No. 66
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 26. August
1879
neunundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1879 Nr. 66 Seite 1]

Das neue Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

Am 1. October - werden die umfänglichen Proceßgesetze in Kraft treten, die für unser ganzes Deutsches Vaterland ein neues mächtiges Glied der Einigung bilden, die mit Einem Schlage in Preußen wie in Baiern, am Belt wie am Bodensee, in Mecklenburg wie in Thüringen an Stelle der mannigfaltigsten Gesetze ein einheitliches, ein einziges Streitverfahren in bürgerlichen wie in Strafsachen einführen. Und am 1. October müssen Richter, Advocaten und Staatsanwälte, alle neu ernannt und zum Theil mit ganz neuen Titeln, welche die Gattinnen und Freunde aus dem Laienstande noch mit Mühe zu erlernen haben werden, diese umfangreichen neuen Gesetzbücher handhaben, die neuen Bestimmungen erlernt, die veralteten, die einst so viele Mühe zum Erlernen kosteten - vergessen haben! Bei der Vorberathung der umfassenden Gesetzentwürfe sind die neuen Grundzüge und wichtigsten Einzelbestimmungen je nach den Fortschritten in den Berathungen der Commissionen und des Reichstages mitgetheilt und erörtert worden. Heute liegt die Aufgabe vor, in kurzer Uebersicht den nicht rechtsgelehrten Laien auf die Neuerungen aufmerksam zu machen, die zum Theil in recht wahrnehmbarer Weise auch in seinem Wirkungskreis einschneiden. Wir beginnen im Anschluß an eine Zusammenstellung der Kölnischen Zeitung mit dem bürgerlichen Streitverfahren, mit den Fällen, das ein Bürger den anderen wegen streitiger Vermögensforderungen vor Gericht belangen muß und haben zunächst zu untersuchen, bei welchem Gerichte die Klage einzuleiten ist. Alle Sachen, die einen Werth einschließlich von 300 M., haben, auch alle Handelssachen bis zu diesem Werthe werden von den Amtsgerichten durch Einzelrichter (Amtsrichter) entschieden. Zu der an sich schon großen Zahl dieser Processe kommen dann noch diejenigen, die in den Bedürfnissen des täglichen Handels und Wandels so leicht entstehen und vor Allem rasch entschieden werden sollen. Das und alle Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Mietern wegen Ueberlassung, Benutzung, Räumung der vermietheten Räume, alle Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, Arbeitgebern und Arbeitern hinsichtlich des Dienst= und Arbeitsverhältnisses, alle Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirthen und Reisenden und Handwerkern, so weit sie aus Anlaß der Reise entstanden sind, ferner alle Streitigkeiten wegen Viehmängel, die bekanntlich die ärgste Plage aller Juristen sind, und einige weitere Ansprüche ähnlicher Art. Für alle diese Streitigkeiten sind die Amtsgerichte zuständig ohne jede Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes. Der Amtsrichter wird daher im wahren Sinne einer der gesuchtesten Richter seines Bezirks sein, zumal ihm noch übertragen ist die Führung der Handelsregister, der Genossenschaft=, der Muster=, Schiffsregister, das Verlassenschaftswesen, die Geschäfte der Grundbuch=Vormundschaftsrichter, endlich das ganze Concursverfahren. Die Ueberweisung so zahlreicher Geschäfte ist selbstverständlich nicht durch Zufall erfolgt. Der Amtsrichter, der dieselben Rechtskenntnisse wie jeder Landrichter und Ober=Landesgerichtsrath