No. 69
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. September
1879
neunundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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Politische Rundschau.

Deutschland. Der Kaiser hat seinen ursprünglichen Reiseplan verändert und ist schon am 3. Sept. zu einer Zusammenkunft mit dem Kaiser von Rußland nach Alexandrowo gereist, einer Fabriksstadt und Eisenbahnstation im Gouvernement Warschau, nahe der preußischen Grenze. Diese Zusammenkunft der beiden mächtigen befreundeten Monarchen ist sicher der beste Beweis, daß jeder Schein, als seien in letzter Zeit zwischen Deutschland und Rußland ernstliche Mißstimmungen entstanden, verwischt ist. Die jetzige Monarchen=Zusammenkunft giebt der Ueberzeugung Raum von einer neuen gewichtigen Friedens=Bürgschaft.
Der bereits angekündigte Besuch des Fürsten Bismark bei dem Grafen Andrassy in Wien wird, gutem Vernehmen nach, am 13. oder 14. September stattfinden.
Fürst Bismark hat von dem Grafen Andrassy mit den Worten Abschied gekommen: Also auf baldiges Widersehen! - Das heißt: sobald Fürst Bismark Mitte September seine Badekur beendigt hat, wird er nach Wien reisen um seinen Gegenbesuch zu machen. Allem Anschein nach ist es dem alten Gortschakoff durch seine Hetzereien gelungen das beste Verhältnis zwischen Deutschland und Oesterreich herzustellen, die beide von der Eifersucht Rußlands bedroht sind. Ein Hand in Hand Gehen Deutschlands und Oesterreichs zum Frieden Europas ist in beiden Reichen die populärste Politik. Nesselrode hat sie zu Stande gebracht, ohne vorläufig Frankreich für sich gewonnen zu haben.
Im Straßburg wird alles auf den Kaiser Wilhelm, der am 18. September zu den Manövern eintrifft, vorbereitet. Die Feierlichkeiten werden noch größer sein als bei dem Besuche im Mai 1877. Die militärischen Vertreter fast aller europäischen Staaten und sogar asiatischer Länder werden den Kaiser begleiten. Es werden sich im Gefolge des Monarchen russische, englische, portugisische, spanische Generäle und Oberoffiziere, ein chinesischer und ein japanesischer General, und wie es heißt, auch 6 französische Oberoffiziere befinden. Sicher ist, daß die Könige Albert von Sachsen und Karl von Würtemberg, der Kronprinz von Schweden, die Großherzöge von Baden und Mecklenburg=Schwerin , die Prinzen Friedrich Carl und Albrecht, die Neffen des Kaisers und der Feldmarschall v. Moltke erscheinen werden. Diese Fürsten, sowie die eingeladenen Militärs sind die besonderen und persönlichen Gäste des Kaisers; sie werden nicht, wie der Generalstab in den Gasthöfen der Stadt, sondern bei den vornehmsten Civil= und Militärbeamten, welche denselben ihre Gastfreundschaft anboten, einlogirt werden.
- Der neue preuß. Cultusminister v. Puttkammer hat in Cöslin auch an die Abiturienten des Schullehrer=Seminars eine Anrede gehalten. Er ersuche "Seine jungen Freunde" 1) im Herzen der Jugend den Samen unwandelbarer Treue zu König und Vaterland und wahrer Gottesfurcht auszustreuen 2) an ihrer eigenen Fortbildung gewissenhaft weiter zu arbeiten 3) "sich vor dem Versinken in jene Selbstüberhebung zu hüten, über die wir leider jetzt so vielfach zu klagen haben und welche der Todeskeim für jedes edlere Strebe ist" 4) "sich vertrauensvoll möglichst eng an die unmittelbar geistlichen Vorgesetzten anzuschließen, die ihnen mit Liebe entgegen kommen werden und von denen sie nur Gutes lernen können.
