No. 76
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. September
1879
neunundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1879 Nr. 76 Seite 1]

Politische Rundschau.

Neustrelitz, den 24. September. Sicherem Vernehmen nach hat Seine Königliche Hoheit der Großherzog das Seebad Ostende nach vierzehntägigem Aufenthalte am 22. d. M. verlassen und sich nach Schloß Rumpenheim begeben, wo heute der Besuch Ihrer Königl. Hoheiten des Prinzen von Wales und des Herzogs von Edinburg von Darmstadt aus erwartet wird. Der Großherzog setzt von dort, wie wir hören, heute Abend seine Reise über Dresden nach dem Keppschlosse bei Pillnitz fort, um daselbst einige Zeit bei der Großherzogin Königlichen Hoheit zu verweilen.
Deutschland. Der Kaiser traf mit dem Großherzog von Baden am 26. September aus Metz in Baden-Baden ein.
Fürst Bismarck ist von seiner Reise sehr gekräftigt zurückgekehrt; er wird voraussichtlich wegen der Landtagsarbeiten mit den Ressortchefs conferiren und es werden in diesen Tagen die entgültigen Entscheidungen über die Landtagsvorlagen getroffen werden.
Wenn sich auch die Nachricht bestätigt, daß die amerikanische Regierung abermals durch einen Agenten für die Silberwährung in Berlin unterhandeln ließ, so wurde doch nur bei dem auswärtigen Amte angefragt, ob Deutschland eine internationale Münzconferenz beschicken wolle. Der Reichskanzler hat sich noch nicht mit der Entscheidung befaßt.
Die Militairverwaltung zu Metz hat in dem Schloß Frescaty, das Kaiser Wilhelm in voriger Woche besuchte, eine Marmortafel anbringen lassen zur Erinnerung an die daselbst am 27. October 1870 erfolgte Unterzeichnung der Capitulation der Festung Metz.
In diesen Tagen begiebt sich eine Kommission Sachverständiger Reichsbeamten nach der Insel Wangeroog (in der Nähe der Jahdebucht), um die daselbst von der kaiserlichen Admiralität ausgeführten Uferbefestigungen zu begutachten. Wangeroog hatte unter den Seestürmen sehr gelitten und die Erdabbröckelung wurde so bedeutend, daß die Insel geschützt werden mußte. Sie ist für Wilhelmshafen von erheblicher strategischer Bedeutung. Vor hundert Jahren war Wangeroog noch einmal so groß als heute, es würde also mit der Zeit ganz verschwinden.
Während die Officiösen aller Länder Europa's darin übereinstimmen, daß durch den Wiener Besuch des Fürsten Bismarck der europäische Friede befestigt worden sei, steht Deutschland vor einem Konflikt mit einer außereuropäischen Macht - mit Japan. Allerdings dürfte die Sache nicht gefährlich werden und wird statt Blutes nur Dinte fließen. Ein deutsches Handelsschiff hat nämlich mit Genehmigung des deutschen Konsuls einen wegen der Cholera abgesperrten Hafeneingang passirt und darüber hat sich ein Federkrieg erhoben. - Betreffs der Wiener Abmachungen wird noch weiter mitgetheilt, daß die Idee eines Zollvertrages gefaßt sei, der Deutschland, Oesterreich=Ungarn, Rumänien und Serbien umfassen soll.
Frankreich. Gegenwärtig unterhandelt die Regierung mit England, um den am 31. December ablaufenden Handelsvertrag auf sechs Monate nach Veröffentlichung des neuen allgemeinen Tarifs zu verlängern.
Spanien. Während der Hof allgemach Vorbereitungen zur Hochzeitsfeier des Königs trifft, rüstet die Regierung in aller Heimlichkeit gegen Marocco, das sich seit langem, aufgestachelt durch die Engländer im vollen Aufstande befindet. An der afrikanischen Nordspitze, Gibraltar gegenüber, zieht sich ein spanisches Heer zusammen, das die Bestimmung hat, dem von seinen rebellischen Unterthanen hart bedrängten Sultan Muley Hassan zu Hülfe kommen.
Rußland. Der in den russischen Blättern zum Theil noch fortdauernde Zeitungskrieg zwischen Rußland und Deutschland hat in Verbindung mit dem Besuch des deutschen Reichskanzlers in Wien die polnische Bevölkerung in dem Grade allarmirt, daß die politischen Kannegießer darunter an dem nahen Ausbruch eines russisch=deutschen Krieges nicht mehr zweifeln. Man sieht bereits die Niederlage der russischen Armee voraus und freut sich auf das Einrücken der siegreichen deutschen Heere in die ehemalige Hauptstadt Polens. So wird wenigstens aus Warschau berichtet.
Rußland. Den Engländern ist wieder eine Freude verdorben, denn die Niederlage der russischen Truppen im Turkmenenlande bestätigt sich nicht. Nach den neuesten Nachrichten haben im Gegentheil die Russen einen Vortheil über die Turkmenen errungen. Für die in Afghanistan operirende englische Armee erwachsen daraus sehr unangenehme Aussichten.
Rumänien. Die überaus schwierige Lösung der Judenfrage in dem Sinne, wie es der Berliner Vertrag verlangt, ist wenigstens um einen Schritt weiter gekommen. Nach einem Entwurf der Regierung der die Annahme seitens der Kammer gewiß ist, 1071 Juden emancipirt worden. Allerdings hat Rumänien etwa 300,000 jüdische Unterthanen und es ist fraglich, ob die Großmächte die Emancipation der genannten kleinen Zahl als eine Lösung der Frage im Sinne des Berliner Vertrages auffassen werden.
Italien. Italien ist wie Rußland das Land der Verschwörungen und geheimnißvollen Verbindungen, die oft die wunderlichsten Zwecke verfolgen. Neuerdings tritt eine sonderbare Erscheinung auf, die sich in Attentaten auf die Schildwachen kundgiebt. Welche Beweggründe die Attentäter leiten, konnte nicht festgestellt werden.