besitzen soll, hat seine Sachen zu verwerthen. Er soll in seiner Stellung der Vertraute des ganzen Rechtsbezirks sein, der als solcher durch unparteiischen Rath eine Reihe unnützer Streitigkeiten von der Schwelle aus vereiteln, absichtlichen Verschleppungen des Verfahrens seitens des Unrechthabenden entgegen wirken, durch seine Personenkenntniß schädlicher Unbeholfenheit und Dummheit abhelfen kann. Er soll seine Stellung nicht als Durchgangsstelle zu neuen, höheren Ehren betrachten. Er soll deshalb mit den Landrichtern thunlichst gleiches und aufsteigendes Gehalt haben. Alle bürgerlichen Streitigkeiten, die nach obigen Auseinandersetzungen nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehören, stehen den Landgerichten zu. Zu jedem Urtheil gehört die Mitwirkung von drei Gerichtsmitgliedern einschließlich des Vorsitzenden. Die Landgerichte entscheiden zugleich an zweiter und letzter Stelle über die von den Amtsgerichten verhandelten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, sobald eine Partei die in jedem Falle gestattete Berufung innerhalb eines Monats seit Zustellung des Urtheils eingelegt hat. Gegen alle Endurtheile erster Instanz der Landgerichte ist Berufung an das Ober=Landesgericht innerhalb vier Wochen nach Zustellung des Urtheils zulässig. Die Urtheile dieser zweiten Instanz werden von fünf Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden gefällt. Eine weitere Berufung zur Sache giebt es nicht. Dagegen ist, um die Einheitlichkeit der Deutschen Rechtssprechung zu wahren, ein ferneres Rechtsmittel vorgesehen, wonach alle Endurtheile der Ober=Landesgerichte, so fern der Streitgegenstand einen 1500 M. übersteigenden Werth hat, an das Reichsgericht zu Leipzig zum Zwecke der Revision gezogen werden. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf der Verletzung eines Reichsgesetzes oder eines Gesetzes, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, beruhe. Auch die Revisionsfrist beträgt einen Monat und beginnt mit Zustellung des Urtheils. Das Reichsgericht dessen Präsident der frühere Reichstagspräsident Simson ist, entscheidet über Revisionsanträge in dem von sieben Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden besetzten Civilsenate. Jedes Mitglied des Reichsgerichts muß das bedächtige Alter von mindestens 35 Jahren haben. Was die örtliche Zuständigkeit anbelangt, so hat der Kläger seine Klage bei dem Gericht anzustrengen, in dessen Bezirk der Verklagte seinen Wohnsitz hat. Nur die Klagen, die das Eigenthum oder den Besitz von Grundstücken betreffen, sind ausschließlich bei dem Gerichte anzubringen, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Aus Verträgen kann der Schuldner auch bei dem Gericht des Ortes belangt werden, wo die im Vertrag verabredete Handlung zu erfüllen, der gekaufte Gegenstand beispielsweise zu liefern ist. Solcher Abweichungen von der obigen allgemeinen Regel hat übrigens die Civilproceßordnung noch mehrere, für unsern Zweck aber hier nicht zu erörternde vorgesehen. Die Staatsanwaltschaft hat in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, abgesehen von den Ehe= und Entmündigungssachen, nicht mitzuwirken; sie kann um so ungehinderter ihrem eigentlichen Berufe, der Verfolgung von Vergehen und Verbrechen, nachleben. Die Gerichtssprache ist die Deutsche; wird