Oesterreich=Ungarn. Man glaubt, daß die Zusammenkunft der beiden Kanzler zu Gastein auch mit der künftigen Thätigkeit des Grafen Andrassy in Ungarn in einigem Zusammenhange stehe. Andrassy will sich nämlich an dem parlamentarischen Leben in Ungarn betheiligen und wird so durch den ungarischen Ministerpräsidenten und das Parlament einen bedeutenden Einfluß auf die auswärtige Politik ausüben können. Sicherlich wird der Freund Bismarcks diesen Einfluß zu Gunsten der Erhaltung des Bündnisses mit Deutschland verwerthen, wodurch eine neue Bürgschaft für den Fortbestand des guten Einvernehmens zwischen Oesterreich=Ungarn und Deutschland gegeben ist.
England. Die Ernteberichte lauten immer trüber; allem Anscheine nach wird der Wohlstand des Landes eine schwere Erschütterung erfahren. Die wiederholt aufeinander folgenden Mißernten bringen die Pächter in Armuth und viele von ihnen wandern aus, um wenigstens den Rest der Habe zu erhalten. Die Einbuße, welche England durch die Mißernte von 1879 erleidet, wird von einigen Blättern auf 61,000,000 Lstr. berechnet, andere schätzen den Verlust auf 100 Millionen. - Die Unterwerfung des wilden Zulukönigs scheint doch nicht so schnell vor sich zu gehen, als die Engländer der nach den von Sir G. Wolseley einlaufenden Berichten anzunehmen geneigt sind. Nachgerade verraucht auch der letzte Enthusiasmus für den Feldzug im heißen Afrika, der dem Lande schon theuer genug zu stehen kam.
Frankreich. Durch die kürzlich stattgehabte Wahl eines Deputirten an Stelle Blanqui's in Bordeaux hat der gemäßigte Republikanismus eine schwere Niederlage erlitten, denn für Blanqui ist abermals die Mehrzahl der Stimmen abgegeben. Die auf den alten Aufwiegler gefallenen Stimmen sind aber ungültig, da derselbe nicht zur richtigen Zeit amnestirt ist. Jetzt muß eine Stichwahl zwischen den beiden republicanischen Gegencandidaten vorgenommen werden. - Zwischen Liberalen und Ultramontanen wird die Kluft immer größer und beide rechtfertigen den jetzigen Kampf dadurch, daß man, um diese Kluft zu schließen, Einheit in den Unterricht bringen müsse. Die Kirche beruft sich auf das ihr von Christus übertragene unverlierbare Recht auf die Unterweisung der Völker und der Jugend zumal; die Liberalen machen geltend, der moderne Staat müsse, um ungebrochene Bürger zu erhalten, die Geistlichkeit vollständig von der Schule ausschließen. - Die Klerikalen und Legitimisten haben einen neuen Verein gebildet, der sich die Verbindung der "Legitimistes d'Action" nennt. Es handelt sich bei dieser Verbindung darum, die Königlichgesinnten durch materielle Mittel - Errichtung von Spar= und Unterstützungskassen etc. - enger zu verknüpfen und so für die Zwecke des Prätendenten nutzbarer zu machen.
Dänemark. Der Großfürst Thronfolger von Rußland traf am 31. August in Kopenhagen ein und wurde von der königlichen Familie empfangen.

