No. 62
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. August
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1878 Nr. 62 Seite 1]

Die Reichstagswahlen.

Das Wahlergebniß für den Reichstag scheint sich für die conservative Fraction günstiger zu gestalten, als bisher angenommen wurde. Nach den bereit feststehenden Wahlen zu schließen, haben dieselben 31 Mandate gewonnen. Die Stichwahlen dürften noch etwa 10 neugewonnene Wahlkreise für die Conservativen bringen. Die Gesammtstärke der conservativen Partei im neuen Reichstage wird demnach wohl 110 bis 115 betragen, gewiß der beste Beweis, wie wenig das deutsche Volk mit der bisherigen liberalen Strömung zufrieden war. Und wie konnte dies nach den Erfahrungen der letzten Wochen und Jahre auch anders sein.
Mecklenburg hat seit dem Bestehen des Reichstages stets liberal gewählt. Alle 7 meckl. Reichstagsabgeordnete gehörten stets der nationalliberalen Fraction an. Diesmal ist es anders geworden Die Wahlen von 2 conservativen mecklenb. Abgeordneten sind gesichert und in 2 anderen mecklenb.=schwerinschen Wahlkreisen hat die Stichwahl zu entscheiden.
Im bisherigen Reichstage war die Stärke der einzelnen Parteien die folgende:

Fraction der Deutsch=Conservativen 40
Fraction der Deutschen Reichspartei 36
Fraction der Nationalliberalen 125
Fraction der Fortschrittspartei 35
Fraction des Centrums 97
Fraction der Polen 12
Socialdemokraten 12
"Wilde" 35 *)
Erledigte Mandate 5
                     ------
                     397

----------------
*) Zu den "Wilden", d. h. den keiner Fraction angehörigen Abgeordneten sind hier auch die Mitglieder der Südd. Volkspartei im früheren Reichstage, die Mitglieder der "Gruppe Löwe", die Elsässischen Protestler etc. mitgezählt, die wir in der folgenden Zusammenstellung besonders aufführen oder den Parteien denen sie eigentlich angehören, zuzählen.

Liberale Berliner Blätter schreiben über die Reichstagswahl das Folgende:
Wir müssen offen eingestehen, daß das, was uns bisher von den Wahlen bekannt ist - und das sind immerhin sechs Siebentel aller definitiven Resultate - den liberalen Parteien recht ungünstig sind. Vor allen Dingen ist, trotzdem uns noch 53 Resultate fehlen und trotzdem die conservativen Parteien noch bei sehr vielen Stichwahlen engagirt sind, schon jetzt eine überaus erhebliche Zunahme der Conservativen unverkennbar. Die äußerste Rechte (deutsch=conservative Partei) hatte bisher 40 Sitze.
Sie hat bereits nach den bisher bekannten Resultaten 56 Sitze.
Zunahme 16 Sitze.
Außerdem sind die conservativen Parteien verschiedener Schattirung engagirt bei 25 Stichwahlen.
Die "Deutsche Reichs=" alias freiconservative Partei hatte bisher 36 Sitze.
Sie hat bisher bekannt 41 Sitze.
Bisher Zunahme 5 Sitze.
Die Nationalliberalen hatten bisher 125 Sitze.
Nach bisher bekannten Resultaten haben sie 76 Sitze.
Bisherige Abnahme 49 Sitze.
Außerdem sind sie noch in 27 Stichwahlen engagirt. Einen Verlust der Fraction von mindestens 25 Mandaten werden die Nationalliberalen mindestens zu beklagen haben.
Die Fortschrittspartei hatte bisher 35 Sitze.
Bisher sind ihr gesichert 12 Sitze.
Vorläufige Abnahme 23 Sitze.
Sie ist aber noch bei 9 Stichwahlen engagirt. Auch sie wird mindestens einen Verlust von 12 bis 15 Mandaten zu beklagen haben.
Das Centrum wird sich mindestens auf alter Höhe erhalten, wahrscheinlich wird ihr die Auflösung des Reichstages aber eine Verstärkung eintragen.
Sie hatte bisher die stattliche Anzahl von 97 Sitzen.
Sie hat nach uns bisher bekannten Resultaten 80 Sitze.
Sie ist nur bei 6 Stichwahlen engagirt.
Die Polen hatten 12 Sitze, sie haben bereits nach bekannten Resultaten 14 errungen und sind noch bei 2 Stichwahlen interessirt.
Die Sozialdemokraten stehen bei Weitem ungünstiger, als man anfangs glauben mußte. Sie haben fest nur 2 Mandate (statt der zwölf früheren) errungen. Auch sind sie insgesammt nur bei neun Stichwahlen engagirt, sodaß man allerhöchstens annehmen kann, sie würden es auf fünf Mandate bringen.
Die Hannoverschen und Schleswig=Holsteinischen Particularisten haben zusammen 6 Plätze errungen; ein Particularist steht zur engeren Wahl mit einem Sozialisten (Hannover). Die Elsässischen Protestler haben 4, die Elsässischen Autonomisten 3 Sitze errungen.
Jedenfalls läßt sich schon heute sagen - und das erscheint uns am wichtigsten - daß, wenn Fürst Bismarck keinen Frieden mit Rom macht, was im Werke ist, eine conservativ=clericale Majorität, ein Bündniß der Conservativen im Reichstage mit dem Centrum allen liberalen Bestrebungen eine erdrückende Majorität gegenüberstellen kann. Das conservativ=clericale Bündniß würde (schon nach den heute bekannten und bestimmten Resultaten, ohne die Stichwahlen) über 177 Stimmen verfügen. Mit der noch zu erwartenden Verstärkung, mit dem Ergebniß der Stichwahlen, würde das die Majorität bedeuten.


