No. 64
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 17. August
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 64 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Vom diesjährigen Kurerfolge des Kaisers in Ems und Gastein erklärt sich der kaiserliche Leibarzt, Herr v. Lauer, aufs Höchste zufriedengestellt. Die katarrhalischen Affectionen von denen Se. Majestät von Zeit zu Zeit heimgesucht war, sollen durch die Kur in Ems gänzlich verschwunden sein.
Der Bundesrath wird, so wird officiös berichtet, seine Thätigkeit in der letzten Septemberwoche wieder aufnehmen. Man geht bei dieser Disposition von der Ansicht aus, daß erfahrungsmäßig drei Monate für die Vorbereitung der Reichstagsarbeiten genügen. Den Schwerpunkt derselben wird, wie man uns mittheilt, der Reichshaushaltsetat bilden, weil die Gesammtmaterie der Zoll= und Steuerfrage in Verbindung mit demselben zur Erledigung gebracht werden soll und dem Bundesrathe nach dieser Richtung hin wichtige Berathungen bevorstehen.
Die Ausprägung von Fünfundzwanzigpfennigstücken soll, wie die Montagszeitung aus zuverlässiger Quelle hört, dem Einziehen der silbernen Zwanzigpfennigstücke und der Nickel=Fünfer folgen. Namentlich wird diese Maßregel von dem Reichsbankdirektorium befürwortet. Es ist nämlich gegenwärtig, wo zur Bezahlung von Pfennigrechnungen stets das 1/2=Nickelstück verwendet wird, fast unmöglich, Kupfergeld in Umlauf zu setzen, und die Bank hat von diesem letzteren nicht selten 12-14 Millionen nutzlos auf Lager. Durch das Verschwinden des Nickelfünfers und das in Courssetzen von Fünfundzwanzigpfennigstücken würde natürlich das Publikum gezwungen sein, sich des Ausgleichsmittels der kupfernen Ein= und Zweipfennigstücke zu bedienen. (Selbstverständlich muß erst dem Reichstage ein darauf bezüglicher Antrag unterbreitet werden.)
Die Liberalen rufen: "Stop", "Halt!" Es wird ihnen bange, auf dem von ihnen betretenen Wege weiter zu gehen. Sie sehen, wie er sich abwärts neigt zur Sozialdemokratie, und es wird ihnen unheimlich zu Muthe, da sie es nicht mehr leugnen können, daß die Schaaren der Sozialdemokraten sich mehren und die ihrigen sich lichten. "Stop!" rief kürzlich der Capitän des Reichstags, der Präsident v. Forckenbeck, in einer Tischrede in der Generalversammlung des Centralvereins für Volksbildung zu Breslau. "Stop!" so rief zu gleicher Zeit die "Nat. Ztg.", und die übrigen nationalliberalen Blätter stimmten im Wesentlichen bei. Forckenbeck sagte: "Ich glaube, es thut nichts mehr noth, als stille zu stehen, nicht um zurückzuweichen, sondern um das festzuhalten, was wir gewonnen haben. Wenn sonst die Gesetzgebung dem Drängele des Volkes zu sehr nachhinkte, so ist sie jetzt vielleicht demselben zu sehr vorausgeeilt. - Wir haben Großes erreicht halten wir darum still, um die Hauptpunkte zu vertheidigen, männiglich und nach allen Seiten und an Nebenpunkte die bessernde Hand anzulegen; halten wir still vor Allem deshalb, um dem Volke Zeit zu gönnen, sich in die Verhältnisse einzuleben. Es treten gerade jetzt Erscheinungen zu Tage, die, wenn nicht bange machen, so doch verstimmen können; Inopportunitäten gewisse Massen, die um so verderblicher wirken, weil persönlicher Ehrgeiz oder persönliche Anmaßung Spitzen zu erklimmen suchten, die ein kluger und weiser Mann niemals zu erklimmen Lust trägt . . darum meine Herrn keine Thorheiten. Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen, aber gefährlich ist auch der Weg auf des Messers Schneide. Gerade, fest und ehrlich soll unser Wort, unser Wesen und unsere Politik sein, aber zu feines Gespinnst reißt und ladet uns Diejenigen zur Tafel, die unsere alten Gegner sind und waren und es bleiben werden in aller Zukunft. Sie setzen sich mit uns zu Tische, um desto eher das Tuch zwischen uns zerschneiden zu können. Darum, meine Herren, keine Thorheiten, keine Unüberlegtheiten! Zurück auf die Schanzen zur mannhaften Vertheidigung des bisher Errungenen! Alles Uebrige wird von selbst nachfolgen."
Auf eine von Neustrelitz aus an die Königl. Eisenbahn=Commission für die Berliner Nordbahn ergangene Anfrage ob die Nordbahn in Bälde eine größere Fahrgeschwindigkeit erhalten würde, ist nach den "M. A." am 11. d. M. folgendes Schreiben eingegangen: "Berlin, 8. Aug. 1877. Auf die gefällige Anfrage vom 3. d. M. beehren wir uns ergebenst zu erwidern, daß zur Zeit keine Aussicht zur Einführung von Schnell= und Courierzügen auf der Nordbahn gegeben ist. Die Nordbahn wurde vom Herrn Minister für eine Bahn von localer Bedeutung erklärt; die größte Fahrgeschwindigkeit für diese Bahnen beträgt 30 Kilometer in der Stunde. Eine größere Fahrgeschwindigkeit wird vermuthlich erst dann in Aussicht genommen werden, wenn der Verkehr der Bahn in entsprechender Weise sich gehoben haben wird. Königl. Eisenbahn=Commission für die Berliner Nordbahn. Klöse."
Das Hamburger Niedergericht hat jüngst eine auch weiterhin wichtige Entscheidung getroffen. Bekanntlich enthalten die meisten Lebensversicherungs=Policen die Bemerkung, daß im Falle des Selbstmordes des Versicherten die Police bedeutungslos ist. Die Wittwe eines in Folge Selbstmordes verstorbenen Mannes machte dennoch die Forderung auf Grund der Police geltend, indem sie behauptete, daß ihr Mann den Selbstmord in unzurechnungsfähigem Zustande begangen habe und dieser Zustand einem natürlichen Tode mit rechtlichen Folgen gleichzuachten sei. Das Gericht erkannte diese Auffassung an und verurtheilte die Lebensversicherungs=Gesellschaft zur Zahlung, - eine Sentenz, die auch vom Obergericht bestätigt worden ist.
Vom Kriegsschauplatze liegen auch heute keine Nachrichten über wichtigere Ereignisse vor. Nur aus Petersburg wird ein kleines für die Russen günstiges Gefecht in der Nähe von Rasgrad gemeldet. Suleiman Pascha rückt immer weiter vor, und die Russen ziehen sich nach den vorliegenden Depeschen immer weiter über den Balkan zurück. Suleiman soll Kasanlyk und Kalifer wieder besetzt haben, aber den Schipkapaß haben die Russen befestigt, scheinen ihn also auch behaupten zu wollen.

