No. 7
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 22. Januar
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1878 Nr. 7 Seite 1]

Die Einberufung des Reichstages.

== Zum 6. kommenden Monats tritt der deutsche Reichstag zusammen. So lange das neue deutsche Reich besteht, hat das Volk dem Zusammentritte seiner parlamentarischen Vertreter noch nie mit solcher Spannung entgegengesehen, wie dieses Mal. Man weiß oder fühlt es wenigstens, daß eine bedeutende Umwälzung in unseren Regierungsverhältnissen bevorsteht; man weiß, daß neue Personen, neue Aemter, neue Tendenzen in Aussicht stehen; die verschiedenen Parteien legen sich in ihren Preßorganen die Sache ganz nach ihrem Geschmack zurecht. Die Konservativen behaupten, es gehe so nicht weiter, der Liberalismus habe Alles verfahren, mit ihm müsse gänzlich gebrochen werden. - Die Liberalen behaupten, nur eine durchweg liberale Regierung, die die Unterstützung der Majorität des Reichstages hinter sich habe, könne den Reichswagen wieder in die rechte Fährte zurückleiten.
Wirklich Authentisches erfährt man darüber nicht, obwohl kein Tag vergeht, ohne daß eine oder die andere hervorragende Zeitung ihre "Enthüllungen" bringt, natürlich nur um am nächsten Tage schon wieder von einer ihrer Kolleginnen dementirt zu werden.
Fürst Bismarck ist nun absolut der Mann nicht, seine Pläne und Absichten den Zeitungen auf die Nase zu binden. Wir erinnern uns beispielsweise aus dem 70er Kriege, daß wir das diplomatische Material, das sich auf den Krieg bezog, durchweg englischen Blättern entnehmen mußten und daß man in London von allen kriegerischen Ereignissen besser und früher orientirt war, als in Berlin.
So ist's auch jetzt wieder, Fürst Bismarck sitzt in Varzin, eine Zeitung weiß aus sicherster Quelle, daß der Reichskanzler sehr leidend, die andere weiß ebenfalls aus sicherer Quelle, daß er wieder vollkommen hergestellt sei und seine Rückkehr nach Berlin an dem und dem Tage bewerkstelligen werde.
Das Versteckspielen der hundertköpfigen, erfindungsreichen Tagespresse wird mit dem Zusammentritt des Reichstages sein Ende erreicht haben. Wir werden dann die positiven Resultate der Varziner Besprechungen zwischen dem Reichskanzler und den Präsidenten Bennigsen kennen lernen.
Es wäre eine müßige Sache, jetzt noch untersuchen zu wollen, wohin sich das Zünglein der Waage neigt. Die Zeit wirds lehren. Wenn aber auch diese Dinge vom Volke mit geringerem Interesse verfolgt werden, weil sie nicht in die materiellen Spähre eingreifen und diese heutzutage die wundeste Stelle unseres nationalen und wirtschaftlichen Lebens ist, so bietet doch der nächste Reichstag noch eine ganze Reihe anderer Punkte; von der "Pfeife des armen Mannes" an, die durch die Tabaksteuer belastet werden soll, bis zu der Gewerbeordnungs=Reform, - welche sämmtlich unser Wirthschaftsleben auf's Naheste angehen, der Tabaksteuerentwurf leitet die indirekten Reichssteuern ein. Seine Motive lassen die Absicht des Reichskanzlers erkennen, den Reichsetat vorwiegend auf indirekte Steuern zu stufen, wovon die liberale Partei absolut nichts wissen wollte.
Wenn man gegen die indirekten Steuern noch einwendet, daß durch ihre allgemeinere Einführung das Budgetbewilligungsrecht der Kammer geschmälert würde, so ist dem entgegenzuhalten, daß das Volk zunächst nach bequemen und so wenig als möglich drückenden Steuern verlangt, wogegen es dem Volk sehr gleichgültig sein kann, ob durch allgemeine Einführung der indirekten Steuern einigen Oppositionsrednern in den Parlamenten die Möglichkeit genommen wird, ihre Zungenkunststückchen zu produziren. Denn darüber kommt es ja am Ende doch nicht hinaus.
Ferner hat sich der Reichstag noch mit einem Stück Wirthschaftsreform zu beschäftigen, mit der Novelle zur Gewerbe=Ordnung. Es handelt sich darin um das Verhältnis der Lehrlinge, um Arbeitsbücher und Verhütung des Kontraktsbuchs. In diesen Punkten wird eine Einigung wohl leicht zu erzielen sein; die Schäden, welchen die Novelle abhelfen soll, sind so offenkundig, daß über die Zweckmäßigkeit der regierungsseitig gemachten Vorschläge nur Eine Stimme ist.
Schließlich muß noch auf das in Aussicht stehende Reichseisenbahngesetz hingewiesen werden. Preußen hat vorläufig auf sein Projekt "Reichseisenbahnen" verzichtet, weil der Widerstand, den die anderen Staaten dieser Idee entgegensetzten, ein zu allgemeiner war. Während es nun innerhalb seiner Landesgrenze die vermittelnde Idee der "Staatsbahnen" eifrig zu realisiren bestrebt ist, wird es seine Grundsätze im Reichstage durch ein Reichseisenbahngesetz zur Geltung zu bringen versuchen und die ev. Annahme dieses Gesetzes als eine Abschlagszahlung auf seine viel weiter gehenden Forderungen in dieser Sache betrachten.
Aus dieser schlichten Skizze wird man ersehen können, wie interessirt das deutsche Volk der kommenden Reichstagssession entgegensieht.