Lübeck, 24. Sept. Gestern Abend hielt Herr Otto Kremershof (der heute Abend in Schönberg in Spehr's Hotel recitiren wird, s. Ins.) seine angekündigte Recitation des "Faust" frei aus dem Gedächtniß, im Saale des gemeinnütz. Vereins. Mit voller ruhiger Stimme versetzte er die Zuhörer in das unbefriedigte Dasein seines Helden, entwickelte mit Wärme die widerstreitenden Gefühle in dessen Brust, bis er am Schluß des gewaltigen Monologs vom Klange der Ostermorgenglocken und der himmlischen Christgesänge zum neuen Leben sich geweiht fühlt. - Herr K. erwähnte gleich beim Beginne des Vortrags, daß er aus Mangel an Zeit sich Kür=

[ => Original lesen: 1879 Nr. 76 Seite 2]

zungen erlaubte. So blieb denn auch manche Stelle fort. Die Scene mit dem Pudel war vortrefflich, nächstdem die Schülerscene gut. Die Wiedergabe Gretchens glückte am besten in der Schmuckscene; recht schwermüthig tönte der "König von Thule". Marthe war vielleicht etwas zu possenhaft gezeichnet; sie soll doch keine komische Alte sein. Sehr tief empfunden kamen dann wieder Gretchens Worte: "Meine Ruh ist hin", auch ferner ihre Unterhaltung mit Faust über den Glauben. Vorzüglich war Valentin vorgeführt. Man fühlt mit ihm die Pein über die Schmach der Schwester. Im Kerker gab Herr K. das Gretchen mit erschütternder Wahrheit. Der Besuch bestand zum größten Theil aus Damen, die von dem Vortrage sehr befriedigt zu sein schienen. (E. Z )
- Wie Berliner Zeitungen in aller Heimlichkeit mittheilen, steht dem Fürsten Bismarck eine neue Würde bevor - die eines Großvaters.
- Bei der am 1. October stattfindenden feierlichen Eröffnung des Reichsgerichts in Leipzig wird der Staatssecretär des Reichs=Justizamts Dr. Friedberg nach einer Ansprache den Präsidenten des Reichsgericht, Dr. Simson und den Reichsanwalt Freiherrn v. Seckendorff als Reichbeamte vereidigen und Dr. Simson ersuchen, den Mitgliedern des obersten deutschen Gerichtshofes, soweit sie nicht bereits am Reichsoberhandelsgericht im Dienst des Reiches fungirt haben, den Eid abzunehmen. Nachdem dies geschehen, wird Präsident Dr. Simson das Reichsgericht als constituirt erklären. Damit erreicht die officielle Feier, der seitens der Justizminister der Einzelstaaten nur der sächsischen Minister Dr. v. Abeken beiwohnt, ihr Ende. Zum Nachmittag hat Dr. v. Abeken im Namen der sächsischen Staatsregierung Einladungen zum Diner ergehen lassen, dem sich Abends ein von der Stadt veranstaltetes gesellschaftliches Beisammensein im Stadttheater anschließt.
- Die Einführung einer neuen Prüfungs=Ordnung für Aerzte, welche mit dem 1. October d. J. in Wirksamkeit zu treten bestimmt war, wird der Magd. Ztg. zufolge zunächst um ein Jahr verschoben werden, da über die bezüglichen Vorschriften ein Einvernehmen der betreffenden Ressorts bis jetzt nicht hat erzielt werden können. Die Vorarbeiten zur Revision der deutschen Pharmacopoe schreiten langsam vorwärts, so daß die Einberufung der Sachverständigen=Commission nicht vor dem December d. J. zu erwarten sein möchte.
