No. 34
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Mai
1882
zweiundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1882 Nr. 34 Seite 1]

     Nr. 9 des Offic. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
          II. Abtheilung.
Bekanntmachung, betr. die Erhebung einer Berufsstatistik im Jahre 1882.


Politische Rundschau.

Deutschland. Gegen Erwarten ist der Reichstag nicht durch den Fürsten Bismarck, sondern durch den Staatsrath v. Bötticher, auch nicht im Weißen Saale des Berliner Königsschlosses, sondern im eigenen Sitzungssaale eröffnet worden. In der Eröffnungsrede heißt es: Die gesetzgeberischen Aufgaben für den Reichstag seien demselben bereits in der Botschaft vom 17. November ans Herz gelegt worden. Die Reichsgesetzgebung habe die Bestrebungen zur Abhilfe der socialen Schäden mit dem Unfallversicherungsgesetz begonnen. Die diesbezügliche Vorlage sei auf Grund der vorjährigen Reichstagsberathungen einer Umgestaltung unterzogen worden. Die geäußerten Bedenken seien insofern berücksichtigt, als die Arbeiter=Unfallversicherung nunmehr auf koparative genossenschaftliche Organisation der betreffenden industriellen Betriebe gegründet werden solle. Der Gesetzentwurf gewähre den industriellen Verbänden und Genossenschaften eine auf Verhütung von Betriebsunfällen gerichtete Autonomie und gehe von dem Bestreben aus, die verwaltende Thätigkeit thunlichst zu lokalisiren, die finanzielle Belastung dagegen auf möglichst breite Unterlagen zu vertheilen. Eine nothwendige Ergänzung bilde die anderweitige Regelung der Hilfskassen=Gesetzgebung und die Ausdehnung der Krankenversicherung. Anstatt des bisherigen bedingten werde die Einführung eines unbedingten Zwanges zur Krankenversicherung für alle Arbeiter vorgeschlagen, für welche die Durchführung möglich erscheine. Einem dringlichen Bedürfnisse entsprechend, werde ein Gesetzentwurf über Abänderung der Gewerbeordnung Betreffs des Gewerbebetriebes im Umherziehen vorgelegt. Die Botschaft vom 17. November habe die Abschaffung drückender directer Landessteuern und Zuschläge in Aussicht genommen, durch die die Gemeinden bisher genöthigt worden, den harten, ungleich wirkenden Druck dieser Steuern noch zu verstärken. Eine Verwirklichung der Absicht der Erleichterung sei nur möglich, wenn das Reich durch Erhöhung der indirekten Steuern sich in die Lage bringe, auf die Matricularbeiträge zu verzichten oder die dazu erforderlichen bisherigen oder event. höhere Beträge den Einzelstaaten herauszuzahlen, damit sie zur Verminderung der Landessteuern und Kommunalsteuern verfügbar würden. Die Bundesregierungen seien von dem Bedürfniß überzeugt und beantragten die Erhöhung der Reichseinnahmen, um Steuererleichterungen gewähren zu können. Unter den zur Besteuerung durch das Reich geeigneten Gegenständen stehe der Tabak in erster Linie. Nicht über diese Geeigenschaftung, sondern nur über die Form der erhöhten Besteuerung des Tabaks gingen die Meinungen im Reich auseinander. Die Mehrheit der Bundesregierungen halte die Monopolform für die die Interessen der Konsumenten und Tabakbauern am meisten schonende, dabei für die an Ergiebigkeit alle andern Formen übertreffende, und würde zu anderen