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Spanien. Die Vermählung des Königs soll, nachdem die Cortes auf den 6. October einberufen und in Kenntniß gesetzt worden sind, im Laufe desselben Monats in Madrid stattfinden. - Gegenüber den Gerüchten, welche über einen Verzicht des Infanten Don Carlos auf seine spanischen Thronrechte umlaufen, bringen die in Paris erschienenen legitimistischen Blätter eine Note, wonach sie zu der Erklärung ermächtigt sind, daß Don Carlos seine mit dem Schwert vertheidigten Rechte weder aufgeben wolle, noch aufgeben dürfe.
Rußland. Der kürzlich in Odessa beendete politische Prozeß der mit Verurtheilung der Angeklagten zum Tode schloß hat eine scheußliche Absicht der Angeklagten zur allgemeinen Kenntniß gebracht. Demnach wollten sie im August 1878 den Kaiser durch eine Explosition ums Leben bringen. Das Verbrechen wurde durch Verhaftung der Schuldigen verhindert. Das Todesurtheil ist bereits vollzogen. Zu der Hinrichtung fand sich eine große Volksmenge ein, die sich sehr ruhig verhielt. Die Deliquenten hatten jeden geistlichen Zuspruch energisch zurückgewiesen.


Schönberg. Der diesjährige Sedantag, welcher vom Kampfgenossen=Verein dazu ausersehen war, zu dem lange besprochenen Kriegerdenkmal in hiesiger Stadt den Grundstein zu legen, gestaltete sich durch die mit dieser Grundsteinlegung verbundenen Feierlichkeiten zu einem besonders weihevollen.
Der Tag verlief dem vom Comite veröffentlichten Programme entsprechend in würdiger Weise. Besonders feierlich war die Grundsteinlegung zum Kriegerdenkmal. Nachdem der Festzug vom Siemzerthore aus, vorauf die lange Reihe der geschmückten Schuljugend, dann folgend Beamte, Magistrat, Bürger und Kampfgenossen, am Denkmalsplatz bei der Kirche angelangt war und dort Aufstellung genommen hatte, ergriff der Vorsitzende des Kampfgenossen=Vereins, Herr Dr. Marung das Wort zu nachstehender, ihrem Wortlaute nach uns gütigst mitgetheilter Rede:
          Und Ihr bleibt unser. Ein Vermächtniß
          Ist Euer Tod für Jedermann.
          Und Eure Thaten im Gedächtniß
          Wächst unser deutsches Volk heran!
Ein Grabstein ist es, zu dem wir heute den Grund legen wollen; ein Grabstein für die, welche in dem ruhmreichen Kampfe für Deutschlands Ehre und Größe ihre Treue mit dem Tode besiegelt. Die tapferen Söhne unseres engeren Vaterlandes, die in der heißen Schlacht den Heldentod fanden, oder in den Lazarethen ihren Wunden und Strapazen erlegen - ihrem Andenken gilt es heute eine Stätte zu bereiten. Fern von den Lieben haben sie ihr Leben ausgehaucht, keine liebende Vater= oder Mutterhand hat ihnen die Augen zugedrückt, im fernen Lande schlummern sie den ewigen Schlaf, weit von der trauten Heimath - doch sie bleiben unser, die Heimath fordert heute ihre Todten zurück, in heimathlicher Erde, in unserer Mitte wollen wir sie gleichsam zum zweiten Male bestatten, indem wir ihrem Gedächtnisse ein Denkmal setzen. Wahrlich! die Helden, die durch ihr opfermüthiges Leben und Streben dazu beigetragen, daß unsere blühenden Fluren nicht von den Gräueln des Krieges verwüstet, sie haben ein volles Anrecht auf eine geheiligte Stätte der Erinnerung inmitten der Fluren, die sie geschützt. Wenn ein Vater seinen Sohn begräbt, so setzt er ihm, und sei er noch so arm, ein Denkzeichen seiner Liebe auf das Grab, - und unser gesegnetes Land sollte für seine besten Söhne, die für sein Wohlergehen in den Tod gegangen, kein Denkzeichen der Liebe haben!? O nein, das Fürstenthum Ratzeburg kann, es will nicht länger säumen mit der Erfüllung dieser Ehrenpflicht! So gut wie tausend andere deutsche Männer haben Ratzeburgs Söhne geblutet auf dem Felde der Ehre, so gut wie in tausend andern deutschen Gauen soll im Fürstenthum Ratzeburg sich ein würdiges Monument erheben, das der Mit= und Nachwelt Kunde giebt, wie das dankbare Land seine treuen Todten ehrt! Aus diesem Grunde, in diesem Sinne haben wir, die Kameraden der Dahingeschiedenen Sie, verehrte Mitbürger, gebeten, heute hierher zu kommen, und mit uns den Grundstein zu legen zum Krieger=Denkmal; in diesem Sinne werden wir Sie bitten, uns die Mittel anzuvertrauen, um das Werk zu vollenden.
Aber ein Grabstein für gefallene Krieger hat unmittelbar noch eine weitere Bedeutung; untrennbar ist mit dem Gedanken an ihren Tod verknüpft der Gedanke an ihre Siege. Und so soll denn dieser Grabstein zugleich als eine Sieges=, eine Ruhmes=Säule gen Himmel empor steigen, die laut redet von des deutschen Vaterlandes Herrlichkeit. Nicht blos dem wehmütigen Andenken an die Gestorbenen soll das Denkmal geweiht sein, nein auch der stolzen Erinnerung an jene wunderbar große Zeit, da die Tapferkeit des geeinigten Vaterlandes den deutschen Namen bis an die Sterne erhob , an jene wunderbare Zeit, deren Hochgefühl nur das deutsche Herz ermessen kann, das sie vollbewußt durchlebt! Sein Anblick soll uns Kraft geben, auszuhalten und wach zu bleiben, wenn Wolken empor steigen am Himmel unseres nationalen Lebens, und uns immer und immer wieder vor Augen führen, daß kein Opfer zu groß ist, um es nicht freudig darzubringen auf dem Altar des geliebten Vaterlandes, des großen glorreichen Vaterlandes, das die Ruhmestage von 1870-71 an die Spitze der Völker gestellt!
Und ein Mahnruf soll endlich das Denkmal fein für kommende Geschlechter. Es soll ihnen zurufen, daß sie in Frieden und Glück, in Noth und Tod der Ahnen sich würdig erweisen, daß sie festhalten an den Errungenschaften der großen Zeit, daß sie den blanken Schild der deutschen Ehre so rein und fleckenlos bewahren, wie ihn die Väter überliefert.
Heute beginnen wir das Werk - über's Jahr, so hoffen wir, wenn zum zehnten Male die Sonne von Sedan leuchtet, soll sich an dieser Stelle ein Denkmal erheben, das ein glänzendes Zeugniß ablegt von der Dankbarkeit, der Opferwilligkeit und der Vaterlandsliebe der Bewohner des Fürstenthums Ratzeburg!

