No. 89
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 13. November
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 89 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Der deutsche Reichstag wird wahrscheinlich Mitte Januar einberufen werden.
Der Reichskanzler hat dem Bundesrath eine im Reichseisenbahnamt aufgestellte Uebersicht über den Umfang, in welchem das aus den Berathungen deutscher Staats= und Privatbahnen hervorgegangene einheitliche Tarifsystem bis jetzt zur Einführung gekommen ist, zur Kenntnißnahme vorgelegt.
Die deutsche Regierung hat dem schweizerischen Bundesrath angezeigt, daß sie eine Million Francs in Gold als Subvention für die Gotthardt=Bahn abgesandt habe.
Graf Münster, Graf Schuwaloff und Manebrea, die Botschafter Deutschlands, Rußlands und Italiens in London, haben die Einladung zum Lord=Mayors=Schmaus abgelehnt, weil Disraeli eine türkische Rede halten wird.
Gegen den Bischof von Kulm hat der Ober=Präsident von Preußen wegen Nichtbesetzung von Pfarrstellen neue Strafgelder festgesetzt und zwar im Betrage von 11,000 Mark; zu pfänden giebt es bei dem Bischof nichts mehr.
Der Senat in Hamburg hat der Pferd=Eisenbahn=Gesellschaft die Genehmigung ertheilt, den nach dem Patene des Ingenieurs Samuelson in der Grums'schen Wagenfabrik erbauten Dampfwagen auf den Pferdebahnlinien einzustellen.
Frankreich. In der französischen Kammer, die am 8. November eröffnet ist, ist der Sturm noch nicht ausgebrochen; die Kammer ist noch mit Wahlprüfungen beschäftigt und erst wenn diese so weit beendigt sind, daß eine beschlußfähige Mehrheit als regelrecht gewählt constatirt ist, wird die Kammer zu definitiven Verhandlungen schreiten. Dann werden die Geister aufeinander platzen. Wenn die Kammer das Budget verweigert oder zu viele conservative Wahlen für ungültig erklärt, so soll sie sofort vertagt oder ihre Auflösung beim Senat beantragt werden. Die Regierung würde sich dann mit anderweitigen finanziellen Nothmitteln behelfen; sie werde nicht angreifend verfahren, aber fest auf ihren Standpunkt verharren.
Türkei. Die Türken wollen südlich des Balkan bei Kalofar ein Winterlager errichten, um den Uebergang der Russen auf Saumpfaden zu hindern. Mehemed Ali commandirt bei Sofia und hat sich zum Entsatze Plewnas in Bewegung gesetzt. Osman Pascha soll nur noch wenig Proviant haben.


- Neustrelitz, 7. November. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind, von England zurückkehrend, am 3. d. nach Remplin gereist und nebst Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin=Mutter gegen Nachmittag in erwünschtem Wohlsein hier eingetroffen.
- In Dresden ist die Königin=Mutter Amalie, Wittwe des Königs Johann, gestorben.
- In Wiesbaden ist die deutsche Kronprinzessin mit Familie zu längerem Aufenthalte eingetroffen.
- Dem Sarge des alten Wrangel ist der Kaiser mit sämmtlichen Prinzen vom Trauerhaus bis zur neuen Luisenstraße zu Fuß gefolgt.
- Am 8. Nov. wurde das Telephon, die Erfindung des Amerikaners Graham Bell in Boston, in Berlin in Dienst gestellt und zwar von dem Arbeitszimmer des Generalpostmeister Stephan in der Leipziger Straße zu dem Arbeitszimmer des General=Telegraphen=Amtes in der französischen Straße. Die mündliche Verständigung auf der 2 Kilometer langen Drahtleitung ist vollkommen. Der Generalpostmeister spricht in das auf seinem Arbeitstische befindliche Instrument, erläßt mündlich Verfügungen und Anfragen, ertheilt mündliche Aufträge und erhält die Berichte und Antworten von dem Director des General=Telegraphenamtes, auf dessen Arbeitstisch sich das andere Instrument befindet, ebenfalls auf mündlichem Wege und zwar unmittelbar als ob beide Herren sich in ein und demselben Zimmer befänden und mit vollkommener Deutlichkeit, so daß das Ideal der Abkürzung des Geschäftsganges und der Verminderung des Schreibwerks erreicht ist.
- Soweit bis jetzt ermittelt werden konnte, sind die diesjährigen Getreide=Ernten nachstehenden Länder, im Verhältniß zu 100 als Durchschnitt an genommen, wie folgt ausgefallen:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Die östlichen, südöstlichen und Mittelstaaten von Europa haben zum großen Theil ausgezeichnete Qualitäten geliefert, während die westlichen und nordwestlichen Staaten geringere und schlechte Qualitäten ergaben, was hauptsächlich der ungünstigen und regnerischen Witterung zugeschrieben wird. Wie aus der vorliegenden Zusammenstellung ersichtlich ist, haben Rußland und Oesterreich=Ungarn die relativ besten Ernten gehabt. Während aber Rußland nur mit seiner Weizenernte excellirt, hat Oesterreich=Ungarn in allen Getreidearten ein vorzügliches Resultat erzielt. Im großen Durchschnitt hat somit Rußland, wenn man alle Ernteerträge zusammen fast, keine volle Mittelernte erzielt, Oesterreich dagegen mehr als solche erreicht. Bei der großen Bedeutung aber, welche insbesondere Weizen für den Export besitzt, dürften auch diesmal namentlich Süd=Rußland und Beßarabien mit ihren Bodenerträgen auf dem Weltmarkte trotz der ausgezeichneten Ernte Oesterreich=Ungarns zur Geltung kommen.

[ => Original lesen: 1877 Nr. 89 Seite 2]

- In Dresden ist eine Bande entdeckt worden, die falsche Thalerstücke anfertigte.
- Auf der Kirmse in einem Gothaischen Dorfe fiel plötzlich ein gesundes und blühendes Mädchen mitten im Tanze zur Erde und war todt. Aufregung und zu enges schnüren waren die Todesursache.
- In Paks bei Pest sind 32 Bäuerinnen die auf einer Fähre über die Donau setzten, im Fluß ertrunken.
- Der Romanschreiber Hackländer in Stuttgart versteuerte viele Jahre lang nur den geringeren Theil seiner jährlichen Einnahmen. Das rächte sich nach seinem Tode und mit Hülfe seiner unzufriedenen und unklugen Erben. Diese klagten öffentlich die Verleger der Romane ihres Vaters an, sie hätten ihm zu kleine Honorare gezahlt, ihn verkürzt u. s. w. Die Verleger veröffentlichten zu ihrer Vertheidigung die großen Summen, die sie jährlich Hackländer gezahlt haben und leider lassen diese Summen auch die Steuerbehörde und machten wunderliche Gesichter. Dabei blieb es aber nicht, sie legten auch gerichtlich Arrest auf das große Hackländer'sche Haus und auf die Conto's bei mehreren Bankiers, alles, um die verkürzte Steuer und die hohe Strafe für die Verkürzung des Fiskus beizutreiben. Diese soll zwischen 50-60,000 Mark betragen. Die Erben wollen bei dem König ein Gnadengesuch einreichen.
- Lady Oxford war ihrer Zeit die größte Schönheit Londons. Als sie einst zu Hofe fuhr, hielt plötzlich der Kutscher und die Lady sah zum Wagenfenster hinaus, um dem Kutscher zuzurufen. In diesem Augenblick umfaßten sie zwei kräftige Arme und ein derber Kuß wurde auf ihre schönen Lippen gedrückt. Ein schmucker Bauernbursche war es, den ihre Schönheit zu diesem Kunststück begeistert hatte; im Forteilen rief er seinen Kameraden lustig zu: God dam! ich habe die schönste Frau in England geküßt! - Die Lady hörte es und klagte dann bei einem Bekannten über die Unverschämtheit. Der aber fragte: Aufrichtig, Gräfin, sind Sie auf den Burschen bös? - Da lächelte sie und sagte: Nun, bös grad' nicht! -
- Ein heirathslustiges Mädchen in Amerika warf eine Flasche mit ihrer Adresse und der Bitte an den Finder, sich mit ihr in Verbindung zu setzen, in den Ohiostrom. Ein junger Mann fand die Flasche, schrieb an die geistvolle Jungfrau und heirathet sie. Der Versuch, Männer durch die Flasche zu gewinnen, soll seitdem Mode geworden sein.


Anzeigen.

Nach der uns gestern gemachten Anzeige sind dem Hauswirth Renzow in Rodenberg in der Nacht vom 3./4. d. Mts. aus seinem unverschlossenen Bienenschauer gestohlen worden:
     1) zwei Bienenstöcke;
     2) zwei heedene Bettlaken, gez. "M. R.";
     3) zwei flächsene Herrenhemde, gez. "A. E."
               und
     4) ein weißer Flanell=Unterrock. -
Wir bitten um gefällige Vigilanz auf den Dieb und die gestohlenen Sachen, sowie eventuell um sofortige Benachrichtigung dienstergebenst.
Schönberg, den 7. November 1877.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Nachdem die Erbschaft der am 9. Juni v. J. zu Domhof Ratzeburg verstorbenen Advocaten Rohrdantz wegen Ueberschuldung von den Intestaterben ausgeschlagen worden, ist nicht so viel unstreitige Masse ermittelt, daß daraus die Kosten eines zu eröffnenden Concurses bestritten werden können, indem der größte Theil des vorhandenen Mobiliars von der Wittwe, als ihr Eigenthum in Anspruch genommen wird. Es werden deshalb die Creditoren des p. Rohrdantz hierdurch aufgefordert, binnen 4 Wochen für die Concurskosten einen Vorschuß zum Betrage von 150 Mark bei Gericht einzuzahlen, widrigenfalls die von ihr vindicirten Mobilien der Wittwe überlassen und die übrige Masse derselben auf ihre Illatenforderung zum Betrage von 1000 Thlr. wird überwiesen werden.
Neustrelitz, den 5. November 1877.

Großherzogl. mecklenb. Justiz=Canzlei.
E. v. Blücher.
(L. S.)                                                     Scharenberg.


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über das auf dem Domhofe bei Ratzeburg belegene Wohnhaus c. p., die Daldorf'sche Curie genannt des Particuliers C. August Füller daselbst, giebt

das Großherzogliche Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 30. v. Mts. abgehaltene Liquidations=Protocoll, nachdem die öffentliche, gehörige Bekanntmachung dieses Termins zu den Acten docirt worden, hierdurch den

Bescheid:

daß alle weder in dem Liquidationstermine am 30. v. Mts. noch bis jetzt angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 5. November 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)                                                     A. Dufft.


Auction.

Am Sonnabend den 17. November c., Mittags 12 Uhr, sollen im Kruge zu Campow an abgepfändeten Gegenständen in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:
1 Schimmel=Stute, 1 großer Bauwagen mit eisernen Axen, Leitern und Schossen, 2 Sielen Geschirre, 1 Chatulle mit Aufsatz, 1 Lehnstuhl, 1 Spiegel. Schlagsdorf, den 5. November 1877.

Krüger, Landreiter.     


Die
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in Schönberg
ist an jedem                          
Mittwoch
von 8-12 Uhr Vormittags
geöffnet.                          
                                                    Das Directorium.


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[ => Original lesen: 1877 Nr. 89 Seite 3]

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                                                    Hauswirth Heinrich Grevsmühl,
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 89 Seite 4]

Der Kalender für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1878

ist erschienen und an den bekannten Verkaufsstellen zu 25 Pfennigen das Stück zu haben.

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Man biete dem Glücke die Hand!
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Haupt-Gewinn im günstigen Falle bietet die allerneueste grosse Geld-Verloosung, welche von der hohen Regierung genehmigt und garantirt ist.
Die vortheilhafte Einrichtung des neuen Planes ist derart, das im Laufe von wenigen Monaten durch 7 Verloosungen 46,200 Gewinne zur sicheren Entscheidung kommen, darunter befinden sich Haupttreffer von eventuell R.-M. 375,000 speciell aber

-------------------------
1 Gewinn a M. 250,000
1 Gewinn a M. 125,000
1 Gewinn a M. 80,000
1 Gewinn a M. 60,000
1 Gewinn a M. 50,000
1 Gewinn a M. 40,000
1 Gewinn a M. 36,000
3 Gewinn a M. 30,000
3 Gewinn a M. 25,000
3 Gewinn a M. 20,000
7 Gewinn a M. 15,000
1 Gewinn a M. 12,000
23 Gewinne a M. 10,000
3 Gewinne a M. 8,000
27 Gewinne a M. 5000
52 Gewinne a M. 4000
200 Gewinne a M. 2400
410 Gewinne a M. 1200
621 Gewinne a M. 500
706 Gewinne a M. 250
25,635 Gewinne a M. 138
etc. etc.
Die Gewinnziehungen sind planmäßig amtlich festgestellt.
Zur nächsten ersten Gewinnziehung dieser grossen vom Staate garantirten Geldverloosung kostet
   1 ganzes Original-Loos nur Mark 6
   1 halbes Original-Loos nur Mark 3
   1 viertel Original-Loos nur Mark 1 1/2
Alle Aufträge werden sofort gegen Einsendung, Posteinzahlung oder Nachnahme des Betrages mit der grössten Sorgfalt ausgeführt und erhält Jedermann von uns die mit dem Staatswappen versehenen Original-Loose selbst in Händen.
Den Bestellungen werden die erforderlichen amtlichen Pläne gratis beigefügt und nach jeder Ziehung senden wir unseren Interessenten unaufgefordert amtliche Listen.
Die Auszahlung der Gewinne erfolgt stets prompt unter Staats-Garantie und kann durch directe Zusendungen oder auf Verlangen der Interessenten durch unsere Verbindungen an allen grösseren Plätzen Deutschland's veranlasst werden.
Unsere Collecte war stets vom Glücke begünstigt und hatte sich dieselbe unter vielen anderen bedeutenden Gewinnen oftmals der ersten Haupttreffer zu erfreuen, die den betreffenden Interessenten direct ausgezahlt wurden.
Voraussichtlich kann bei einem solchen auf der solidesten Basis gegründeten Unternehmen überall auf eine sehr rege Betheiligung mit Bestimmtheit gerechnet werden, und bitten wir daher, um alle Aufträge ausführen zu können, uns die Bestellungen baldigst und jedenfalls vor dem 30. November d. J. zukommen zu lassen.

Kaufmann & Simon,
Bank- und Wechsel-Geschäft in Hamburg
Ein- und Verkauf aller Staatsobligationen, Eisenbahn-Actien und Anlehensloose.

P. S. Wir danken hierdurch für das uns seither geschenkte Vertrauen und indem wir bei Beginn der neuen Verloosung zur Betheiligung einladen, werden wir uns auch fernerhin bestreben, durch stets prompte und reelle Bedienung die volle Zufriedenheit unserer Interessenten zu erlangen.

D. O.     


Von

Prima böhm. Salon=Stück=Kohlen,
Braunkohlenbriquettes,
Westph. Ruß=, Stück= und Schmiede=Kohlen

erwarte Zufuhr in den nächsten Tagen und offerire selbe ab Bahnhof billigstens.
Ab Lager höhere Preise und bei Bezug von 200 resp. 220 Ctr. Zechepreise.

F. Heitmann.     
Schönberg.        


Heute
Erlanger Bier vom Faß,
wozu freundlichst einladet                          
                          Fr. Tesch, Schönberg.


Zu dem bei mir am Sonntag den 18. d. Mts. stattfindenden

Kaffee=Ball

ladet freundlichst ein

Reimar, Gastwirth.

Schlagsdorf, den 12. November 1877.


Der Feldweg vom hiesigen Hofe über die Eisenbahn ist vom 14. November d. J. ab wegen Sielbaues gesperrt.

Hof Wahrsow.                                                    W. Hörcher.


Schaf Mir sind am Sonntag den 11. Novbr. 21 Schafe, von denen die Mehrzahl weiß , die andern dagegen schwarz sind, entlaufen; ich bitte denjenigen, wo sie zugelaufen, mir baldigst Nachricht darüber ertheilen zu wollen.

Wittwe Wigger,     
Hauswirthin.     

Rottensdorf.


Zu dem am Freitag den 23. Mai bei mir stattfindenden

Ball

erlaube ich mir meine Freunde und Bekannten hierdurch zu zahlreichem Besuche ergebenst einzuladen.

Gastwirth Kaven, Pogetz.     


Zu dem am

Dienstag den 20. d. M.

bei mir stattfindenden

Bauernball

erlaube ich mir sowohl die geehrten Hauswirthe als auch meine geschätzten Gönner zur gütigen Theilnahme hierdurch einzuladen.

Gastwirthin Boye.     
Schönberg.           


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen18 M -Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen13 M -Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Gerste13 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Hafer12 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen13 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,25 .
Hasen d. St. M3 - 4 .
Fette Enten d. St. M2,50 .
Hühner d. St. M1,30 .
Kücken d. St. M0,75 .
Tauben d. St. M0,45 .
Gänse 500 Gr. M0,80 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


(Hierzu Off. Anz. Nr. 30 und eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 89 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 89 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 13. November 1877.


- Friedrich Heinrich Ernst, Graf von Wrangel preuß. Generalfeldmarschall geb. 13. April 1784 zu Stettin, trat 1796 in ein Dragonerregiment und wurde schon 1798 zum Lieutenant befördert. In diesem Regimente, das erst 1806 nach der Schlacht von Jena mobil gemacht wurde, nahm er an dem Feldzuge von 1807 Theil und zeichnete sich bei Heilsberg aus, wofür er den Orden pour le mérite erhielt. Nach dem Frieden von Tilsit wurden aus seinem Regiment zwei neue gebildet, und Wrangel blieb bei dem einen, nun das ostpreußische Kürassirregiment, in welchem er 1811 Rittmeister und Escadronchef wurde. Im Kriege von 1813 zeichnete sich Wrangel besonders bei Hainau, Liebertwolkwitz und Leipzig aus und wurde dafür zum Major befördert. 1814 wohnte er anfangs der Einschließung von Luxemburg, dann aber den Gefechten im Februar bei, wo er auf dem Rückzüge nach Etoges, auch später bei Laon und Sezanne sein Regiment vortrefflich führte, so daß er im April 1814 zum Oberstlieutenant und Commandeur des 2. westpreußischen Dragonerregiments ernannt wurde. Am Feldzuge von 1815 nahm dasselbe nicht Theil. Wrangel avancirte noch 1815 zum Obersten, 1821 zum Commandeur der 10. Cavalleriebrigade, wurde 1823 Generalmajor und 1834 Commandeur der 13. Division in Münster. 1838 wurde er zum Generallieutenant und 1839 zum commandirenden General des 1. Armeecorps in Königsberg ernannt. 1842 erhielt er das Generalcommando des 2. Armeecorps in Stettin. 1845 ernannte ihn der König nach der Revue seines Corps zum Chef des 3. Kürassierregiments. Im deutsch=dänischen Kriege von 1848 erhielt Wrangel im April das Obercommando der preußischem und Bundestruppen in Schleswig=Holstein. Er siegte 23. April bei Schleswig und drang in Jütland ein. Aber schon 8. September legte er den Oberbefehl nieder, um den in den Marken zu übernehmen. Am 9. November rückte er mit den bei Berlin versammelten Truppen in die Hauptstadt ein, verhängte den Belagerungszustand und stellte die Autorität der Regierung wieder her. Zum General der Cavallerie befördert, wurde ihm 1849 zum Obercommando in den Marken noch speciell das Generalcommando des 3. Armeecorps übertragen. 1856, bei seinem 60jährigen Dienstjubiläum, ernannte ihn der König zum Generalfeldmarschall. Als 1864 der Krieg gegen Dänemark begann, erhielt Wrangel den Oberbefehl des verbündeten Heeres, dessen Operation er bis nach Erstürmung der Düppeler Schanzen leitete. Dann legte er wegen seines hohen Alters denselben nieder, wohnte aber noch, ohne ein Commando zu führen, dem Kriege 1866 in Böhmen bei. - Wrangel hat eine 87jährige Wittwe und einen Enkel, Legationssecretär v. Wrangel in Brüssel, hinterlassen, der dereinst sein einziger Erbe und zwar ein Erbe von Millionen sein wird; denn der alte Wrangel hatte allein ein Diensteinkommen von 90,000 Mark und war sehr sparsam. - Ein Kabinetsbefehl des Kaisers bestimmt, um das Andenken Wrangels zu ehren, daß sämmtliche Offiziere der Armee 8 Tage Trauerflor tragen und daß das ostpreuß. Kürassier=Regiment den Namen "Graf Wrangel" beibehalten soll.
- Nach dem "deutschen Montagsblatt" soll seitens der Justizverwaltung als Maximal=Alter für die nach Leipzig zu berufenden Reichsgerichtsräthe das 60 Lebensjahr festgestellt worden sein.
- Bei einem Umbau in der Kathedrale von St. Domingo fand man den Sarg mit den sterblichen Ueberresten des Christoph Columbus, von denen man seither angenommen hatte, daß sie von St. Domingo nach Cuba gebracht und in der Kathedrale von Havanah beigesetzt seien. Der Sarg war von einer Bleikiste umhüllt; dir in letztere eingegrabenen Schriftzeichen gestatten keinen Zweifel, daß es wirklich die Gebeine des Entdeckers von Amerika seien, die sich in dem Sarg befinden.
- Aus Böhmen fahren täglich viele schwerbeladene Schiffe auf der Elbe nach Sachsen, sie führen Obst: Aepfel, Birnen und namentlich Zwetschen aus, deren Ernte dies Jahr eine ungewöhnlich reiche ist.
- Als Vor Jahren einmal das Gerücht von des alten Wrangel Tod sich an der Börse in Berlin verbreitete, da kam plötzlich der alte Herr selber bei den Börsenherren angefahren und sagte Seelenvergnügt: ich komme nur, um mir zu dementiren! - Dasmal aber haben die Herren vergeblich auf das Dementi (Widerlegung) gewartet. -
Am 4. d. herrschte in den Straßen der Stadt Metz ein ungewöhnlich reges Leben und Treiben. Es trafen nämlich, vielfach von Verwandten und Bekannten begleitet, die Rekruten der diesjährigen Aushebung dort ein, um von da aus nach ihren meist altdeutschen Garnisonen befördert zu werden. Die meisten der jungen Leute schienen sich auf das Soldatenleben zu freuen, Deutsche und Französische Soldatenlieder singend, durchzogen sie in größeren und kleinerem Abtheilungen die Stadt. Besonders stolz schienen die für die Garde ausgehobenen Rekruten zu sein. An ihren selbstverständlich Deutschen Soldatenmützen prangte in großen Buchstaben das Wort "Garde". Heute früh wurde das muntere Völkchen nach den verschiedenen Bestimmungsorten weiter befördert. Die bessere Stimmung der Rekruten rührt wohl ohne Zweifel daher, daß die entlassenen Reservisten durch ihre wahrheitsgetreuen Schilderungen des Deutschen Soldatenwesens den Glauben an die von der Französischen Presse geflissentlich verbreiteten Schauermärchen zerstört haben.
- Das Kartenspiel verdankt seine Abwechslung der Mannigfaltigkeit der Verbindungen und möglichen Versetzungen, die sich mit den Karten vornehmen lassen. Der Scat z. B. wird mit der deutschen Karte, also 32 Blättern unter drei Betheiligten gespielt; jeder Mitspielende erhält zehn Karten, während die übrigbleibenden zwei für den Spieler in Reserve in den Scat gelegt werden. Die Verbindung je zweier Elemente von 32 gegebenen ist eine 496fache, es kann also 496mal ein anderer Scat liegen. Von den übrigen 30 Blättern kann nur der erste der Mitspielenden bei einem und demselben Scate 30,045,015mal verschiedene Karten bekommen, während sich die letzten 20 Karten auf den zweiten und dritten Mitspielenden dergestalt vertheilen, daß sie unter sich wieder die Karte 184,756ma1 umwechseln können. Auf jede zwei Blätter des Scats kommen also 30,045,015 mögliche Spiele der Vorhand und auf jedes dieser Spiele wieder 184,756 verschiedene Spiele in der zweiten und dritten Hand. Hieraus ergiebt sich, daß der möglichen Fälle überhaupt 1,376,645,204,252,320 beträgt. Gesetzt, drei ächte Scatbrüder machten sich daran mit dem Vorsatze, nicht eher wieder aufzuhören, bevor das große Werk geschehen und sie spielten in der Stunde 20 Spiele und sie spielten Tag und Nacht, so müßten sie 7850 Millionen Jahre sitzen.
- Pommersche Blätter erzählen von einem seltenen Diamantenfunde bei Bütow. Vor einigen Wochen ging der Vater des Lehrers auf den betreffenden Acker, um von demselben die dort zahlreich liegenden Steine zu sammeln. Diese wurden zuerst auf einen Haufen geworfen, wobei einer der Steine so eigenthümlich zersprang, daß sich die Aufmerksamkeit des Mannes auf ihn lenkte. Der Alte hob den zersprungenen Stein, in dessen Hälfte sich ein zweiter länglich runder Stein befand, auf und nahm ihn nach vollbrachtem Tagewerk mit nach Hause. Hier klopfte man nun vermittelst starker Hammerschläge einen Splitter von dem inneren Steine los

[ => Original lesen: 1877 Nr. 89 Seite 6]

und - der vermuthliche Diamant war entblößt; man schrieb mit demselben in die Fensterscheiben, und die Schrift gelang bis in die kleinsten Züge so scharf, daß der Riß den darüber streifenden Fingernagel schabte. Selbstverständlich bemühte sich der Lehrer sofort um nähere Untersuchung des Kleinnodes; er meinte die Aechtheit seines Steines aus mineralogischen Werken erkennen zu können, was ihm jedoch nicht gelang. Jetzt wird zur Prüfung des Fundes wohl schon eine früher bereits gesuchte Persönlichkeit gefunden sein, die bald den Zweifeln ein Ende machen dürfte." In der Einleitung zu dieser Mittheilung wird von dem angeblichen Diamant gesagt, er sei so groß wie ein Hühnerei. Der größte bekannte Diamant, der dem Russischen Kronschatze gehörige Orlow, ist noch nicht so groß wie ein Taubenei. Dagegen giebt es Bergkrystalle, die noch viel größer sind, aber - lange nicht so viel werth.
- Aus Mühlhausen im Elsaß wird berichtet: Ich stand neulich vor dem Schaufenster eines Buchhändlers, in welchem die antike Laokoon=Gruppe (Laokoon von den Schlangen umwunden) ausgestellt war. Neben mir standen einige Elsässer Weiber. Da begann die ältere der Frauen auf das Bild deutend: Säht, desch ist der Prüß, der Olle in der Mitten; da hat er die beeden Klennen, desch Elsaß unn desch Lothrink, unn hat Se an sich geknüppelt mit em Seil. Se wolle sich Beede löse, es gäht'r abersch nit, er hält gar zu feste, der Prüß." Die anderen Weiber staunten das so sinnreich erklärte Gemälde bewundernd an und kamen kopfschüttelnd zu dem Schlusse: "Ja, ja, er hält gar zu sähr feste - der bose Prüß!"


Die Kürze des Lebens.

Das Menschenleben fließt wie ein Hauch dahin und ist oft verweht, ehe man seiner noch gewahr geworden. Unzählige werden geboren, nur um gleich wieder zu

sterben, Unzählige um vor der Zeit dahin zu siechen. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn sich aus den statistischen Zusammenstellungen eine Durchschnittsdauer des menschlichen Lebens von nur 33 Jahren ergiebt. Buffon hat die Beobachtung gemacht, daß zwischen der Dauer des Wachsthums und der Lebenslänge ein arithmetisches Verhältniß von 1:7 besteht, daß also die Kürze des Lebens siebenmal die des Wachsthums übersteigt. Dies trifft auch bei den Säugethieren zu. Der Hirsch erreicht seine körperliche Vollendung im fünften, sechsten Jahre und lebt bis ins fünfunddreißigste Jahr. Das Pferd ist im vierten Jahre ausgewachsen und lebt bis ins fünfundzwanzigste Jahr. - In ähnlicher Weise bestätigt sich dieses Gesetz durch das ganze Thierreich, nur der Mensch steht als Ausnahme da. Das eigentliche Wachsthum geht beim Menschen bis in das zwanzigste Jahr; mithin würde die demselben entsprechende Lebensdauer 140 Jahre sein. Aber die Fälle, wo solches Alter erreicht wurde, sind zu zählen. Waller hat aus allen erdenklichen Quellen Beispiele hohen Alters zusammengestellt und gefunden, daß man von 100 bis 110 Jahren 1000 Fälle annehmen kann; sechzig von 110 bis 120, neunundzwanzig von 120 bis 130, fünfzehn von 130 bis 140 und endlich einer von 169 Jahren solchen Thatsachen gegenüber muß freilich das Buffon'sche Gesetz schweigen, und selbst, wenn wir uns auf das goldene und silberne Zeitalter berufen, so finden wir auch dort wenig Terrain zu seiner Vertheidigung.
Die Bibel geht freilich mit den Jahren nicht sehr zurückhaltend um, die Bücher Moses sogar sehr verschwenderisch - andere Urkunden ertheilen zwei Lateinischen Königen ein Alter von 800 und 600 und einigen Arkadischen von 300 Jahren. Aber solche und ähnliche Angaben sind so fabelhaft und so wenig beglaubigt, daß sich kein Beweis auf sie begründen läßt. Es geht im Gegentheil aus allen sicheren historischen Quellen hervor, daß die Menschen alter Zeiten nicht länger gelebt haben als jetzt. Und so war es denn auch vor Jahrhunderten mehr noch als gegenwärtig das Streben der Alchymisten, das Leben auf natürlichem oder unnatürlichem Wege zu verlängern. Die Einen suchten zu diesem Zweck den Stein der Weisen, die Anderen sannen alle auf geheimnißvoll wirkende Medizinen. Sie starben aber an ihren Geheimnisse und diese mit ihnen. - So kurz indessen auch unser Leben immerhin sein mag, so erscheint es doch lang im Vergleiche mit dem Leben Derer, die mit uns die Erde bewohnen. - Nur wenige Thiere leben so lang als der Mensch.
- Diese wenigen sind der Wallfisch, der Elephant und einige Vögel und Reptilien. Das Rhinozeros lebt gegen 70 Jahre, das Kameel 50, der Hirsch 30, die größeren Katzen, die Rinder, das Pferd und der Esel gegen 25 Jahre, der Hund und sein Geschlecht 18. Schafe, Ziegen, Gazellen leben 12 Jahre, die Katze 10, der Hase, das Kaninchen 8 und die Maus 5 bis 6 Jahre.
Das Weib hat von Natur einen milderen, ruhigeren Organismus, der es nicht so empfindlich gegen Ebbe und Fluth des Lebens macht, wie den rastlosen cholerischen Mann. Dabei fällt dem Weibe überhaupt der kleinste Theil der Lasten zu, die mit unserem Dasein so eng verbunden sind. Die Sorge um das tägliche Brod, der Drang der Zeit geht am Weibe mit schonender Hand vorüber. Der ganze Verkehr mit der Außenwelt ist des Mannes Sache.
- Es darf dieses Verhältniß nicht zu gering angeschlagen werden. Der Ehestand ist ein Hafen der Ruhe, dem der Mann auf dem Meere des Lebens mit Verlangen zusteuert und in dem das Weib das Ziel ihrer Wünsche und ihren vollkommensten Wirkungskreis findet. - Es ist also der Ehestand das dem Menschen am meisten zusagende Verhältniß, welches das Leben erhalten und verlängern muß. Daß Beruf und Lebensweise nicht minder von großem Einfluß auf die Dauer des Lebens sind, ist Jedem bekannt. Eine Thätigkeit, die frische Luft und freie Bewegung erlaubt, wird zur Erhaltung des Lebens das Ihrige thun, vor allem sind es Muße und Ruhe, die die Lebensgeister aufrecht erhalten. In vergleichenden Tabellen finden wir denn auch den Geistlichen obenanstehen, der eben seinem Körper Alles gewähren kann, was er zur Erhaltung bedarf, der da in christlicher Milde und philosophischer Ruhe auf die Natur und die Menschen um sich her mit steter Hoffnung hinsieht. Ihm zunächst steht der Kaufmann mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von 65 Jahren, dann folgt der Landmann mit 61, der Soldat mit 59, der Büreauarbeiter mit 58 und der Künstler mit 57 Jahren. Die wahrscheinliche Lebensdauer für jedes Alter ergiebt sich, wenn man das erreichte Jahr von Neunzig abzieht. Die Hälfte des Unterschiedes kann man getrost seinen Tagen zuzählen.
Wir können die gesammte Zahl der Bewohner unserer Erde zu Tausend Millionen abschätzen, davon sterben jährlich, 333,333,333, täglich 91,824, stündlich 3730, in jeder Minute 60, einer also per Secunde. Von diesen täglich und stündlich Sterbenden steht der vierte Theil noch im Kindesalter, zwei Viertel als die Hälfte starben noch vor dem zwanzigsten Jahre. Von Tausend erreichen 10 das fünfundsechzigste, zwei das achtzigste und einer das hundertste Jahr. Man sagt, daß Blaustrümpfe länger leben, als andere Frauen. Ida Pfeifer war 62, Milford 68, Lady Mortley=Montague 72, Frau Ovie 84, Frau Sommeville 91 und Mad. de Genlis 96 Jahre alt. Doch die Länge des Lebens hat weniger Werth als das, was man während desselben thut. Aber möge der Eine bis zum Silberhaar lange um das Grab herumwanken, der Andere in der Blüthe seiner Jahre hinabsinken; nicht die Zahl der Jahre ist es, die den Gehalt des Lebens ausmacht, die den Kern des Daseins bildet. Wer wollte lieber durch die einsame Wüste seinen langwierigen Weg suchen, als im grünen Flußthal durch die saattragenden Gefilde, durch die regen Städte und Dörfer, kräftig und genießend wandern? Göthe sagt, jeder Tag sei gleich einem Gefäß, das wir uns füllen sollen mit Thaten, Gedanken und Gefühlen. - Wahrheit und Treue, Weisheit und Vertrauen, Schönheit und Vollkommenheit, geben unserem Leben erst Geist und Seele.


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