No. 42
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 01. Juni
1880
fünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1880 Nr. 42 Seite 1]

      Nach einer der Großherzoglichen Landvogtei zugegangenen Mittheilung der Direction der Kaiser=Wilhelmsspende zu Berlin ist dem Landvogtei=Assessor von der Lancken und dem Amtsverwalter Spieckermann die Verwaltung einer Zahlstelle der Kaiser=Wilhelmsspende übertragen worden.
      Schönberg, den 27. Mai 1880.

Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Politische Rundschau.

Deutschland. Die Berathung der kirchenpolitischen Vorlage im preuß. Landtage hat am Freitag unter einem großen Andrange des Publikums im Abgeordnetenhause ihren Anfang genommen. Es wurden im Ganzen nur 4 Reden gehalten, von denen wohl die gemäßigten, ruhigen und besonnenen Ausführungen des Kultusministers v. Puttkammer den Eindruck nicht verfehlen werden. Das Haus folgte der Rede desselben, welche nahezu zwei Stunden dauerte, mit der gespanntesten Aufmerksamkeit, die allerdings auch den darauf folgenden Ausführungen des Kultusministers Dr. Falk folgte, der für seine Handlungsweise und für sein System mit großer Entschiedenheit und unter dem Beifall der Linken eintrat. Derselbe erklärte sich mit aller Bestimmtheit gegen die Vorlage, von der er sich den erwarteten Erfolg nicht versprach und in welcher er ein vollständiges Zurückweichen von dem bisherigen Standpunkte des Staates erblickte. Das Centrum nimmt, nach den Erklärungen des Abg. Dr. Windthorst eine abwartende Stellung ein, es verlangt aber, unter Betonung der Friedensliebe des Papstes eine Revision der Maigesetze als die Basis auf welcher allein der Friede erreicht werden kann.
Eine seit längerer Zeit schwebende Angelegenheit, die Abänderung der Signalordnung für Eisenbahnen Deutschlands, soll nun auch zum Abschluß gebracht werden. Die Ausschüsse für Landheer, Festungen, Eisenbahnen etc. haben dem Bundesrathe ihre Aufträge jetzt unterbreitet, welche sich auf veränderte Anwendung der optischen Telegraphen beziehen. Die neuen Bestimmungen sollen mit dem 1. October 1880 in Kraft treten.
Der diesjährige Juristentag findet vom 9.-11. September in Leipzig statt.
Nach einer in Petersburg aufgegeben officiösen Meldung ist zum Zusammentritte der Berliner Nachconferenz in der orientalischen Frage der 15. Juni bestimmt.
England. Immer mehr tritt zu Tage, daß das neue Ministerium wenig oder garnicht von den Bahnen des alten abzuweichen gedenkt. Früher betonten die Liberale mit Nachdruck die Abschaffung der Prügelstrafe in der Armee, jetzt finden sie auf einmal, daß dies nicht so schnell geht. Auf eine diesbezügliche Anfrage erklärte sich in diesem Sinne der Kriegsminister Childers im Unterhause. Ehe die Prügelstrafe abgeschafft würde, sei es räthlich und für die Disciplin der Armee unbedingt erforderlich, wegen der Ersatzstrafen schlüssig zu werden.
Rußland. Wieder ist von einem anscheinend nihilistischen großen Verbrechen berichtet. Im russischen Städtchen Belaja (Gouvernement Kiew) fand man am Morgen des 19. in verschiedenen Gassen der Stadt zehn verschiedene Menschenleichen auf deren aller Stirnen das Wort "Spion" aufgeschrieben war. Die ganze Stadt ist wegen dieses mysteriösen Verbrechens in Aufregung. - Die Begnadigungen, die den in dem Prozeß Weimar und Genossen Verurtheilten in Aussicht standen, sind eingetreten. Die zum Tode verurtheilten sind zu langjähriger Zwangsarbeit, Dr. Weimar zu 10jähriger Festungsarbeit begnadigt worden.