[ => Original lesen: 1879 Nr. 66 Seite 2]

unter Betheiligung von Personen verhandelt, welche der Deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein vereideter Dolmetscher zuzuziehen. Der Reichstag hat in der gewaltigen Frage, in welcher Amtstracht das Gerichtspersonal amtlich zu erscheinen habe, in dem heißentbrannten Streite zwischen Robe und Frack nicht den Ausschlag geben wollen. Die Justizminister der dreißig Deutschen Staaten haben selbstständig diese Frage zu entscheiden.


Politische Rundschau.

Deutschland. Die Inspection des württembergischem 13. Armeecorps durch den deutschen Kronprinzen wird am 25., 26. und 27. d. M. stattfinden, vorausgesetzt, daß das Fußleiden des Kronprinzen soweit gehoben ist, daß er die Reise unternehmen kann. Der Kronprinz wird während der Dauer der Inspection im Residenzschlosse in Stuttgart Wohnung nehmen.
In der Absicht der Reichsregierung lag es ursprünglich, die gesetzliche Regelung des Versicherungswesens bis nach der Revision des Handelsgesetzbuches, das Aktienwesen betreffend, zu verschieben. In der jüngsten Zeit sind indessen auf dem Gebiete des Versicherungswesens so viele Mißstände hervorgetreten, daß von Neuem die Frage angeregt worden, ob es sich nicht doch empfehle, ohne weiteren Verzug an den Abschluß der schon eingeleiteten Reformarbeiten zur Fertigstellung eines Versicherungsgesetzes für das deutsche Reich heranzutreten.
Im deutschen Heer, das bayrische nicht eingerechnet, sind im Monat Juni 151 Todesfälle vorgekommen, 25 durch Verunglückung und 43 durch Selbstmord.
Die Veröffentlichung der Rednerliste des Reichtages ist für Diejenigen, welche den Werth eines Abgeordneten nach der Zahl seiner Reden taxiren, eine sehr wichtige Sache. Das Redeturnier war im jüngsten Reichstag besonders scharf. Den Apfel abgeschossen hat der Abg. Richter mit 154 Reden. Gesprochen haben u. a. Windthorst 129mal, Rickert 93, Lasker 90, v. Kardoff 70, Dr. Hammacher 67, Sonnemann 48, Delbrück 47, v. Kleist=Retzow 40, Stumm 35, Bamberger 32, v. Benda 30, Dr. Zinn 28, v. Schmid 26, v. Schorlemer=Alst 24, Hänel und Lucius je 23, Schauß 21, Dr. Löwe 17mal. Fürst Bismark hat 22mal, Gen.=Postmeister Stephan 29mal das Wort ergriffen.
Prinz Heinrich XX. von Reuß gehört dem jüngern Zweig der Nebenlinie Schleiz=Köstritz an und ist 1852 geboren. Am 16. August Abends kam er mit seiner Braut Clotilde Loisset, geb. Roux, der kühnen und anmuthigen Parforcereiterin des Circus Renz, deren Vater, Herrn Roux, einem Rechtsbeistande und drei der Braut verwandten Damen auf der (englischen) Insel Helgoland an, leistete andern Tages mit seiner Braut vor dem Polizeigericht den Offenbarungseid, daß kein Ehehinderniß obwalte, erhielt den vom Gouverneur ausgestellten Königsbrief, der die Trauung genehmigte und ließ sich Nachmittags kirchlich trauen. Man sagt, er wolle an den Hof des neuen Fürsten von Bulgarien.
Im Suezkanal ist ein Dampfer auf den Grund gefahren und hat den ganzen Schiffsverkehr gesperrt.
Das Reichsschatzamt hat sich in zwei Abtheilungen zerlegt; an der Spitze der ersten steht der Geh. Ober=Finanzrath Solz an der Spitze der zweiten der Geh. Regierungsrath Burckhardt. Die erste Abtheilung umfaßt das gesammte Etats= und Rechnungswesen, der zweiten Abtheilung sind ausschließlich die Zoll= und Steuersachen zugewiesen worden.
Fürst Bismark hat Kissingen einen Tag später verlassen, als beabsichtigt war, und einen Tag früher, ehe der neue päpstliche Nuntius in München eintraf. Dieser unbedeutende Umstand hat naturgemäß in einer Zeit politischer Windstille, wo sich die Zeitungscorrespondenten statt mit Thatsachen, mit Vermuthungen und Combinationen beschäftigen müssen, die verschiedensten Auslegungen erfahren. Der italienische Ministerpräsident Cairoli war in Nürnberg und ist wahrscheinlich dort mit dem Fürsten Bismark zusammengetroffen. Was und ob dort verhandelt wurde, ist nicht bekannt; daß der Reichskanzler aber eine Zusammenkunft mit dem neuen Nuntius Roncetti vermieden hat, scheint darauf hinzudeuten, daß die Verhandlungen mit dem Vatikan nicht in besonders flottem Gange sind.