[ => Original lesen: 1877 Nr. 64 Seite 2]

Der Gesundheitszustand der russischen Truppen, namentlich in der Dobrutscha, wird als ein sehr ungünstiger geschildert. Im Zimmermannschen Corps sei der Krankenstand täglich um 300-400 Mann gestiegen. Ueber die russische Armeeverwaltung wird sehr geklagt, an der türkischen wird weniger Kritik geübt, wahrscheinlich ist diese unter aller Kritik; namentlich soll das Corps Gurkos in dieser Beziehung in sehr schlimmer Lage sein. Die Nachricht, daß Rußland seine ganze Armee mobil mache, wird als unbegründet bezeichnet.
- Das Regiment, welches Kaiser Wilhelm dem Kronprinzen von Oesterreich verliehen hat, ist das 2. brandenburgische Ulanenregiment Nr. 11, welches in Perleberg garnisonirt.
- Wie die "N. Pr. Z." aus Berlin berichtet, hat die Prinzessin Elisabeth, geboren am 8. Februar 1857, zweite Tochter des Prinzen Carl von Preußen, sich mit dem Erbgroßherzoge von Oldenburg, geboren am 16. November 1852, verlobt.
- In Mainz will man dem Bischof v. Ketteler ein Denkmal errichten. Es sollen dazu schon 50,000 Mark gezeichnet sein.
- Der am Freitag Abend zur Haft gebrachte Knecht Porath, welcher nur mit Mühe den Aeußerungen der Entrüstung der Stralendorfer Bewohner entzogen werden konnte, hat sich durch Verletzung der Pulsadern an den Händen mittelst eines Beiles bez. eines Rasirmessers vor seiner Arretirung derartig verletzt, daß er schwerlich unter 14 Tagen aus dem städtischen Krankenhaus ins Gefängniß wird transportirt werden können. Porath sagt aus, er habe vor der Ermordung der Marie Bork dieselbe gebeten, wieder seine Braut zu werden und erst nach deren Weigerung dem Mädchen den Todesstreich versetzt. Dem unter großer Betheiligung erfolgten Begräbniß der Bork hat Porath in der Nähe des Kirchhofes im Korn liegend zugesehen. Am Freitag Abend traf der Criminalrath Giffenig aus Bützow in Rostock ein, um die Untersuchung fortzuführen. (M. A.)
- Auf der Themse bei Woolwich wurden mit einem rohconstruirten, aber folgewichtigen Apparate Versuche mit dem sog. "Telescopie spar Torpedo" angestellt, von dem einer der Arbeiter des Laboratoriums, Namen's Griffith vor einigen Tagen ein Modell eingereicht hatte. Die auf einem kleinen Dampfboot in den Strom hinabfahrenden Zuschauer sahen nur einige Pfähle, etwa 30 Fuß lang, auf dem Deck liegen, einen auf dem andern, mit einer rothen Scheibe an dem einen Ende. Das Manöver bestand darin, nach den im Flusse treibenden Bojen zu zielen, während der kleine Dampfer in voller Eile vorbeijagte. Der Erfolg war (nach einer Correspondenz der "Morning Post") ein merkwürdiger. Auf eine Entfernung von etwa 50 Fuß ward der Torpedo über Bord geworfen, von der Fluth und der Bewegung des Fahrzeuges auf Armslänge fortgetragen, gleichzeitig streckte sich der obere Theil in Form eines Fernrohres aus und brachte die Torpedospitze vollständig unter den angegriffenen Gegenstand. Die Meinung aller Augenzeugen ging dahin, die Erfindung sei geschickt und werthvoll, selbst in den Händen einer ungeübten Mannschaft, und dem gewöhnlichem Torpedo der das angreifende Schiff selbst der Zerstörung aussetzt, sicherlich vorzuziehen.