Vorschlägen erst übergehen, wenn sie die Absicht der Zustimmung der Volksvertretung zum Monopol aufzugeben genöthigt wäre. Wenn die Reichsregierung weder in der einen noch in der andern Form Aussicht auf Bewilligung höherer Reichseinnahmen hätte, würde sie mit Bedauern und zum Schmerz des Kaisers für jetzt auf Reformen der Steuerverfassung des Reichs und der Einzelstaaten verzichten müssen, Reformen, welche alle Regierungen seit Jahren als ein Bedürfniß der Bevölkerung erkannt. Die Rede kündigt ferner eine Vorlage über Abänderung des Zolltarifs bezüglich Ausfuhrerleichterung für die Mühlenindustrie und einiger anderer Productionszweige, ferner einen Konsularvertrag mit Brasilien an. Die auswärtigen Verhältnisse des Reichs, heißt es weiter, fahren fort, nach jeder Richtung das Vertrauen auf die Dauer der friedlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu rechtfertigen, wovon denn die Botschaft vom 17. November 1881 Zeugniß ablegte. Die Bundesregierungen hoffen, der Reichstag werde die großen Aufgaben für Konsolidirung der nationalen Einrichtungen und für die gedeihliche Entwickelung des Vaterlandes einer segensvollen Lösung entgegenführen.
Man liest, daß Fürst Bismarck der Ablehnung des Tabaksmonopols im Reichstage mit ziemlicher Ruhe entgegensehe, er habe nämlich die feste Ueberzeugung, daß die mißlichen Finanzen in den Bundesstaaten, in den Gemeinden und Kreisen bald einen Druck üben und daß die heute Widerstrebenden ihm entgegenkommen und Hülfe vom Reiche verlangen werden.
Frankreich. Das dramatische Erstlingswerk der Petroleuse Louise Eichel in Paris "Nadine" hat bei der ersten Aufführung in Paris zu großen Scandalscenen Veranlassung gegeben und hat völlig Fiasco gemacht.
Rußland. Ein Deutscher in Moskau schreibt in einem Privatbrief über die Zustände in Rußland und über die der Deutschen daselbst: "Wo man geht und steht, hört man von Skobeleff und schimpft auf die Deutschen; wenn die Regierung nicht noch stark genug wäre, würde man uns Deutschen nicht um ein Haar besser mitspielen als den Juden. Es gibt eine Partei für und eine gegen uns, alles spricht von Krieg. Der Pöbel will, die bessere Gesellschaft verabscheut einen Krieg mit Deutschland. Und die Verhältnisse drücken um so mehr, als das Geschäft seit einigen Wochen eine Gestalt angenommen hat, die selbst dem kriegslustigen Russen zu denken gibt. Ausländische Prima=Häuser hatten einige Zeit Verkäufe ganz eingestellt und arbeiten jetzt nur mit außergewöhnlicher Vorsicht, aber selbstredend sind dadurch die Deutschen, die ja hier das ganze Engros=Geschäft in Händen haben, am allermeisten geschädigt. Es geht jetzt hier so still, um nicht zu sagen unheimlich zu, daß man sich nicht wundern darf, wenn jemanden unwillkürlich eine heiße Sehnsucht nach seinem ruhigen sicheren Vaterlande überwältigt. Jeden Tag hört man von Gewaltmaßregeln der Polizei; das was man hier an den Juden verübt, das schreit zum Himmel und gibt mir die feste Gewißheit, daß die jetzige panslavistische Partei nicht lange am Ruder bleiben kann, oder es gibt Krieg. Jetzt kommt die Krönung heran und die Besorgniß eines jeden Einzelnen nimmt nicht ab, im Gegentheil an den Gedanken des Krönungstages knüpfen