- Der Magistrat der Stadt Wien hat den einstimmigen Beschluß gefaßt, dem Gemeinderathe zu empfehlen, daß auf den noch bestehenden alten Friedhöfen, und so lange diese existiren, die Gräber und Grabdenkmale von Mozart, Gluck, Haydn und Beethoven das ganze Jahr hindurch auf Kosten der Stadt Wien in einem entsprechenden Blumenschmuck erhalten werden, da es eine Ehrenschuld der Gemeinde Wien sei, die Männer, welche sich so große Verdienste um die Tonkunst erworben haben, in dauernder dankbarer Erinnerung fort zu erhalten. Nach Auflösung der alten Friedhöfe sollen die Reste verdienter Männer ihre Plätze in der "Gräberstraße" des Centralfriedhofes erhalten.
- Um dem Bettelwesen zu steuern, hat man in Gräfenthal die Einrichtung getroffen, daß den Handwerksburschen ein Geldgeschenk nicht mehr verabreicht werden soll; dieselben erhalten, falls sie die Nacht dort zubringen, ein einfaches Nachtquartier und, wenn angängig, Suppe und Brod am folgenden Morgen. Dem am Tage Durchreisenden soll gar nichts gereicht werden und das Fechten ist untersagt. Man hatte in letzter Zeit eine Unterstützung aus der Stadtkasse bezahlt, doch wurde davon in zu umfassender Weise Gebrauch gemacht. Ob die neue Maßregel durchführbar und nicht gar zu hart ist, wird die Zukunft lehren.
- Aus Breslau kommt die Nachricht, daß in Königshütte ein Fall von Rinderpest vorgekommen und amtlich festgestellt worden sei. Von der Regierung in Oppeln sind bereits die umfassendsten Maßregeln gegen die Weiterverbreitung getroffen.
- Aus dem bei Pordenone abgehaltenen italienischen Manöver wird ein Vorfall berichtet, der peinliches Aufsehen erregt hat. In einem Scheingefecht zwischen Bersaglieri und Kavallerie stürzte ein Pferd der letzteren verwundet zusammen. Sofort wurde Einstellung des Feuers und Untersuchung angeordnet. Letztere ergab, daß dem Pferde eine Vetterlikugel 32 Centimeter tief eingedrungen war. General Pianell, welcher die Oberleitung des Manövers hatte erklärte, sofort sämmtliche Offiziere des Bersaglieri=Bataillons in Arrest, suspendirte die Unteroffiziere und konsignirte die Soldaten. Leider hatten diese Maßregeln nicht den Erfolg, Licht in die Sache zu bringen, was um so mehr zu bedauern ist, als sich herausgestellt hat, das noch mehr Schüsse mit Kugeln bei dieser Gelegenheit abgegeben worden sind.
- In Berlin hat am Mittwoch den 24. und Donnerstag, den 25. die Ziehung der Lotterie der Gewerbe=Ausstellung stattgefunden. In den letzten Tagen vorher fand noch eine ungeheure Nachfrage nach Loosen statt, man bezahlte dieselben mit einem Aufgelde von 25, 50, ja 100 %. Eigenthümlich ist die angewendete Ziehungsmethode. Die 500,000 Loose der ersten wie der zweiten Emission sind in fünf Serien getheilt, von denen jede die Nummer 1 bis 100,000 enthält. Ebenso hat man die 22,000 Gewinne in Gruppen getheilt. So daß auf jede Serie von 100,000 Loosen eine Gruppe von 44000 Gewinnen kommt. Durch eine Vorverloosung hat