Politische Rundschau.

Deutschland. Ueber den Aufenthalt Kaiser Wilhelms in Teplitz wird berichtet: Am Dienstag hat der Monarch das erste Moorbad genommen. Die mit etwa 400 Unterschriften versehene kunstvoll ausgestattete Adresse der deutschen Kurgäste in Teplitz an Se. Majestät ist dem Hofmarschall Grafen Perponcher überreicht worden. Für den 5. d. Mts. erwartet man in Teplitz die Ankunft des Kaisers von Oesterreich.
Die Verhandlungen des Reichskanzlers mit dem päpstlichen Stuhle wegen Herstellung eines leidlicheren Verhältnisses zwischen dem Staat und der katholischen Kirche sind jetzt in vollem Gange. Der päpstliche Nuntius in München, Masalla, hat sich

[ => Original lesen: 1878 Nr. 62 Seite 2]

im Auftrage der römischen Curie nach Kissingen begeben und verhandelt daselbst mit dem Fürsten Bismarck direkt. Wie verlautet, handelt es sich keineswegs um Aufhebung der sogen. Maigesetze, sondern einstweilen vielmehr nur um die Wiederbesetzung der durch den Tod ihrer Inhaber freigewordenen Bischofssitze und Pfarren. Es müssen auch schon die Grundzüge für die Einigung vorher festgestellt worden sein, weil sich ohne eine solche Grundlage der Reichskanzler schwerlich selber mit der Sache befassen würde Leider dürfte ein definitiver Abschluß noch einige Zeit ausstehen, weil der Kardinal Franchi, der päpstliche Staatsecretär, gestorben ist.
Der Entwurf zum Sozialistengesetz ist jetzt in Bezug auf den Text und die Motive abgeschlossen und den Bundesregierungen bereits vertraulich zur Kenntnißnahme mitgeteilt worden. Es wird dabei das seit den letzten Jahren mit den Bundesrathsvorlagen häufiger beobachtete Verfahren angewendet, durch welches zur Abkürzung die Vorlagen vor ihrer officiellen Einbringung zur Information bezw. Begutachtung den Regierungen übermittelt werden.
Die Tabak=Enquetecommission hat in der vorigen Woche die Berathung der Fragebogen für die Erhebungen über den Tabakbau beendigt und demnächst die Feststellung der Fragebogen von der Erhebung über den Tabakhandel und die Tabakfabrikation begonnen.
Ein recht erfreuliches Abzeichen für die in Frankreich immer mehr sich Bahn brechende friedliche Stimmung gegen Deutschland sind die nicht nur aus den neueren Reichslanden, sondern auch direkt aus Frankreich anscheinend von eingeborenen Franzosen eingelaufenen Beiträge zur Wilhelmsspende. Einige dieser Geber dürften zur Beisteuer wohl durch die ihnen von unseren Truppen während des Feldzuges zu Theil gewordene milde Behandlung veranlaßt worden sein.
Die englische Regierung hat der deutschen Admiralität die Mitteilung gemacht, das Wrack des "Großen Kurfürsten" befinde sich in einer für die Schiffahrt gefährlichen Lage, weshalb für die baldige Hebung des Schiffes oder für eine sonstige Beseitigung der Gefahr gesorgt werden müsse.
Oesterreich. Ueber die am Montag begonnene Besetzung Bosniens durch die österreichischen Truppen wird noch mitgetheilt, daß Erzherzog Johann Salvator, welcher als der Erste das bosnische Gebiet betrat, sofort die österreichische Fahne aufpflanzte, welcher Akt von den Truppen mit Hurrah begrüßt wurde. Der Erzherzog setzte den Kaiser sogleich telegrafisch von dieser feierlichen Scene in Kenntniß. - In Oesterreich hat man sich aber entschieden getäuscht, wenn man glaubte, daß die Occupationstruppen von den Bosniern jubelnd empfangen werden würden. In der Hauptstadt Serajewo brach sogleich beim Eintreffen der Nachricht von dem Anrücken der Oesterreicher ein Aufstand los, der Pöbel stürmte das Zeughaus und jetzt sollen bereits 70,000 Mann unter Waffen stehen. Darnach ist ein Zusammenstoß zwischen den Rebellen und den Oesterreichern unvermeidlich.
Der Gesammtverlust der Türkei durch den Berliner Vertrag besteht darin, daß sie von 6517 Quadratmeilen auf 3867 und von 10 Millionen Einwohnern auf 6 1/2 Millionen gesunken ist.