[ => Original lesen: 1882 Nr. 34 Seite 2]

sich Sorgen solch schrecklicher Art. Niemand spricht es aus, niemand wagt darüber öffentlich ein Wort zu verlieren, aber jeder denkt daran, wie schrecklich es werden könnte, wenn etwas passirte während der Anwesenheit der Regierenden. Und doch wieviel giebt es Unzufriedene und wieviel durch die neuesten Polizei=Verordnungen an den Bettelstab gebrachte Personen?
Afrika. Die armen Zulus, sie können sich über den Verlust ihres Cetewayo gar nicht trösten. Seitdem der tapfere "König" in schnöder Gefangenschaft gehalten wird, sind sie sich der hervorragenden Regenten=Tugenden ihres angestammten Herrschers erst so recht bewußt geworden und mit Schmerzen sannen sie darüber nach, ob es nicht möglich sei, ihn zurück zu erhalten. Nach vielfachen Berathungen gelangte man zu einem großen Entschluß: eine aus zweitausend Mitgliedern bestehende Deputation wurde noch Natal abgeordnet, um die Freilassung und Wiedereinsetzung Cetewayo's zu verlangen. Aber leider war der Liebe Müh' umsonst; der hartherzige britische Gouverneur hatte so wenig Verständniß für den Kummer der treuen schwarzen "Unterthanen", daß er sich sogar weigerte, die Deputation auch nur zu empfangen, und betrübten Herzens kehrten die armen Zulus heim!
Amerika. Wenn es nicht gar so abscheulich wäre, so könnte man sagen, daß man sich in Amerika als Präsidentenmörder sehr wohl befindet. Nicht nur, daß Herr Guiteau zwei geräumige Zellen bewohnt, er hat auch in einer derselben ein flottgehendes Geschäft eröffnet. An seiner Eingangsthür liest man: "Von nun an werden Exemplare meines von mir geschriebenen Namenszuges zu 2,50 Doll. das Dutzend, oder 25 Cents das Stück, verkauft. Wer einen religiösen Zusatz mit meinem Namenszuge, ein Sprüchlein, wie "wir vertrauen auf Gott" und dergl., wünscht, braucht nichts draufzuzahlen. Meine Photographie in großem Format, mit meinem Namenszuge darauf, wird zu 1 Doll. das Stück oder 9 Doll. das Dutzend geliefert. Chas J. Guiteau." - Man hat diesen Guiteau ein unentwirrbares psychologisches Räthsel genannt. Hier ist die Lösung. Es ist die Eitelkeit in ihrer ekelhaftesten und scheußlichsten Gestalt. Die Illinois=Zeitung bezeichnet diesen Handel als eine zwiefache Landesschmach, einmal, weil die Regierung der großen Republik dagegen nicht einschreitet, das anderemal, weil es so viele "Bürger" dieser großen Republik gibt, die sich durch den Ankauf derartiger Dinge besudeln. Ein solches Scheusal hätte selbst ein Shakespeare, dessen Blick ja doch in die tiefsten Tiefen und die verborgensten Winkel des menschlichen Wesens drang und sich in den labyrinthischsten und dunkelsten Gängen da unten zurecht finden konnte, nicht malen können.