England. Wie schnell doch die öffentliche Meinung umschlägt! Die englische Presse konnte nicht Worte des Zorns und der Entrüstung genug finden, um die "Feigheit" des Lieutenants Carey der den Prinzen Napoleon bei dem Ueberfall der Zulu's im Stiche gelassen, gehörig zu geißeln. Nur die "Times" warnte vor allzuschneller Beurtheilung eines Falles, den man nicht genau kenne. Darauf hieß es, Carey sei vom Kriegsgericht zum Tode verurtheilt worden und sofort wendete sich ihm wieder ein ganzer Theil der Sympatien zu. Endlich kommt der Gefangene in England an und die öffentliche Meinung spricht sich so lebhaft für ihn aus, daß er seiner Haft entlassen und in seinen Rang wieder eingesetzt wurde; er wünscht nach dem südafrikanischen Kriegsschauplätze zurückkehren zu dürfen. - Das brittische Mittelmeergeschwader wird Ende d. Mts. nach der Besikabei zurückkehren und im September wahrscheinlich Cypern besuchen. Im October wird die Flotte in Malta zurückerwartet.
Spanien. Das Land wird von einem Kriege mit Marocco bedroht. Der Staat Marocco befindet sich in einem Zustande nahezu vollständiger Auflösung. Die Stämme an der kabylischen Grenze sollen sich in vollem Aufstand befinden und die Zahlung der Steuern verweigern. In Anbetracht der Schwierigkeiten, welche diese Ruhestörungen den spanischen Küstengarnisonen verursachen dürften. Soll die spanische Regierung die Absicht haben, den Commandeur von Ceuta zum Rang eines General=Capitän's des ganzen afrikanischen Militärdistricts zu erheben. Die englische Regierung protestirt gegen diese Maßregel und ihr Vertreter ist beauftragt worden, den spanischen Ministerpräsidenten General Martinez de Campos einige Fragen über den Gegenstand vorzulegen. Soviel steht fest, daß England wieder seine Hand im Spiele hat. Sein Streben ist offenbar darauf hingerichtet, die spanische Festung Ceuta (Gibraltar gegenüber) in seinen Besitz zu bringen, um so die Straße von Gibraltar allein zu beherrschen.
Frankreich. In dem Garten, des Palais royal zu Paris fand am Freitag ein Tumult statt, weil mehrere Personen das Spielen der Marseillaise verlangten, aber diesem Verlangen nicht entsprochen wurde. Es wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen. - In Bordeaux ist am Freitag eine große Feuersbrunst ausgebrochen, durch welche ein ganzes Stadtviertel bedroht wurde.
Oesterreich. Die Andrassy=Krise ist noch in völliges Dunkel gehüllt; ein Nachfolger für den verabschiedeten Reichskanzler ist noch nicht ernannt und eben so wenig ist bekannt, daß Andrassy seinen Posten weiterverwalten wird. Alle sonstigen Nachrichten stützen sich auf Gerüchte. Andrassy geht, weil er die Besetzung von Novi=Bazar, die er nunmehr für eine Ehrenpflicht Oesterreichs hielt, nicht durchzusetzen vermochte, noch aber hat er das Ministerialbureau nicht verlassen und schon vollzieht sich ganz ruhig und ungezwungen das, was er zu erzielen bei aller Anstrengung nicht vermochte. Wer kennt nicht die Geschichte von jenem Ehemanne, der sich mit seiner Frau auf's Heftigste überwarf, weil sie ihm jeden Abend zum Nachtessen gerade Rührei vorsetzte. Das war schon der Gegenstand heftiger Scenen, und eines schönen Abends, als wieder Rührei auf den Tisch kam, stand der Mann wüthend auf, erklärte, er gehe in's nächste Wirthshaus, um da zu essen, warf die Thüre mit aller Gewalt zu und stürmte fort in seine Stammkneipe. Hier durchstudirte er ein=, zweimal die Speisekarte und bestellte schließlich - Rührei. In ähnlicher Lage, nur etwas drastischer noch ist jetzt Oesterreich. Lange konnte Andrassy einen Beschluß zum Einmarsch in Novi=Bazar nicht erreichen. So eifrig er auch das bekannte Sprichwort, "wer einmal A sagt, muß auch B sagen", variirte. So lebhaft er auch darthun mochte, daß es eine beschämende Demüthigung wäre, wenn Oesterreich, das auf dem Berliner Congreß so sehr für die Abtretung von Novi=Bazar gekämpft und aus Angst auf die Besitzergreifung dieses Districts verzichten wollte - es half nichts. Und nun, da er diesem Conflicte zum Opfer gefallen, spricht man in Wien von einer Besetzung Novi=Bazars wie von einem Ereigniß des nächsten Tages.

[ => Original lesen: 1879 Nr. 66 Seite 3]

Rußland. Ein Todesurtheil wegen politischer Verbrechen ist in allen Ländern Europa's eine Seltenheit, nur in Rußland nicht, dort sind die Massenexecutionen an der Tagesordnung. So wurden in Odessa wiederum am 21. und am 22. d. M. je zwei politisch Verurtheilte hingerichtet. - Das diesjährige Aushebekontingent für die russische Armee ist auf 218,000 Mann festgestellt worden. - Der Großfürst=Thronfolger mit Gemahlin ist am Freitag früh nach Schweden abgereist.


- Als Bismark nach Kissingen kam, wog er 247 Pfd., als er abreiste, 244 Pfd. Schwere Arbeit hat der Ragozzi mit einem andern Kurgast, der 285 Pfd. wiegt.
Der Gasthof Grand Hotel in Paris ist für 28 Million Franks verkauft worden, das dazu gehörige Haus des Jokey=Clubs für 6 1/2 Million und eine Waschanstalt für 1,800,000 Francs.
- Am 6. Juli feierte der Ochsenwirth Treiber in Hosen in Schwaben seinen 99. Geburtstag. Die Königin schickte ihm zum Geburtstag einen Spazierstock mit silberner Krücke, worüber der Alte eine große Freude hatte. Sein erster Ausgang mit dem Stocke war in die Kirche.
- Mehr als Saalwein rühmt man den Saal=Honig, von welchem ein tüchtiger Bienenvater erzählt: Am 17. Juni nahm ich aus 9 Stück Bienenwohnungen, Dzierzonschen Systems, die Tafeln heraus, welche 145 Pfund reinsten Honig lieferten, am 23. Juni also nach Verlauf von 6 Tagen, gewann ich aus denselben 9 Stöcken 163 Pfd. besten Honig. Trotz des unholden Wetters zur Zeit der Lindenblüte hatten sämmtliche Stöcke am 1. August wieder ihren vollen Winterstand an Honig, den ich ebenfalls entnommen und das Gebäude leer gelassen habe, das unzweifelhaft zum viertenmal in der Saison mit schönem Honig vollgetragen werden wird.
- Verbesserte Nähnadel. Eine unscheinbare, aber sehr praktische Verbesserung hat ein Herr Demmer in Aachen an den Nähnadeln erfunden, indem er statt des gewöhnlichen schlitzförmigen Oehres einen keilförmigen Spalt anbrachte. Das breitere Ende desselben ist oval oder kreisförmig erweitert, so daß sich hindurch Fäden von verschiedener Dicke bequem einführen und dann in dem schmäleren Theile des Oehres festklemmen lassen. Auf diese Weise entsteht ein Vortheil an Zeit= und Material=Ersparniß, indem man keinen Knoten mehr zu machen braucht und den Faden bis zum letzten Ende verbrauchen kann. Außerdem kann sich der Faden bei dieser Befestigung in dem keilförmigen Oehr nicht durch Hin= und Hergleiten durchreiben, was bei den bisher gebräuchlichen Nähnadeln oft der Fall ist.
- Schutz der Pferde vor Fliegen. Herr Adolf Böhm in Prisbyslau theilt der "W. landw. Ztg." hierüber Folgendes mit: Am 29. Juni erntete ich Heu, und fand gleich bei Einbringung der ersten Fuhren, daß das vorgespannte Handpferd, ein Schimmel, so von Fliegen zerstochen war, daß ihm das Blut an der Brust, am Bauche und an den Beinen förmlich herunterrann. Da mich das Thier dauerte, ließ ich anhalten, gab in ein Gefäß ein 1/2 Liter Wasser, mischte hierzu 1-2 Dekagramm Carbolsäure, ließ damit dem Thiere die zerstochenen Stellen abwaschen und fand, trotzdem dasselbe den ganzen Nachmittag angestrengt wurde und schwitzte, daß die Fliegen nunmehr fern blieben, weßhalb dieses einfache Mittel, als erprobt, Pferdebesitzern bei ähnlichen Anlässen bestens empfohlen werden kann.
- In Misdroy sollte am Donnerstag Abend der Zauberkünstler Bellachini sich im Hotel "Deutsches Haus" produciren. Da stürzte vor Beginn der Vorstellung ein acht Centner schwerer Kronleuchter, dessen Lampen mit Petroleum zu erleuchten waren, herab und zerschmettere Stühle und Tische - glücklicherweise ohne weiteren Schaden anzurichten, da Bellachini sich durch einen Sprung rettete.


Anzeigen.