Neustrelitz, 31. Juli. Se. Königl. Hoheit der Großherzog ist, wie man uns aus Köln berichtet, gestern Vormittag von England kommend, dort eingetroffen und Abends nach Homburg gereist.
Neubrandenburg, 3. August. Das Wahlergebniß, wie es von dem Großherzogl. Wahlcommissarius festgestellt, ist folgendes: Herr v. Dewitz 7780, Herr Pogge 7176, zersplittert 92 Stimmen, somit ist Herr v. Dewitz als Abgeordneter zum Reichstage im Großherzogthume Mecklenburg=Strelitz erwählt.


- Kaiser Wilhelm trug, als er in Teplitz einfuhr, die gewohnte Uniform mit der Mütze und sah vortrefflich aus; seiner Haltung war nicht anzumerken, was er in den letzten Wochen Schweres erlebt. Das nach Tausenden zählende Publikum empfing ihn mit begeisterten Hochrufen, viele Damen und Herren hatten Kornblumen angesteckt, von denen zuletzt das Stück einen Gulden kostete. Die ganze Stadt prangte im Schmuck der Flaggen, fast jedes Haus trägt neben österreichischen und böhmischen eine deutsche und eine preußische Fahne. Für die Fahrt zur Stadt stand ein geschlossener Wagen bereit, als der Kaiser aber von der hohen Rampe des Bahnhofes aus die festlich geschmückte Stadt und die freudig erregte Menschenmenge erblickte, befahl er hocherfreut, einen offenen Wagen zu holen und hielt in solchem seinen Einzug. Er schlief die Nacht vortrefflich. Auf dem Clary'schen Herrenhause weht die deutsche Kaiserflagge, das durch einen von den angesehensten Teplitzer Bürgern gebildeten Corden 100 Schritt im Umkreis gegen Unberufene abgesperrt ist.
Wie verlautet, soll die von den Vereinigten Staaten vorgeschlagene Münzconferenz am 10. Aug. in Paris zusammentreten.
- Die Ausstellungspreise in Paris bestehen nach den neuesten Festsetzungen aus 2600 goldenen, 6400 silbernen, 10,000 broncenen Medaillen und 10,500 ehrenden Erwähnungen.
- Den Engländern ist zu rathen, daß sie ihre Häuser wie die Schnecken nach Cypern mitnehmen; denn Gasthöfe giebts dort nicht und die kleinsten Häuser, die sonst 15 Pfund kosteten, kosten jetzt 250 Pfund.
- Die verhängnißvolle "13" und "7" beim Berliner Congresse. In Congreßkreisen wurde unlängst scherzweise zur Sprache gebracht, daß der Congreß an einem "13." (Juni) zusammengetreten sei und an einem "13." (Juli) seine Schlußsitzung gehalten habe, daß 7 Mächte die 7 Exemplare des Friedensinstrumentes unterschrieben hätten, daß namentlich 7 Hauptfragen zur Verhandlung gekommen seien, nämlich die bulgarische, montenegrinische, serbische, rumänische, bosnische, griechische und armenische, daß endlich die erste Frage gerade am Siebenschläfertage, die letzte am Siebenbrüdertage im Princip entschieden worden sei. Der Ruf der "13" als ungünstige Zahl wild also durch die geheiligte "7" aufgewogen, sodaß die Vertreter der 7 Mächte jedenfalls guter Hoffnung sein werden.