- Ein Feldherr und Gesandter des alten heidnischen Rom kam einmal zum Feinde und sagte: Seht diese beiden Falten in meiner Toga, in einer ist der Friede, in der andern der Krieg, wählt! - Etwas Aehnliches bedeutet die Vollmacht für theilweise Suspendirung der bekannten Maigesetze gegen Rom, welcher sich Fürst Bismark vom preuß. Landtage erbeten hat. Er will durch sie freie Hand gewinnen, um dem Papste große Zugeständnisse in der Praxis, d. h. in der Handhabung der betreffenden Gesetze zu machen, falls der Papst für die Praxis, das heißt für den Verkehr zwischen Staat und Kirche ebenfalls Zugeständnisse macht. Der Zweck ist, daß beide streitende Theile friedlich nebeneinander leben ohne sich etwas zu vergeben. Der religiöse und kirchliche Friede in Deutschland wäre großer Opfer werth. Der Papst hat aber leider allem Anschein nach die weit entgegenstreckte Hand Bismarks, noch ehe die betr. Vollmacht ertheilt ist, zurückgewiesen und der Kampf kann leicht von neuem und heißer entbrennen. Bismarck scheint von der Ablehnung des Papstes nicht überrascht worden zu sein. Darauf deutet ein vertrauliches Schreiben hin, daß er schon am 20. April an den deutschen Botschafter in Wien, den Prinzen von Reuß, gerichtet hat. In Wien nämlich wurden die geheimen Unterhandlungen zwischen Rom und Preußen geführt ohne vorwärts zu kommen. Dieses geschichtliche Aktenstück ist jetzt von Bismarck veröffentlicht worden und man weiß, was das bedeutet. Bismarck führt in denselben eine ruhige, aber sehr entschiedene Sprache über die zweideutige, in der Hauptsache feindliche Haltung des römischen Stuhles und seine Trabanten, des Centrums. Er weist nach, da es diese beiden sind, die bis jetzt jedes praktische Entgegenkommen zurückweisen, das Centrum namentlich, das sich immer auf Rom berufe, habe im Reichstage und Landtage in allen und den wichtigsten Fragen und Gesetze gegen die Regierung gestimmt, es trage den Frieden nur auf den Lippen. Seine Priester und Zeitungsschreiber hätten mit den Socialdemokraten um die Wette gehetzt und gewählt, schlimmer treiben konnten sie's auch künftig nicht. Viele hohe und niedrige Geistliche, deren Politik den

[ => Original lesen: 1880 Nr. 42 Seite 2]