- Ueber den Gebrauch des "Pariser Grün", zur Vertilgung des Coloradokäfers erhielt die Weser=Zeitung folgende Zuschrift von einem Amerikaner. Die ausgewachsenen Käfer schaden weniger bei ihrer ersten Erscheinung im Frühjahr, darum wenden wir nicht gleich Gift an, weil das Gift der jungen Pflanze schadet, sondern gehen wöchentlich zwei Mal von Pflanze zu Pflanze, tödten die Käfer - nicht mit der Hand, weil sie giftig sind - sammeln die Eier und vernichten dieselben. Trotz aller Vorsicht wird bei trockenem warmen Wetter die junge Brut scheinen. Sobald die Kartoffelblüthe sich zeigt, ist die Pflanze stark genug, um Gift - Pariser Grün - anzuwenden. Wir nehmen einen Eßlöffel voll Pariser Grün zu einem Eimer voll Wasser tauchen einen kurzen Haidebesen in diese Mischung, welche fortwährend umgerührt wird und besprengen jede Pflanze, auf welcher die Käfer sich zeigen. Ein Pfund Pariser Grün genügte für etwa drei Acker. Manche mischen das Gift mit Gips, Kalk oder Mehl, aber der Wind weht zuweilen den Staub auf Weiden u. s. w. und Pferde und Kühe oder Hühner werden dann mitunter vergiftet; deshalb nehmen wir nur Wasser. Tabacksjauche und andere Mittel sind nutzlos. Wenige Hühner fressen die Käfer, auch die Vögel berühren sie nicht. Jedes Kartoffelfeld sollte so behandelt werden, denn ein vernachlässigtes Feld liefen Käfer für ganze Strecken. Das Gift schadet der Frucht nicht. Wir haben Kartoffeln so behandelter Stauden während zwei Winter genossen.
- Zwei Hochzeiten wurden in vergangener Woche zu gleicher Zeit in einem der größten Berliner Restaurants gefeiert. Wohl niemals auf der Welt sind zwei Gesellschaften so unter sich einer Ansicht so gegeneinander verschiedener Meinung gewesen, wie diese. Die eine Gesellschaft schwamm in einem ununterbrochenen Lobgesang auf den Wirth. So eine vorzügliche Oxtailsuppe, so eine superbe Forelle war noch nicht dagewesen! Und nun erst das Filet, der Salat, das Wild und Geflügel, das Eis - unbeschreiblich schön! Entzückend! So wogte die Unterhaltung an der Tafel hüben und drüben und der Brautvater schmunzelte und freute sich innerlich ganz fürchterlich, daß er gerade dieses Hotel gewählt, daß er gerade den richtigen Preis per Couvert getroffen. - Anders in der zweiten Hochzeitsgesellschaft. Wie manches Näschen unter den glücklichen frischen Augen rümpfte sich ob der dünnen Suppe, wie langsam kaute dort der dicke Feinschmecker an der säuerlichen Majonnäse, immer ärgerlicher schaute der Brautvater auf die schnell sich jagenden Gerichte und mit versteckter Bosheit trösteten die bekannten alten Freundinnen mit den riesigen Bouquets in den spindeldürren Fingern die Brautmutter: das Essen ist ja sehr schön! Es kann ja gar nicht besser sein! Zwar etwas einfach, aber recht trefflich!" So kamen die Trostworte monoton und tropfenweise und Jedwederein ärgerte sich baß, daß er seinen schönen, mühsam seit früh morgens erzogenen Hunger so schändlich vergeuden mußte. - "Was? Jetzt schon Käse?" rief wüthend da der Brautvater. Er stürzte hinaus - die Gäste ihm nach - Hinunter zum Wirth - Wirres durch einander! Endlich die Aufklärung: die Menus waren verwechselt! die Gesellschaft a Portion zehn Mark hatte für drei Mark gespeist und die Dreimärker hatten die zehn Markportionen geduldig und vergnügt bis auf den letzten Bissen aufgegessen. So bilden sich manchmal verschiedene Ansichten über einen und denselben Wirth ganz wunderbar!