Das walte Gott!"

Hierauf nahm der Herr Redner die aus starken Bleiplatten gefertigte Kapsel (welche die Stiftungs=Urkunde zu dem Krieger=Denkmal, die vom Herrn Direktor Dr. Schildt verlesen wurde, sowie ein Protokoll der Verhandlungen des Comites für das Krieger=Denkmal, Statuten und Rapport des Kampfgenossen=Vereins, ein Staats=Kalender pro 1879, ein Schulprogramm 1879, Nr. 67 und 68 der Schönberger Anzeigen, die amtlichen Depeschen vom Kriegsschauplatze, ein Strelitzer Verdienstkreuz, ein eisernes Kreuz, eine Militair=Denkmünze pro 1870-71, endlich Gold=, Silber=, Nickel= und Kupfer=Münzen enthielt) zur Hand, senkte dieselbe in den dazu aus Cement hergerichteten Grund, der ausführende Maurermeister ließ dieselbe mit andern Felsstücken bedecken und der Vorsitzende des Kampfgenossen=Vereins übergab darauf den Hammer dem Herrn Hofrath Wohlfahrt, damit dieser als Beamter die ersten drei Hammerschläge zu diesem Denkmale thue, die von demselben mit folgenden Worten begleitet wurden:
"Von dem hiesigen Kriegerverein habe ich die Aufforderung und auf dessen Bitte von der Großherzoglichen hohen Landesregierung die Ermächtigung erhalten, mich bei der heutigen feierlichen Grundsteinlegung des hiesigen Krieger=Denkmals zu betheiligen und dabei von den üblichen Hammerschlägen die ersten zu thun.
Ich übernehme diesen ehrenvollen Auftrag in der zuversichtlichen Hoffnung, daß das Denkmal, welches sich auf diesem Fundamente erheben soll, ein theures Erinnerungszeichen für die Mit= und Nachwelt bleiben wird an die Söhne dieses Fürstenthums, welche ihre kriegerische Ehre durch den Tod besiegelt haben.
Ich thue den ersten Hammerschlag in der sichern Zuversicht, daß die althergebrachte Treue im hiesigen Lande gegen unser angestammtes Fürstenhaus, gegen unseren Allergnädigsten Großherzog und Herrn fest bleiben wird, fest wie das Felsgestein dieses Fundaments für alle Zeiten! - Ich thue den zweiten Hammerschlag in der sicheren Zuversicht, daß die Liebe zum Vaterlande, der tief eingepflanzte Sinn im Fürstenthume für das Familienleben fortwähren und recht tiefe Wurzeln schlagen wird auf den Boden unserer Kirche, die ja auch die Stätte für das zu errichtende Denkmal abgetreten hat! - Ich thue den dritten Hammerschlag in der Zuversicht, daß