Sozialisten Beistand leiste, würden von Mitgliedern des reichsten und vornehmsten Adels unterstützt und für diese Erscheinung gäbe es keine andere Erklärung, "als die Einwirkung der Beichtväter und noch mehr auf die Frauen." "Ein Wort von dem Papste oder von den Bischöfen etc. würde diesem unnatürlichen Bunde des katholische Adels und der Priester mit den Sozialisten ein Ende machen." Er werde, schließt Bismarck, nur "pari passu" Friede machen, daß heißt nur unter Zugeständnissen von beiden Teilen; dem römischen non possumus des Papstes werde er sein staatliches non possumus ("wir können nicht") entgegensetzen. Ein Abbruch der Verhandlung mit Rom wird in Aussicht gestellt. (Man sieht aus dem Datum und dem Inhalt der Bismarkschen Erklärung, daß sie vor der angeblichen, noch nicht amtlich bekannten Ablehnung des Papstes geschrieben ist.)
- Wo liegt die Welt? Friedrich der Große war ein Feind jener Winkelschulen, in denen "für einen sechser die Woche" und oft noch billiger von ungeschulten Leuten vielfach von ausgedienten Soldaten ein dürftiger Schulunterricht ertheilt wurde. Einst wurde ihm gemeldet, daß ein alter Feldwebel eine solche Schule halte, und der König beschloß selbst hinzugehen und dem Unterrichte beizuwohnen, natürlich mit dem festen Vorsatz, dem alten Krieger das Schulehalten zu verbieten. Der Graubart war über seines Kriegsherrn Erscheinung nicht wenig erschrocken, faßte sich aber und frug nach des Königs Befehl. "Ich will sehen, was er treibt," sagte der König. "Fange Er an!" "Und was befehlen Majestät, daß ich behandeln soll?" "Das ist mir einerlei; fange Er beim Nächstliegenden an." Der alte Graubart mochte wohl merken, woher der Wind wehe, und dachte: "Jetzt gilt's." Er richtete sich straff auf, faßte sich ein Herz und begann an den Wunsch des Königs anknüpfend, indem er sich an das nächste Kind wandte: "Wo sind wir?"
"In der Schule." "Wo ist die Schule?" "In Berlin." "Wo liegt Berlin?" "In der Provinz Brandenburg." "Wo liegt die Provinz Brandenburg?" "Im Königreich Preußen." Wo liegt das Königreich Preußen?" "In Deutschland."
"Wo liegt Deutschland?" "In Europa." "Wo liegt Europa?" "Auf der Erde." "Wo liegt die Erde?" "In der Welt." Der Alte war mit seinen wenigen Kindern zu Ende, halb mit Absicht, halb wie zufällig wandte er sich um und mit seinem treuen Kriegerauge den König anschauend, frug er leise, daß es wohl dem König gelten konnte: "Und wo liegt die Welt?" Friedrich erwiederte den Blick und schüttelte den Kopf; die Frage schien ihm offenbar überflüssig. Da drehte sich der alte Krieger zu seinen Schülern zurück und sich zum kleinsten der Kinder wendend, frug er laut und deutlich: "Sage mir, wo liegt die Welt?" "Die Welt liegt in Gottes Hand," sprach der Kindermund ohne Zögern. Der König trat auf das Kind zu, seine Hände streichelten den hübschen Lockenkopf, dann nickte er dem Alten freundlich mit dem Haupte und verließ die Schule. Der alte Kriegsmann wurde nie wieder gestört.
- O dieser Wonnemond, wie viel Hoffnungen hat er mit seinen Eishauch vernichtet in Feld und Garten, Wald und Weinbergen. Ueberallher kommen Hiobsposten. Auch viele Hopfenanlagen in Bayern und Böhmen hat er hart mitgenommen. In Kries an der sächsischen Grenze ist sogar ein Knabe im Walde erfroren.
- Während eines Besuches in Straßburg, seiner Vaterstadt verunglückte der Lieutenant Gries vom 106 französischen Infanterieregiment, einer angesehenen Familie angehörig. Er wurde mit allen militärischen Ehrenbezeugungen beerdigt, wie sie einem deutschen Offizier gleichen Ranges zustehen; fast alle deutschen Offiziere der Garnison folgten dem Sarge. Auf die deutschen und französisch gesinnten Einwohner hat diese Ritterlichkeit besten Eindruck gemacht und auch in Frankreich.
- Ein Danziger war vor langen Jahren nach England ausgewandert, ein reicher Mann geworden und gestorben. Die 6 Millionen Mark, die er hinterlassen, erbten 14 weitläufige Verwandte in Danzig, Berlin und Königsberg, die's alle gut brauchen können. In Berlin ist dieser Tage diese Erbmasse "ausgeschüttet" worden, Jeder trug vorläufig 420,000 M. heim.
- Aus Paris sind 7 Deutsche ausgewiesen worden, die sich an den jüngsten sozialistischen Cravallen betheiligt haben, der Hauptcravaller soll aus Cassel sein.
- Im Kriege von 1870 gab der bayrische Soldat Schlosser seinem Unteroffizier eine Ohrfeige und wurde zum Tode verurtheilt, aber zu zwanzigjährigem Gefängniß begnadigt. Dieser Tage hat ihm der König den Rest der Strafzeit erlassen.
- In einer der letzten Schwurgerichts=Verhandlungen zu Frankfurt wurde ein Zeuge über seine Entfernung vom Schauplatz einer Schlägerei mit tödlichen Ausgang befragt er gab die erstaunlich genaue Antwort, er sei 10 Meter 46 Centimeter entfernt gewesen. Auf weiteres Befragen ergab sich, daß der Zeuge, ein Zimmermann, in der sichern Voraussicht, vor Gericht vernommen zu werden, sofort mit dem Metermaß die Entfernung abgemessen hatte um die vielen Fragen des Schwurgerichts=Vorsitzenden abzuschneiden. Gewiß eine seltene Vorsicht und Voraussicht!
- In Nürnberg ist den Soldaten der Garnison durch Regimentsbefehl der Besuch von 60 Wirthshäusern verboten.
- Acht Heidelberger Studenten, sämmtlich Berliner, machten eine Pfingstreise in die Schweiz und unternahmen am 18. Mai auf dem Bodensee eine Wasserfahrt nach Konstanz. Der See ging ziemlich hoch, das Wasser drang in das Boot, die jungen Leute waren keine geübten Schiffer, die Noth wurde groß. Zwei Studenten, gute Schwimmer, sprangen in den See, um das Boot zu erleichtern und schwimmend das Ufer bei Constanz zu erreichen. Vom Lande eilten endlich zwei Fahrzeuge dem sinkenden Boote zu Hülfe und brachten unter eigener Lebensgefahr die Studenten an's Land. Als man aber nach den schwimmenden sich umsah, waren sie nicht da, sie waren ertrunken. Es sind Brüder, Söhne des Geh. Rath Krönig in Berlin, Hans der ältere, Student, Richard, der jüngere, Secondelieutenant in Mainz.
- Unerhörtes ist in Ober=Flörsheim bei Worms geschehen. Da wurde versucht, die neu hergestellte protestantische Kirche in Brand zu stecken. Im Innern der Kirche lag überall Stroh das mit Petroleum übergossen und angezündet war. Kirchenstühle, Treppen und Emporen standen bereits in Flammen, als man aufmerksam wurde und rasch löschte.
- Dem König von Württemberg sind aus seinem Geheimen Kabinet in Stuttgart theils Orden, theils Werthsachen gestohlen worden, ohne daß man eine Spur von dem Diebe hat.
- In einem Münchener Localblatt finden wir unter dem Titel: "Wer will meine Tochter?" Mahnruf an heirathslustige Männer, ein nicht sehr poetisches, aber ganz lustiges Gedicht, das vielleicht geeignet ist, hier und da ein holdselig Mägdelein, das sich darüber grämt, daß in der materiellen Welt die heirathslustigen Männer gar so sehr auf den schnöden Mammon sehen, zu trösten. Hier ist das Gedicht:

Wenn Jemand meine Tochter will,
So will ich sie vergeben;
Sie ist ein Mädchen zart und still
Und wunderhübsch daneben,
Bescheiden ist sie und gelehrt -
Ist 100,000 Mark wohl werth.

Sie ist ein Mädchen comme il faut,
Du kannst auf sie vertrauen;
In Einfachheit sie fühlt sich froh,
Die Mode macht ihr Grauen:
Ein Weib, daß Modetand entbehrt,
Ist 30,000 Mark wohl werth  .  .   M. 30,000

Sie liebt nicht Tanz, o keine Spur,
Nicht Spiel und derlei Sachen -
D'rum nehme meine Emma nur,
Sie wird dich glücklich machen -
Ein Weib das keinen Tanz begehrt
Ist 20,000 Mark wohl wehrt  .  .   M. 20,000

Willst du ein Weibchen tugendreich
Als Gattin acceptiren:
Dann nehme meine Emma gleich,
Sie wird dir conveniren.
Ein Weib das hoch die Tugend ehrt
Ist 30,000 Mark wohl werth  .  .   M. 30,000

Willst du ein Weib, das niemals dich
Mit bösen Launen quälet;
Nimm meine Emma, sicherlich
Hast du dann recht gewählet -
Ein Weib das launenfrei verkehrt
Ist 20,000 Mark wohl werth  .  .   M. 20,000