- Die Zahl der Pferde in der ganzen Welt beläuft sich ungefähr auf 58 Millionen. Da ist aber die Zahl der Pferde in China und Japan nicht mit inbegriffen. Von den großen Staaten besitzen Oesterreich=Ungarn 3,486,000 Pferde (wovon auf Oesterreich 1,367,000, auf Ungarn 2,179,000 entfallen), Frankreich 3,000,000, Rußland 21,570,000, Deutschland 3,352,000, Großbritannien 2,255,000, die Türkei 1,100,000, die Vereinigten Staaten 9,504,000, die argentinische Republik 4,000,000, Canada 2,624,000, Uruguay 1,600,000.
- Der Musketier Wernecke in Hamburg, der den Sergeanten Koch mit dem Gewehrkolben erschlug, ist zum Tode verurtheilt worden.
- In Paris ist der Senator Jacotin aus Le Puy als Falschspieler ertappt und überführt worden.
- Der Müller in Anjezd in Mähren fuhr seelenvergnügt den letzten Erndtewagen in seine Scheune und nahm sich fest vor, andern Tages Scheune und Erndte zu versichern. Es kam aber nicht dazu; denn in der Nacht schlug der Blitz in die Scheune und alles ging in Feuer auf.
- Häringe in Schweden. Schweden erfreut sich heuer der Rückkehr eines alten und geschätzten Freundes, der viele Jahre durch seine Abwesenheit geglänzt hat. Der Häring ist in letzter Zeit an den schwedischen Küsten wieder erschienen und man hofft, daß er wieder wie zuvor seinen jährlichen Besuch abstatten wird, wodurch ein einst höchst wichtiger Geschäftszweig in Schweden zum großen Vorteil der Bevölkerung neues Leben erhalten wird. Mittlerweile ist Norwegen im höchsten Grade eifersüchtig auf Schwedens Glück, denn der Häring hat in diesem Jahre durch eine seltsame Laune die norwegischen Küsten verlassen, wo er ein höchst willkommener Besucher war. Niemand scheint sich diese Wankelmüthigkeit erklären zu können, allein der Häring muß seine guten Gründe gehabt haben, seinen Zug zu ändern, die wohl wahrscheinlich nie werden bekannt werden. Der König von Schweden hat indessen die Professoren Sans und Smitt angewiesen, die Sache zu untersuchen und Bericht zu erstatten. Wenn jedoch die Häringe nicht selbst Aufschluß geben wollen, wird es den gelehrten Professoren sehr schwer fallen, ihre Aufgabe zu lösen.
- Als Mittel, sich von den jetzt so lästig wer=

[ => Original lesen: 1878 Nr. 62 Seite 3]