man nun bestimmt das die Gewinne der Gruppe A der Serie 4, die der Gruppe B der Serie 3, die der Gruppe C der Serie 5, die der Gruppe D der Serie 1, die der Gruppe E der Serie 2 zufallen sollen. Wird nun irgend eine Loosnummer gezogen, so gewinnt diese in allen 5 Serien den mit den der gleichzeitig gezogenen Gewinnnummer bezeichneten Gewinn aus der entsprechenden Gruppe. Durch diese Einrichtung ist eine außerordentliche Vereinfachung und Abkürzung des Ziehungsverfahrens ermöglicht worden. Der erste Hauptgewinn ein Tafelaufsatz, ist einer liebenswürdigen jungen Dame, der Tochter des Schildmalers Mentz in Berlin, zugefallen.
- Am Sonnabend und Sonntag Abend wurde am Schillerplatz zu Frankfurt a.M. ein neues System für Straßenbeleuchtung probirt. Das Publikum umstand die Riesenlaterne massenhaft, zeigte sich über die sehr helle Beleuchtung außerordentlich befriedigt und drückte den Wunsch aus, daß die Stadt überall so hell beleuchtet sein möchte. Die Ersparniß trotz der Helle, soll gegen das jetzige System 65 pCt. betragen. Genaueres noch nicht bekannt.
- Bei dem Straßburger Manöver bemerkte Kaiser Wilhelm einen Stelzfuß in die blaue landesübliche Blouse gekleidet, mit dem Orden der Ehrenlegion und einige Kriegsmedaillen geschmückt war, ein kühnes und energisches Gesicht hatte und alle Truppenbewegungen genau verfolgte. Er ritt an ihn heran und sagte freundlich auf fragte freundlich auf französisch: "wo haben sie gedient und wo den Fuß verloren?" Sich sofort gerade aufrichtend, militärisch salutirend und den Kaiser fest anblickend, antwortete der Gefragte keck: "Ich diente 34 Jahre als Corporal bei dem 2. Zuavenregiment, machte vierzehn Campagnen in Algerien, der Krimm, in Italien und in Mexico mit und verlor den Fuß bei Sedan." "Da haben Sie viel durchgemacht, mein Braver," erwiderte freundlich der Kaiser. "Nun es geht, Sire, es ist gutes Soldatenblut in unserer Familie, mein Vater diente über dreißig Jahre Napoleom legrand, ich lange Zeit Napoleon III. und mein ältester Junge, der jetzt bei den Gardejägern in Potsdam steht, wird, will's Gott, dem Kaiser Guillaume ebenfalls lange Jahre als Soldat dienen." - Der Kaiser, über diese Antwort sichtlich erfreut, fragte nun: "Kann ich Ihnen irgendwie dienen?" "Merci, Monseigneur," antwortete der Veteran, "ich erhalte eine gute Invalidenpension aus Paris und sonst verdiene ich mir noch Geld durch Korbflechten und hölzerne Schuhe Schnitzen, habe ein eigenes kleines Häuschen mit Garten und das genügt für mich und meine Alte vollkommen und wir brauchen nichts." "Sie sind ein seltener braver Mann und ich habe mich gefreut, Sie kennen gelernt zu haben", sagte der Kaiser, beim Fortreiten freundlich grüßend. "Merci, Sire, die Ehre war ganz auf meiner Seite", entgegnete der höfliche Elsässer.
- Die eigenartigste Post ist wohl diejenige auf der Insel Boobly Island, zwischen Australien und Neu Guinea, in der für die Seefahrer durch viele Schiffbrüche berüchtigten Teorries=Straße:

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Ein Felsen=Eiland, aus dem Meere hervorragend, trägt einen hohen Flaggenstock, unter demselben ist eine große Tonne angebracht mit der Aufschrift "Post=Office". Die englische Admiralität hat nun dort einen Briefkasten anbringen lassen. Tinte, Feder und ein Buch liegen bereit, auf daß darin Nachrichten, welche für später daselbst eintreffende Seefahrer von Nutzen sein könnten verzeichnet werden können. Weiter aber liegen in einer Felsenhöhle Vorräthe von Cigarren, Zucker, Thee, Salz, Taback, Zwieback, gesalzenem Fleische und Rum, und jedes Schiff welches glücklich vorüberkommt, ergänzt und vermehrt den Bestand jenes für Schiffbrüchige so werthvollen Magazins. Die vorbeipassirenden Schiffe nehmen nun die für ihren Curs bestimmten Correspondenzen aus dem Briefkasten und legen andere für den rückliegenden Curs hinein. Ein anderes Schiff von der umgekehrten Richtung macht es ebenso und auf diese erhält sich jene Postanstalt ohne Kosten und Beamten.
- An dem Leichenbegräbnisse des österreichischen Oberlandesgerichts=Präsidenten, Baron Streit, nahm auch der Prager Scharfrichter Pipperberger Theil. Derselbe trug bei dieser Gelegenheit zum ersten Male seine neue Uniform. Diese Uniform besteht aus Sturmhut, stahlgrünem Rock mit veilchenblauen Aufschlägen und Kragen, auf welch' letzterm gekreuzte Schwerter in Gold gestickt sind, grauen Beinkleidern und einem Schwerte mit vergoldetem Knauf.
- Die Liebe zum Leben. Es fuhr, so erzählt die Saatsbgztg., am Mittwoch in der Nähe von Tiefwerder ein Boot mit einer jungen Dame und einem Herrn, die nach ihrem eigenen Geständniß den Entschluß gefaßt hatten, aus unglücklicher Liebe gemeinsam zu sterben, um so mehr, als der junge Mann auch am 1. k. M. seine Stellung verliert. Nach herzlichem Abschiede der vom Ufer aus beobachtet wurde, sprang das junge Mädchen zuerst vom Boot aus ins Wasser, der junge Mann stieß kräftig ab und ließ sich dann auch in die Wogen gleiten. Er schien aber vergessen zu haben, daß er schwimmen kann; von dieser seiner Kunst machte er den ausgiebigsten Gebrauch und schwamm nach der Geliebten, die durch ihre Kleider über Wasser gehalten wurde, zurück, als diese jämmerlich um Hülfe schrie. Mit Aufbietung aller Kräfte und unter eigener Lebensgefahr hielt er das junge Mädchen so lange über Wasser, bis andere Kähne herankamen und das Liebespaar aufnahmen.
- Durch die neueste Ziehung der Pariser Stadtobligationen ist ein armer Schneider glücklich gemacht worden. Herr Albrecht wohnt Rue Lamartine 6, im vierten Stock eines Hofgebäudes; er arbeitet in einem Hause in der Rue Laffiette, woselbst er als langjähriger gewissenhafter Arbeiter im besten Ansehen steht. Ganz zufällig wirft er vor einigen Tagen den Blick in die Verloosungsliste und glaubt darin die Nummer des Haupttreffers von 150,000 Fr. als die Obligation zu erkennen, welche er durch mühsamen Fleiß erworben hat. Ohne säumen eilt er nach Hause, vergleicht die Nummer, und richtig er ist plötzlich ein Mann von 150,000 Fr. Bis jetzt handhabt er ruhig die Nadel weiter, da das Geld erst im kommenden Februar ausbezahlt wird.