                          Summa Summarum       M, 100,000


[ => Original lesen: 1880 Nr. 42 Seite 3]

- Deutsches Turnfest in Frankfurt. Die Arbeiten für den Festplatz sind jetzt allesamt vergeben. Die große Festhalle kostet 26,000 Mark, die Tribüne 16,000 M., die Küche 11,880 M., die äußere Einfriedigung 4,709 M. die innere 1179 M., daß Hauptportal 1,350 M., 50 Mastbäume 1000 M., zwei Tanzböden 1400 M., zwei Dienstgebäude 4,100 M., das Musikpodium 489 M. Damit Niemand Durst zu leiden braucht, werden acht große Bierhallen, welche 7000 M. kosten und von denen jeder Frankfurter Brauer eine übernimmt, errichtet. Die Planier=Arbeiten der ganz mit Rasen eingesäet wurde, belaufen sich auf 4471 M., der Mithzins für denselben an Herrn v. Rothschild auf 9600 M. Die Anfertigung der Turngeräthe wurde größtentheils W. Benkard zum Preise von 7774 M. überragen die Gesammtfestkosten belaufen sich in runder Summe auf 400,000 M. Die Sehenswürdigkeiten werden für die Turner an allen Vormittagen und größtentheils unentgeltlich zugänglich sein. Die Königl. Eisenbahn=Directionen haben namhafte Fahrpreisermäßigung bewilligt, jedoch nur für Gruppen von mindestens 20 Turnern von einem und demselben Punkte aus.
- Ein schrecklicher Vorfall meldet der Privatbrief einer Dame aus Magdeburg an ihre Verwandten in Bielefeld, den die "Westf. Ztg." mittheilt: In den letzten Tagen ging da ein 7jähriges Mädchen an einem Nachmittag auf den Kirchhof und pflückte bei seinem Herumstreifen eine Blume von einem der Gräber ab. Der Totengräber, der das bemerkte, ergriff die Kleine und wollte dieselbe nicht ohne eine empfindliche Strafe wieder entlassen. zu diesem Zweck sperrte er das Kind - man denke - in die Leichenhalle ein, in welcher zur Zeit vier Todte aufbewahrt lagen. Der Tag neigte sich zu Ende, es wurde Nacht und die Eltern suchten angstvoll ihre Tochter, welche immer noch nicht heimgekehrt war. Die Nacht verging, und am Morgen, als der Todtengräber wieder an seine Arbeit gehen wollte, fiel es dem Manne erst ein, daß er gestern ein Kind in die Leichenkammer gesperrt und es herauszulassen vergessen hatte. Ein schrecklicher Anblick bot sich ihm dar, als er in die Kammer eintrat. Da lag das kleine Mädchen zusammengekrümmt in einer Ecke, mit krampfhaft zusammengeballten Händen, mit von den Zähnen durchbissenen Lippen, weit aufgerissnen starren Augen und war todt. Die Angst hatte das arme Wesen getödtet. Des Mannes bemächtigte sich sofort die Polizei, welche Noth hatte, die Leute abzuhalten, die in ihrer Wuth den Todtengräber lynchen wollten.
- Was machst Du mit meinen Pferden? fragte der Herr Bankier in Berlin seinen Kutscher; die Thiere fallen vom Fleisch und sind tückisch, während sie bis vor Kurzem fett und lammfromm waren. - Die L- fressen nicht ordentlich und sind Biester, antwortete der Kutscher, ich bringe sie aber zur Raison. - Ein paar Tage nachher drang jämmerliches Geschrei aus dem Stalle; man eilte herzu und fand den Kutscher von dem einen Pferde fest an der Schulter gepackt und an die Krippe gedrängt, er war jämmerlich an Arm und Schulter zugerichtet und konnte sich nicht regen. Die Erziehungsmethode des Kutschers konnte man mit einem Blicke übersehen: neben den Pferden lag ein dicker Knüttel, zum Theil blutig, an der Thüre ein halbgefüllter Sack Hafer zum Fortspazieren. Der Pferde=Pädagog hatte den Thieren halbe Rationen und doppele Portionen Prügel verschrieben.
- Die Ausfuhr von Kartoffelsorten, deren Zunahme in diesem Jahre sich in manchen Gegenden für die arme Bevölkerung empfindlich fühlbar gemacht hat, betrug in dem ersten Viertel d. J. 2,212,989 Doppelcentner, gegen 464,002 Doppelcentner im ersten Viertel vorigen Jahres.
- Der Groß=Orient der italienischen Freimaurer hat zum Herbst einen Welt=Congreß aller freimaurischen Oberbehörden nach Rom einberufen. Es soll die Stellung zu den Hauptfragen der modernen Cultur berathen werden. Die Zahl der Logen beträgt 15,000 und ihrer Mitglieder etwa 1 Million.
- Den ersten Preis für künstliche Menschenaugen auf der Ausstellung in Sidney haben die Herren Heubach u. Co. in Lauscha erhalten, den zweiten Herr Ludwig Müller Uri daselbst.