Politische Rundschau.

Der Kronprinz des deutschen Reiches wurde in Italien, wohin er sich zu den Begräbnißfeierlichkeiten des verstorbenen Königs begeben, überall mit den Zeichen der lebhaftesten Sympathien empfangen, die nicht allein seiner Person, sondern ebenso dem Lande gelten, als dessen Vertreter er an dem Sarge Victor Emanuels erscheint und das mit Italien in vielfacher Hinsicht die gleichen Schicksale theilte.
Eine kaiserliche Verordnung vom 14. Januar beruft den Reichstag zum 6. Februar zusammen; wahrscheinlich werden Reichstag und preußischer Landtag noch eine Woche neben einander tagen.
Das jüngste Unwohlsein des Fürsten Bismarck, eine Erkältungskrankheit, welche bereits am 28. December v. J. begann, ist wie officiös bestätigt wird, noch keineswegs gehoben, so daß alle Gerüchte über eine nahe bevorstehende Rückkehr des Fürsten nach Berlin auf willkürlicher Annahme beruhen.
In der Plenarsitzung des Bundesraths vom 15. d. M. stand auch der Antrag Preußen, Erhöhung der Tabakssteuer betreffend, auf der Tagesordnung. Dieser Antrag erweist sich jedoch nach

[ => Original lesen: 1878 Nr. 7 Seite 2]

seinen Motiven als nicht allein auf die Tabakssteuer gerichtet, sondern zugleich als Anregung zu einer allgemeinen Steuerreform. Der Entwurf über diese Steuer entspricht genau den Vorschlägen, die im Jahre 1873 bereits die Specialcommission gemacht hatte, welche zur Berathung der Salzsteueraufhebung berufen war.
Der Stand der deutschen Wehrkraft im vorigen Jahre, wenn sie durch Kriegsfall in Anspruch genommen worden war, würde nach den amtlichen Listen zusammen, jedoch ohne Kriegs= und Landsturm=Formationen betragen haben: 31,843 Offiziere und 1,283,791 Mann mit 301,536 Pferden und 2550 Geschützen.
Oesterreich beabsichtigt, wie der Köln. Ztg. versichert wird, sobald die russischen Friedens=Bedingungen officiell bekannt gemacht sind, Bosnien und die Herzegowina mit bedeutenden Truppenmassen zu besetzen, um es dann für Oesterreich zu annectiren. Denn wenn Rumänien, Serbien und Bulgarien selbstständig werden und Serbien wie Montenegro noch vergrößert werden sollen, so könne Oesterreich diesen Anordnungen nur dann zustimmen, wenn eine seine Stellung im Westen der Balkanhalbinsel gestärkt werde.
In Frankreich werden am 24. Januar die Bürgermeisterwahlen stattfinden. Es giebt in Frankreich 36,000 Gemeinden. In 3000 derselben, welche größere Orte sind, ernennt die Regierung die Bürgermeister, in den übrigen 33,000 werden die Maires gewählt. Es ist nicht zu bezweifeln, daß Wahlen wie Ernennungen im Sinne der republikanischen Sache ausfallen werden.
Dem Dichter Victor Hugo ist das Großkreuz der Ehrenlegion verliehen worden.
Eine besondere Klausel der spanischen Verfassung macht die Verheirathung des Königs von der Zustimmung der Landesvertretung (Cortes) abhängig. Dieselbe hat demgemäß am Dienstag mit 309 gegen 4 Stimmen die beabsichtigte Vermählung des König Alfons mit seiner Cousine, der Prinzessin Mercedes gutgeheißen, und dieser eine eventuelle Wittwenrente von etwa 200,000 Mark ausgesetzt. Die Prinzessin hat übrigens darauf verzichtet, als Königin aus dem Staatsschatz eine Jahresrente zu beziehen, um den Steuerzahlern nicht noch höhere Opfer aufzuerlegen und die spanischen Zeitungen sind des Lobes voll über diese edelmüthige Verzichtleistung.
Der Tod naht wiederum einem gekrönten Haupte, doch kommt er diesmal als Erlöser vom schwersten Schicksal. Die ehemalige Kaiserin von Mexiko, Charlotte, (Schwester der Königin von Belgien) liegt im Sterben. Bekanntlich war die unglückliche Fürstin seit den Vorgängen, welche zu dem Richtplatz von Queretaro führten, in Wahnsinn versunken, der sie noch vor dem tragischen Tode ihres Gemahls, des Kaisers Maximilian, umnachtete.
Vom Kriegsschauplatze ist zu melden, daß die russische Avantgarde Radetzky's am 15. d. M. Eskisagra besetzt hat, welches von den Bewohnern in Brand gesteckt worden war, und daß die Avantgarde des Generals Gurko am 14. Januar Tatar Bazarschick und Vetrenova einnahm. Ein bedeutender Kampf hat dabei nicht stattgefunden. Der letzte Kampf auf dem Schipkapasse und die Gefangennahme der türkischen Armee hat den Russen nach eigenen Angaben 5464 Mann Todte und Verwundete gekostet.
Sonst liegen keine neueren Depeschen vor. Es hat dies wohl vorwiegend darin seinen Grund, daß man sich nicht schlägt, sondern marschirt. So haben die Russen am 16. d., ohne von den Türken daran gehindert zu werden, ihren strategischen Aufmarsch südlich vom Balkan vollendet.
Das russische Hauptquartier befindet sich in Kosanlik und das nächste Operationsziel bildet Adrianopel. Diese Stadt wird indessen türkischerseits wahrscheinlich auch aufgegeben werden und die Pforte soll entschlossen sein, alle verfügbaren Kräfte unter fast gänzlicher Preisgebung des europäischen und asiatischen Kriegsschauplatzes nach Constantinopel zu ziehen, um sich im Falle des Scheiterns der angebahnten Friedensverhandlungen bis auf das Messer zu vertheidigen. In diesem Falle wären furchtbare Gräuelscenen gegen die in Stambul anwesende europäische christliche Bevölkerung geradezu unvermeidlich.
Trotz ihrer verzweifelten Lage scheint es die Pforte mit den angekündigten Waffenstillstandsverhandlungen durchaus noch nicht so eilig zu haben. Sie hat ihre Abgesandten unterwegs noch einmal halt machen lassen, wie man glaubt, um den Wortlaut der englischen Thronrede abzuwarten. Sie hofft also immer noch, und ein Schatten von Hoffnung hat ihr die Thronrede ja allerdings noch auf ihren dunklen Weg geworfen. Allein dieser Schatten ist schwerlich stark genug, als daß sie sich den heranstürmenden russischen Heersäulen gegenüber daran aufrecht halten könnte.