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dem Lande und seinen Bewohnern, wo diese Treue und diese Liebe die Hand sich reichen, der Segen Gottes ferner nicht fehlen wird!
Möge dieser Grund und Boden stets heilig und in Ehren gehalten und dabei auch nie vergessen werden, daß hier, wo die Lorbeerkränze von den überlebenden Mitkämpfern und von der begeisterten Jugend niedergelegt werden, auch die Cypressen=Kränze der Eltern ihre Stätte haben, die ihr Theuerstes für ihren Kriegsherrn und für ihr Vaterland hingaben!!"
Nach Beendigung dieser Rede wurde der Hammer übergeben 1) dem Herrn Pastor Kämpffer, 2) dem Bürgermeister Bicker, 3) dem Herrn Handelsmann L. Vock, dem ältesten Bürger Schönbergs, 4) dem Herrn Schulzen Niese=Lindow, dem ältesten Schulzen, 5) dem Herrn Amtmann Breuel=Selmsdorf, dem ältesten Domainenpächter des hiesigen Fürstenthums und 6) dem Herrn Maurermeister Burmeister Sen. welche genannte Herren ebenfalls je drei Hammerschläge zur Herstellung dieses zu errichtenden Denkmals ausübten, während dessen der Gesangverein Teutonia das Körner'sche Lied "Vater, ich rufe dich" vortrug. Einen würdigen Abschluß fand dieser feierliche Akt durch das Lied: "Nun danket Alle Gott", in welches alle Anwesenden einstimmten.
Hierauf setzte der Festzug seinen Weg fort zum Schützenplatze, wo namentlich für die Schuljugend besondere Vergnügungen arrangirt waren, denen zuzusehen auch Erwachsenen viele Freude machte.