Anzeigen.

Auction.

Am Donnerstag den 3. Juni cr. Morgens 11 Uhr sollen vor dem Schulzengehöft in Lüdersdorf an in Lüdersdorf gepfändeten Gegenständen

1 Sopha, 1 amerik. Uhr, 1 lackirter Eckschrank, 1 Tisch, 2 Rohrstühle
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.

Schönberg.                                                     Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Aufforderung.

Zur öffentlichen Zwangsversteigerung der zur Debitmasse des Pferdehändler Carl Ohls sen. zu Schönberg gehörenden Grundstücke steht der Ueberbotstermin auf Dienstag den 15. Juni d. J. vor dem Großherzogl. Amtsgerichte hieselbst Vormittags 10 Uhr an.
Es ist erforderlich, daß ich als Konkursverwalter mit den C. Ohls'schen Gläubigern darüber mich verständige, zu welchem Preise die Grundstücke demnächst fortgeschlagen werden sollen.
Zur Besprechung hierüber habe ich einen Termin auf

Sonnabend, den 12. Juni 1880,
Vormittags 10 Uhr

in Spehr's Hôtel hieselbst angesetzt, zu welchem ich sämmtliche Gläubiger des Pferdehändlers C. Ohls sen. hiermit einlade.
Schönberg den 27. Mai 1880.

                          Der Konkursverwalter
                          im C. Ohls'schen Debitwesen.
                          Dufft. R.=A.


Ersparniß=und Vorschuß=Anstalt.
Die Anstalt ist zur Zinszahlung am
Dienstag den 8. Juni,         
Mittwoch den 9. Juni,        
Donnerstag den 10. Juni,    
Freitag den 11. Juni,         
und
Sonnabend den 12. Juni d. J.
von                          
7 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
geöffnet.                          
Schönberg den 22. Mai 1880.
                                                    Das Directorium.


Bei mir sind Runkelrüben= und Kohlpflanzen zu haben.

Selmsdorf.                                                     F. Sterly.


Breitestraße 804 Friedr. Matz, Breitestraße 804
Lübeck.
Lager von
Tapeten und Decorationsgegenständen,
Rouleaux,
Gold- und Politurleisten,
Teppichen und Cocosmatten,
Wachstuch und Ledertuch.


Zahnschmerzen jeder Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


Scheibenschießen
nach Gewinnen
am 6. und 7. Juni.

Ein Satz von 3 Schüssen kostet 1 M., worauf nur ein Gewinn fallen kann.
Büchsen und Schießbedarf wird von mir gehalten.
Am 7. Juni findet zugleich Tanzmusik statt.

Gastwirth Kaben, Pogez.