Anzeigen.

In Sachen betreffend den zwangsweisen öffentlich meistbietenden Verkauf der zu Mannhagen belegenen Freischulzenstelle c. p. der Ehefrau des Freischulzen Hennings von dort, Dorette geb. Solvie, wird der auf

Freitag, den 8. Februar 1878,
Mittags 12 Uhr,

anstehende Ueberbotstermin mit dem Bemerken hiedurch in Erinnerung gebracht, daß in dem Verkaufstermine am 11. d. M. ein Gebot überall nicht abgegeben worden ist.
Schönberg, den 14. Januar 1878.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Horn.

A. Dufft.     


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Mannhagen belegene Vollstelle c. p., des Vollhufners Heinrich Adolph Nehls daselbst, giebt

das Großherzogliche Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 12. d. Mts. abgehaltene Liquidations=Protocoll, nachdem die öffentliche, gehörige Bekanntmachung dieses Termins zu den Acten docirt worden, hierdurch den

Bescheid:

daß alle weder in dem Liquidationstermine am 12. d. Mts. noch bis jetzt angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 14. Januar 1878.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstentums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)                                                     A. Dufft.


In Sachen betreffend den zwangsweisen öffentlich meistbietenden Verkauf der zu Mannhagen belegenen Freischulzenstelle c. p. der Ehefrau Hennings von dort, Dorette geborenen Solvie, giebt

das Großherzogliche Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 11. d. M. abgehaltene Liquidations=Potocoll, nachdem die öffentliche, gehörige Bekanntmachung dieses Termins zu den Akten docirt worden, hiedurch den

Bescheid:

daß nunmehr alle diejenigen, welche sich sowenig in dem Termine am 11. d. Mts. als bis jetzt gemeldet haben, mit ihren etwaigen dinglichen Ansprüchen an die Henning'sche Freischulzenstelle c. p., wie hiedurch geschieht, praecludirt und abgewiesen sein sollen; gleichzeitig werden auch diejenigen Gläubiger, welche ihre Ansprüche zwar angemeldet, ihre schriftlichen Beweismittel jedoch nicht eingereicht haben, mit den Letzterem, sowie mit der Prioritätsdeduction hiedurch praecludirt.

Schönberg, den 14. Januar 1878.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Horn.

A. Dufft.     


[ => Original lesen: 1878 Nr. 7 Seite 3]

Auf Antrag Dris. C. W. Dittmer als Güterpflegers der Concursmasse des insolventen Kunstgärtners Joachim Jürgen Diedrich Evers werden hiedurch

1) die Gläubiger des Gemeinschuldners, unter dem Rechtsnachtheile des Ausschlusses von der Concursmasse, imgleichen Alle, welche an einzelne im Besitze der Concursmasse befindliche Gegenstände, sei es kraft Eigenthums= oder Separationsrechts oder aus irgend einem anderen Grunde Ansprüche zu haben vermeinen, bei Verlust ihres Rechtes aufgefordert und schuldig erkannt, binnen sechs Monaten, mithin spätestens am 11. Juli dieses Jahres, ihre Forderungen und Ansprüche, und zwar mit Beifügung der vorhandenen Beweisstücke in Original und Abschrift, sowie mit Angabe des etwa in Anspruch genommenen Vorzugsrechtes, bei dem Güterpfleger und Contradictor Dr. jur. C. W. Dittmer gegen Empfang eines Anmeldescheines, im Falle seines Widerspruchs aber bei dem Stadt= und Landgerichte, und zwar Auswärtige durch einen hiesigen Bevollmächtigten, anzumelden;
2) alle diejenigen, welche zur Concursmasse gehörige Gegenstände in Händen haben, aufgefordert und schuldig erkannt, von diesen Sachen und den ihnen vermeintlich daran zustehendem Pfand= und Retentionsrechten spätestens am 11. Juli dieses Jahres dem genannten Güterpfleger und Contradictor Anzeige zu machen, unter dem Präjudiz, daß sie widrigenfalls dieser Rechte für verlustig erklärt, zur unentgeltlichen Herausgabe der Sachen schuldig erkannt, auch unter Umständen als unredliche Besitzer zur Verantwortung werden gezogen werden.
3) alle Schuldner der Concursmasse angewiesen, ihre Schuld sofort beim Verfall nur an den Imploranten Dr. jur. C. W. Dittmer bei Vermeidung abermaliger Zahlung zu entrichten.