- Berlin hat's zu 1,016,000 Einwohner gebracht. - Auch für die Berliner Studenten hört vom 1. Oktober an der Carcer auf und fängt die Hausvogtei an.
- Dieser Tage war es 45 Jahre, daß Mutter Hackert dem Füselierregiment in Brandenburg als Marketenderin diente; sie ist 80 Jahre und gleichsam Mutter des Regiments. Sie ist dem Regimente in die Treffen und Schlachten von 1864, 1866 und 1870 gefolgt, hielt sich stets zu dem Bataillon, das dem Feinde am nächsten stand und war stets die Erste, die den Soldaten Labung und Stärkung reichte. Auch beim Verbinden leistete sie tüchtig Hülfe. Zu ihrem 80. Geburtstage erhielt sie eine werthvolle silberne Medaille mit Loorbeerkranz und Inschrift: "Seiner alten, treuen Marketenderin das Brandenb. Füsilierregiment Nr. 35."
- Ein Menschenfresser. Vor dem Assisenhofe erschien kürzlich Thomas Longarie unter der Anklage, seinen Bruder getödtet und verzehrt zu haben. Der Angeklagte ist von kleiner Statur, seine Erscheinung ist wild wie sein Verbrechen. Es war am Charfreitag, als Thomas seinem Bruder Sebastian in einem Gebüsch auflauerte und ihn mit einer Axt niederschlug. Durch einen zweiten Schlag zerschmetterte er ihm die Hirnschale und machte seinem Leben ein Ende. Darauf trennte er mit einem bereitgehaltenen großen Messer den Kopf vom Rumpfe, warf sich, das Messer in der Hand, auf den Leichnam, schlitzte ihn auf, nahm das Herz, die Lungen und die Eingeweide heraus und legte Alles sorgfältig neben den losgetrennten Kopf. Den übrigen Theil des Leichnams zerlegte er in kleine Stückchen, die er in dem Gebüsche verbarg. Hierauf trug er, ohne die geringste Aufregung den Kopf und die Eingeweide in seine Wohnung. Hier begann er mit dem Kopfe zu spielen, riß die Augen aus ihren Höhlen, schnitt Nasen und Ohren ab und bewaffnete sich mit einer Zange, womit er die Zähne des Leichnams lockerte. Dann kochte er die Eingeweide und setzte sie seiner Frau und seinen Töchtern vor, die keine Ahnung davon hatten, was sie aßen. Bald aber entdeckte ein Jäger die Ueberbleibsel des Leichnams, man forschte nach und entdeckte den Mörder; er leugnete zwar hartneckig, wurde aber überführt und zum Tode verurtheilt.
- Abzug der Störche. Daß bereits der Herbst im Abzuge ist, davon giebt das Benehmen der Störche Kunde welche schon ihre ernsten Vorbereitungen nach dem fernen Süden treffen. Schreiber dieser Zeilen war kürzlich Zeuge des hochinteressanten Schauspiels, wie unsere langbeinigen Hausfreunde ihre Genossen von fern und nah Zusammenziehen, um sich dann in mächtigen Schaaren vereint auf den Weg zu machen. Fern am Horizonte tauchte auf einmal ein Schwarm dunkler Punkte auf ähnlich einem spielenden Mückenschwarm, der in ewig kreisender Bewegung näher und näher kam. Die Punkte vergrößerten sich, bald schienen es Vögel von Krähengestalt zu sein, schließlich zeigte es sich, daß Freund "Adebor" in großer Versammlung über unsere Bahnen zog. Während dieser Schwarm in langgedehnten Spiralen dahinschwebte, tauchte bald rechts, bald links ein neuer Schwarm auf, der in derselben Weise kreisend sich dem Hauptcorps näherte. War dieser kleine Schwarm auf mehre hundert Fuß herangekommen, dann hörte auf einmal die Doppelbewegung auf; ohne einen sichtbaren Flügelschlag, den Kopf lang nach vorn, die Beine weg, die Flügel mächtig ausgestreckt, schwebten die Ankömmlinge in das Gros hinein und schlossen sich sofort dessen Bewegungen an. So zu immer größerer Gesellschaft sich vereinend und gewissermaßen die Kameraden aus jedem Dorf abholend, verschwand der Schwarm endlich in weiter Ferne. Auch anderswo sind die frühzeitigen Reisevorbereitungen unserer Zugvögel wahrgenommen worden. Was Störche anbelangt, so bemerken wir übrigens, daß der Bartholomäustag - 24. August - als der normale Tag ihrer Abreise gilt, wenn schon sie in manchen Jahren auch noch bis in den September hinein hier verweilen.
- Die Schweiz zählt etwa 3 Millionen Einwohner. Im Jahre 1874 wurde sie (nach amtlichem Ueberschlag) von nahezu 1 Million Fremden besucht, die nach geringster Berechnung 75 Mill. Franks ins Land brachten. In diesem Jahre soll die Zahl der Fremden 1 1/2 Mill. betragen, eine kleine Völkerwanderung.


Anzeigen.

Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1880./81. der Forst gegen die Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis zum 15. d. M. hierher anzuzeigen.
Schönberg den 1. September 1879.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
In Vertretung:
H. Spieckermann.