[ => Original lesen: 1880 Nr. 42 Seite 4]

Von 1. Juni d. J. ab giebt der Unterzeichnete eine täglich Abends erscheinende
Geographische Wetterkarte

heraus, welche den Witterungszustand des grössten Theiles Europas von Morgens 8 Uhr desselben Tages, an welchem die Karte erscheint, zur Darstellung bringt. Kleine Bemerkungen, welche der Karte beigegeben werden, erleichtern die Anwendung derselben in Bezug auf die Vorherbestimmungen des kommenden Wetters; auch wird jeder Karte eine von der deutschen Seewarte aufgestellte Muthmassung über das am nächsten Tage zu erwartende Wetter beigefügt werden. Die geographische Wetterkarte möge hiermit besonders den Herren Landwirthen empfohlen sein. Der Abonnementspreis bei den Postanstalten beträgt vierteljährlich 10 Mark, für den Monat Juni 3,5 M., Probenummer wird auf frankirte Einsendung von 20 Pfennigen franco versandt durch

O. Jesse, Astronom.          
Steglitz bei Berlin Albrechtstrasse 31.


Zu dem am 7. Juni d. J. stattfindenden                          
2. Gesangsfeste
des Maurine=Sängerbundes
ladet ganz ergebenst ein                                                    
                                                    Das Comite.
Grieben, den 25. Mai 1880.                                                    


Norddeutsche Hagel-Versicherungs-Gesellschaft in Berlin.

Als Erwiederung auf die auch in neuester Zeit von verschiedenen Seiten gegen die Gesellschaft gerichteten Angriffe und Verdächtigungen diene folgender Geschäfts=Ausweis:

Am 10. Mai 1879: 3806 Policen mit 58,186,618 M. Versicherungs=Summe.
Am 10. Mai 1880: 11,873 Polizen mit 157,492,116 M. Versicherungs=Summe.
darunter neue: 2,120 Polizen mit 20,407,603 M. Versicherungs=Summe.

Die Direction.          


Das Privilegium des Alleinverkaufes unseres electrischen Heil-Apparats
Siemens Electro Therapeut
haben wir für die Grossherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Strelitz sowie für Fürstenthum Lauenburg und Gebiet der freien Stadt Lübeck
Herrn Louis Ladewig in Schwerin i. M.
übertragen, an welchen sich die Herren zu wenden belieben, die eine Special-Vertretung in diesen Districten wünschen.
                                                    Siemens & Co.
                                                    Special-Werkstatt für elektrische Apparate.
Berlin W. im Mai 1880 Markgrafenstrasse 35.                                                    


Concert=Anzeige.

Das 3. Solisten=Concert findet am Sonntag den 6. Juni, Abends 7 1/2 Uhr im Köster'schen Saale in Schönberg statt.

Fr. Scheel,     
Concertmeister.     


Revolver

Flinten, Büchsflinten, und Büchsen (Hinterlader), sowie auch Techings und Pistolen und sämmtliche dazu passende Munition ist Alles in großer Auswahl bei

Ludw. Warncke-Mölln.


Allen meinen Freunden und Bekannten zur Nachricht, daß ich von nun an bei Herrn Jul. Wagner, Conditor conditionire und bitte um geneigten Zuspruch.

Hochachtungsvoll
W. Schröder, Conditor.


Ein gut erhaltener                                                    
12sitziger Omnibus
steht billig zu verkaufen bei                                                    
                                                    C. Geeve in Ratzeburg.


Ich suche einen Knecht
zum sofortigen Antritt.                                                    
                                                     C. Schwedt.


Heute Morgen 10 Uhr entschlief sanft und ruhig nach kurzer Krankheit der Ackerbürger und Gastwirth

Wilhelm Böckmann

zu Schönberg im 60. Lebensjahre, tief betrauert von den

Hinterbliebenen.     

Schönberg den 30. Mai 1880.
Die Beerdigung findet am Mittwoch den 2. Juni Mittags 12 Uhr statt.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der heutigen Nummer unserer Gesammtauflage liegt ein Prospect des Bankhauses Mindus & Marienthal in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser besonders aufmerksam machen.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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