Gegen die Maulwurfsgrille.

Ein alter Gärtner pflegte seinen Garten in folgender Weise von Maulwurfsgrillen zu befreien: Im Herbste grub er 2 - 3 Fuß tiefe Löcher in die Erde, füllte dieselben etwa zur Hälfte mit Pferdedung und schloß sie mit Erde wieder zu. Bevor der Boden im Frühjahr völlig aufthaute, wurden die Löcher geöffnet und der Dung vorsichtig herausgeholt. In demselben fanden sich dann runde Erdkugeln, die Wohnungen der Maulwurfsgrillen und ihrer Brut. Die Thiere hatten den Dünger seiner Wärme halber zum Winteraufenthaltsort gewählt. Vielleicht ist gerade zur Zeit manchem Landmanne mit dieser Mittheilung ein guter Dienst bewiesen.


Anzeigen.

Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1878/79 der Forst gegen die Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis

zum 15. September d. J.

hierher anzuzeigen.
Schönberg, den 4. August 1877.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
In Vertretung:
H. Spieckermann.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 64 Seite 3]

Der Joachim Heinrich Lenschow, geboren am 29. Januar 1854 zu Gr. Siemz, hiesigen Fürstenthums, unehelicher Sohn der jetzt verehelichten Airle in Lübeck, Catharina Maria geb. Lenschow, welcher sich bereits zu Anfang des Jahres 1876 zu Erfüllung seiner Militairpflicht hätte stellen müssen, sich aber bisher nicht gestellt hat, wird in Gemäßheit der Verordnung vom 23. December 1870, betreffend das Verfahren gegen ausgetretene Militairpflichtige etc., edictaliter hierdurch geladen, in dem auf

Sonnabend den 25. August d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Justiz=Amte anstehenden Termine sich einzufinden, unter dem Nachtheile, daß er im Falle seines Ausbleibens in dem anberaumten Termine dem Befinden nach des angeschuldigten Vergehens für überführt angenommen und gegen ihn auf die gesetzliche Strafe wird erkannt werden.
Schönberg, den 13. April 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.


Bekanntmachung.

Die unterzeichnete Kommission macht auf die nachstehend im Auszuge abgedruckten Bestimmungen der §§ 89 und 91 der Ersatz=Ordnung:

   § 89
   Nachsuchung der Berechtigung.