Anzeigen.

In das hiesige Handelsregister Fl. XXI. Nr. 34, betreffend die Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt zu Schönberg, ist heute eingetragen:

Col. 6: "An Stelle des bisherigen, am 10. Juli d. J. verstorbenen ersten Mitgliedes des Directorii der Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt hieselbst, Kürschnermeisters W. Gartz in Schönberg, ist in der am 15. September d. J. abgehaltenen ordentlichen General=Versammlung der Actionäre dieser Anstalt der Uhrmacher H. Meyer in Schönberg mit Stimmenmehrheit als Mitglied des Directorii wiedergewählt worden und als solches durch die ad [20] act. anliegende notarielle Urkunde d. d. Schönberg den 15. September 1879, welche auch die Erklärung der Annahme der Wahl und Zeichnung des Namens seitens des p. Meyer enthält, legitimirt.

Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg,
den 20. September 1879.
Das Handelsgericht.
Horn.

A. Dufft.       


Auf Antrag Dris. Hahn für

1) den Hauswirth Hans Jochen Oldörp in Boitin=Resdorf im Fürstenthum Ratzeburg,
2) den Maurergesellen Hans Oldörp ebendaselbst,
3) den Hauswirth Hans Jochen Retelsdorf ebendaselbst,
werden hierdurch alle diejenigen, welche außer dem Imploranten
1) an den auf den Namen von Joachim Oldorp (alias Oldörp) in Beutinrestorp (alias Boitin=Resdorf) geschriebenen, vom hiesigen Finanzdepartement am 21. September 1843 ausgestellten, über 1000 Mark (Lübeck) Crt. laufenden, mit der Nr. 34 und der Loosnummer 1290 versehenen Staatsschuldschein,
2) an den am 13. September 1808 ausgestellten, auf die Namen von Jochim und Hinrich Gebrüder Oldorp zu Beutinrestorp (alias Boitin=Resdorf) geschriebenen, den mit Losnummern 1272, 1273 und 1274 versehenen, über 2100 Mark (Lübeck) Crt. lautenden Lübecker Stadtkassenbrief,
3) an den am 29. November 1808 ausgestellten, ursprünglich auf den Namen von Hans Jochim Lühr in Kl. Mist geschriebenen, nachher auf den Namen von dessen Tochter Trin Liese Oldörp geb. Lühr umgeschriebenen, mit den Loosnummern 1665 und 1666 versehenen, über 1600 Mark (Lübeck) Crt. lautenden Lübecker Stadtkassenbrief,
4) an den am 23. October 1787 ausgestellten, auf den Namen von Hans Oldorp in Boitin=Resdorf geschriebenen, mit der Loosnummer 1272 versehenen, ursprünglich über 900 Mark (Lübeck) Crt. jetzt noch über 700 Mark (Lübeck) Crt. lautenden Lübecker Stadtkassenbrief
Rechte und Ansprüche zu haben vermeinen, aufgefordert und schuldig erkannt, diese Ansprüche binnen doppelter sächsischer Frist, vom Datum des erlassenen Proclams, mithin spätestens am 23. October ds. Js. im Stadt= und Landgerichte hieselbst, und zwar Auswärtige durch einen hier wohnhaften gehörig legitimirten Bevollmächtigten geltend zu machen unter dem Rechtsnachtheile, daß sie widrigenfalls mit ihren Ansprüchen ausgeschlossen und die Stadtkasse (Schuldenregulirungs=Commission) ermächtigt und angewiesen werden soll den Betrag des sub 1, benannten Staatsschuldscheines an den implorantischen Inhaber desselben Hans Jochen Oldörp, auszuzahlen, den sub 2, angegebenen Stadtkassenbrief auf den Namen von Hans Jochen Oldörp den sub 3, aufgeführten Stadtkassenbrief auf den Namen von Hans Oldörp und den sub 4, näher bezeichneten Stadtkassenbrief auf den Namen von Hans Jochen Retelsdorf, sämmtlich zu Boitin=Resdorf umzuschreiben.
Lübeck den 25. Juli 1879.

                          Das Stadt= und Landgericht.
                          Zur Beglaubigung           Funk Dr., Act.


Den Mitgliedern der Feuer=Assecuranz=Societät im Fürstenthum Ratzeburg wird hiermit bekannt gemacht, daß an Stelle des verstorbenen Herrn Gastwirth F. Fick der Kaufmann Herr Carl J. W. Burmeister wieder von der Direction in der Versammlung am 9. Sept. zum Vorsitzenden Aeltermann gewählt und derselbe von Großherzoglicher Landvogtei bestätigt worden ist.

Schönberg, den 25. September 1879.

Die Direction.       


Tapeten und Borden

in den neuesten Mustern.
Reste von 5-10 Rollen zu heruntergesetzten Preisen
empfiehlt

H. E. Peters. Glasermeister.


[ => Original lesen: 1879 Nr. 76 Seite 4]

Jürgensen & Robschuld,
717 Lübeck, Grosse Burgstraße 717,
Vollständiges Magazin
von Haus= und Küchengeräthen,
Lager von Werkzeugen, Eisen- und Kurzwaaren.


Ersparniß= u. Vorschuß=Anstalt.

Auf Beschluß der Generalversammlung der Actionäre wird die Anstalt fortan außer an jedem

Mittwoch

von 8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags auch noch an jedem

Sonnabend

von 8 Uhr Morgens bis 10 Uhr Morgens geöffnet sein.
Schönberg der 15. September 1879.

Das Directorium.       


Otto Kremershoff's
Recitationen
frei aus dem Gedächtniß
Im Saale des Hotel Spehr
Dienstag den 30. September Abends 7 1/2 Uhr.
Goethe's "Faust"
(I. Theil.)
Billets à 1 M. Schüler=Billets à 50 Schilling (Mecklenburg) vorher im Hotel Spehr. Kassapreis 50 M.


Zwecks Entrichtung der Beiträge zur allgemeinen Gesellen=Krankenkasse des Fürstenthums Ratzeburg haben sich sämmtliche Mitglieder derselben am Sonntag den 5. October, Nachmittags 4 Uhr, im Local des Gastwirths Krüger einzufinden.

Die Buchführer.       


Fertiges Fußzeug

in großer Auswahl zu enorm billigen Preisen, z. B. gute Kniestiefel von 14 M. an,
gute genarbte und gewichste Halbstiefel von 9 M. an,

hält vorräthig und empfiehlt
Wilh. Lenschow.
Schönberg.                                                     Hinterstraße Nr. 79.


Gewünscht für kürzere Zeit ein kleines möblirtes Zimmer, mit Garten= oder Hofbenutzung. Offerten in d. Exp. d. Anzeigen.


Zu sogleich oder zum 24. October d. J. suche ich eine Leuteköchin.

Marie Rieckhoff,       
Hof=Rabensdorf.       


Eine große Auswahl 
Harmonika's
billig und schön                                                    
zu haben bei                                
                                                    H. Brüchmann.


2 Stück 1 1/2 jährige Schafböcke 3/4 englische Race stehen zum Verkauf auf Bauhof Schönberg.

Frau Amt. Drevs.       


Eine große Parthie feinschmeckender Ausschuß=Cigarren.
100 Stück 4 M. Dutz. 50 Pfennig (Mecklenburg)
empfiehlt                                                                       
                                                                Aug. Spehr.


Wohnungs=Veränderung.

Von Michaelis d. J. an wohne ich beim Herrn Schneidermeister J. Renzow, Siemzerstraße Nr. 114.

Heinrich Claasen,          
Schuhmachermeister.       


Alle Diejenigen, welche aus meiner Pumpe Wasser holen, haben von Michaelis d. J. an jährlich 1 Mark zu zahlen.

Schönberg.                                                     J. G. Staack.


Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich das Schönberger Markt mit einer sehr großen Auswahl

Schuhwaaren

besuchen werde; als Damenstiefel in Zeug, Glace, Chagrin und Roßleder; dasselbe für Mädchen und Kinder; Promenaden und Halbschuhe mit und ohne Absatz von Zeug und Leder, Kinderstiefel in allen Größen, Herrnstiefeletten zu den billigsten Preisen.
Mein Stand ist vor der Apotheke.

J. Schleuß, Schuhmachermeister aus Lübeck.       


Hiermit erlaube ich mir die ergebene Anzeige zu machen, daß ich in dem Schönberger Markte einen billigen Ausverkauf mit meinem Schuhwaaren=Geschäfte abhalten werde, da ich mit meinem Geschäfte aufhalten will. Das mir so lange bewiesene Vertrauen bitte ich, mir auch jetzt noch zu erhalten. Wieder=Verkäufer erhalten Rabatt.
Um recht zahlreichen Besuche bittet

Carl Kindt aus Rehna.       


Den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend hiermit zur Nachricht, daß wir zum bevorstehenden Jahrmarkte wieder mit einer großen Auswahl holsteinischen selbstverfertigten

Herren=, Damen= und Kinder=Schuhzeugs

anwesend sein werden, gute reelle Waaren zu den billigsten Preisen versprechend. Wir bitten um gütigen Zuspruch.
Unsere Buden sind an unserer Firma zu erkennen.

                                                    Johannes Rohwedder,  
                                                      Ferdinand Rohwedder,    
                                                    aus Preetz in Holstein.


Bei der von mir veranstalteten Verloosung wurden folgende Gewinne gezogen:

Ein Kleiderschrank auf Nr. 116
eine Bettstelle auf Nr. 323,
eine Bettstelle auf Nr. 305,
eine Komode auf Nr. 387,
eine Komode auf Nr. 205,
zwei Stühle auf Nr. 105,
zwei Stühle auf Nr. 189,
zwei Stühle auf Nr. 396,
zwei Stühle auf Nr. 321,
ein Stuhl auf Nr. 395,
ein Stuhl auf Nr. 437,
ein Stuhl auf Nr. 515,
ein Stuhl auf Nr. 84.

Carlow.                                                     W. Starr, Tischlermeister.


Vor längerer Zeit sind bei mir ein paar Stiefeletten stehen geblieben, die der sich ausweisende Eigenthümer gegen Erstattung der Kosten zurückerhalten kann.

Ackerbürger Böckmann.       


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


(Hierzu Officieller Anzeiger Nr. 46.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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