In Sachen betreffend den Concurs über den Nachlaß des Halbhufners und Zieglermeisters Winkenwerder zu Lüdersdorf ist zur Vorlegung und Genehmigung des Theilungsplanes event. zur Ausschüttung der Masse Termin auf

Freitag den 12. d. M.
Vormittags 11 Uhr

anberaumt, wozu die interessirenden Winkenwerderschen Gläubiger unter dem Nachtheil hierdurch geladen werden, daß sie mit ihren Monituren und Einreden gegen den Theilungsplan ausgeschlossen und als den letzteren genehmigend angenommen, nicht minder, daß die ihnen nach demselben zukommenden Summen auf ihre Gefahr und Kosten zum gerichtlichen Verwahrsam genommen werden sollen.
Schönberg, den 3. September 1879.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Horn.

A. Dufft.       


Torf=Auction.

Am Sonnabend den 13. September Morgens 9 Uhr sollen auf dem Rüntzer resp. Bormmoor

einige hundert Mille
Form= und Ruthentorf

bei freier Concurrenz meistb. verkauft werden.
Die Kaufliebhaber wollen sich Morgens 9 Uhr auf dem Rüntzer Moor einfinden.
Schönberg den 1. September 1879.

Der Oberförster:       
C. Hottelet.            


Bekanntmachung.

Diejenigen kleinen Leute Schönbergs, welche im Jahre 1878 vom Rüntzer= und Bormmoor Torf zur ermäßigten Taxe erhalten, haben sich zur Anweisung
            am 5. Sept. Morg. 9 Uhr und
            am 8. Sept. Morg. 9 Uhr
auf dem Rüntzer Moor einzufinden. Diejenigen kleinen Leute Schönbergs, welche im Jahre 1878 keinen Torf vom Rüntzer Moor genommen haben, aber

[ => Original lesen: 1879 Nr. 69 Seite 4]

Torf in diesem Jahre dort zu erhalten wünschen, haben sich von mir eine Anweisung dorthin geben zu lassen.
Der übrige an den beiden Anweisetagen nicht begehrte Torf kommt am 13. September zur öffentlichen Versteigerung.
Schönberg, den 1. September 1879.

Der Oberförster:       
C. Hottelet.            


Catharina Bohnhof
Otto Rindfleisch
Verlobte.
Ranis.                                                     Schönberg.


Ernestine Groth
Otto Grube
Verlobte.
Schönberg i. M.                                                     Oldesloe.


Herzlichen Dank sage ich hierdurch Allen, die meinem lieben Manne die letzte Ehre erwiesen haben.
Schönberg den 3. Sept. 1879.

Sophie Fick.       


Zur Nachfeier des Sedantages.

Sonntag den 7. September Nachmittags von 3 Uhr an Concert im Schützenhause.
Fortsetzung des Schießens nach Silbergewinnen.

Hierzu ladet freundlichst ein       
Das Comité.          


In Angelegenheiten des intendierten
Versicherungs-Vereins Mecklenburgischer Kirchendiener und Forstbeamten

erlauben sich die Unterzeichneten die sich dafür interessirenden Herren Geistlichen und Forstbeamten in Mecklenburg Schwerin und Mecklenburg Strelitz zu einer

Versammlung im
Hôtel de Paris in Schwerin
am 17. September Mittags 12 Uhr

einzuladen. - Gegenstand der Verhandlung: Berathung und Erstellung der Statuten, eventuelle Konstituirung des Vereins und Wahl des Vorstandes und der Revisoren. - Zahlreiche Betheiligung ist im Interesse der Sache erwünscht.
          Förster Hennings=Lübtheen,
          Pastor Jung daselbst,
          Förster Rosenwanger=Loissow,
          Pastor von Starck daselbst,
          Förster Tackert=Quast,
          Pastor Wüstney=Jabel.


Ein ordentlicher Knabe, der noch die Schule besucht, wird zur Verrichtung kleiner häusl. Arbeiten zu Michaelis d. J. gesucht. Von wem sagt die Spedition der Anzeigen.