Lübeck, den 11. Januar 1878.

Das Stadt= und Landgericht.
Zur Beglaubigung                           Funk Dr., Act.


Holz=Auction.

Am Donnerstag den 24. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Krüger Jabs in Schlag=Resdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

I. aus dem Schlagbrügger Holz

    2 Stück buchen Blöcke,
144 Rmtr. buchen Kluft 1. und 2. Cl.,
  24 Fuder buchen Durchforstholz,
  17 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel,
    1 Fuder fichten Durchforstholz,
    5 Fuder Heckenholz;

II. aus dem Lanckower Holz

  16 Fuder buchen Durchforstholz,
  30 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel;

III. aus dem Steinbrinck

  40 Fuder eichen Durchforstholz 2. und 3. Cl.,
    3 Rmtr. ellern Knüppel;

IV. aus dem Thandorfer Zuschlag

    7 Rmtr. eichen Knüppel,
    5 Rmtr. ellern Knüppel.

Schönberg, den 16. Januar 1878.

align="right"Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Auction.

Am Donnerstag den 24. Januar cr. und event. am Freitag den 25. Januar, von Morgens 9 1/2 Uhr an, sollen im Gastwirth Boye'schen Locale in Schönberg gegen gleich baare Zahlung versteigert werden:

eine Parthie Buckskin, engl. Leder, Düffel, Plüsch und diverse halbwollene Hosenzeuge, Kleiderstoffe in Cattun und Wolle, Bettzeug, Parchend, Tischdecken, Gardinen, Sonnen= und Regenschirme, Shwals, Umschlag=, Umsteck= und seidene Tücher und Reste schwarzer Seidenzeuge, fertige Damen=Paletots, Unterröcke und Schürzen, auch fertige Unterjacken, Drellhosen, Westen und Kinderjacken, sowie endlich mehrere Bettstellen, Stühle, Tische u. s. w.

Schönberg.                                                     Staffeldt, Landreiter.


Heute Nachmittag 5 Uhr nahm Gott meine kleine Margarethe im fast vollendeten 4. Lebensjahre zu sich in sein Reich.
Hilgendorf, den 20. Januar 1878.

L. Röper.     


Heute Nachmittag 4 Uhr starb unser lieber Vater, der Rentier Heinrich Christoph Utermöhl, in seinem 62. Lebensjahre, was wir hiermit theilnehmenden Bekannten anzeigen.
Rupensdorf. den 19. Jan. 1878.

A. Utermöhl und Frau.     

Die Beerdigung findet am Mittwoch, den 23. Januar, Nachmittags 1/2 2 Uhr statt.


Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.

Die Anstalt ist während des Antonii=Termines

vom Donnerstag den 17. Januar d. J.
bis
Donnerstag den 24. Januar d. J.,
beide Tage einschließlich,
täglich von 8 bis 12 Uhr Vormittags,
am Sonntag den 20. Januar d. J.
von 8 bis 10 Uhr Morgens

geöffnet.

Das Directorium.     


Sehr gute ritterschaftliche und Erbpachtpapiere habe ich noch zu sofort abzugeben.
Grevesmühlen, den 18. Januar 1878.

A. Ihlefeld, Advocat     


H. Prüss, Ratzeburg,
Fabrik u. Lager von Herren=Garderoben,
empfiehlt in großer Auswahl:
Ulster=Röcke, Winter=Röcke, Paletots und Sackos v. 18-80 M., Schlafröcke v. 22-36 M., Hausröcke v. 16-25 M., Anzüge v. 32-90 M., Jagdjoppen, als: Steirische, Baierische und Arkansas v. 12-20 M., Jagdjoppen für Knaben v. 6-12 M., Anzüge für kleine Knaben, 2-8 Jahre alt, von 6-8 M., Unterjacken und Arbeiter=Anzüge zu allen Preisen.
Bestellungen nach Maaß in kurzer Zeit.
Feste Preise, pr. comptant 6%.


Gußeiserne Grabkreuze
in großer hübscher Auswahl
empfiehlt                                                     C. Schwedt, Schönberg.


500 Schöfe gutes Dachrohr

sind zu verkaufen beim

Hauswirth Kleinfeldt
in Lockwisch.


Ueber meine Koppel, genannt Moorkamp, wird seit einiger Zeit mit Fuhrwerk gefahren, von solchen die nach dem Rünzer Torfmoor wollen; ich verbiete hiermit diesen Unfug und werde Jeden, der unbefugt auf meinem Felde betroffen wird, dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen.

Pächter Jochen Frank     
in Schaddingsdorf.       


Zu Ostern suche ich einen Lehrling unter günstigen Bedingungen, der später auch die Feierabendschule besuchen kann.

Schmiedemeister Bremer,
Schönberg.


Gesucht wird ein Mädchen zu häuslichen Arbeiten in Stelle eines erkrankten.

Aug. Spehr, Schönberg.     


Zu Ostern wird zu Hof Stove eine Köchin gesucht.      Lohn 120 Mark.


Wegen einer plötzlichen und langwierigen Erkrankung des Hausmädchens wünsche ich die Stelle anderweitig zu besetzen. Gewandte in Hausarbeit erfahrene Mädchen können sich melden bei

Frau Oberamtmann Wicke.