Auf Antrag Dris. A. Plessing für den Arbeitsmann Johann Joachim Arndt zu Schlutup und den Dienstknecht Matthias Arndt in Selmsdorf wird hiedurch angezeigt, daß Catharina Elisabeth geb. Arndt, eheliche Tochter des weiland Schusters in Selmsdorf Johann Arndt und dessen Ehefrau Catharina Maria geb. Schütt, getauft zu Selmsdorf am 22. Februar 1801, später verehelicht mit dem weiland Altentheiler Johann Carl Hinrich Marcks zu Schlutup, am 6. Juni 1869 daselbst verstorben ist, und werden etwaige Gläubiger des Nachlasses, sowie Alle diejenigen, welche an die eine Hälfte ihres Nachlasses - dessen andere Hälfte dem genannten Ehemanne, beziehungsweise nach dem am 25. September 1878 erfolgten Tode desselben dessen nächstgezeugten Erben zugefallen ist - nähere oder gleich nahe Erbrechte als die implorantischen Bruderkinder der Erblasserin geltend zu machen haben, aufgefordert und schuldig erkannt, binnen drei Monaten, mithin spätestens am 11. October d. J. und zwar die Erbberechtigten im hiesigen Gerichte die Gläubiger aber bei dem implorantischen Anwalt Dr. Alphons Plessing hieselbst, im Falle des Widerspruches aber gleichfalls im hiesigen Gerichte - Auswärtige durch einen hiesigen Bevollmächtigten - anzumelden, unter dem Rechtsnachtheile, daß sie widrigenfalls mit ihren Ansprüchen und Forderungen ausgeschlossen, die erwähnte Hälfte des Nachlasses aber den Imploranten als nächsten und alleinigen Blutsverwandten der Erblasserin zugesprochen werden soll.
Lübeck den 11. Juli 1879.

Das Stadt= und Landgericht.
Zur Beglaubigung       Funk Dr., Act.


Nachdem in Folge der Insolvenzerklärung des Schenkwirths Götze hieselbst der formelle Concurs über dessen Vermögen mit Vorbehalt der creditorischen Rechte eröffnet, der Cantor Pfennigschmidt zum interminischen Curator bonorum bestellt und die Sicherstellung der nur sehr geringfügigen Masse geschehen, haben wir zur Feststellung des Schuldenstandes, zur Prioritätsdeduction, zum Versuche eines vergleichweisen Abschlusses des Debitwesens, eventualiter zur Curator bonorum und Bewilligung einer Competenz an den Cridar Termin auf

Freitag den 29. August d. J.
Vormittags 11 Uhr

abgeraumt, wozu alle Gläubiger des p. Götze zur Anmeldung ihrer Forderungen, Beibringung ihrer bezüglichen Beweisurkunden und zur Prioritäts=Deduction hiemit vorgeladen werden, unter den ein für allemal angedrohten Nachtheilen resp. der Abweisung von der gegenwärtigen Götze'schen Debitmasse, des Ausschlusses mit der Beibringung weiterer Beweisurkunden resp. mit der Prioritäts=Deduction enventualiter des Gebundenseins an die Beschlüsse der erschienenen Gläubiger.
Rehna den 18. Juni 1879.

Großherzogliches Stadtgericht.


Es hat dem Herrn gefallen, unsre liebe Anna am 22. August durch den Tod von ihrem unheilbaren Leiden zu erlösen. Sie starb in Folge eines Herzfehlers.
Schönberg den 23. August 1879.

H. Schulze und Frau.       


Für die uns während der Krankheit und bei der Beerdigung unserer einzigen Tochter so reichlich bewiesene Teilnahme sagen wir hiedurch herzlichen Dank.

H. Schulze und Frau.       


Zu Michaelis habe noch eine Wohnung, bestehend aus 4 heizbaren Zimmern, Dachkammer, Küche, Waschküche, Keller und Holzstall zu vermiethen.
Schönberg den 26. August 1879.

J. Licht,              
Bürstenmacher.       


Breitestraße 804 Friedr. Matz, Breitestraße 804
Lübeck.
Lager von
Tapeten und Decorationsgegenständen,
Rouleaux,
Gold- und Politurleisten,
Teppichen und Cocosmatten,
Wachstuch und Ledertuch.