Zur bevorstehenden Saison empfehle mich den Herrn Landwirthen bestens mit Mejillonos Guano Superphosphaten, wovon für kleinere Parthien Lager=Vorrath beim

Herrn H. Pumplün in Carlow       

zur Disposition sein wird.

F. Becker.       


Uns sind am Sonntag den 31. August 5 Schafe entlaufen, darunter 4 Hammel und ein Mutterschaf, das Mutterschaf ist schwarz und ein Hammel grau= und weißgefleckt am Kopf. Wir bitten gefälligst um Nachricht, wenn die Schafe irgendwo zugelaufen sind.

                                                    Althentheiler Hecht.
                                                    Arbeitsmann Burmeister.
                          Schlag=Resdorf.


Zu verpachten

habe ich noch einen Theil der Nachmath meiner Wiese.

Staffeldt,            
Landreiter.       


In der soeben beendeten 208. Mecklenburgischen Landes=Lotterie wurde auch wiederum meine Collecte vom größten Glücke begünstigt und fielen auf

Nr. 4453 - 1,000 M.
und die Prämie mit
150,000 M. Nr. 16734 - 10,000 M.
Nr. 10931 -   3,000 M.
Nr. 15038 -   3,000 M.
Nr. 15531 -   1,500 M.
Nr.   5339 -   1,000 M.
Nr.   8581 -   1,000 M.
Nr. 14556 -   1,000 M.
Nr. 15907 -   1,000 M.
Nr. 15932 -   1,000 M.
Nr. 16331 -   1,000 M.
      Nr. 16610 -     200 M. und
Extra=Gew.-1,000 M.

und noch viele, viele kleine Gewinne von 500 bis 147 M.
Loose zur kommenden 209. Lotterie deren erste Klasse am 3. October d. J. gezogen wird halte bestens empfohlen.
Rehna den 1. September 1879.

                          Carl Rohr,
                          Haupt=Lotterie Collecteur.


Zu Michaelis oder Ostern ist eine kleine Wohnung zu vermiethen. Wasserst. 63.


Heute Abend Erlanger Bier vom Faß.
Anstich 7 Uhr.
Jauersche Wurst.
Schönberg, den 5. Sept. 1879.          
                                                    H. Duve.


Eintragungen in die Standes=Register des Standesamts=Bezirks Schönberg.

Geboren: D: 22. August dem Tischler Rindfleisch zu Schönberg ein S. D. 23. dem Hauswirth Renzow zu Rabensdorf ein S. D. 26. dem Schneider Meier zu Schönberg eine T. D. 29. dem Arbeitsmann Böttcher zu Lindow ein S. D. 1. September dem Tischler Nothdurft zu Schönberg eine T. D. 2. Arbeiter Nehls z. Z. zu Bechelsdorf eine T. D. 27. August dem Lehrer Meinke zu Lockwisch eine T.

Gestorben: D. 22. August Anna Dorothea Sophie Schulze, Küstertochter zu Schönberg, 13 J. 8 M. alt. Den 26. Franz Christian Heinrich Fick, Gastwirth zu Schönberg, 68. J. 5 M. alt. D. 29. Wilhelm Böttcher, Arbeitsmannsohn zu Lindow, 10 Stunden alt. D. 31. Heinrich Kramp, Hauswirthsaltentheiler zu Rabensdorf, 64 J. 7 M. alt.

Eheschließung: D. 29. August Arbeitsmann Joachim Peter Franz Nehls zu Bechelsdorf und Catharina Marie Elisabeth Jabs zu Niendorf.

Aufgeboten: Fuhrmann Johann Peter Busch, und Schneiderin Marie Christine Elise Otto, beide zu Schönberg. Bäcker Hermann Sieling zu Kopenhagen und Catharina Johanna Lisette Voß in Schönberg.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag den 7. September.

Früh=Kirche: Pastor Fischer.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


(Hierzu Officieller Anzeiger Nr. 41.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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