Demern bei Rehna, Mecklenburg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 7 Seite 4]

Einem geehrten Publikum von Stadt und Land die ganz ergebenste Anzeige, daß wir unter dem heutigen Dato das

Manufactur= und Modewaaren=Lager

von dem Aug. Creutzfeldt's Erben hierselbst käuflich übernommen haben und sind wir durch günstige Uebernahme im Stande, recht billig zu verkaufen, indem wir stets bemüht sein werden, alle Ansprüche auf's Reellste und Billigste ausführen. Um das geneigte Wohlwollen bittend.
Schönberg, 10. Januar 1878.

Hochachtungsvoll
Diersen & Sommer.


Bis Ende Februar:
Ausverkauf
sämmtlicher Modenartikel, Longchâles, Teppich- Möbel- Gardinenstoffe u. fertiger Sachen
bei
Ludwig Wendt, Lübeck.


Vom 20. September v. J. bis heute sind nachstehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:

  1) vom Hauswirth Retelsdorf=Raddingsdorf ein Pferd 500 M.
  2) vom Hauswirth Block=Menzendorf eine Kuh 135 M.
  3) vom Büdner Städing=Lankow ein Pferd 120 M.
  4) vom Hauswirth Rußwurm=Lockwisch eine Kuh 135 M.
  5) vom Hauswirth As. Lenschow=Grieben ein Pferd 300 M.
  6) vom Müller Creutzfeldt=Lockwisch ein Pferd 550 M.
  7) vom Hauswirth Robrahn=Kl. Siemz ein Pferd 525 M.
  8) vom Hauswirth Beckmann=Cronscamp ein Pferd 450 M.
  9) vom Förster Blank=Schlagbrügge eine Kuh 135 M.
10) vom Schulzen Völkner=Mechow ein Pferd 600 M.
11) Schulzen Meier=Sülsdorf eine Kuh 120 M.
12) Hauswirth Boye=Schwanbeck ein Pferd 330 M.
13) Hauswirth Krüger=Lockwisch ein Pferd 350 M.
14) Hauswirth Freitag=Pogetz eine Kuh 100 M.
15) Hauswirth Jabs=Schl. Resdorf ein Pferd 450 M.

und werden unsere Mitglieder ersucht, zur Deckung dieser Schäden einen Beitrag von 1 M. pro 100 M. Versicherungssumme am

Donnerstag den 30. Januar, Morgens 10 Uhr,

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 21. Januar 1878.

Direction der Viehversicherungs-Gesellschaft im Fürstenthum Ratzeburg.


Gegen Keuchhusten mit Auswurf!

     Herrn Fenchelhonigfabrikanten L. W. Egers in Breslau.

Buchoethen bei Kaukehmen, 7. Juni 1877.          

Mein 2 Jahre alter Sohn litt seit 6 Wochen dermaßen am Keuchhusten mit starkem Auswurf, daß der behandelnde Arzt die Lunge für sehr angegriffen erklärte und an seinem Aufkommen zweifelte. Glücklicherweise erfuhr ich von Ihrem wohlbewährten Fenchelhonigextract*) und nach Gebrauch von 2 halben Flaschen bekam das schreckliche Uebel, wie mit einem Schlage, eine andere Wendung, sodaß mein Junge jetzt ganz gesund ist.

Carl Friderici, Besitzer.          

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*) Nur echt, wenn jede Flasche Siegel, Facsimile, sowie die im Glase eingebrannte Firma von "L. W. Egers in Breslau" trägt, und allein zu haben in Schönberg bei Buchbinder C. Sievers.


Großer Maskenball
am Freitag, den 1. Februar 1878,

wozu ich meine Gönner von Stadt und Land freundlichst einlade.

Entree an der Casse M. 1,50.
     H. Boye Wittwe.
     Schönberg.

NB. Nummerirte Sitzplätze à M. 1,50 und Maskenbillets à M. 1,00 sind vorher bei Herrn Cigarrenfabrikant Chr. Rieckhoff und in meiner Wohnung zu haben.
Vom 31. Januar c., Mittags 1 Uhr steht eine elegante Maskengarderobe aus Lübeck dem geehrten Publikum zur Verfügung.


Sonntag den 27. d. M.
Großes Concert
der Bergkapelle F. Günther
unter Leitung ihres Dirigenten.
Anfang 7 Uhr. Entre à Person 50 Pfennige.
Nach dem Concert Tanz
bis nach 11 Uhr hinaus.
Hierzu ladet ergebenst ein                          
J. Köster Wwe.
Schönberg.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,20 .
Hasen das St. M3,00 .
Hühner d. St. M1,30 .
Spickgans d. St. M3,00 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 7 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 7 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 22. Januar 1878.


- Der Bronchial=Catarrh, den sich Fürst Bismarck durch Erkältung bei einem längeren Spaziergang auf durchweichtem Boden bei naßkalter Witterung zugezogen hatte, soll sehr hartnäckig, wenn auch nicht gerade zu Befürchtungen Veranlassung gebend, sein, so daß dadurch die für Mitte dieses Monats in Aussicht genommene Uebersiedelung des Kanzlers nach Berlin wieder in Frage gestellt ist.
- In den deutschen Münzstätten sind bis zum 5. Jan. 1878 geprägt worden, an Goldmünzen: 1,160,425,620 Mk. Doppelkronen, 364,062,160 Mk. Kronen, 24,780,200 Mk. halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung: 234,149,820 Mk ; an Silbermünzen: 71,653,095 Mk. 5=Markstücke, 97,810,892 Mk. 2=Markstücke, 144,438,270 Mk. 1=Markstücke, 71,304,438 Mk. 50=Pfennigstücke, 35,717,922 Mk. 80 Pf. 20=Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 23,502,530 Mk. 70 Pf. 10=Pfennigstücke, 11,657,813 Mk. 75 Pf. 5=Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 6,213,207 Mk. 44 Pf. 2=Pfennigstücke, 3,382,722 Mk. 83 Pf. 1=Pfennigstücke; Gesammtausprägung an Goldmünzen: 1,549,267,980 Mark; an Silbermünzen: 420,924,617 Mk. 80 Pf.; an Nickelmünzen 35,160,344 Mk. 45 Pf.; an Kupfermünzen: 9,595,930 Mk. 27 Pf.
- Aus Hamburg, 9. Jan. wird geschrieben, daß von der englischen Regierung auf Betreiben der englischen Landwirthe - welche meistens ihre Vertreter in Ministerstellen haben - ein allgemeines Vieheinfuhrverbot geplant werde. Dasselbe würde in erster Linie den Viehhandel Schleswig=Holsteins und auch den Export Hamburgs erheblich schädigen, so daß ein Mahnruf an die deutsche Regierung gerechtfertigt erscheint, rechtzeitig bei der großbritannischen Regierung vorstellig zu werden. Ein gleicher Schritt ist auch bereits Seitens der dänischen Regierung gethan, und wird von Schweden vorbereitet. Der früher sehr ausgebreitete Viehexport Schleswig=Holsteins und Hamburgs nach England ist durch die Nörgeleien Englands, bei denen seither immer die Rinderpest zum Vorwand diente, in den letzten Jahren ohnehin ganz erheblich zurückgegangen. Der eigentliche Schlag soll gegen die amerikanische Vieheinfuhr gerichtet sein, dürfte aber Seitens der Vereinigten Staaten=Regierung durch energische Vorstellung parirt werden. Die Entrüstung über das fragliche Treiben der englischen großen Gutsbesitzer und Viehbarone scheint im nördlichen Deutschland und den angrenzenden Ländern sehr groß zu sein. Schwerlich aber würde die fragliche Bill, wenn sie auch eingebracht werden sollte, vom englischen Parlament genehmigt werden, da England seinen Fleischbedarf bei weitem nicht selbst zu produciren vermag.
Welche Concurrenz dem deutschen Butterhandel jetzt allseitig gemacht wird, mag auch daraus erhellen, daß ultimo December 500,000 Pf. finnländischer Butter in Lübeck am Lager waren.
- Wegen Milchfälschung im Wiederholungsfalle und des Versuchs, den visitirenden Beamten zu bestechen, wurde in Nürnberg eine Frau mit 2 Monaten 6 Tagen Gefängniß, 8 Tagen Haft und 100 Mark Geldbuße bestraft.
- Auch in Frankreich klagt man über den Mangel an Pfarramts=Candidaten. Von 507 reformirten Pfarrgemeinden im Lande mit 610 geistlichen Stellen müssen sich augenblicklich 55 Gemeinden ohne Seelsorger behelfen.
- Beim Justizministerium in Paris haben sich in wenigen Tagen 250 Bewerber um die erledigte Scharfrichterstelle gemeldet, meistens Fleischer, aber auch Einer, welcher für sich geltend macht, daß er classisch gebildet und "Abiturient" sei.
- In den Wäldern um Diedenhofen sind sie fleißig auf's Schwarzwild aus; auf einer Jagd schossen sie 13 Wildschweine und der Oberförster Touraine erlegte auch einen Wolf.
- In Upsala wurde am 10. d. der hundertjährige Todestag des Naturforschers Carl v. Linné von der Universität, deren Mitglied derselbe im Leben war, mit großer Feierlichkeit begangen. Es ist auch eine Erinnerungsmedaille geschlagen worden.
- Aus London wird mitgeteilt, daß am 28. Novbr. v. J. der königliche Postdampfer "Alacama" in der Nähe von Caldera an der südöstlichen Küste von Südamerika gescheitert ist. Sämmtliche Offiziere und Passagiere kamen in den Wellen um, nur einige Matrosen sind gerettet.
- Der aus Flensburg gemeldete Fall, daß ein Engländer aus West=Hartlepool ein eisernes Dampfboot von 500 Tons bei der dortigen Schiffswerfte bestellt, ist wohl der erste Fall in Deutschland. Lange Jahre bezogen wir bekanntlich unsere deutschen Dampfer aus England und sandten Millionen alljährlich für die Vermehrung der deutschen Handelsflotte dorthin. Wir verzeichnen diese Emancipation mit Genugthuung und als einen Beweis, wie bedeutend unsere Schiffswerften fortgeschritten sind.
- Aus München wird mitgeteilt, daß daselbst am 12. d. das Thermometer in der Bahnhofshalle 15 Grad unter Null zeigte, und im Freien bis auf 20 Grad unter Null gefallen war. Nach dem Bericht der deutschen Seewarte vom 12. d. war überhaupt in ganz Süddeutschland der Frost sehr stark, während in Norddeutschland, in Litthauen und Livland größtentheils das Thermometer über Null stand. Hier hatten wir 12 Grad Reaumür unter Null; ebenso am Rhein, auf welchem sich Treibeis zeigte.
- Wie man in Bremerhafen Bier "macht". Die Geheimnisse der Bierbrauerei haben in Bremerhaven in den letzten Tagen eine interessante Bereicherung erfahren. Bei Untersuchung des Braubiers stellte sich nämlich heraus, daß dieses ein Gemisch von Syrup war. Der Verfertiger dieses edlen Getränkes gestand ein, daß er sein Braunbier aus Wasser, Hefe und Syrup verfertige; diese Mischung lasse er auf dem Fasse vier Wochen liegen und nachdem dann Gährung eingetreten, würde solche auf Flaschen gezogen und gebe das schönste Braunbier. Auch Tafelbier würde auf dieselbe Weise hergestellt, nur nehme man statt Syrup als Zusatz Honig.
- Der Stern des kürzlich verstorbenen französischen Generals Consin v. Menta dem Grafen von Palikao hatte unter dem zweiten Kaiserreich seinen höchsten Glanz erreicht und erlosch wieder mit dem Sturze desselben. Während einer 26jährigen Dienstzeit in Afrika erwarb sich der Graf den Ruf des besten Reiterführers der Armee. Als Oberst bewirkte er im December 1847 die Gefangennahme Abd=el=Kaders und brachte es bald bis zum Divisions=General. Im Jahre 1859 wurde ihm die Führung der französischen Armee anvertraut, welche im Verein mit den verbündeten Engländern gegen China operirte. Für die dort erfochtenen Siege bei Sin=ko, Tschang=kia=huang und Pa=li=kta=ho verlieh ihm Napoleon III. das Großkreuz der Ehrenlegion und später den Titel eines Grafen von Palikao und die Senatorenwürde, doch erregte damals seine schonungslose Zerstörung und Plünderung der herrlichen Sommer=Residenz des Kaisers von China bei Peking, wobei jedem Soldaten erlaubt wurde, sich ein "Andenken" in die Heimath mitzunehmen, die allgemeinste Entrüstung. Bei dem Kaiser stand Palikao fortwährend in hoher Gunst. Der deutsch=französische Krieg und die ersten Niederlagen der französischen Armee fanden denselben als Divisions=

[ => Original lesen: 1878 Nr. 7 Seite 6]

Commandeur in Lyon. Nachdem das Ministerium Ollivier am 9. August 1870 unmöglich geworden, übernahm der General, von der Kaiserin=Regentin berufen, das Präsidium des sogenannten Vertheidigungs=Ministeriums und das Kriegs=Ministerium. In der kurzen Zeit seines Verbleibens in dieser Stellung schickte er eine Menge lügenhafte Berichte vom Kriegsschauplatze in die Welt und gab die Veranlassung zu dem verhängnißvollen Zuge Mac Mahons nach Sedan zur Befreiung Bazaines in Metz. Der Sturz des zweiten Kaiserreiches trieb ihn aus Frankreich, wohin er erst nach dem Frieden zurückkehrte. Seitdem ist sein Name nur selten wieder genannt worden.
- Endlich hat die Polizei in Berlin gethan, was sie Schon lange hätte thun sollen, sie hat Slade, den Geister=Citirer, ausgewiesen. Mitten aus einer Vorstellung heraus ließ sie ihn vor einen Polizeibeamten führen und dieser sagte ihm auf den Kopf zu: Sie sind ein Schwindler, ein Betrüger, der den Leuten das Geld unter falschen Vorspiegelungen entlockt. Sie sind ein Gotteslästerer, der mit dem Heiligen Spott treibt!-Ich bin kein Schwindler, antwortete Slade, ich werde sofort an Ort und Stelle meine Kunst zeigen. - So fragen Sie die Sabatzky, wer sie ermordet hat! - Gern! - Nun, so zeigen Sie, was Sie können, aber einer meiner Beamten muß dabei unter dem Tische sitzen! - Unmöglich, das ist wider meine Künstlerehre! - Nicht? - Nein! - Das habe ich mir gedacht. Morgen um diese Stunde müssen Sie Berlin verlassen haben! - Slade protestirte zwar, er müsse sich zuvor Geld zur Reise verdienen, aber ohne Erfolg. Ein paar Tage vorher hatte er den berühmten Arzt Dr. Virchow eingeladen, sich von der Aechtheit der Geistererscheinungen durch einen Besuch zu überzeugen. Virchow hatte erklärt, er werde nur dann sich einstellen, wenn Herr Slade sich von ihm die Hände und Füße binden lassen und einen dritten Herrn als überwachenden Beobachter zulassen wolle. -Das leide seine Künstlerehre nicht, antwortete Slade und die Sache unterblieb.
- Eine kostbare Geschichte entnehmen wir Dresdener Blättern. Theater=Direktor Förster hatte bei dem Magistrat in Leipzig das Gesuch eingebracht, die Preise der Plätze erhöhen zu dürfen. Die Behörde erbat sich Vorlage der Geschäftsbücher, um Einnahmen und Ausgaben controliren zu können. Dieselben ergaben für das letzte Jahr einen verhältnißmäßig kleinen Ueberschuß, so daß es hiernach allerdings nur einiger Zwischenfälle bedurft hätte, um hart an den Rand des Defizits zu kommen. "Wunderbar!" sagten sich die Herren, "unser Stadttheater ist doch stets eine Goldgrube gewesen! Das muß wohl seinen Haken haben!" Und sie gingen nun mit sächsischer Gemüthlichkeit an das Studium des Ausgabe=Contos und siehe da! Es fand sich, daß Herr Direktor Förster bei Herrn Director Förster mit 18,000 Mk. Jahresgehalt engagirt ist, Frau Director Förster als Ober=Garderobe=Inspectorin mit 12,000 Mk. Jahresgehalt und auch der Herr Sohn mit einer gleichen Summe als Beamter im Gehalt steht. Da ging den Herren ein Lichtlein auf und sie fanden sich nicht bewogen, die Preise der Plätze erhöhen zu lassen. Das Gesuch ward abschlägig beschieden. Nun aber kam die Steuerbehörde, die ja derselbe Magistrat repräsentirt, und sagte: "Ei Herr Jemersch, bei einer so großen fixen Einnahme der Familie Förster muß ja ein ganz anderer Steuer=Tarif angewandt werden, da entgehen ja dem Staate viele Hundert von Mark" - - - und seit dieser Zeit zählt Director Förster zu den höchst Besteuerten von Klein=Paris.
- Sechs Frauen erfroren. Ein trauriges Ereigniß hat sich am 20. v. M. in dem Dorfe Fravosa in den italienischen Alpen zugetragen. Am genannten Tage begaben sich nämlich zehn Bewohner des Dorfes, und zwar sechs Frauen und vier Männer nach dem Dorfe Fontane, um hier bei der Olivenernte mit zu helfen. Unterwegs trennten sich aber drei Männer von der Gesellschaft, weil dieselben, statt auf der Hauptstraße zu bleiben, einen Gebirgspfad eingeschlagen hatten und setzten ihren Weg allein fort. Auf der Spitze des Berges angelangt, wurde die Gesellschaft von einem gewaltigen Schneesturme überrascht, in welchem die sechs Frauen umkamen; nur ihr männlicher Begleiter, der ihnen weit voraus war, kam mit dem Leben davon.
- Vor dem Stadtgerichte in Berlin wird nächstens ein Prozeß um ein verkauftes Kind zur Entscheidung kommen. Eine arme Frau, die sich von ihrer Hände Arbeit kümmerlich nährte, gerieth vor Jahren mit ihrem Töchterlein in große Noth. Da erboten sich kinderlose reiche Leute das ein Jahr alte niedliche Mädchen unter Beobachtung aller gesetzlichen Vorschriften an Kindesstatt anzunehmen; ihre Hauptbedingung aber war, die Mutter dürfe das Kind nie besuchen, es nie sehen und müsse womöglich vergessen, daß sie ein Kind habe. Die Mutter ging schweren Herzens darauf ein und erhielt 1000 Thaler. Sie beruhigte sich im Laufe der Jahre, weil sie sah, daß ihr Kind trefflich erzogen und ganz als Kind gehalten wurde. Da erbte sie unerwartet 20,000 Mark, ihre Noth hatte ein Ende oder ging neu an; denn die Sehnsucht nach ihrem Kinde wuchs von Tag zu Tag. Sie hatte keine Freude an ihrem Geld und verlangte das Kind zurück, aber die Adoptiveltern haben dieses so lieb gewonnen, daß sie es um keinen Preis herausgeben wollen. So kam es zum Prozeß.
- Zwei ungarische Bauern stritten mit einander - über die Klugheit der k. k. Finanzwächter. Der Eine hält große Stücke auf sie, während der Andere die Wette anbot, er werde sie hinters Licht führen. Die Wette ward angenommen. Andris verpflichtete sich, einen mit "jungfräulichem" Tabak beladenen Wagen am helllichten Tage in die Stadt und zurückbringen; gewinnt er, so ist Pferd und Wagen, die ihm Pali geborgt, sein eigen, verliert er, so bezahlt er das Doppelte und die Strafe. Vor einigen Tagen fuhr ein beladener Wagen auf der Straße nach Gyöngyös, auf der seit Kurzem zahlreiche "Finanzer" strenge Wacht halten. Auch Andris ward angehalten und gefragt, was er auf dem Wagen habe? - Tabak, war die Antwort, deren Offenheit nicht wenig überraschte. - Wem bringt ihr denn den Tabak? - Na, dem Herrn Ober=Stuhlrichter, dann dem Herrn Commissär Holcsuk und nachher dem Herrn Stadt=Hauptmann Kovacs. Kommen Sie nur mit mir. Sie können sich davon überzeugen. - Da wirds nicht gut sein, sich einzumischen, dachte der Finanzmann; er wollte sich am andern Tage bei den Betreffenden erkundigen. Er erkundigte sich auch wirklich und erfuhr, daß er überlistet worden sei. Andris kehrte noch in derselben Nacht zurück und hatte richtig die Wette gewonnen.
- Vor einigen Tagen sollte sich, wie Lyoner Blätter melden, die junge und sehr hübsche Tochter eines der reichsten Kaufleute von Lyon einer Operation unterziehen. Zur Vornahme derselben narkotisirte der operirende Arzt das Mädchen. In dem Augenblicke aber, als sich derselbe der Patientin mit einem glühenden Eisen näherte, entzündeten sich die Aetherdämpfe, der Brand ergriff rasch den in der Narkotisirungsblase enthaltenen Aether und in einem Augenblick war das Gesicht der Kranken in Flammen gehüllt, welche der Arzt allerdings bald unterdrückte. Die Verletzungen des unglücklichen Mädchens sind zwar nicht lebensgefährlich, dasselbe wird aber zeitlebens furchtbar entstellt bleiben.
- Selbst das feinste Haar wirft einen Schatten. Beweis: Man lasse es den Herrn Gemahl in der Suppe finden und betrachte dann seine Stirne.
- Eine neue Art von Zugmittel, das Ideelle mit dem Reellen verbindend, hat neuerdings der Direktor des Geestemünder Theaters in Anwendung gebracht. Er annoncirt: "Des Nächsten Hausfrau", Lustspiel in 3 Aufzügen; und "Papa hat's erlaubt", Schwank mit Gesang in 1 Akt. Hiermit ist die Verloosung eines 200pfündigen Schweines verbunden.


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