- Auf dem Lesetisch des Kaisers Wilhelm liegt ein aus 365 Blättern bestehendes Merkbuch, in das er seit Jahren die geschichtlichen Ereignisse aus seinem Leben einzeichnet. Morgens wird das jedesmalige Datumsblatt obenauf gelegt, daß der Kaiser dann stets aufmerksam durchliest. Dieses Merkbuch begleitet den Kaiser auf allen Reisen. Es ist jedenfalls eines der interessantesten und wichtigsten historischen Dokumente.
In dem schönen Ludwigsburg nahe bei Stuttgart, ist der düstere Tod eingezogen. Die junge Herzogin Wilhelm, die einst den Thron des Schwabenlandes einnehmen sollte, ist gestorben, ist gestorben in dem blühenden Alter von noch nicht fünfundzwanzig Jahren, das sie erst in drei Wochen erreicht hätte. Sie hat vor wenigen Tagen ein todtes Kind zur Welt gebracht, und Sonntag früh ist sie ihren Schmerzen erlegen. Doppelte Trauer wird das Württembergische Land ergreifen, denn dasselbe hatte gehofft, die Prinzessin die seit fünf Jahren verheirathet, und die erst ein dreijähriges Töchterchen ihr eigen nennt, werde demselben dermaleinst den Thronfolger schenken. König Karl ist, wie man weiß, kinderlos, und sein Neffe, Prinz Wilhelm, soll in dem Württembergischen Lande einst die Krone tragen. Nun ist die Hoffnung dahin, daß aus der Ehe des Thronfolgers der künftige Thronfolger hervorgehen könnte, und einstweilen steht die jetzige Württembergische Dynastie auf den vier Augen des Königs und seines Neffen, des trauernden Gatten Prinzen Wilhelm. In der herrlichen Villa von Marienwahl ist die Prinzessin verschieden. Ein traurig' Omen ist es, daß nahe bei jener Villa das herrliche Schloß mit seiner Bildergallerie und - mit der Württembergischen Fürstengruft sich befindet. Dort wird nun die jugendliche, liebenswürdige Prinzessin zur ewigen Ruhe gebettet werden. Sie war eine Prinzessin von Waldeck und Pyrmont, eine Schwester der jetzigen Königin von Holland und - der Prinzessin Helene, die eben jenseits des Kanals in der Capelle von Windsor mit dem Sohne der Königin Victoria vermählt worden ist. So liegen Freud' und Weh' nahe bei einander, - der Hochzeitsreigen ist verstummt, und der Todtengesang löste ihn ab. Die junge Herzogin von Albany trifft in den ersten Tagen ihrer Ehe der tiefe Schmerz, eine Schwester zu verlieren, und die Waldeck'schen Hochzeitsgäste müssen von London nach Stuttgart eilen, - vom Traualtar zur offenen Gruft! Selten gab es einen so grellen Contrast in Deutschen Fürsten=Familien.
- In München sind vier Personen wegen versuchten Landesverraths verhaftet worden. Der Anstifter ist ein seit einiger Zeit dort lebender französischer Offizier, Baron Graillier, der von seiner Regierung beauftragt sein will, sich in Besitz wichtiger militärischer Geheimnisse zu setzen. Seine Mitschuldige sind ein Schweizer, Namens Brunner, und ein bayrischer Baron. Einem andern bayrischen Lieutenant wurden von Graillier 30,000 Mark für Herbeischaffung von Urkunden und Fortifikationsplänen zugesichert. Der Offizier ging anscheinend auf den Plan ein, reichte aber sofort die Denunziation ein. Man schritt nun zur Verhaftung Grailliers, Brunners und des gravirten Offiziers sammt seiner Geliebten. Ein in die Angelegenheit mitverwickelter Kommis wird noch von der Polizei verfolgt. Was an dieser neuen Festungsplangeschichte ist, muß die weitere Untersuchung lehren.
- Man hört so oft den Ausdruck praktischer Materialismus, ohne daß man sich immer klar machen kann, was damit gemeint sein soll. Hier ein Beispiel, das jede weitere Erklärung überflüssig und selbst dem Kindesverstande die Sache klar macht. Der Amerikaner Vanderbilt, der bei seinem Tode außer Eisenbahnwerthen, welche von Jahr zu Jahr steigende Erträge versprachen, so die Kleinigkeit von 200 bis 240 Millionen Reichsmark hinterließ, war von Anfang an seinem jüngsten Sohne Cornelius wenig gewogen. Der junge Mann hatte für ihn zu wenig Geschäftstalent. Von Körper zart und schwächlich, von Gemüth weich, zu zärtlicher Freundschaft und dem innigen Verkehr mit geistig bedeutenden Menschen geneigt, galt dieser jüngste Sprößling von Jugend auf für ein räudiges Schaf in der Familie. Seine höhere geistige Veranlagung, die ihn mit Widerwillen gegen die brutale Geldmacherei seines Vaters und älteren Bruders erfüllte, war wiederum in deren Augen eine unauslöschliche Sünde. Die Folge war Verdrängung aus der Familie und zur Strafe dafür eine Art Enterbung. Das aber in dem jungen Manne ein tüchtiger Kern von Geist und Gemüth steckte, dafür liegt der sicherste Beweis in der aufopfernden Freundschaft, die der bekannte Journalist Horace Greley für ihn empfand und bethätigte. Eines Tages indossirte Greeley dem in größter Noth steckenden jungen Vanderbilt einen Wechsel von 50,000 Dollars natürlich in der Voraussetzung, daß der Alte sich nicht lumpen lassen würde. Was geschah aber? Der Alte zahlte nicht und Greeley mußte für den Betrag aufkommen. Als das geschah besaß der Alte schon mindestens 20 Millionen Dollars, vielleicht das Doppelte. Greeley verarmte; doch der alte Vanderbilt zahlte keinen Heller. Als er starb, hinterließ er seinem ältesten Sohne, dem jetzigen "Eisenbahn=Kaiser", die ganzen zusammengescharrten Millionen, dem jüngsten aber nur den brockenweise nach dem Gutdünken des ältesten auszuzahlenden Zinsertrag eines Kapitals von 200,000 Dollars. Die ersten 60,000 Dollars aber, die Cornelius von dem ihm zugefallenen Gelde zusammenbringen konnte, verwendete er dazu, um den Töchtern des inzwischen gestorbenen Greeley Kapital und Zins auf Zins seiner Schuld auszuzahlen. Cornelius J. Vanderbilt, litt an Fallsucht, sein Nervensystem war seit Langem tief erschüttert, und in einem Anfall tiefsten Trübsinns jagte er sich die Kugel durch den Kopf.
- Ist Ihnen jemals so ein raffinirtes Gau=

[ => Original lesen: 1882 Nr. 34 Seite 3]

nerstückchen vorgekommen? Bei einem Pariser Arzt erscheint eine elegant gekleidete Dame, schluchzend und weinende "Doctor, ich hoffe nur mehr auf Sie. Mein einziger Sohn ist mit einer Monomanie behaftet; er thut Niemandem etwas zu Leide, aber da er sich für einen Einkassirer oder Beamten der Bank hält, bringt er seine ganze Zeit damit zu, Nota's, Wechsel und dergleichen zu Schreiben, die er Allen, die ihm begegnen, präsentirt und die Bezahlung von ihnen begehrt. Diese Manie hat ihn schon mehre Unannehmlichkeiten zugezogen, und ich fürchte, daß der sonst ungetrübte Verstand des Armen ernstlich darunter leiden wird." Der Arzt befragte die unglückliche Mutter über das Vorleben ihres Sohnes, den Geisteszustand der Familienglieder und gab dann der Dame Hoffnung, ihrem Sohne den Verstand wiedergeben zu können. Sie entfernte sich darauf beruhigt, indem sie zum Abschiede noch hinzufügte: "Eine letzte Bitte. Sie verstehen, wie schmerzlich mir Trennung sein muß. Ich werde Ihnen übermorgen meinen Sohn bringen, aber ich möchte mich dann unvermerkt entfernen können." - "Das läßt sich schon machen", erwiederte der Irrenarzt. "Dieses Vorzimmer führt in ein Gemach, das auf die Dienststiege hinausgeht." Und er zeigte ihr in Gegenwart des Dieners den Weg, den sie nehmen müsse, um sich ungesehen entfernen zu können. Am zweiten Tage erschien die Dame mit einem einfach gekleideten jungen Menschen, jedoch von intelligentem und sanftem Aussehen. Wie sie ankamen, machte die Dame dem Diener ein Zeichen, indem sie zu ihm sagte: "Verständigen Sie Ihren Herren, daß die Person, die er erwartet, hier ist." Sie entfernte sich hierauf auf angegebenem Wege mit einem Päckchen, das sie dem jungen Menschen abgenommen hatte, und der Weisung an diesen, daß er einen Augenblick warten solle. Es verstrich jedoch eine Viertelstunde, ohne daß er vorgelassen wäre. Der junge Mann fragte den Diener, ob man ihn vergessen habe. "Nein", erwiederte dieser "aber mein Herr ist beschäftigt." Es verging wieder eine halbe Stunde - endlich erscheint der Doctor, und der junge Mann präsentirt ihm eine Rechnung. "Ja, ich weiß schon", erwiederte dieser, indem er seine Hand ergriff. "Wir werden das schon später in Ordnung bringen." Und er befühlte ihm den Puls. Der junge Mann sah ihn etwas stutzig an. "Puls normal", sagte der Mann der Wissenschaft. "Meine Nota", begann der junge Mann wieder. "Seltsam! Seltsam!" murmelte der Doctor. Noch mehr befremdet sagte der junge Mann: "Mein Prinzipal wird unruhig werden. Fertigen Sie mich ab." Aber der Doctor beobachtete ihn, ohne zu antworten und wollte seine Hand wieder ergreifen. "Lassen Sie mich!" rief der junge Mann in Zorn gerathend. "Bezahlen Sie mich. Machen Sie ein Ende mit Ihren Faxen." - "Heftiger Anfall!" sprach kalt der Arzt, klingelte seinen zwei Bedienten und rief ihnen zu: "Eine Eisdouche!" Man schleppte den armen jungen Menschen fort. In einem Augenblick war er entkleidet, unter einen Apparat gestellt, und ein mächtiger Wasserstrahl ergoß sich über seinen Kopf. Er brüllte, aber umsonst. Als die Operation zu Ende war, kam wieder der Doctor, um die Wirkung zu beobachten. Die Wuthscene von Seite des Kranken erneuerte sich, und als derselbe nun mit Hartnäckigkeit darauf bestand, daß man seinem Prinzipal, einem Juwelenhändler in der Rue de la Paix, die Lage mittheile, in der er sich befinde, schickte der Arzt endlich einen Diener hin. Einige Minuten später erschien der Prinzipal und nun erklärte sich die tragikomische Scene. Die sogenannte Dame war einfach eine gewandte Diebin. Sie war im Laden erschienen und hatte einen Schmuck im Werthe von 25,000 Francs bei ihm genommen. Da sie eine so große Summe nicht bei sich habe, so möge man ihr einen Commis mitgeben, der das Geld bei ihrem Mann in Empfang nehmen solle.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuches über die zu Schönberg belegenen Grundstücke des Kaufmanns Wilhelm Maaß allhier wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protocoll sofort im Termine der Präclusivbescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg den 26. April 1882.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Der grossen Noth

im sächsischen Voigtlande durch Arbeit zu steuern, veranlaßt die sächsische

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Kaufleute haben bei diesen Ausnahme=Preisen keinen Rabatt.
Aufträge werden der Reihe nach erledigt.
Gardinen- u. Teppich-Fabrik
                          F. Hacker. Dresden.


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Lübeck, Trave 372.                                                     F. C. Nielsen.


Statt jeder besonderen Meldung.
Marie Busch
Louis Havemann
Verlobte.
Rodenberg.                                                     Neubukow.


Ein dreifach donnerndes Hoch!!
unserem Freunde S. zu seinem heutigen Wiegenfeste.
"Ob hei sick woll wat marken lett?"
                          Olle Frünn' dei döstig sünd.


[ => Original lesen: 1882 Nr. 34 Seite 4]

Aachener und Münchener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft.

Der Geschäftsstand der Gesellschaft ergibt sich aus den nachstehenden Resultaten des Rechnungsabschlusses für das Jahr 1881:
       Grundkapital M. 9,000,000. -
       Prämien- und Zinsen=Einnahme für 1881 M. 7,882,867. 20
       Prämien=Ueberträge M. 10,216,519. 20
                            -------------------
                            M. 27,099 386. 40
       Versicherungen in Kraft am Schlusse des Jahres 1881 M. 4,727,186,850 -
Schönberg, den 1. Mai 1882.

                                                    J. H. Meyer, Organist,
                                                                              Agent der Gesellschaft.


U. Beermann & Co. Lübeck.
Klingberg 927. empfehlen für die bevorstehende Saison ihr sehr reichhaltig assortirtes Lager:
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Schwere couleurte Seidenstoffe von 2 Mark an à Meter.


Putzpomade
à Dose 10 Pfennig (Mecklenburg).        6 Dosen 50 Pfennig (Mecklenburg).
empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


Bekanntmachung
für Handwerker und Arbeiter, die nach Amerika auswandern wollen.

Das nordwestliche Arbeits=Nachweisungs=Bureau in Chicago kann in der kommenden Jahreszeit 6000 Menschen mit Arbeit in allen Zweigen von Gewerben und Tagelohn=Arbeit versehen.
Wir suchen Leute für Eisenbahn=Gesellschaften Brückenbau, Walz= und Hammerwerke, Hobel= und Sägemühlen, Holzhöfe, Maschinenwerkstätten, Kohlengruben, Eisenbergwerke, Steinbrüche, Meierhöfe, Landwirthschaften u. s. w. Alle die oben genannten Arbeiten werden von den meist unabhängigen Gesellschaften im Lande geleitet. - Wir besorgen freie Beförderung von Chicago nach den verschiedenen Arbeitsorten und werden sämmtliche Plätze garantirt und die höchsten Löhne bezahlt.
Alle Sprachen werden am Bureau von der Bedienung gesprochen.
Wegen Passagier=Beförderung, sowie jeder andern Auskunft wende man sich an unsern vom Kaiserlich deutschen Consul bestätigten Generalagenten Herrn A. W. Faulhaber in Hamburg, Alte Gröningerstraße Nr. 4.
Tüchtige und solide Unter =Agenten werden angestellt. Adressen sind an die General=Agentur in Hamburg zu richten.


Unserm Freunde Hannis in Carlow, zu seinem heutigen Wiegenfeste ein

999 mal donnerndes Hoch,

daß der ganze neue Krug wackelt.

                          Ob hei sick wol wat marken let?


Gute gelbe
Eßkartoffeln
hat noch zu verkaufen                          
                                                    Voss, Bahnhof=Schönberg.


Fußbodenglanzlack.
à Flasche 1 Mark
empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


Course notirt v. d. Mecklenburgischen Bank.
Schwerin, Montag den 1. Mai 1882.
Die Course verstehen sich incl. Zinsen und Provision.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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