1. Die Berechtigung zum einjährig freiwilligen Dienst darf nicht vor vollendetem 17ten Lebensjahre nachgesucht werden. Der Nachweis derselben ist bei Verlust des Anrechts spätestens bis zum 1. April des ersten Militairpflichtjahres zu erbringen.
2. Die Berechtigung wird bei derjenigen Prüfungs=Commission nachgesucht, in deren Bezirk der Wehrpflichtige gestellungspflichtig ist.
3. Wer die Berechtigung nachsuchen will, hat sich bei der unter Nr. 2 bezeichneten Prüfungs=Commission spätestens bis zum 1. Februar des ersten Militairpflichtjahres schriftlich zu melden.
Dieser Meldung sind beizufügen:
a) ein Geburts=Zeugniß,
b) ein Einwilligungs=Attest des Vaters oder Vormundes mit der Erklärung über die Bereitwilligkeit und Fähigkeit, den Freiwilligen während einer einjährigen activen Dienstzeit zu bekleiden, auszurüsten und zu verpflegen,
c) ein Unbescholtenheits=Zeugniß, welches für Zöglinge von höheren Schulen (Gymnasien, Realschulen, Progymnasien und höheren Bürgerschulen) durch den Directer der Lehranstalt, für alle übrigen jungen Leute durch die Polizei=Obrigkeit oder ihre vorgesetzte Dienstbehörde auszustellen ist.
Sämmtliche Papiere sind im Original einzureichen.
4. Außerdem bleibt die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig freiwilligen Dienst noch nachzuweisen. Dies kann entweder durch Beibringung von Schul=Zeugnissen oder durch Ablegung einer Prüfung vor der Prüfungs=Commission geschehen.
5. Der Meldung bei der Prüfungs=Commission sind daher entweder die Schul=Zeugnisse, durch welche die wissenschaftliche Befähigung nachgewiesen werden kann, beizufügen oder es ist der Meldung das Gesuch um Zulassung zur Prüfung auszusprechen.
Die Einreichung der Zeugnisse darf bis zu dem unter Nr. 1 genannten äußersten Termin ausgesetzt werden.
In dem Gesuche um Zulassung zur Prüfung ist anzugeben, in welchen zwei fremden Sprachen der sich Meldende geprüft sein will. Auch hat der sich Meldende einen selbst geschriebenen Lebenslauf beizufügen.

   § 91.
   Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung durch Prüfung.

1. Wer die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig freiwilligen Dienst durch eine Prüfung nachsuchen will, hat sich auf Vorladung der Prüfungs=Commission persönlich im Prüfungs=Termin einzufinden.
2. Alljährlich finden zwei Prüfungen statt, die eine im Frühjahr, die andere im Herbst.
Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung muß für die Frühjahrsprüfung spätestens bis zum 1. Februar, für die Herbstprüfung spätestens bis zum 1. August angebracht werden.
hierdurch mit dem Hinzufügen aufmerksam, daß es der in § 89, 3. b. geforderten Erklärung nur bei freiwilligen der seemännischen Bevölkerung, sofern sie in der Flotte dienen wollen, nicht bedarf.
Bei der unterzeichneten Prüfungs=Commission werden in der Regel die Frühjahrsprüfungen in der ersten Hälfte des März und die Herbstprüfungen in der zweiten Hälfte des September abgehalten.
Schwerin, den 17. Juli 1877.

Großherzoglich Mecklenb. Prüfungs=Commission für Einjährig=Freiwillige.
Das Militair=Mitglied: Baron Stenglin.                          Das Civil=Mitglied: W. Schmidt.


Füllen-Schau und -Markt,
veranstaltet vom
Landwirthschaftlichen Verein zu Lübeck
auf dem Schützenhofe zu Lübeck
am 23. August 1877.
---------------
Programm:

Zur Prämirung werden nur Saugefüllen zugelassen.
Hinsichtlich der Schau und des Marktes findet in Bezug auf das Alter der Füllen keine Beschränkung statt.
Als Preise sind ausgesetzt:
     1) für Hengstfüllen 50 M. und 25 M.      2) für Stutfüllen 50 M. und 25 M. Von 7 Uhr morgens bis zum Beginn der Schau um 9 Uhr müssen die Füllen auf den Platz gebracht werden.
Zwischen 12 und 1 Uhr wird das Urtheil der Preisrichter verkündigt.
Eine etwaige Versteigerung findet nach Schluß der Schau um 1 Uhr statt.
Kein zur Schau gebrachtes Füllen darf vor 1 Uhr vom Platz entfernt werden.
Das Eintrittsgeld beträgt 50 Pfennig (Mecklenburg). à Person, die Führer der Füllen sind von demselben befreit.
Standgeld wird nicht erhoben.
Von 10-1 Uhr findet Unterhaltungsmusik auf dem Platze statt.
1 1/2 Uhr gemeinsames Mittagessen im Saale des Schützenhauses; Couvert 3 M. ohne Wein.
Lübeck im Juni 1877.

Das Comité.     


Am

Montag, den 20. August u. f.,
Morgens 10 Uhr,

wird zu Hohnsdorf an der Elbe, unweit des dortigen Bahnhofes gegen gleich baare Bezahlung die Auction des Viehzucht=Vereins der Artlenburger Elbmarsch und Umgegend über:

circa 110 Saugfüllen (Hengste u. Stuten)
circa 12 einjährige Füllen
circa 14 zweijährige Füllen
circa 12 dreijährige Pferde
circa 6 vierjährige Pferde
circa 4 fünfjährige Pferde
circa 9 sechs jährige u. ältere Pferde
abgehalten werden, wozu Käufer eingeladen werden.
          Lüdersburg, im Juli 1877.
             (Poststation Hohnsdorf)
                     a. d. Elbe.
Der Präsident des Vereins v. Spörcken.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 64 Seite 4]

Aufruf!

Der Sedan=Tag, der Nationaltag des gesammten deutschen Volkes, soll auch bei uns in diesem Jahre wieder festlich begangen werden.
Zur Deckung der Kosten einer würdigen Feier dieses Tages wendet sich die unterzeichnete Committe an den so oft bewährten patriotischen Sinn der Ratzeburger und bittet einen Jeden, nach seinem Theil ein Schärflein zu dieser nationalen Feier beizutragen.
Zur Sammlung von Beiträgen wird in der Stadt eine Missive circuliren, auf dem Lande eine solche den Ortsvorstehern derjenigen Ortschaften, die sich im Vorjahre durch Spenden betheiligt haben, zugeschickt werden, auch nimmt der Cassirer der Committe, Herr Senator Wilh. Heincke, jederzeit Beiträge entgegen.
Ueber das Programm wird demnächst das Weitere veröffentlicht werden, vorweg jedoch schon bemerkt, daß einem allgemein ausgesprochenen Wunsche zu Folge für dieses Jahr die Pflanzung einer Friedens=Linde in Aussicht genommen ist.
Schönberg, den 11. August 1877.

Die Committe.     


Es hat dem lieben Gott gefallen, den Vice=Schulzen Carl Hagen in Rupensdorf am Dienstag den 14. August durch einen sanften Tod zu sich zu nehmen. Diese Trauerkunde allen Verwandten und Freunden.
Rupensdorf, den 15. August 1877.

Die tief betrübten Hinterbliebenen.     


Kampfgenossen=Verein 1870/71.

Am Sonntag, den 26. August d. J., Nachmittags 3 Uhr,

ordentliche Versammlung
im Vereinslokale.
Schönberg.

                                                    Der Vorstand.
                                                    I. A.
                                                    Westphal.


Amerikanische Mähmaschinen,
Burdick und Kirby,
Pferderechen, Oldenburger Buttermaschinen, Schrotmühlen, Pumpen, landwirthschaftliche Maschinen aller Art

empfiehlt

J. Arndt, Lübeck.     
Fleischhauerstr. 70.     


Pferd      Am Sonnabend den 18. d. M.
trifft mein Transport guter
hannöverscher Race=Füllen
ein, wozu Kaufliebhaber freundlichst einladet                          
B. Schleuss, Schönberg.


Pferd Treffe am 21. August mit einem großen Transport

hannöverscher Saugfüllen

in Moisling ein.

J. Auerbach, Roßkämmer,
Moisling.


Erndtehandschuhe

in großer Auswahl und in verschiedenen Sorten sind stets zu haben in Schönberg bei

                          Emil Jannicke.
                          Handschuhmacher und Bandagist.


Von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig wird auf Wunsch ein Auszug aus diesem Buche Jedermann gratis und franco zur Einsicht gesandt.

Ein großartiger Erfolg

ist es ohne Zweifel, wenn von einem Buche 90 Auflagen erschienen sind und um so großartiger ist derselbe, wenn dies trotz gehässiger Angriffe möglich war und in einer so kurzen Zeit, wie solches der Fall, bei dem illustrirten Buche:

Dr. Airy's Naturheilmethode

Dies vorzüglich populär=wissenschaftliche Werk kann mit Recht allen Kranken, welche bewährte Heilmittel zur Beseitigung ihrer Leiden anwenden wollen, dringend zur Durchsicht empfohlen werden. Die darin abgedruckten Atteste beweisen die außerordentlichen Heilerfolge und sind eine Garantie dafür, daß das Vertrauen nicht getäuscht wird. Obiges über 500 Seiten starke, nur 1 Mark kostende Buch ist in jeder Buchhandlung vorräthig, wird aber auch auf Wunsch direct von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig gegen Einsendung von 10 Briefmarken à 10 Pf. versandt.


Den geehrten Herrschaften zur Nachricht, daß ich am

Freitag, den 24. August

in Schönberg eintreffe, und bitte, Bestellungen beim Restaurateur Herrn Tesch abzugeben.

Hochachtungsvoll ergebenst     
Th. Amerpohl,            
Leichdornoperateur.       


Liebig's Kumys=Extract

ist nach neuest. Forschungen mediz. Autoritäten alleiniges, sicheres diät. Radical=Mittel bei: Halsschwindsucht, Lungenleiden (Tuberculose, Abzehrung, Brustkrankheit), Magen=, Darm= und Bronchial=Catarrh (Husten mit Auswurf), Rückenmarksschwindsucht, Asthma, Bleichsucht, allen Schwächezuständen (namentlich nach schweren Krankheiten). Kisten von 5 Flacon an à Flacon 1 1/2 Mark excl. Verpackung versend. mit Gebrauchsanw.: Hartung's Kumys=Anstalt, Berlin W., Verläng. Genthiner St. 7. Aerztl. Brochüre über Kumys=Kur liegt jeder Sendung bei.
Wo alle Mittel erfolglos, mache man vertrauensvoll den letzten Versuch mit Kumys, Heilung wird der Lohn sein.


Morgen Sonnabend, Abend 7 Uhr
Kieler Bier
vom Faß,

     wozu freundlichst einladet

Fr. Tesch.     


Wegen Versetzung von hier beabsichtige ich meine

dunkelbraune Stute,

8 Jahre alt, belegt, von gutem, starken Körperbau, einspännig und in jedem Geschirr gefahren, zu sofort oder bis 1. Septbr. preiswerth zu verkaufen.

H. Drall, Schönberg,
Sabower Straße bei Rademacher W. Badstein.


Auf dem Hofe Menzendorf werden noch

Erntearbeiter

gegen hohen Lohn und freie Beköstigung angenommen.

H. Schultz, Inspector.     


Auf dem Hofe Menzendorf wird zu Michaelis d. J.

ein Stubenmädchen

gesucht.

Frau L. Langermann.     


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen19 M -Pfennig  bis 25 M -Pfennig.
Roggen18 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Gerste16 M 50Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,20 .
Hühner d. St. M1,15 .
Tauben d. St. M0,40 .
Schinken pr. 500 Gr. M1,00 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,30 .
Eier 6 St. für M0,30 .
Kücken d. St. M0,65 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 64 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 64 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 17. August 1877.


Lebenswege.
Eine Erzählung.

[ => Original lesen: 1877 Nr. 64 Seite 6]

Lebenswege.
Eine Erzählung.
[Fortsetzung.]


- Eine Riesenwurst. Der Magistrat in Nürnberg hat zu einem Umzuge mit einer 200 Meter langen und 5 1/2 Centner schweren Wurst, welche durch einige Straßen der Lorenzer Stadtseite durch kostümirte Metzgerburschen mit Trommlern und Pfeifern an der Spitze getragen werden soll, die Erlaubniß ertheilt. Im Jahre 1648 wurde in Nürnberg zum ersten Male mit einer solchen Wurst umgezogen. Die Wurst des 19. Jahrhunderts wird von Herrn Schlächter Eckert gemacht, von Herrn Restaurateur Todt im Museum gebraten und von den in Nürnberg versammelten Alterthumsforschern verzehrt werden. Das Bankett, welches übrigens bei Gelegenheit des 25jährigen Jubiläums des Germanischen Museums im Rathhause stattfinden wird, soll ganz im Stile des Anfangs des 16. Jahrhunderts abgehalten werden. Die Kostüme der Aufwartenden, sämmtliches Service und ebenso die Auswahl, wie die Art und Weise der Zubereitung der Speisen wird ganz das Gepräge jener Zeitperiode tragen. Nachstehend die Speisekarte: 1. Gang:
1) Endiviensalat, 2) Köpfelsalat, 3) Rapunzelsalat, 4) Salat von allerlei Kräutern, 5) Salat von rothen Rüben, 6) Salat von Pomeranzenschalen und Saft, 7) Brunnenkreß=Salat, 8) Salbeisalat, 9) Sauerampfer=Salat, 10) Schinken, 11) zwei gebratene Schwäne, kalt im rechten Gefieder, 12) Sechs gebratene Pfauen kalt in ihrem rechten Gefieder, 13) Sechs gebratene Ochsenköpfe mit vergoldeten Hörnern in einer Gallert gemacht, 14) Kalbsköpfe mit Essig und Oel, 15) geräucherte Zungen, 16) Kopf von einem Wildschwein, 17) Ochsenschwanzsuppe mit kleinen Vögeln. - 2. Gang: 18) Rindfleisch, gesotten mit Meerrettig und warme Kutterfleck, 19) Lungenbraten, 20) grüne Erbsen mit geräuchertem Speck, 21) Spansau, 22) Kalbskeule, 23) Hirschziemer, 24) warme Pasteten von Feldhühnern, 25) Pasteten mit lebendigen Vögeln, 26) Pasteten mit lebendigen Tauben, 27) Wildschwein in schwarzem Pfeffer eingemacht, 28) eingemachte junge Hühner, 29) gebratene Gans, gefüllt mit Birnen und Quitten, 30) Rehkeulen, 31) Reisbrei mit Zucker und Zimmt. - 3. Gang: 32) allerlei gedünstete Früchte, 33) allerlei Saft und Quitten, 34) eingemachter Ingwer, 35) Marzipan, 36) Frösche von Zucker, 37) Krebse von Zucker, 38) Fische von Zucker, 39) Strauben, 40) ungarische Torte, 41) Spinattorte, 42) Truthahn von Bisquit, 43) Enten von Bisquit, 44) Taubenhaus von Mandelgebackenem, 45) Baum von Mandelgebackenem, 46) Hollippen, 47) Hobelspähne, 48) Macaronenplätzchen, 49) allerlei überzogenes Confect, 50) allerlei frische Früchte. Während des Banketts finden verschiedene Belustigungen: Athleten=Produktionen, Erlegung eines Drachen etc. statt. Eine Abweichung von den Gebräuchen des 16. Jahrhunderts wird das Bankett haben, indem künstlerisch ausgestattete Speisekarten aufliegen, da sonst die Gäste manche Speisen nicht kennen würden
- Ein von nachstehender Seite begangener Gaunerstreich ist, nach der Staatsbürger Zeitung gegen einen kleinen aber nicht unbemittelten Geschäftsmann zu Berlin verübt worden. Demselben hatte vor etwa 5 Wochen sein Nachbar, der Rentier S., 3000 Mark zur Bewahrung übergeben, da er eine Reise nach Italien machen wolle und das Geld in seiner Behausung nicht für sicher hielt. Falls er auf der Reise noch Geld brauchen sollte, werde er schreiben oder telegraphiren. Drei Wochen später kam von S. aus München eine Depesche an, worin er den Freund um schleunige Uebersendung von 2000 Mark an seine Adresse mit Angabe eines Münchener Hotels bat. Das Geld wurde abgeschickt. Als der Rentier aber am verflossenen Dienstag hieher zurückkehrte, klärte sich die Angelegenheit dahin auf, daß derselbe eine Depesche nicht abgeschickt hatte, und allem Vermuthen nach, ein ungerathener Sohn des S., der dem Vater schon viel Kummer verursacht, und der zufällig im Zimmer gewesen war, als der Nachbar dem S. das Geld übergeben, seit vierzehn Tagen aber aus Berlin verschwunden war, die Depesche aus München abgeschickt und das Geld in Empfang genommen hatte.
- Eine niedliche Geschichte aus dem Gebiete der Bittschriften, welche beweist, daß unser Kaiser selbst den interessantesten Verhältnissen seiner Landeskinder das Ohr nicht verschließt, kommt zur Kenntniß der Tribüne und scheint der Originalität wegen mittheilenswerth. Bei dem Glasermeister L. in Berlin ist ein blutarmer Junge in der Lehre. Die Eltern desselben sind nach dem mit dem Meister gemachten Vertrag gehalten, den Sohn während der Lehrzeit zu kleiden. Die Erfüllung dieser Verpflichtung wurde ihnen schwer und der Knabe schränkte sich dabei nach Möglichkeit ein. Vor längerer Zeit ließ er sich ein Paar Stiefeln auf seine eigene Rechnung machen, war aber zu seinem Schmerz nicht im Stande, sie zu bezahlen. Der Schuhmacher drängte und der Schuldner war nicht wenig in Verlegenheit. Da ließ er sich eines Abends vor etwa drei Wochen von seinem Meister eine Briefmarke geben, klebte dieselbe auf einen Brief und ging zur Post. Bei seiner Rückkunft vom Meister befragt, an wen der Brief gerichtet, entgegnete der Junge verlegen: "Meester, ick habe an den Kaiser geschrieben, vielleicht bezahlt er die Stiebel!" Am Sonnabend ist der Briefschreiber auf das Polizeibureau seines Reviers beschieden worden. Der Lieutenant hat sich davon überzeugt, daß er den aus dem Kaiserlichen Kabinet zurückgekommenen Brief wirklich geschrieben hat und ihn mit Andeutungen entlassen, welche geeignet sind, dem Glaserburschen alle Kopfschmerzen um die "Stiebel" vergessen zu lassen.


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