denden Stubenfliegen zu befreien, wird empfohlen, das Zimmer bei offenen Fenstern mit trockenen Kürbisblättern auszuräuchern, dann aber die Fenster mit Gaze=Vorsetzern zu verschließen, oder - einen Büschel von Beifußstengeln an der Zimmerdecke aufzuhängen und die Fliegen, wenn sie sich Abends darin gesammelt, in einem von unten über den Büschel zu ziehenden Sack einzufangen.
- Ein junger Rechenkünstler. Eine merkwürdige Erscheinung ist der kleine 4 1/2 jährige Moritz Frankl aus Fünfkirchen, der sich gegenwärtig in Pest producirt. Der "Lloyd" schreibt darüber: "Es ist beinahe beängstigend, zu sehen, wie der Dreikäsehoch die complicirtesten Rechnungen mit ganzen und gebrochenen Zahlen im Kopfe ausführt, und während man noch kaum zur Hälfte mit dem Nachrechnen fertig ist, triumphirend bereits das Resultat verkündigt. Eigenthümlich und für die Zuschauer peinlich ist es, wie sich der Kleine während der Arbeit benimmt. Keinen Moment bleibt er ruhig, er bewegt Hände und Füße, hie und da pfeift er - man erhält den Eindruck, als sei er geistesabwesend, während man das Gehirn in angestrengtester Denkthätigkeit zu belauschen glaubt. Wenn er sich manchmal in der Endziffer irrt, starrt er noch wie verloren vor sich hin, er bleibt unruhig, Hände und Füße, der ganze Leib sind in ununterbrochener Bewegung, er ist unwirsch, wenn man zu ihm spricht - dann sagt er stoßweise die correcte Zahl, er wird wieder ein unbefangenes Kind, das mit einem Stück Papier spielt, während er früher einer knarrend fungirenden Rechenmaschine glich. Das Bébé, das in verblüffend kurzer Zeit zu sagen weiß, wie viele Secunden in 48 Jahren enthalten sind, ist mit seinem merkwürdig construirten Gehirn eine Abnormität, die nicht unter die Dutzend=Wunderkinder gereiht werden soll." Im Stadthause wurde dem Knaben das Problem gestellt: X. besitze 3 Puszten: auf der einen habe er 2347, auf der andern 1208, auf der dritten 941 Schafe; jedes dieser Schafe brauche täglich 1 1/4 Kilogramm Salz - wie viel Salz verbrauchen sämmtliche Schafe in einem Jahre? In kaum zwei Minuten erklärte der Knabe, während er immerfort mit den Händen herumfuchtelte, das mache 2,051,300 Kilogramm. Der nachrechnende Beamte irrte sich und wollte den Knaben corrigiren, dieser blieb jedoch bei seiner Behauptung und behielt auch Recht.
- Kukuk und Bachstelze. Auf einem Holzplatze in Breslau fanden Arbeiter beim Umstapeln von Hölzern in einem Holzlager ein Bachstelzennest. Bei näherer Besichtigung fand sich in demselben auch ein junger Kukuk vor, der von den Bachstelzen ausgebrütet worden war und von seinen Stiefeltern, den alten Bachstelzen, gepflegt und gefüttert wurde. Diese elterliche Sorge aber erstreckte sich nicht nur auf das Nest, denn auch nachdem der Kukuk durch die Arbeiter in einem Drahtbauer untergebracht und dieser auf dem Holzplatze aufgestellt war, kamen die Bachstelzen an den Bauer heran und setzten hier die Fütterung fort.
- Wenn nicht, denn nicht. Der "Insterburger Zeitung" wird von einer Zuschauerin folgendes niedliche Ereigniß mitgeteilt: Vorige Woche hatte eine sehr feine dort wohlbekannte Dame das Unglück ihrer enggebundenen Röcke wegen den Rinnstein in der Lindenstraße, welcher nach dem Regen meistens unter Wasser steht, nicht passiren zu können. Verzweifelnd stand sie vor demselben, als ein sehr resoluter Mann desselben Weges kam, die Dame sanft über den Rinnstein hob und ruhig seines Weges ging; diese, empört darüber, ließ ihren Zorn in Redensarten aus; der Mann hatte nun nichts Eiligeres zu thun, als die bewußte Dame mit den Worten "wenn nicht, denn nicht" auf ihren früheren Platz zurückzusetzen.
- Wie gut die Männer sind, kommt ganz zufällig vor Gericht in Wien an den Tag. Ein Rohrflechter hat Händel im städtischen Bad gehabt, weil ihm seine Augengläser zerschlagen worden sind. Richter: Tragen Sie im Wasser die Brille? Angekl.: Ja! Richter: Sind Sie kurzsichtig? Angekl.: Na. Wissen's, die Augengläser san von mein' verstorbenen Weib. Gut san's no g'wesen, nix anders hat's mir a nit hinterlassen, und so hob ich's halt zum Andenken tragen.
- Börsenwitze. "Was heißt occupiren?" "Zieh' in ein fremdes Land und verwalt' es, und wenn es Dir gefällt, behalt' es!" - "Mit welchem Recht nimmt England nach dem russisch=türkischen Kriege Cypern an sich?" Nach dem alten Sprüchwort: Wenn zwei streiten, freut sich der - Brite."


