No. 71
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 11. September
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 71 Seite 1]

   Nachdem ich von Großherzogl. hoher Landesregierung zum Civil=Mitgliede der Commission für die Feststellung und Abschätzung der Flurbeschädigungen bestellt, welche durch die diesjährigen im hiesigen Fürstenthume stattfindenden Truppenübungen entstehen werden, fordere ich alle Grundbesitzer, Pächter und sonstigen Nutznießer von Grundstücken, welche durch die Truppenübungen Flurbeschädigungen erlitten haben und dieserhalb Entschädigungsansprüche erheben wollen, hiedurch auf, die von ihnen erlittenen Schäden bei dem betreffenden Gemeinde=Vorstande, resp. der Großherzogl. Landvogtei hieselbst thunlichst beschleunigt anzumelden; die betreffenden Gemeinde=Vorstände aber wollen die bei ihnen angemeldeten Entschädigungsansprüche mir umgesäumt mittheilen, da spätere Anmeldungen erst nach Verlauf längerer Zeit zur Abschätzung gelangen können und dadurch nicht nur Störungen in der Bewirthschaftung der betreffenden Grundstücke, sondern auch, wenn die verspäteten Ansprüche gesetzlich überall noch berücksichtigt werden könnten, auf allen Fall eine Verzögerung der Schadloshaltung zur Folge haben würden.
   Schönberg, den 2. September 1877.

Der Vorsitzende der Commission zur Abschätzung der durch die diesjährigen Truppenübungen verursachten Flurschäden.
v. Arnim.


Politische Rundschau.

Deutschland. Die großen rheinischen Manöver werden auch in dieser Woche noch fortgesetzt. Gestern hat sich Se. Maj. der Kaiser Wilhelm von Brühl nach Derkum begeben, um dort die große Parade des VIII. Armee=Corps abzuhalten. Heute wohnt Se. Majestät dem bei Euskirchen stattfindenden Corps=Manöver bei. Morgen ist Ruhetag; und den Abend wird der Kaiser in Köln zubringen. Am Donnerstag findet das erste, am Freitag das zweite und am Sonnabend das dritte Feldmanöver bei Euskirchen statt. Am Nachmittage des letzteren Tages wird sich Se. Majestät der Kaiser nach Koblenz begeben und im dortigen Schlosse Logis nehmen.
Das Wichtigste Ereigniß der vorigen Woche ist wohl die Audienz, welche Se. Majestät unser allverehrter Kaiser Wilhelm am Mittwoch rheinischen Superintendenten und Geistlichen gewährt hat. Einem ausführlichen Berichte der "Krzztg." zufolge dankte der General=Superintendent Dr. Nieden Sr. Majestät dem Kaiser zunächst in seiner Anrede dafür, daß derselbe in Uebereinstimmung mit seinen hohen Vorfahren die Kirche auf dem Grunde des wahren Glaubens zu erhalten bemüht sei, auf dem sie ruhe, "welcher gelegt ist in unseren Herrn und Heiland Jesu Christo, dem eingeborenen Gottessohne, unserm ewigen Hohenpriester und dem einigen Haupt seiner Gemeinde;" und in Bezug darauf sagte der Kaiser: "Auch meine Ueberzeugung ruht auf dem Grunde, dessen der General=Superintendent gedacht hat, und auf diesem Grunde muß die Kirche stehen bleiben sonst gerathen wir ins Verderben; denn es giebt eine Partei, die die Religion abgeschafft haben will. Wir dürfen uns darüber nicht täuschen. schon im vorigen Jahre habe ich bei einer anderen Gelegenheit daran erinnert, daß schon einmal - ich dachte an die französische Revolution - Gott abgeschafft und wieder eingesetzt sei. Auch jetzt sind wir auf demselben Wege, wenn auch viele Einzelne sich der Uebergangsstadien nicht bewußt sind." Darauf berührten Se. Majestät die Verfassungsfrage der evangelischen Kirche; bemerkten, daß Sie von Herzen für eine Verfassung derselben seien, daß aber die Vorgänge der letzten Monate bewiesen hätten, daß die jetzt hergestellte Verfassung in einigen Punkten verbesserungsbedürftig sei, "weil unsichere Elemente in die Vertretung gekommen sind, welche, ihnen selbst vielleicht unbewußt, die Zerstörung der Religion herbeiführen müssen." Se. Majestät schlossen: "Wir dürfen es uns nicht verbergen, daß wir einer ernsten Zeit entgegengehen, und Sie haben darin eine schwere Stellung und eine große Aufgabe. Ich stehe mit Ihnen auf demselben Grunde."
Ferner wurde von der Versammlung an Se. Majestät die Bitte gerichtet, den Bestand der evangelischen Volksschule schützen zu wollen, weil die Simultanisirung denselben gefährden könne; und der Kaiser erwiderte, daß Kirche und Schule die Pflegestätten des Patriotismus sein müßten, und daß Kirche und Schule in reger Verbindung zu bleiben hätten. Das sei wenigstens sein Wunsch, und er werde bei der Vorlage des Unterrichtsgesetzes, über das ihm noch kein Vortrag gehalten sei, dahin wirken und hoffe, daß die That seiner Gesinnung entsprechen werde." Se. Majestät schlossen mit den Worten: "Rechnen Sie auf mich!"
Das sind dankenswerthe Worte, denn sie zeigen, daß unser Kaiser nicht nur die schlimmen und großen Gefahren der jetzigen Zeit, sondern auch die Heilmittel richtig und klar erkennt, und daß er auch ernstlich gesonnen ist, dieselben anzuwenden. Ob es demselben gelingen wird, die im sg. Kulturkampf entfesselten wilden Wogen des Unglaubens und des Hasses gegen Christum und seine Kirche noch wieder einzudämmen, das steht ja in Gottes Hand.
In einem telegraphischen Zeitungsbericht aus Benrath liest man wörtlich neben einander: "I. Maj. die Kaiserin setzt ihre Besuche wohlthätiger Anstalten unermüdlich fort. Die Frau Kronprinzessin begleitet zu Pferde in den Uniformfarben ihres Leib=Husarenregiments alle Truppenübungen."
Im Jahre 1876 betrug die deutsche Handels=

