840. Er ist über all diesen Jubelfesten 94 Jahre alt geworden. Der Jubilar hat aber noch mehr mitgemacht als zwei Hochzeiten - den Feldzug 1812 nach Rußland, die Schlachten an der Katzbach, bei Wartenburg und Leipzig und den Einzug in Paris. Er trägt das eiserne Kreuz.
- Einen Heldentod erlitt ein Bahnwärter im Gotthardtunnel. Als der Bahnzug sich dem Polmengo=Tunnel näherte, fiel ein gewaltiges Felsenstück von einer Steinwand herunter und versperrte das Geleise. Ein Bahnwärter bemerkte es, einen Augenblick maß er die Entfernung zwischen dem Zuge und dem Hindernisse auf den Schienen, dann stürzte er todesmutig vor und räumte die Last weg. Der Lokomotivführer erblickte den Mann und versuchte, den Zug zum Stehen zu bringen. Vergeblich! Im Augenblicke, als der Zug an das Felsstück zu stoßen drohte, wich letzteres, Dank der übermenschlichen Anstrengung des Bahnwärters. Der Zug sauste vorüber, Hunderte von Reisenden näherten sich den sonnigen Gefilden Italiens, Glück und Hoffnung im Herzen, ahnungslos, daß sie vor wenigen Secunden der drohendsten Lebensgefahr entronnen. Der Retter so vieler Menschenleben war unterdessen in das Land eingegangen, von woher es keine Rückkehr mehr giebt; in Stücke zerrissen lag ein blutiger Leichnam auf den Schienen."
- Das Geckenthum der französischen Offiziere ist durch ein Rundschreiben einmal zur Sprache gebracht worden, welches General Gallifet der Befehlshaber des 12. Armeekorps, erlassen hat. In diesem Circular kritisirt der General in schonungsloser Weise die Kleidung der französischen Offiziere und es heißt da unter Anderm: "Seit einigen Jahren treten im Offizierkorps in Bezug auf den militärischen Habitus recht bedauernswerthe Tendenzen hervor. Die Offiziere tragen Uniformröcke, deren Aermel eine über alles Maß hinausgehende Breite haben. Die Pantalons sind oben eng und unten "lächerlich weit". Die Stiefel erinnern an die Fußbekleidung, welche zu Zeiten Heinrichs III. Mode war. Die Haare trägt man mit einem Scheitel in der Mitte und die Stirnfrisur der Offiziere macht einen "weiblichen Eindruck". Die existirenden Anordnungen für die Kleidung der Offiziere sind sehr sorgfältige und so lange sie nicht abgeändert werden, haben die Offiziere dieselben strikte zu befolgen."
- Die Zahl der Apotheken in Berlin belief sich Ende 1880, einschließlich der Schloßapotheke, auf 69, und der Droguenhandlungen auf 302. Im Jahre 1861 bestanden in Berlin 50 Apotheken. Auf eine Apotheke kamen im Jahre 1871: 16,203 Einwohner und im Jahre 1880: 16266 Einwohner. Im Vergleich mit anderen Großstädten ist demnach in Berlin die Zahl der Apotheken eine sehr kleine.
- Wässerige Kartoffeln mehlig zu machen. Um diesem besonders in nassen Jahren häufig vorkommenden Mißstande abzuhelfen, wird in der Braunschweig'schen landw. Zeitung" den Hausfrauen gerathen, dieselben vor der Zubereitung einige Zeit in der Nähe des warmen Ofens auszubreiten. Nachdem die überflüssige Feuchtigkeit verdunstet, werden sie mehlig und gewinnen merklich an Wohlgeschmack. Dasselbe kann übrigens auch unmittelbar vor dem Zusetzen dadurch erreicht werden, daß man an jeder einzelnen rundherum einen schmalen Streifen abschält. Die so vorbereiteten Kartoffeln brauchen nicht so lange zu kochen, werden mehlig und auch schmackhafter. Das vielfach angewendete starke Pressen der abgesottenen wässerigen Kartoffeln in einem Tuche wird dagegen als unpraktisch bezeichnet.
- Der Dampfer Florence gerieth auf seiner Fahrt von Hamburg nach Havre am 24. Juli Vormittags in einen Schneesturm, der 10 Minuten anhielt.
- Harte Strafe. Bei einem Fest, das am Sonntag im Tuileriengarten zu Paris stattfand, wurden zwei Männer, die, um das Eintrittsgeld zu ersparen, über die Mauer klettern wollten, durch die Berührung der Leitungsdräthe für das elektrische Licht getödtet.
- Wie aus Penzanse gemeldet wird, ist das Packetboot des nordd. Lloyd "Mosel", welches von Southampton nach New=York bestimmt war, in der Nähe des Kap Lizard gescheitert. Die Passagiere stiegen in Penzanse ans Land. Penzanse liegt ziemlich an der äußersten Spitze der Südwest=Küste von England, dicht dabei liegt das genannte Kap Lizard. Eine kurze Strecke westlich von Penzanse erheben sich die berüchtigten Scilly=Inseln aus dem Meere, die Sorge der bei unklarem Wetter in den Kanal einbiegenden Seefahrer. Bei den Scilly=Inseln ging bekanntlich vor einigen Jahren auch der deutsch=amerikanische Postdampfer "Schiller" zu Grunde.
- Der evangelische Verein der Gustav=Adolf=Stiftung feiert in diesem Jahre sein 50jähriges Jubiläum. Die Generalversammlung findet in Leipzig statt.
- Prinz Bonaparte in Paris hatte vor einem Jahre die Tochter des verstorbenen Spielpächters Blanc heimgeführt. Nicht nur eine reiche Erbin, sondern auch eine hübsche liebenswürdige Dame. Sein Glück war voll, als ihm seine Frau vor vier Wochen ein Töchterlein schenkte. Die junge Mutter legte sich vor drei Tagen munter und kerngesund zu Bette, fuhr aber plötzlich mit der Hand nach der Brust und rief: Ich ersticke! - Eiligst holte man den Prinzen, aber als er an das Bett trat, flüsterte sie nur noch einmal: "Adieu Roland", sank um und war todt. Eine innere Verblutung hatte ihrem Leben ein Ende gemacht.
- Der Zulukönig Cetewajo wird wie ein Meisterstück durch London geführt. Kaum ans Land gekommen, wurde er von Reportern überfallen und mit Fragen bestürmt: wie viel er wiege, wie viele Centimeter er um die Hüften und die Brust messe, wie lang seine Stiefel, welche Halsweite seine Hemdkragen haben, wie viel Roßbeaf er unterwegs verzehrt und ob ihm der englische oder französische Senf besser schmecke; wie viele Frauen er besitze und warum er sie nicht mitgebracht habe. Er war nicht auf's Maul gefallen und antwortete, ein Narr könne mehr fragen als zehn Weise antworten. Auch die Festjungfrau, die ihn im Namen etc. begrüßte, schüttete er schnell ab.
- Die armen Sachsen sollen neuerdings Folgendes verbrochen haben: Ja, das is Sie längst bekannt, wir gemiethlichen Sachsen sin helle! Stärwend rief Geethe: "Mehr Licht!" weil er keen Sachse nich war!
- Schlagfertig. Professor (in einer höheren Töchterschule): "Ich habe Ihnen, meine Damen, in der letzten Stunde mitgeteilt, daß das Gehirn des Mannes größer ist, als das der Frau. Was schließen Sie daraus, Fräulein Bertha?" - Bertha: Daß es beim Gehirn nicht auf die Quantität sondern auf die Qualität ankommt.


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