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Subhastation der Hennings'schen Freischulzenstelle zu Mannhagen wird hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß in dem Termine am 24. d. M. der Präclusivbescheid sofort zu Protocoll erlassen und publicirt ist.
Schönberg, den 26. Juli 1878.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Horn.

A. Dufft.     


In Sachen betreffend die Subhastation der Hennings'schen Freischulzenstelle zu Mannhagen hat der Käufer die ihm nach den Verkaufsbedingungen obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt.
Auf Antrag der interessirenden Hennings'schen Gläubiger ist in Gemäßheit der Bestimmungen aus § 22 der Subhastationsordnung nunmehr auf Gefahr und Kosten dieses Käufers der Wiederverkauf der Freischulzenstelle c. p. verfügt und sind dazu:

a) der Wiederverkaufstermin auf

Freitag den 18. October d. J.,
Vormittags 12 Uhr,

b) der Ueberbotstermin auf

Freitag den 8. November d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumt, zu welchen Kaufliebhaber mit dem Bemerken hiedurch geladen werden, daß die Besichtigung des Grundstücks nach vorheriger Meldung bei dem zum Curator bonorum bestellten Viceschulzen Brüggemann in Mannhagen jederzeit freisteht und die Wiederverkaufsbedingungen 14 Tage vor dem Verkaufstermine auf der Justizamtsregistratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Außerdem ist

c) der Termin zur Erklärung der interessirenden Hennings'schen Gläubiger über die dem Wiederverkaufe grundleglich zu machenden Bedingungen auf

Freitag den 20. September d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzt, in welchem denselben das Erscheinen bei dem Nachtheile des Ausschlusses mit ihren etwaigen Widersprüchen freigelassen bleibt.
Bemerkt wird schließlich noch, daß der demnächstige Käufer beim bedingten sowohl als auch beim reinen Zuschlage ein als Conventionalpoen haftendes Angeld von 10000 Mark zu erlegen hat.
Schönberg, den 26. Juli 1878.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Horn.

A. Dufft.     


Verkaufs=Anzeige.

Am Mittwoch den 14. August d. J., Mittags von 1 Uhr ab, sollen auf der Winkenwerder'schen Hofstelle in Lüdersdorf nachstehende abgepfändete Gegenstände öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlungen verkauft werden:

4 Kühe, 2 Starken, 2 Kälber, 3 Schweine, 1 Torfbaggermaschine, 3 Torfschiffe, 4 Torfforme, 3 Torfketscher, 1 Klavier, 1 Sopha, 1 Stubenuhr mit Gehäuse, 2 Kleiderschränke, 1 Spiegel und 1 Klapptisch.
Schönberg, den 1. August 1878.

Kutzbach, Landreiter.     


Nach Gottes unerforschlichem Rathschlusse starb am 3. August mein lieber, einziger Sohn im Alter von 24 Jahren, was ich betrübten Herzens hiermit allen Theilnehmenden anzeige.
Petersberg, den 5. August 1878.

Schulze Mette.     

Die Beerdigung findet am Donnerstag, Mittags 12 Uhr, vom Boye'schen Gasthause aus statt.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 62 Seite 4]

Ausverkauf!

Wegen Verlegung meines Geschäftes pr. Ende September d. J. nach meinem neuerbauten Hause

obere Holstenstraße Kohlmarkt 274

beabsichtige ich eine Räumung meines gesammten reichhaltigen Lagers, als:

Kleiderstoffe, schwarze und couleurte Seidenzeuge, schwarze ganz wollene und halbwollene Caschmires, Cattune, Perçales, karrirte Baumwollzeuge, Bettdrelle, Leinen, Halbleinen, Flanelle, Gardinen, Dammaste etc.
ferner:
Jackettes, Fichus, Umschlagtücher, Pariser Longchales, Regenmäntel. diverse Unterröcke u. Tischdecken,
sowie
Buckskins u. Regenmäntelstoffe.

Ich verfehle nicht, meine werten Kunden, sowie ein geehrtes Publikum auf diese günstige Gelegenheit zu einem billigen Einkauf aufmerksam zu machen, da die Preise ganz bedeutend ermäßigt sind.
Proben können nicht abgegeben werden.
Preise pr. comptant.

                          Eduard Jappe, Lübeck,
                          Schüsselbuden 226.


Empfehlenswerthe Bücher.