[ => Original lesen: 1879 Nr. 66 Seite 4]

Norddeutsche Hagel-Versicherungs-Gesellschaft in Berlin.
Zunahme pro 1879: 5139 Polizen mit 31,434,793 M. Versicherungssumme.
Gesammt=Zahl der Polizen: 28639 mit 264,392,778 M.

Trotz der zahlreichen und zum Theil schweren Schäden ist die Gesellschaft in Folge ihrer großen Ausdehnung in der glücklichen Lage, nicht nur keines Nachschusses zu bedürfen, sondern voraussichtlich ihren Reservefonds um ca. 3-400,000 M. verstärken zu können, wodurch derselbe ca. 7-800,000 M. anwachsen wird. Neu hinzutretende Mitglieder haben daran ohne besondere Nachzahlung Theil.
Der Einritt in diese bei weitem größte aller Gesellschaften ist in den meisten Fällen nur nach voraufgegangener Kündigung der bisher benutzten Gesellschaft vor dem 1. September möglich, weshalb die Landwirthe hierauf besonders aufmerksam gemacht werden.

General=Agentur: E. W. Peters, Güstrow.


Sedanfeier in Ratzeburg.

Nachdem die Vorbereitungen für die am 2. und 3. September d. J. hier zu begehende Erinnerungsfeier bereits begonnen haben, unterlassen wir nicht. Schon jetzt die Bevölkerung Ratzeburgs und der Umgegend zu zahlreicher Betheiligung aufzufordern.

Das Fest=Comite.       


Sedanfeier 1879
in Schönberg.
Vorläufiges Programm.
Montag den 1. September.

Abends 8 Uhr. Fackelzug mit Musik, Freudenfeuer auf der Landreiter Koppel, Gesang, Festrede
Abends 9 Uhr. Concert im Schützenhause. Entrée 20 Pfennig.

Dienstag den 2. September.

Morgens 6 Uhr Reveille durch die Straßen der Stadt.
               10 Uhr Gottesdienst.
              12 1/2 Uhr Beginn des Festzuges.
                1 Uhr Feierliche Grundsteinlegung zum Kriegerdenkmal.
                2 Uhr Ankunft des Festzuges auf dem Schützenplatze. Beginn des Schießens.
                3 Uhr Concert im Schützenhause, Entrée 30 Pfennig.
                          --------------------------------------
                8 Uhr Festball im Schützenhaus und in Boye's Gasthaus. Entrée 1 M. Damen 30 Pfennig.


Am Donnerstag den 28. August werden auf dem Hoffelde zu Schlagsdorf Rappschoten verbrannt.


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Fest-Programm
des Herrnburger Gesang=Vereins
Fortuna.
Zur Sedanfeier am 2. September.

1. Sammlung der Sänger im Gesanglokal beim Herrn Hülsmann 2 1/2 Uhr Nachm.
2. 3 Uhr N. Festzug mit Musik zur Kirchenfeier und Bekränzung der Krieger.
3. von 6-8 Uhr N. Gesang=Unterhaltung.
4. 8 Uhr Ab. Abmarsch der Sänger zum Festplatze verbunden mit Feuerwerk und Tanzunterhaltung.
5. Von 10 Uhr Abends Ball im Gesanglokal.

Entrée für Nichtmitglieder 1 M.

Wozu ergebenst einladet             
Der Vorstand.       

Herrnburg den 21. August 1879.


Sedanfeier in Schlagsdorf.

am 2. Sept. wozu die Bewohner Schlagsdorfs und Umgegend zu recht reger Betheiligung eingeladen werden.

Das Fest=Comite.       


Große Tanzmusik

am 2. September als am Sedan=Feiertage, wozu ergebenst einladet

Schlutup.                                                     H. Ebell.


Eintragungen in die Standes=Register des Standesamts=Bezirks Schönberg.
Berichtigung.

Der in voriger Nummer dieses Blattes irrthümlich gemeldete Geburtsfall, als sei dem Hauswirth Jochen Möller zu Lindow am 14. August c. ein Sohn geboren, ist gänzlich zu streichen; dafür aber zu setzen: "Am 14. Aug. der unverehel. St. zu Lindow ein Sohn."


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


(Hierzu Officieller Anzeiger Nr. 36 und 37.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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