[ => Original lesen: 1877 Nr. 71 Seite 2]

flotte im Ostseegebiete 1964 Segelschiffe, 137 Dampfschiffe, im Nordseegebiet 2462 Segel= und 182 Dampfschiffe, im Ganzen 4745 Schiffe mit einer Bemannung von 42,362 Mann.
Frankreich. Die Beerdigungsfeier des alten französischen Ex=Präsidenten Thiers, die am Sonnabend stattgefunden hat, ist, wie sich erwarten ließ, zu einer großen Demonstration der liberalen und radikalen Republikaner gegen die Regierung gemißbraucht worden. schon war die Beerdigung Thiers auf Staatskosten beschlossen worden; aber da sich die Wittwe desselben natürlich auf Anstiften der liberalen Parteigänger den für Staatsbeerdigungen vorliegenden Vorschriften nicht fügen wollte, so hat das betreffende Dekret wieder aufgehoben werden müssen, und die Regierung hat sich nur so weit betheiligen können, als es sich um die militärischen Ehren handelte. Besonders sollen die bekannten 363 liberalen früheren Deputirten, sowie die liberalen Senatoren ihren Platz im Leichenzuge unmittelbar hinter der Familie Thiers gefunden haben; und namens der ehemaligen Deputirten hat der frühere Präsident der Nationalversammlung, Grevy, eine Grabrede gehalten, der damit bekunden sollte, daß er nun an Stelle Thiers die Führerschaft der Linken übernehmen wolle.
Ueber den russisch=türkischen Krieg entnehmen wir den "Meckl. Anz." folgenden Bericht: "Trotz eines verhältnißmäßigen Mangels an Kriegsnachrichten mag in Bulgarien augenblicklich an mehr als einer Stelle der blutigste Kampf toben, da jeder der beiden Gegner eben jetzt eine günstige Entscheidung herbeizuführen hofft. Wir lassen gleich hier die jüngste russische Nachricht von dem Zusammenstoß der Russen mit der türkischen Ostarmee folgen. Es ist ein officielles Telegramm noch aus dem Hauptquartier zu Gornii Studen vom 6. Sept., welches folgendermaßen lautet: Am 5. griffen die Türken mit 15 Bataillonen, 18 Schwadronen und 23 Geschützen das russische Corps bei Rustschuck auf der ganzen Linie an, richteten den Hauptangriff auf Kazlewo und Oblanowo und verstärkten sich während des Kampfes immer mehr. Unsere Colonne bei Kazlewo, 5 Bataillone, 8 Escadrons und (?) Artillerie hielt sich standhaft, wurde aber nach sechsstündigem hartnäckigem Kampfe unter großen Verlusten zum Rückzuge auf Ostriza gezwungen. Die russische Colonne bei Oblanowo, gleichfalls von großer Truppenmacht angegriffen, wies alle Angriffe ab und behauptete ihre Positionen. In Balkan ist Alles ruhig."


- Neustrelitz. 6. Sept. II. KK. HH. der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin sind gestern Abend in erwünschtem Wohlsein hier wieder eingetroffen.
- Ueber eine Mordthat in der Rostocker Haide erfährt die "R. Z." folgendes Nähere. Das beim Jäger Keding zu Torfbrücke dienende Mädchen Luise Halwes war am letzten Dienstag nach dem "Neuen Kruge" an der Rostock=Ribnitzer Chaussee geschickt und kehrte zur festgesetzte Zeit nicht zurück. Ihr Dienstherr, dadurch beunruhigt und einen Unfall fürchtend, veranlaßte eine allgemeine Durchsuchung des Gehölzes, bei welcher die Halwes am Mittwoch Morgen mit durchschnittenem Halse und augenscheinlich von fremder Hand getödtet vorgefunden wurde. Der Verdacht der That richtete sich alsbald gegen einen 21jährigen Seefahrer J. Suhr, welcher in Ribnitz geboren und später mit seinen Eltern nach Torfbrücke verzogen ist. Derselbe hatte sich besonders dadurch verdächtig gemacht, daß er sich nicht wie alle übrigen Bewohner von Torfbrücke an den Nachforschungen nach dem vermißten Mädchen betheiligt, auch nach Auffindung der Leiche sich von dem Orte der That fern gehalten hatte. Das rostocker Criminalgericht, welches sich zur Aufnahme des Thatbestandes am 6. Sept. nach Torfbrücke begeben hatte, verfügte die Verhaftung des Suhr, welche noch an demselben Tage erfolgt ist. Wie man erzählt, hat Suhr schon dem die Verhaftung vollziehenden Beamten gegenüber sofort ein umfassendes Geständniß abgelegt. Darnach hat er die Halwes, mit der er im Gehölze zusammengetroffen, mit unsittlichen Anträgen verfolgt und sie dann thätlich angegriffen. Das Mädchen hat sich tapfer gewehrt und mit Anzeige des Vorfalls gedroht. Hierdurch aufgebracht, hat Suhr einen am Wege liegenden Knittel ergriffen und der davon eilenden Helwes von hinten einen Schlag über den Kopf versetzt, der sie betäubt zu Boden gestreckt hat, worauf er sie durch Durchschneiden des Halses völlig getödtet hat. Die ermordete Luise Halwes ist 21 Jahre alt und ebenfalls aus Ribnitz gebürtig; ihre Eltern sind bereits verstorben. Sie wird als ein tüchtiges und treues Mädchen bezeichnet und war mit einem in der Nachbarschaft von Torfbrücke dienenden jungen Manne verlobt.
- Ein äußerst großartiger Empfang wurde dem deutschen Kaiser auf seiner Septemberreise am 2. Sept. in Essen zu Theil. Von seiner Ankunft früh 7 1/2 Uhr an, bis zu seiner Abfahrt Nachmittags 5 1/2 Uhr, weilte derselbe auf den Kruppschen Werken, alle Einrichtungen und im Gange befindlichen Arbeiten besichtigend. Nur durch den Besuch des Gottesdienstes in der Pauluskirche um 9 Uhr, und Nachmittags durch eine Rundfahrt durch die Stadt und die Kolonien wurde dieser Aufenthalt bei Krupp unterbrochen. Der Besitzer des großartigsten Etablissements, daß die Neuzeit aufzuweisen hat, Herr Kommerzienrath Krupp, sein zahlreiches Beamtenpersonal, sein gegenwärtig ca. 15000 Mann starkes Arbeiterpersonal, sowie die ganze Bevölkerung mit ihren Krieger= und Gesangvereinen haben mitgewirkt, die diesjährige Sedanfeier für den Kaiser zu einer überall glänzenden zu gestalten. Von Essen reiste der Kaiser nach Benrath (Schloß bei Düsseldorf), wo er 8 Uhr Abends eintraf, um den Manövern in dortiger Gegend beizuwohnen!
- Die Reise=Anstrengungen, denen der Kaiser sich in dem Monat September zu unterziehen gedenkt, sind ganz bedeutende. Zwar bleibt der Kaiser auf der ganzen Reise nur eine, die erste, Nacht im Eisenbahnwaggon und legt nie mit einem Male große Entfernungen zurück. Dafür besteigt er aber die Bahn 41 Mal und verweilt 40 Stunden und 15 Minuten darin. Außerdem macht er etwa 20 Spazier= und Umfahrten, nicht gerechnet die Fahrten zur und von der Eisenbahn. Was aber noch mehr ist: er nimmt 3 Paraden, 2 Uebungen und 12 Manöver ab. Hier erscheint er natürlich zu Pferde und hat also das Roß 17 Mal zu besteigen. Mit den militärischen Uebungen hängen noch andere unvermeidliche Anstrengungen zusammen: zwei Zapfenstreiche, ein Fackelzug etc. sechs Mal hat der Kaiser außerdem Empfang zu gewähren; acht Mal Serenaden, Musik= und Gesangvorträge anzuhören, verschiedene Umfahrten, Besichtigungen und die Grundsteinlegung auf dem Niederwalde vorzunehmen; zwölf Mal giebt der Kaiser selbst ein Diner, einmal einen Thee; zwei Mal nimmt er von anderen Personen ein Dejeuner, fünf Mal ein Diner entgegen, drei selbstständige Feste sind für ihn in Vorbereitung. Auf alle Fälle aber ist der hohe Herr während voller fünfundzwanzig Tage nicht in seinem Heim und wechselt acht Mal das Nachtquartier, so wie ja auch Jedermann weiß, daß die gewöhnlichen laufenden Arbeiten während solcher Reise nicht ruhen. Um beispielsweise nur eins anzuführen, so laufen auf jeder Station in jedem Orte ganze Körbe voll Briefe, Gesuche und Anliegen aller Art ein, die der Kaiser sammt und sonders mit eigener Hand öffnet und sofort durchsieht.
- Die Hungersnoth in Indien wird immer drohender. In den Gebieten um Madras sollen von December bis Juli eine halbe Million Menschen gestorben sein, und anderthalb Millionen empfangen Unterstützung.


Anzeigen.

Zum öffentlich meistbietenden Verkaufe des der Stadt Schönberg gehörenden, in der Wasserstraße hieselbst sub. Nr. 63 belegenen massiven Wohnhauses ist ein Termin auf

Mittwoch, den 21. September c.,
Vormittags 11 Uhr, von uns angesetzt.

Kaufliebhaber werden hiedurch aufgefordert, sich zur angesetzten Zeit in der Rathsstube einzufinden, die Verkaufsbedingungen werden im Termine verlesen, sind aber auch vorher bei uns einzusehen.
Schönberg, den 9. September 1877.

Der Magistrat.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 71 Seite 3]

Torf=Auction.

Am 22. und 29. September, von Morgens 9 Uhr ab, sollen auf dem Rünzer Moor ca. 800 Mille Ruthen=, Form= und Stechtorf bei freier Concurrenz für die Einwohner des Fürstenthums Ratzeburg meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden und wollen sich Kaufliebhaber zur gedachten Zeit auf dem Rünzer Moor einfinden.
Schönberg, den 6. September 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.        


Am Montag den 17. September cr., Vormittags 11 Uhr werde ich beim Arbeitsmann Boie in Rottensdorf die in vim executionis zur Abpfändung gekommenen Gegenstände als:

1 Kleiderschrank, 1 eich. Koffer, 1 Chatulle, 1 amerikanische Uhr, 2 Ziegen, etwas Heu und Brennholz, 3 Stühle, einige Mannskleidungsstücke und die auf circa 30 []Ruthen Land ausgepflanzten Kartoffeln
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung versteigern.
Schönberg.

Staffeldt,             
Landreiter.     


Am Dienstag den 18. September c., Morgens von 9 Uhr an, soll in der Behausung des Schulzen Kähler in Lankow in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

1 großer Kleiderschrank, 4 versch. Schränke, 1 Kommode 2 Koffer, 1 Lade, 3 Tische, gegen 200 Pfund rohen Flachs, gegen 60 Pfd. Flachs, gegen 40 Pfd. Heede, 157 Ellen Leinen, Leinenzeug, Manns= und Frauenkleidungsstücke, Betten, Haus= und Küchengeräthe, 1 Ziege.
Schlagsdorf, den 7. September 1877.

Krüger,             
Landreiter.     


Bitte.

Kaum auf einem andern Gebiete der innern Mission ist eine so rasche Entwickelung zu beobachten, wie die Sache der Herbergen zur Heimath sie gefunden hat. Erst 21 Jahre sind vergangen, seit die erste in Bonn ihre Pforte aufgethan. Jetzt bestehen solche in 108 Städten Deutschlands. An immer neuen Orten regt sich der gleiche Gedanke. Daß solche Anstalten nothwendig sind und Segen verbreiten, ist von allen denen längst anerkannt, welche das Volksleben mit seinen tiefen, nach Hülfe schreienden Schäden nicht nur von der Oberfläche kennen. Immer seltener findet der Geselle Arbeit und Kost im Meisterhause. In derselben Weise lockert sich mehr auch das Verhältniß der Lehrlinge zum Meister. Die Zahl der wandernden Gesellen, sowie diejenige der freien Arbeiter, die theils der Heimath fern, theils ohne eine solche umherwandern, mehrt sich stetig. Der vereinzelte junge Mensch kann aber oft nur schwer den Versuchungen widerstehen, welche auf der Wanderschaft wie im geselligen Verkehr an ihm herantreten. Ein Jüngling, der in der Fremde lebt, ist in der Regel auf die Geselligkeit im Wirthshause angewiesen und wird in den gewöhnlichen Herbergen mit all ihrem schlechten Einfluß nicht selten zu Grunde gerichtet. Gar viele Jünglinge, die zuletzt in Spitälern seufzten und hinstarben, haben es bekannt: in einer schlechten Herberge seien sie erst an Leib und Seele verwüstet worden. Wie müssen besorgte Eltern für ihre entfernten Söhne die Herbergen zur Heimath segnen, wenn dieselben sich immermehr wie ein Netz über unser Vaterland ausbreiten, so daß ein redlicher Jüngling fast in keiner namhaften Stadt diese Wohlthat zu entbehren braucht. Und nicht bloß Eltern, welche ihre Kinder in die Fremde hinausschicken, alle, denen das Wohl unsers Volkes wirklich auf dem Herzen liegt, haben an der Gründung und dem Fortschritt das gleiche Interesse. Den großen Aufgaben gegenüber, welche dieser Zweig der innern Missionsarbeit zu lösen sucht, darf sich Niemand gleichgültig verhalten oder sich vornehm und unthätig zurückziehen.
In unserem Nachbarlande Mecklenburg=Schwerin bestehen bereits Herbergen zur Heimath in Schwerin, Ludwigslust, Rostock, Ribnitz und Wismar und erfreuen sich des besten Erfolges. Dadurch ermuthigt und im Vertrauen auf Gottes Hülfe und die Opferfreudigkeit ihrer Landsleute wollen die Unterzeichneten im Verein mit andern Männern unserer Stadt und unseres Landes auch hier in Neubrandenburg eine Herberge zur Heimath errichten, und so Gott will, im October d. J. eröffnen. Dieselbe soll nicht bloß den wandernden Handwerkern, sondern auch solchen hier in Arbeit stehenden Gesellen ein Unterkommen bieten, die beim Meister Tisch und Wohnung nicht mehr finden. Zugleich hoffen wir in derselben, für den hier bestehenden Jünglingsverein und die Sonntagsschule, sowie für die zu errichtende Kleinkinderschule, welche allseitig als ein dringendes Bedürfniß empfunden wird, geeignete Locale zu gewinnen.
Ein geräumiges Haus zum Preise von 18600 Mk. ist zu diesem Zwecke erworben. Von Freunden der Sache waren 1800 Mk. gesammelt, die als erste Anzahlung verwandt worden sind. Se. Kgl. Hoheit unser allergnädigster Landesherr, hat auf eine desfallsige Bitte ein zinsenloses Darlehn von 2000 Mk. auf 10 Jahre bewilligt, sowie eine Landescollecte huldreichst gestattet. Die grundleglich zu machenden Statuten sind von Hoher Großherzoglicher Landesregierung bestätigt und sind mittelst derselben der zu begründenden Anstalt die Rechte einer juristischen Person verliehen. Durch Vermittelung des Rauhen Hauses bei Hamburg ist in der Person des jetzigen Herbergsvaters Möller zu St. Pauli in Hamburg ein Hausvater gewonnen, dessen bewährte Tüchtigkeit dem Unternehmen den besten Erfolg verspricht.
Aber noch ist der größte Theil des Kaufgeldes ungedeckt, auch fehlt sämmtliches zur ersten Einrichtung, die sich zunächst auf 12 Betten erstrecken soll, nothwendige Inventar. Zudem ist es eine bekannte Thatsache, daß Herbergen zur Heimath, wenn sie einmal eingerichtet sind, erst ganz allmählich finanziell auf eigenen Füßen stehen können.
Wir wenden uns darum an alle unsere Landsleute mit der herzlichsten Bitte: Helft uns bauen an einem Haushalte, der in gleicher Weise und mit gleicher Freundlichkeit allen jungen Handwerkern dienen soll, die seiner begehren. Jede, auch die kleinste Gabe, wird willkommen sein.
Neubrandenburg, den 1. Septbr. 1877.
     H. v. Oertzen=Leppin, Geheimer Legationsrath.
     A. Raspe, Advokat, Neubrandenburg.
     C. Milarch, Präpositus, Neubrandenburg.
     H. Kurt, Uhrmacher, Neubrandenburg.
     H. Hacker, Lehrer, Neubrandenburg.
Indem wir die freundlichen Geber und Geberinnen bitten, die uns zugedachten Gaben, sei es an Geld, Lebensmitteln, Feuerung oder Inventar im Monat September an einen der vier zuletzt Unterzeichneten einzusenden, geben wir nachstehend ein Verzeichniß derjenigen Gegenstände, welche wir zur ersten Einrichtung bedürfen.
12 Bettstellen mit Betten, 24 Bettbezüge und Bettlaken, 72 Handtücher, 72 Küchentücher, 24 Staubtücher, 24 Tischtücher, 72 Servietten, 4 Tische in den Gastzimmern, 1 Küchentisch, 24 Stühle, einige Bänke, 2 Kleiderschränke, 1 Wäscheschrank, 1 Küchenschrank, 24 Bierseidel, Wasserflaschen und Wassergläser, Kaffeekannen, Tassen, große und kleine Teller, Messer und Gabel, Fülllöffel, Eßlöffel, Theelöffel, Schöpfkellen, Kochtöpfe, 2 Theekessel, Pfannen, Milchtöpfe, 4 Eimer, Waschwannen, Feuerungsbehälter, Wasserzuber, Fisch= und Fleischbretter, Hackmesser, Besen, 4 Feuerschaufeln und Zangen, Ascheimer, 2 Wanduhren, 6 Hängelampen, Flurlampe, Handleuchter, passende Bilder, 1 Harmonium u. a. m.
Ueber den Empfang der eingehenden Gaben wird öffentlich quittirt.

Der obige Vorstand.     


Am Donnerstag, den 13. dss. Mts. Abends halb 8 Uhr

Versammlung

des Committes der diesjährigen Sedanfeier Zwecks=Abrechnung.


Zahnschmerzen jeder Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.     


[ => Original lesen: 1877 Nr. 71 Seite 4]

Da ich bis Michaelis gänzlich räumen muß verkaufe ich von heute an den Rest meiner Waaren, worunter sich noch viele werthvolle Sachen befinden, zu jedem annehmbaren Preise.
Rehna, August 1877. J. Burchard.


Bei hartnäckigen Halsübeln das einzige Mittel:

       Herrn Fenchelhonigfabrikanten L. W. Egers in Breslau.

Bevern bei Holzminden, 27. Februar 1877.       

       Schon lange bin ich Verehrer Ihres Fenchelhonigs*) und habe ihn als einziges Mittel erkannt, welches mir bei hartnäckigen Halsübeln sehr gute Dienste gethan hat. Ich möchte denselben nun auch als Handelsartikel einführen und ersuche Sie . . . . (folgt Auftrag).

A. Schumacher.       

-------------
       *) Alleinverkauf in Schönberg bei Buchbinder C. Sievers


Am Sonnabend d. W. werden Rappschoten verbrannt zu Hof Rünz.


Scheibenschießen Am Donnerstag den 13. und Freitag den 14. September d. J. findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach Silbergewinnen statt, wozu ich hierdurch alle Bekannten freundlichst einlade.
Der Ball findet am 13. Septbr. statt. Büchsen werden von mir geliefert. Ein Satz von 3 Schüssen kostet 1 M.

Gastwirth Kohs, Menzendorf.


Ich erlaube mir hiermit anzuzeigen, daß ich Donnerstag den 27. September ein

Putzgeschäft

eröffne und bitte die geehrten Damen der Stadt und Umgegend um geneigten Zuspruch.
Ich wohne im Hause des Herrn Färbermeisters Musfeld, Siemzer=Straße Nr. 108.
Es werden von jetzt an alle Arbeiten angenommen.
Schönberg.

                          Hochachtungsvoll ergebenst
                          Marie Tretow.


Gesucht zu Hof Rabensdorf ein gewandter
Stallknecht,

der Einiges im Hause zu thun hat.


Blaustein

zum Waizen=Einkalken habe ich noch eine Parthie billig abzugeben.

Ludw. Wolter, Rehna.     


Rahmkäse

in sehr schöner Qualität, à Pfund 65 Pf., offerirt

Ludw. Wolter, Rehna.     


Zu verpachten

habe ich noch einen Theil von dem Nachmahtfutter auf meiner Wiese.

Staffeldt, Landreiter.     


Gusseiserner Ofen
Zu außerordentl. billigen Preisen.
Gußeiserne Oefen
in großer Auswahl,
--- Sparheerde ---
in allen Größen,
Gußeis. Stall=, Keller= und Dach=Fenster,
Dachpappen, Drathstifte etc. etc.
empfiehlt
Heinr. Pagels, Lübeck,
Magazin für vollständige Haus= und Küchen Einrichtungen.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,30 .
Hasen d. St. M3 - 4 .
Enten d. St. M1,60 .
Hühner d. St. M1,40 .
Kücken d. St. M0,70 .
Tauben d. St. M0,40 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 5 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen20 M -Pfennig  bis 26 M -Pfennig.
Roggen17 M 50Pfennig  bis 18 M 50Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer15 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 71 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 71 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 11. September 1877.


Lebenswege.
Eine Erzählung.
(Fortsetzung und Schluß.)

[ => Original lesen: 1877 Nr. 71 Seite 6]

Lebenswege.
Eine Erzählung.
[Fortsetzung und Schluß.]


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