Homöopathisches Handbuch  für  Nichtärzte zur gründlichen  Heilung  aller  Krankheiten von Dr. R. Weil. Statt 3 Mark nur 1 Mark 50 Pf.

~~~~~~~~~~~~

Praktisches Thierarzneibuch, oder die Krankheiten sämmtlicher Hausthiere, ihre Ursachen, Kennzeichen und Heilung nebst einer Anleitung zur Geburtshilfe, den gebräuchlichen Operationen und Einrichtung einer Haus= und Land-Apotheke. Bearbeitet von H. Haselbach, Thierarzt. - Statt 4 Mark nur 2 Mark.

~~~~~~~~~~~~

Die Rauchwaarenfärberei in ihrem ganzen Umfange. Nach altbewährten, unveröffentlichten Recepten und eigenen Erfahrungen bearbeitet von B. Milz, - Preis nur 3 Mark. Wichtig für Kürschner und Zurichter.

~~~~~~~~~~~~

Deutsche Dichter und Denker.  In einer Auswahl von 73 Holzschnitten mit Facsimile. - In Enveloppe nur 1 Mark.

~~~~~~~~~~~~

Worte der Liebe.  Gedichtsammlung. Eleg. gebunden mit Goldschnitt nur 2 Mark 50 Pf. - Dieses Buch wird jeder Dame willkommen sein, eignet sich vorzüglich als Geschenk.

~~~~~~~~~~~~

Criminalbibliothek v. Temme. 5 Bände mit vielen Illustrationen, statt 5 Mark nur 2 Mark, liefert unter Einsendung oder Nachnahme

Gustav Schulze, Leipzig,
Hospitalstr. 11 B.

~~~~~~~~~~~~

NB. Bei Bestellungen von 5 Mark ab liefere gegen Franco-Einsendung des Betrages franco!


Weinkirschen u. Johannisbeeren

empfiehlt                                                    
                                                    Jul. Wagner.

Auch empfehle den geehrten Bewohnern meine Frucht=Presse und kostet das Pfund zu pressen nur 1 Pfennig. D. O.


Weiße Korbweiden
empfiehlt                                                    
                                                    C. Benthien,
                                                    Lübeck, Fünfhausen.


Reinschmeckenden gebrannten
Domingo=Caffee,
à Pfund 1 Mark 10 Pf.,
empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


Neuen Sommerfanghering,
beste Qualität,
empfliehlt                                                     J. Ludw. D. Petersen.


Erndtehandschuhe

in verschiedenen Sorten und in großer Auswahl sind stets zu haben in Schönberg bei

Emil Jannicke,      
Handschuhmacher.     


Soeben erschien in L. Körner's Verlag, Berlin, Friedrichstraße 235:

Rettung von Trunksucht
und Beseitigung ihrer schrecklichen Folgen.

Ein Wort zur Warnung und Beruhigung aller derjenigen, welche von diesem Laster geheilt und wieder in sichern Besitz von Gesundheit gelangen wollen. - Gegen Einsendung von 50 Pfennig (Mecklenburg). in Briefmarken wird dieses Werkchen jedem franko zugesandt.


Wer mir den niederträchtigen Thäter, der mit 2 Pferden und Wagen in meiner Klee=, Hafer= und Erbsenkoppel, genannt Ketlande, gefahren und den Zaun im Fahrloch aufgerissen hat, so namhaft macht, daß ich ihn gerichtlich belangen kann, erhält 30 M. Belohnung.
Pahlingen, den 22. Juli 1878.

Hans Joachim Schleuß.     


Dauerhaft und geschmackvoll gearbeitete
Rohrstühle

halten zu billigen Preisen von 4 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). bis 12 M. pr. Stück bestens empfohlen

J. Kiel & Rindfleisch                
in Schönberg.     


Wegen Mangel an Platz sind 2 gut erhaltene Schränke, ein Koffer und eine Kommode zu verkaufen. Näheres in der Expedition der Anzeigen zu Schönberg.


Tesch's Restauration.

Von jetzt an empfehle ich den geehrten Damen der Stadt und Umgegend meinen Kaffee=Garten zur fleißigen Benutzung.
Schönberg.

Ergebenst     
Fr. Tesch.     


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen20 M 50Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen13 M 50Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Gerste14 M -Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Hafer13 M 50Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen14 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicke


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD