No. 43
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. Juni
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 43 Seite 1]

Bekanntmachung.

   Das diesjährige Ober=Ersatz=Geschäft zur Aushebung der Militärpflichtigen des hiesigen Aushebungsbezirks findet statt

in Schönberg im Boye'schen Gasthause
am
Donnerstag den 21. Juni.

Zu demselben haben sich diejenigen Militairpflichtigen, welche nach Ausweis ihrer Loosungsscheine eine endgültige Entscheidung über ihre Militairpflicht zu erwarten haben und denen übrigens noch besondere Ladungen zugehen werden, Morgens präcise 7 Uhr einzufinden.
   Nicht verpflichtet zum persönlichen Erscheinen sind die bei der letzten Musterung für dauernd untauglich befundenen und die zur Ersatzreserve zweiter Klasse angesetzten Militairpflichtigen, sofern sie nicht speciell beordert sind; jedoch ist jeder in den Grundlisten des Aushebungsbezirks enthaltene Militairpflichtige berechtigt, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Ober=Ersatzcommission etwaige Anliegen vorzutragen.
   Die bei der Musterung für diensttauglich befundenen Mannschaften gelangen zuerst zur Vorstellung. Im Anschluß an das Ober=Ersatzgeschäft findet die Superrevision der Temporär=Invaliden statt.
   Militairpflichtige, welche zum Termin nicht pünktlich erscheinen, haben, sofern sie nicht dadurch zugleich eine härtere Strafe verwirkt haben, auf Grund des § 24,7 der Ersatz=Ordnung (Deutsche Wehrordnung vom 28. September 1875) eine Geldstrafe bis zu 30 M. oder Haft bis zu drei Tagen zu gewärtigen und können denselben die Vortheile der Loosung entzogen werden. Ist diese Versäumniß in böslicher Absicht oder wiederholt erfolgt, so werden sie dem Befinden nach als unsichere Heerespflichtige zur sofortigen Einstellung gebracht werden.
   Die Ortsvorsteher haben für die pünktliche Gestellung der betreffenden Militairpflichtigen aus ihrer Ortschaft Sorge zu tragen.
   Schönberg, den 1. Juni 1877.

Der Civil=Vorsitzende der Ersatz=Commission des Aushebungs=Bezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Politische Rundschau.

Deutschland. Se. Majestät der Kaiser wird voraussichtlich am 14. d. M. nach Ems reisen, um dort etwa vier Wochen zu verweilen und sich dann Mitte Juli nach Gastein zu begeben.
Se. K. H. der Prinz Friedrich Karl hat, wenn die vorläufigen Bestimmungen inne gehalten sind, gestern eine längere Reise nach Schweden angetreten. Die "M. Anz." bemerken dazu in einem berliner Briefe: "Gewiß mit Recht erfährt dieser Reiseplan Sr. K. H. in hiesigem politischen Kreisen die Deutung, daß die Gesammtsituation ernste Besorgnisse wegen umfassender Verwickelungen nicht rechtfertige. Man sagt sich einfach, der Feldmarschall Prinz Friedrich Carl würde nicht das Ausland aufsuchen, wenn irgendwie für Deutschland kriegerische Aussichten nahe lägen."
Durch Kabinetsordre hat Se. Maj. der Kaiser bestimmt, daß das neuerbaute Fort Woippy bei Metz fortan den Namen "Fort Kameke" führen soll. In der betreffenden Kabinetsordre lautet der Schluß wörtlich: "Den Kriegsminister, welchem Ich durch diese Bestimmung einen Beweis Meiner besonderen Werthschätzung und Anerkennung zu geben wünsche, habe Ich hiervon unmittelbar in Kenntniß gesetzt. Das sonst Erforderliche hat das Kriegsministerium zu veranlassen. Metz, 8. Mai 1877. (gez.:) Wilhelm."
Der Bundesrath hat das vom Reichstage beschlossene Zeugnißzwang=Gesetz abgelehnt.
Preußen. In Berlin, der Metropole der liberalen Intelligenz, ist nicht blos der Antrag gestellt worden, das apostolische Glaubensbekenntniß abzuschaffen, sondern in der Jakobi=Gemeinde ist in diesen Tagen ein "Prediger" gewählt worden, der in seiner jetzt sogar im Druck erschienenen Präsentations=Predigt öffentlich die Gottheit Jesu Christi geleugnet und sich zu dem "Standpunkt" der neueren der sogenannten modernen Theologie d. i. zur Protestantenvereinstheologie bekannt hat! Das "Deutsche Protestantenblatt," das Hauptorgan des Protestantenvereins, feiert diese Wahl als großen Sieg und schreibt dazu: "Der gesammte liberale Protestantismus Deutschlands und der Schweiz wird nach St. Jakobi in Berlin sehen." Daneben muß man sich erinnern, daß der in erster Instanz wegen Majestätsbeleidigung verurtheilte und sofort von seinem Amte suspendirte, dann aber schon vor langer Zeit in den beiden höheren Instanzen gänzlich freigesprochene Pastor Quistorp noch immer suspendirt bleibt. Allerdings ist Pastor Quistorp ein bekenntnistreuer Geistlicher, der mit hohem Eifer nach verschiedenen Seiten hin die segensreichste Thätigkeit entfaltet hat, und solche Leute kann man in der nun offen protestantenvereinlich gefärbten preußischen Union natürlich nicht gebrauchen, sondern sucht sie auf alle

[ => Original lesen: 1877 Nr. 43 Seite 2]

mögliche Weise los zu werden. Das sind schöne Zustände! Und dabei scheint sich die Stellung des jetzigen Oberkirchenrathes, der bekanntlich einen Sudo wieder in sein Amt eingesetzt hat, und nun keinen Finger rührt, das Unrecht zu hindern, das dem Pastor Quistorp geschieht, immer mehr befestigen. Wenigstens hat der König in diesen Tagen die vom Präsidenten des Oberkirchenraths dazu vorgeschlagenen Männer u. zw. den General=Superintendenten Dr. Brückner zum geistlichen Vice=Präsidenten und den Ober=Konsistorialrath Schmidt in Kassel sowie den Ober=Gerichtsrath Braun in Celle zu Mitgliedern des Oberkirchenrathes ernannt. Man will daraus folgern, daß das Entlaßungsgesuch des Präsidenten Hegel, eines bekenntnißtreuen Mannes, der mit dem Oberkirchenrath in Konflikt gerathen ist, wahrscheinlich genehmigt werden wird.
Der König von Sachsen hat am Donnerstag die seit längerer Zeit beabsichtige Reise nach dem Bade Ragaz in der Schweiz angetreten.
Niederlande. Die Königin ist sehr bedenklich erkrankt, sodaß an ihrer Genesung gezweifelt wird.
England. Am 28. Mai ist der vormalige Präsident der amerikanischen Union Grant in Begleitung seiner Frau und seines Sohnes in Liverpool angekommen, um sich längere Zeit als Gast in England aufzuhalten.
Vom Kriegsschauplatze sind keine bedeutenderen Ereignisse zu melden. Die über die Ufer getretene Donau und das beständige Regenwetter in Asien hindern das energische Vordringen der Russen sehr.
Die von den Russen eroberte Festung Ardahan wollen die Türken, wie sie nunmehr offiziell versichern, wieder erobert haben. Doch scheint diese Versicherung nichts weiter als ein dringender Wunsch zu sein.
In Konstantinopel soll übrigens die Aufregung und Bewegung der Bevölkerung gewachsen sein; Mukhtar Pascha, der Oberfeldherr auf dem asia=

(Fortsetzung in der Beilage.)


Anzeigen.

Das Material der eingestürzten Kesselhütte der fünften Mühle auf der Bäk soll öffentlich meistbietend verkauft werden und ist dazu an Ort und Stelle Termin auf

Freitag, den 8. d. M.,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzt, wozu Kaufliebhaber hierdurch mit dem Bemerken eingeladen werden, daß die Bedingungen vor Eröffnung des Verkaufs bekannt gemacht werden, auch in der hiesigen Registratur eingesehen werden können.
Schönberg, den 1. Juni 1877.

Großherzogl. Meckl. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


Nachdem ein genügendes Gebot für den auf Abbruch öffentlich meistbietend zu verkaufenden kleinen Drainsröhrenofen zu Röggeliner Ziegelei im Termin am 23. d. M. nicht abgegeben ist, so wird hierdurch ein nochmaliger Verkaufstermin auf

Mittwoch, den 6. Juni c.,
Vormittags 11 Uhr,

an Ort und Stelle angesetzt, wozu Kaufliebhaber mit dem Bemerken eingeladen werden, daß die Bedingungen vor Eröffnung des Verkauf bekannt gemacht werden, auch in der hiesigen Registratur eingesehen werden können.
Schönberg, 28. Mai 1877.

Großherzoglich Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


In Sachen betreffend den Konkurs über das Vermögen des Krämers Rudolph Beyer in Carlow steht zur Genehmigung des entworfenen Theilungsplanes event. zur Ausschüttung der Masse ein Termin auf

Mittwoch den 20. Juni d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Justiz=Amte, als Konkurs=Gerichte, an, zu welchem die interessirenden Gläubiger zur Empfangnahme der ihnen zuerkannten Pöste unter dem Nachtheil hiemit geladen werden, daß im Fall ihres Nichterscheinens sie als den Gerichtswegen entworfenen Vertheilungsplan genehmigend werden angesehen und daß der Betrag der ihnen zuerkannten Pöste auf ihre Gefahr und Kosten wird deponirt werden.
Schönberg den 26. Mai 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Bekanntmachung.

Die nochmalige Hebung einer Armensteuer zum vollen Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert, ihre Beiträge fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, den 4. Juni 1877.

Die Armenbehörde.


Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.

Die zu Johannis d. J. fälligen Zinsen auf die bei der Vorschuß=Anstalt belegt stehenden Capitalien werden wir bereits während der Woche

vom Montag den 11. Juni d. J.
bis
Sonnabend den 18. Juni d. J.
täglich
von 7 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags

im Locale der Anstalt auszahlen.
Schönberg, den 26. Mai 1877.

Das Directorium.     


Aller unbefugter Verkehr auf dem ersten Pfarrgehöfte, namentlich das Baden und Angeln von dem zu diesem Gehöfte gehörenden Gebiete aus, auch das Uebersteigen des verschlossenen Hofthors wird hierdurch gänzlich untersagt.
Schönberg, 4. Juni 1877.

Kämpffer, Pastor pr.     Bielfeldt, Pächter.


Alles unbefugte Betreten des neuen Gottesackers, namentlich von Kindern, auch das Uebersteigen der Einfriedigung wird hiermit bei Strafe verboten.
Schönberg, den 4. Juni 1877.

Kämpffer, Pastor pr.     


Es hat Gott dem Allmächtigen gefallen, am Sonnabend den 2. Juni Nachmittags unsere liebe Tochter und einzige Schwester Louise aus diesem Leben in ein besseres abzurufen, welches wir theilnehmenden Verwandten und Freunden hierdurch ergebenst anzeigen, mit der Bitte, um stille Theilnahme.

A. Timm,        
M. Oldenburg     
geb. Timm.       

Die Beerdigung findet Donnerstag Nachmittag 1 Uhr statt.


Wirthe, die die Restauration im Schützenhause an den Königschußtagen, 16. u. 17. Juli d. J. zu übernehmen wünschen, können beim Schaffner Petersen die Bedingungen einsehen und werden gebeten, ihre Gebote versiegelt bis zum 7. Juni bei demselben einzureichen.
Schönberg, den 30. Mai 1877.

Der Vorstand der Schützenzunft.


Portland=Cement
aus der Fabrik von
Thiele & Gripp in Lägerdorf
und
frischen Kalk
bei                                                    Thiele in Ratzeburg.


ff. verzinnte und lackirte

Vogelbauer,
ausnahmsweise billig,

sowie andere lackirte Waaren, als:

Kaffeebretter, Brodkörbe, Botanisirtrommeln, Broddosen u. s. w.

empfiehlt in reicher Auswahl

                          W. Wieschendorf,
                          Klempner in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 43 Seite 3]

Bilanz
der
Mecklenburgischen Lebensversicherungs- und Spar-Bank
in Schwerin
pro ultimo Mai 1877.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Schwerin, im Juni 1877.

Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank.
C. A. Schwerdtfeger, Director.
C. L. F. Soltau, General=Agent.


Seit einiger Zeit bemerken wir, daß in unsern Holzkoppeln in ruchlosester Weise Frevel verübt worden sind. Wir verbieten daher unbefugten Leuten nicht allein das Betreten unserer Holzkoppel, sondern auch das Betreten unserer Feldmark hiedurch gänzlich. Darauf Betreffende werden wir zur gerichtlichen Anzeige bringen.

Schulze Busch zu Rodenburg.          
Hauswirth Oldenburg zu Blüssen.     


Ich erlaube mir, den geehrten Bewohnern Schönberg's und Umgegend die ergebene Anzeige zu machen, daß ich von nun an wieder selbstständig mein Geschäft wie früher zu betreiben gedenke. Ich bitte daher meine früheren Kunden, ihre geschätzten Aufträge doch mir wieder zukommen zu lassen, ich werde stets bemüht sein, prompt und reell die Bestellungen auszuführen.
Um geneigten Zuspruch bittet

Borschel,                          
Tischlermeister in Schöneberg.         
Wallstraße.                       


Seit wann ist es Mode, das junge Leute, die sich mit allen Kräften für ihren Brodherrn interressiren, von billigen Vergnügungen durch denselben abgehalten, womöglich 3 - 4 Wochen eingesperrt, und dann mal 4 - 5 Stunden aus der Bucht gelassen werden.
Meiner Meinung nach ist es Mode, alle 14 Tage auszugehen.
Mag sich der Betreffende dieses zuziehen.


Am 11. und 12. Juni findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach Gewinnen statt, zu dem ich alle Schießliebhaber hiedurch freundlichst einlade. - Auf einen Satz von 3 Schüssen, der 1 M. kostet, fällt nur ein Gewinn. Büchsen u. s. w. werden geliefert.

Wittwe Grevsmühl     
in Zarnewenz.        


Zu meinem am

10. und 11. Juni

bei mir stattfindenden

Scheibenschießen

nach Gewinnen lade ich Freunde und Bekannte ergebenst ein. - Ein Satz von 3 Schüssen, worauf aber nur ein Gewinn fällt, kostet 1 M. Büchsen u. s. w. werden von mir geliefert.

Gastwirth Kaven in Pogetz.     


Gefunden

am Freitag, den 1. dieses Monats vor dem Hause des Kaufmanns F. C. Wolgast ein großes schwarzes Tuch. Gegen Erstattung der Insertionsgebühren abzufordern bei dem

Schönberg.                                                     Mädchen daselbst.


Die Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebensversicherungen, Leibrenten=Versicherungen, Kapital=Einlage=, Darlehns= und alle sonstigen Geld=, Inkasso= und Commissions=Geschäfte durch das unterzeichnete Bureau zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospekte (Nr. I. für Lebensversicherungen, Nr. II. für Leibrentenversicherungen, Nr. III. für Spar=Bank=Geschäfte) sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt.

Bureau der Mecklenburgischen Lebens=Versicherungs= und Sparbank in Schönberg.
W. Stephan.      W. H. Schacht.


Theater in Schönberg
im Saale der Frau Gastwirthin Köster.
Dienstag 5. Juni:
Die Familien Hörner und Goldschmidt.
Lustspiel in 3 Abtheilungen von Anno. Seitenstück zum Stiftungsfest.

Donnerstag 7. Juni: Benefiz für Herrn und Frau Ungar.

Leonore oder das Ende des 7jährigen Krieges.
Vaterländisches Schauspiel mit Gesang in 5 Bildern.
Hierauf:
Der Todtenritt um Mitternacht.
Lebendes Bild mit bengalischer Beleuchtung.

J. Kleinschmidt,     
Theaterdirector.      


Seit dem Erscheinen des "Stiftungsfestes" hat wohl kein dramatisches Product der heiteren Muse solche Sensation erregt wie Anton Anno's Lustspiel "Familie Hörner." Und dies mag wohl auch hauptsächlich der Grund sein, weshalb auf Anrathen mehrerer Herren dieses Ortes genanntes Stück - man könnte es den modernen Othello nennen - trotz vielfacher früherer Aufführung nach dreimaliger Probe am Dienstag den 5. Juni in Scene geht. - Den Freunden des reinen ungeschminkten Humors können wir daher den Besuch dieser Vorstellung nur empfehlen.     R.


Gefunden ein schwarzer Regenschirm. Abzuholen beim

Arbeitsmann Köster     
in Klein=Siemz.       


[ => Original lesen: 1877 Nr. 43 Seite 4]

Glück und Segen bei Cohn!
bewährte sich wiederum ganz vorzüglich, denn jetzt, am 16. Mai, wurde schon wieder, laut amtlicher Ziehungsliste, bei mir gewonnen und den glücklichen Gewinnern von mir ausbezahlt: Das grosse Loos, nämlich die grosse Prämie von
252,400 Mark
auf die Nr. 313,

und erst vor Kurzem

das grosse Loos, nämlich die grosse Prämie von
246,000 Mark
auf Nr. 456.

Ueberhaupt habe ich in dem letzten Jahre den bei mir Betheiligten die Summe von weit über

1 Million Mark,

und in kurzen Zeiträumen außer zahlreichen sonstigen großen Hauptgewinnen folgende große Prämien meinen Interessenten laut amtlichen Ziehungslisten baar ausbezahlt: Mark

360,000, 270,000, 225,000,
182,000, 180,000, 156,000,
häufig 152,000, 150,000, 120,000 etc. etc,

wodurch meine Firma mit Recht überall als die

Allerglücklichste

bekannt ist.
Die vom Staate Hamburg garantirte und interessanteste große Geld=Lotterie, in welcher die Gewinne im Ganzen

über 7 Millionen 470,000 Mark deutsche Reichsmünze

betragen, enthält nur 79500 Loose und werden in wenigen Monaten in 7 Abtheilungen im Ganzen 42000 Geldgewinne sicher gewonnen, nämlich:

1 großer Hauptgewinn und Prämie eventuell
375,000 M., speciell M. 250,000, 125,000, 80,000, 60,000, 50,000, 40,000, 30,000, 25,000, viele Gewinne von 20,000, 15,000, 12,000, 10,000, 6000, 5000, 4000, 2400, 2000, 1500, 1200 etc. etc.
Die Gewinnziehung der 1. Abtheilung ist amtlich auf den
13. & 14. Juni dieses Jahres

festgestellt, zu welcher
Ein ganzes Original-Loos nur 6 Mark,
Ein halbes Original-Loos nur 3 Mark,
Ein viertel Orign. -Loos nur 1 Mk. 50 Pf.

kostet.
Die mit Staatswappen versehenen Original=Loose sende ich gegen Einsendung des Betrages oder gegen Postvorschuß selbst nach den entferntesten Gegenden den geehrten Auftraggebern sofort zu. Ebenso erfolgen die amtliche Gewinnliste und die und die Gewinngelder sofort nach der Ziehung an jeden der bei mir Betheiligten prompt und verschwiegen. Durch meine ausgebreiteten Verbindungen überall kann man auch jeden Gewinn in seinem Wohnort ausbezahlt erhalten.
Jede Bestellung auf diese Originalloose kann man auch einfach auf eine Posteinzahlungskarte machen.

Laz. Sams. Cohn
in Hamburg.
Haupt=Comptoir, Bank= und Wechsel=Geschäft.


Schweriner Sparcassenbücher.

Diejenigen, welche im bevorstehenden Johannis=Termine Sparcassenbücher durch mich besorgen lassen wollen, ersuche ich, solche schon jetzt bei mir abzugeben.

Schönberg.                                                     W. H. Schacht.


Schafscheeren

in vorzüglich schöner Arbeit womit man keine Thiere verwundet und viel rascher scheeren kann (bei derselben Uebung) wie mit den alten Scheeren, kosten französische (mit Reservemesser) M. 5. 50 Pfennig (Mecklenburg). u. amerikanische (mit Reservemesser) M. 6. 25 Pfennig (Mecklenburg). bei Ludw. Warncke, Mölln i. Lauenburg.


Haupt-Gewinn ev. 375,000 Mark.
Glücks-Anzeige.
Die Gewinne garantirt der Staat. Erste Ziehung 13. und 14. Juni.
Einladung zur Betheiligung an die
Gewinn-Chancen
der vom Staate Hamburg garantirten grossen Geld-Lotterie, in welcher über
7 Millionen 470,000 Mark
sicher gewonnen werden müssen.

Die Gewinne dieser vortheilhaften Geld-Lotterie welche plangemäss nur 79,500 Gewinne enthält, sind folgende: nämlich 1 Gewinn ev. 375,000 Mark, speciell Mark 250,000, 125,000, 80,000, 60,000, 50,000, 40,000, 36,000, 4 mal 30,000 und 25,000, 4 mal 20,000, 28 mal 15,000, 12,000 und 10,000, 23 mal 8000 und 6000, 56 mal 5000 und 4000, 206 mal 2500, 2400 und 2000, 415 mal 1500, 1200 und 1000, 1358 mal 500, 300 und 250, 25061 mal 200, 150, 138, 124 und 120, 14839 mal 94, 67, 55, 50, 40 und 20 Mark und kommen solche in wenigen Monaten in 7 Abtheilungen zur sicheren Entscheidung.
Die erste Gewinnziehung ist amtlich auf den

13. und 14. Juni d. J.

festgestellt und kostet hierzu
   das ganze Originalloos nur 6 Reichsmark
   das halbe Originalloos nur 3 Reichsmark
   das viertel Originalloos nur 1 1/2 Reichsmark
und wenden diese vom Staate garantirten Original-Loose (keine verbotenen Promessen) gegen frankirte Einsendung des Betrages oder gegen Postvorschuss selbst nach den entferntesten Gegenden von mir versandt.
Jeder der Betheiligten erhält von mir neben seinem Original-Loose auch den mit dem Staatswappen versehenen Original-Plan gratis und nach stattgehabter Ziehung sofort die amtliche Ziehungsliste unaufgefordert zugesandt.

Die Auszahlung u. Versendung der Gewinngelder

erfolgt von mir direct an die Interessenten prompt und unter strengster Verschwiegenheit.
     Jede Bestellung kann man einfach auf eine Posteinzahlungskarte machen.
     Man wende sich daher mit den Aufträgen vertrauensvoll an

Samuel Heckscher senior,
Banquier und Wechsel-Comptoir in Hamburg.


Nachdem ich das Geschäft des Webermeisters Kähler am Kirchhofe übernommen habe, nehme ich zu jeder Zeit wieder Wolle an zum Kratzen, Spinnen und Zeug machen und indem ich stets gute und reelle Arbeit verspreche, bitte um zahlreichen Zuspruch.
Schönberg, den 28. Mai 1877.

J. Voß, Tuchmachermeister.     


Die in unserem heutigen Blatte befindliche Gewinn-Mittheilung des Herrn Laz. Sams. Cohn in Hamburg ist ganz besonders zu beachten. Dieses weltbekannte Geschäft besteht weit über fünfzig Jahre und hat den bei ihm Betheiligten schon die grössten Hauptgewinne von Mk. 360,000, 270,000, 246,000, 225,000, 183,000, 180,000, 156,000, oftmals 152,000, 150,000, 90,000, sehr häufig 78,000, 60,000, 48,000, 40,000, 36,000 a. etc. etc., am 16. Mai dieses Jahres schon wieder die grosse Prämie von 252,400 Mark und vor Kurzem ebenfalls die grosse Prämie von 246,000 Mark ausbezahlt, wodurch viele Leute zu reichen Capitalisten geworden sind. Es sind nun wieder für einen kleinen Einsatz grosse Capitalien zu gewinnen bis zu ev. 375,000 Mark. Auch bezahlt dieses Haus durch seine weitverbreiteten Verbindungen die Gewinne in jedem Orte aus. Da durch die getroffene grossartige Einrichtung in Vermehrung und Vergrösserung der Gewinne eine grosse Betheiligung zu erwarten ist, möge man dem Glücke die Hand bieten und sich vertrauensvoll an die Firma Laz. Sams. Cohn in Hamburg wenden, bei der man gewissenhaft und prompt bedient wird.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,10 .
Hühner d. St. M1,80 .
Tauben d. St. M0,50 .
Schinken pr. 500 Gr. M1,80 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 6 St. für M0,30 .


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen19 M -Pfennig  bis 25 M -Pfennig.
Roggen18 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Gerste16 M 50Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 43 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 43 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 5. Juni 1877.


tischen Kriegsschauplatz soll abgesetzt sein; die Kammer soll sich in Permanenz erklärt haben, und Midhat Pascha soll auf dem Wege nach Konstantinopel sein, um dort zum Diktator ausgerufen zu werden (?).
Die Pforte will, wie es heißt, nun auch in den Dardanellen an verschiedenen Punkten und in der Bay von Smyrna Torpedos legen lassen.
Gegen Serbien soll von türkischem Militär eine Gewaltthat ausgeübt worden sein, die Serbien leicht willkommenen Anlaß zum Kriege geben könnte. Das Wiener "Tageblatt" meldet nämlich aus Belgrad, daß die Türken die serbische Drinainsel Adabujuklitsch überfallen, friedlich arbeitende Bauern getödtet und ihr Vieh geraubt hätten.
Dem Berliner "Reichsboten" zufolge werden sich aus Deutschland mit Genehmigung des Kaisers der Major v. Lignitz, der Major v. Villaume und der Major Graf v. Wedel, sowie der Prinz Alexander von Battenberg in das russische Hauptquartier begeben.


- Die Hauptgewerbe= und Thierschau des Mecklenb. patriotischen Vereins in Grevesmühlen war sehr zahlreich aus allen Gegenden Mecklenburgs besucht und machte einen ganz befriedigenden Eindruck, sowohl in Hinsicht der Thierschau wie der Gewerbe=Ausstellung. Die Stadt Grevesmühlen hatte mit größter Aufopferung an Mühen und Geld sich auf's Festlichste geschmückt und erndteten dafür die befriedigendste Anerkennung von den vielen Tausenden aus nächster und weitester Umgebung und selbst S. K. H. der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin war gekommen, um die Ausstellung mit seinem Besuch zu beehren, wohnte der Preisvertheilung und Vorführung der prämirten Thiere bei und zeigte reges Interesse für alle Gegenstände der Gewerbe=Ausstellung und für die verschiedenen Viehsorten. Der Verlauf des Festes war vom herrlichsten Wetter begünstigt bis auf das Wettrennen in der Nähe von Grevesmühlen, zu welchem sich gleichfalls viele Tausende von Zuschauern eingefunden hatten. Aber bald nach der Eröffnung des Rennens zog im Süden ein Gewitter herauf und der beginnende Regen veranlaßte einen großen Theil der Zuschauer, namentlich die Damen, dem Rennplatz den Rücken zu kehren. - Es fielen sowohl bei der Thier= wie bei der Gewerbe=Ausstellung mehrere Prämien an Aussteller aus dem Fürstenthum Ratzeburg. So erhielt: der Pächter Rusch Kl. Rünz für den besten Hengst die erste Prämie von 150 M., der Hauswirth Freitag Gr. Rünz für die zweitbeste 3=jährige Stute mit Füllen 30 M., einen Bollenpreis von 30 M. der Pächter Burmeister=Rabensdorf. Der Schlosser Schrep und der Klempner Wieschenschendorf zu Schönberg erhielten ehrende Anerkennungen, ersterer für einen feuerfesten Geldschrank, letzterer für ausgestellte Klempnerwaaren. - Der Extrazug von Lübeck und Schönberg war von über 1000 Personen besetzt.
Es dürfte vielleicht dem geehrten Leser nicht uninteressant sein, etwas Näheres über die verschiedenen Arten der Torpedos, von denen jetzt so häufig die Rede ist, zu erfahren. Es giebt 2 Hauptgruppen derselben. Die einen liegen still und unbewegt unter dem Wasserspiegel, gewärtig, daß ein feindliches Schiff herankommt und an sie anfährt, wobei die Sprengladung in ihrem Innern sich entzündet und das Schiff von unten und von der Seite außeinander reißt; und das sind die defensiven Torpedos. Die andern werden durch verschiedene Mittel dem feindlichen Schiffe entgegengesandt, bis an dieses gebracht, um dann zu explodiren, und das sind die defensiven Torpedos. Ihre Construction ist theilweise sehr sinnreich. Es giebt welche, die sich selbst bewegen, und zwar genau nach der Richtung hin, wohin sie den Anstoß bekommen haben. Sie schwimmen wie ein Fisch. Sie haben eine Form vergleichbar einem Körper, der aus zwei Zuckerhüten, die mit der breiten Seite zusammenstoßen, gebildet wird, eine Spitze also vorne und eine hinten hat. Natürlich ist das Ganze von Eisen gefertigt. In den hohlen Raum kommt die Sprengladung. Aber außerdem wird in denselben Luft hineingepreßt. Wenn dieser Fischtorpedo in Bewegung gesetzt wird, beginnt in demselben Augenblick die in ihm enthaltene verdichtete Luft durch eine kleine Oeffnung herauszuströmen; und dies geschieht mit großer Gewalt. Der Luftstrom trifft eine kleine Turbine, ein Rad, wie es vom Wasser in Bewegung gesetzt wird, und diese Turbine beginnt zu arbeiten, und stößt den Torpedo nach vorwärts. Ein kleines Steuer hält ihn in gerader Richtung. So gelangt der Torpedo an die Wand des feindlichen Schiffs, stößt an sie mit der vordern Spitze, und durch diesen Stoß wird die Explosion der Ladung bewerkstelligt; der Torpedo hat gewirkt. Statt der gepreßten Luft verwendet man in neuester Zeit verdichtete Kohlensäure, die einen festen schneeartigen Körper bildet, wodurch es möglich ist, während einer viel längeren Zeit die Turbine des Torpedo in Bewegung, und folglich diesen in Gang zu erhalten. So ein Torpedo kann eine Entfernung von 4000 Schritten zurücklegen, wenn er einmal losgelassen wird. Es giebt aber auch einfachere Arten von solchen offensiven Torpedos, die sich fast gar nicht von den defensiven unterscheiden. Solche wurden von den Russen in Anwendung gebracht. Die Lieutenants Dobuschow und Schestakow brachten auf die rumänische Schaluppe 'Rummunika' einige Torpedos, und begünstigt von der Dunkelheit und wahrscheinlich auch von der geringen Wachsamkeit auf dem türkischen Panzerschiffe, ruderten sie an dasselbe heran, ließen an dessen Seite die Torpedos, welche mit 'tampirten Zündern' versehen sein mochten, hinab und entfernten sich dann. Diese Zünder sind so vorgerichtet, daß sie eine gewisse Zeit fortglimmern, bis das Feuer die Sprengladung erreicht. Die Schaluppe entwischte, und erst als sie weit genug entfernt war, gingen die Torpedos los und das Panzerschiff versank mit seiner Mannschaft. Nicht immer hat man es aber mit einem Feind zu thun, der so geringe Wachsamkeit entwickelt. Um mit derartigen Offensiv=Torpedos sicher an die feindlichen Schiffe heranzukommen, hat man Boote hergerichtet, die eine gewisse Zeit unter dem Wasserspiegel sich fortbewegen können, die also schwer zu entdecken sind. Diese Boote nähern sich ihrem Opfer, und nachdem sie es mit einigen Torpedos bespickt, fahren sie davon, um in Sicherheit die Wirkung dieser Minen abzuwarten. Es giebt auch solche von Dampf bewegte Boote, die sehr wenig aus dem Wasser hervorragen, und deren Spitze selbst ein Torpedo ist. Sie können nicht leicht von den Geschützen des feindlichen Schiffes getroffen werden, rennen an dasselbe mit der geladenen Spitze, die sich ablöst und während das Boot zurückfährt, unter dem Körper des feindlichen Schiffes platzt. Nicht mit Unrecht kann man von den Torpedos behaupten, daß dieses Kriegsmittel geeignet sei, die großen Flotten der Herrschaft über die Meere zu berauben. Vor diesen schwimmenden Minen ist kein Schiff sicher, ein verläßliches Mittel der Abwehr ist nicht vorhanden und gegen Torpedos müssen eben wieder Torpedos gebraucht werden. Mancher tapfere Seemann hat sie als Hilfsmittel einer "feigen und nichtswürdigen Kriegführung", und einer "ritterlichen Nation unwürdig" bezeichnet, und möchte deren Anwendung als völkerrechtswidrig verboten haben, was aber schwerlich geschehen wird. Eine heimtückische Kriegswaffe, wie wohl jeder Minenkampf, ist sie, bis jetzt aber immerhin eine loyale. Und wenigstens einigen Schutz gewährt sie immer=

[ => Original lesen: 1877 Nr. 43 Seite 6]

hin gegen den vielleicht nicht minder verwerflichen Uebermuth, mit welchem zuweilen mit starken Flotten versehene Staaten diese ausgeschickt haben, um offene Städte weniger seegerüsteter Länder ohne jede Möglichkeit der Gegenwehr zu bombardiren und in Grund und Boden zu schicken.
- Schon lange hat der Niagara=Fall seine Poesie verloren. An seinen Ufern pfeift die Locomotive, über die Felsen schwingen sich Hängebrücken und überall haben sich Wirthshäuser eingenistet. Jetzt geht aber der berühmte Wasserfall in den prosaischen Zustand einer bewegenden Kraft über, und in der That ist am 1. Mai die hydraulische Kraft des amerikanischen Falles einem Herrn aus Buffalo um 71,000 Dollars verkauft worden. Der andere Theil des Niagara auf der Seite von Canada wird ohne Zweifel dasselbe Schicksal erleiden. Ein Gelehrter, Dr. Siemens, studirt in diesem Augenblick die Frage, wie die bewegende Kraft desselben auf große Entfernungen zu übertragen sei. Er hat berechnet, daß die Wassermenge, die sich von dieser Seite herabstürzt, 100 Millionen Tonnen in einer Stunde beträgt. Die von diesem Falle allein repräsentirte Kraft kommt jener von 16,800,000 Pferden gleich und würde, wenn sie vom Dampf hervorgebracht werden sollte, eine Verwendung von 266 Millionen Tonnen Kohle in einem Jahre erfordern. Wenn man in Betracht zieht, daß die Kohlenerzeugung im Jahre 1874 etwas weniger als 275 Millionen Tonnen betragen hat, so ergiebt sich nach der Angabe des Dr. Siemens, daß der eine Fall allein hinreichen würde, um alle Fabriken, Locomotiven und Dampfmaschinen der Erdkugel in Betrieb zu setzen.
- Ein deutscher Juristentag wird in diesem Jahre nicht abgehalten werden. Die Juristen haben ja jetzt ohnehin Tag und Nacht zu thun, um die neuen Justizgesetze, die aus dem Füllhorn des Reichstages sich ergossen haben, zu studiren und sich in sie hinein zu leben.
- Singen thun die Türken überhaupt nicht und am wenigsten singen sie: "Ha, welche Lust, Soldat zu sein." Sie drängen sich nicht zur Armee trotz der Fahne des Propheten, aber ins Heer gesteckt thun sie ihre Schuldigkeit und marschiren, kämpfen, hungern und dursten, ohne zu murren, von Sold spüren sie selten etwas. Wie ein Volk, das für seine Existenz kämpft, sehen die Türken nicht aus und darin sind sie den Russen, die Millionen zusammenschießen für die Soldaten und in den großen Städten Spitäler errichten mit Hunderten von Betten, sehr unähnlich. Während in dem mittleren Europa die in den Krieg ziehenden und auf den Bahnhöfen anlangenden Soldaten von der Bevölkerung mit Freuden begrüßt, mit Bier, Wein, Cigarren, Eßwaaren etc. bewirthet werden, geschieht in der Türkei nichts dergleichen. Die Reichen und Vornehmen geben selten ein gutes Beispiel, sondern kaufen sich, wenn es nur irgend geht, einen Stellvertreter; der Scheich ul Islam, das geistliche Oberhaupt der Türken, hat sich als erster Gardist in der Nationalgarde einschreiben lassen, er ist aber auch der Letzte geblieben.
- Nach einer Mittheilung aus Bukarest haben mehr als die Hälfte der Offiziere von der 12. russischen Division und viele in anderen Brigaden beim Ausbruch des Krieges einen - Mäßigkeitsverein gebildet. Sie trinken nicht, rauchen nicht und spielen nicht. Wir fürchten, daß der leichtgläubige Berichterstatter das Opfer einer Mystifikation geworden ist.
- General Grant, der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, befindet sich jetzt in London und gedenkt auch Deutschland und Berlin zu besuchen.
- Die deutsche Küstenschutz=Artillerie erhält jetzt Wurfgeschütze, und zwar entweder gezogene Mörser oder 21 resp. 28 cm. Haubitzen. Die Resultate, welche mit den letzteren beim Probeschießen erzielt worden, waren sehr überraschend; bei 45 Gr. Hebung des Rohrs hat sich auf 7500 Meter noch ausreichende Trefffähigkeit ergeben. Bei 70 Gr. - die Lafette gestattet übrigens bis 75 Gr. Hebung - und 4200 Meter Entfernung drangen die 192 Kilo schweren Geschosse noch 3 Meter tief in die Erde. Die natürliche Folge wird jetzt sein, daß auch die Verdecke der zum Angriff von Strandbatterien bestimmten Schiffe ausgiebig gepanzert werden müssen.
- Die Franzosen in Nancy haben zum Pfingstfest die deutschen Offiziere und die Elsässer Bauernburschen in Königshofen und Eckboldsheim (dicht bei Straßburg) die deutschen Soldaten (des 47. Inf.=Reg.) geprügelt. "Die Prüße mün (müssen) uwr de Rhyn!" riefen sie dazu. Die Soldaten haben natürlich auch drein geschlagen, so daß ein Eckboldsheimer das Leben verlor. Im 1000jährigen Reich sind wir also noch lange nicht angekommen.
- In der Garnison Diedenhofen in Lothringen mußten am 23. bis 27. Mai mehr als 70 Soldaten, die an Muskelschmerzen und Anschwellung der Gliedmaßen litten, dem Lazareth übergeben werden. Zwei davon starben und ihre ärztliche Untersuchung ergab, daß sie von der Trichinenkrankheit befallen waren. Die Erkrankten sagen, sie hätten in einem Metzgerladen rohes gehacktes Schweinefleisch gekauft und sich bald nach dem Genusse desselben unwohl gefühlt.
- Ein Münchener Liebling, der Radi (Rettig), droht unpopulär zu werden. Er kostet, wenn er leidlich gut und groß ist, 20 Pfennig und das ist selbst für Liebhaber zu theuer.
- An den Börsen spekulirt man nicht nur mit Papieren, sondern auch mit Köpfen und Menschenleben. So sprengten unbekannte Spekulanten am 29. Mai an der Berliner Börse das Gerücht aus, Mac Mahon sei erschossen worden. Sie wollten durch den Schrecken die Papiere fallen lassen und Gewinn machen. Derweil war Mac Mahon kerngesund und hatte nur etwas Kopfweh über die Folgen seines Staatsstreiches.
- Ein Schatz im Helm. Aus Berlin erzählt ein dortiges Blatt: Der Kaufmann T., früher in der Langen=Straße wohnhaft, war 1870 als Reserve=Offizier mit ins Feld gezogen. Er hinterließ eine junge Frau und einen kleinen Knaben. Die Gatten standen soviel wie möglich in eifrigem Briefwechsel mit einander. Den letzten Brief sandte die junge Frau an ihren Mann kurz vor dem Ausfallgefecht bei Le Bourget. Dann brauchte sie keinen Brief mehr zu senden, denn der Offizier war für Kaiser und Reich gefallen. Bald traf die offizielle Nachricht von dem Tode ein, gleichzeitig auch der Degen und Helm des Gefallenen. Die Zeit ging dahin, die Frau hatte mit schweren Sorgen zu kämpfen, welche in letzter Zeit immer größer wurden, da sie kränklich ist, kein Vermögen besitzt und von der geringen Rente nur nothdürftig leben kann. Vor einigen Tagen war sie nun derartig in Noth gerathen, daß, da sie bereits vielfach Sachen verkauft und verpfändet hat, sie den Entschluß faßte, den Helm ihres verstorbenen Mannes zum Trödler zu bringen. Schwer wurde ihr der Entschluß, aber es mußte sein, sie konnte nicht anders handeln. Als sie mit dem Trödler betreffs des Preises einig war, bemerkte derselbe plötzlich zwischen dem Helm und dem Futter desselben am Stirnrande einen fremden Gegenstand. Er entdeckte darin einen noch nicht geöffneten verwitterten Brief. Adressirt war derselbe: "An den Lieutenant T. im - Regiment vor Paris, Feldpostbrief, inliegend 50 Thaler." Jetzt erinnerte sich die Dame, ihren letzten Brief, den sie an ihren todten Gatten gerichtet, mit einem Fünfzigthalerschein beschwert zu haben. Ihr Mann muß den Brief kurz vor der Schacht erhalten und nicht Zeit gehabt haben, ihn zu öffnen. Er hatte ihn jedenfalls in den Helm gesteckt, und hier war der Brief im Laufe des Kampfes zwischen das Futter gerutscht und hat dort bis jetzt unentdeckt geruht. Der Trödler lieh der Dame vorläufig auf den Schein, der doch eigentlich jetzt werthlos ist, dreißig Mark, und sofort sind die nothwendigsten Schritte an betreffender Stelle gethan worden, um den Schein gegen neue Banknoten umzutauschen.


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