No. 35
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. Mai
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 35 Seite 1]

   In Gemäßheit des § 13 der Verordnung vom 9. December 1876, betr. die Musterung und Aushebung der Mobilmachungspferde, wird hiedurch bekannt gemacht, daß im Aushebungsbezirke des hiesigen Fürstenthums auf den Zeitraum der Jahre 1877 bis 1882 zu Mitgliedern der Districtsvorstände resp. deren Stellvertretern bestimmt sind:

1. Musterungsdistrict der Stadt Schönberg.
Dirigent: Thierarzt Reimer = Schönberg.
Stellvertreter: Kaufmann A. Wigger in Schönberg.
Vorstandsmitglieder:
Ackerbürger Böckmann=Schönberg.
Ackerbürger Boye in Schönberg.
Handelsmann B. Schleuß daselbst.
Handelsmann Carl Vock in Schönberg.

2. im Musterungsdistrict der Vogtei Schönberg.
Dirigent: Pächter Burmeister=Rabensdorf.
Stellvertreter: Pächter Breuel=Selmsdorf.
Vorstandsmitglieder:
Schulze Siebenmark=Falkenhagen.
Schulze Siebenmark=Schwanbeck.
Schulze Kähler=Kl. Siemz.
Schulze Wigger=Rüschenbeck.

3. im Musterungsdistrict der Vogtei Rupensdorf.
Dirigent: Pächter Hempel=Lockwisch.
Stellvertreter: Erbpächter Prüß=Lauen.
Vorstandsmitglieder:

Schulze Olrogge=Niendorf.
Hauswirth Heinrich Lühr=Kl. Mist.
Hauswirth Rieckhoff=Bechelsdorf.
Viceschulze Oldörp in Boitin=Resdorf.

4. im Musterungsdistrict der Vogtei Stove.
Dirigent: Pächter Rusch=Kl. Rünz.
Stellvertreter: Schulze Rieckhoff=Gr. Rünz.
Vorstandsmitglieder:
Pfarrackerpächter Pumplün=Carlow.
Schulze Wigger=Sahmkow.
Halbhüfner J. Robrahn=Demern.
Hauswirth Stein=Cronscamp.

5. im Musterungsdistrict der Vogtei Schlagsdorf.
Dirigent: Pächter Städing=Neuhof.
Stellvertreter: Pächter Sick=Schlagsdorf.
Vorstandsmitglieder:
Schulze Oldenburg=Schlagbrügge.
Schulze Stein=Rieps.
Hauswirth Murrjahn=Ziethen.
Schulze Meyer=Sülsdorf.

6. im Musterungsdistrict der Vogtei Mannhagen.
Dirigent: Pächter Wentzel, Mannhagen.
Stellvertreter: Viceschulze Brüggemann=Mannhagen.
Vorstandsmitglieder:
Viceschulze Willhöft=Walksfelde.
Hauswirth Schmidt=Walksfelde.
Viceschulze Ehlers=Panten.
Hauswirth Heinrich Koch=Panten.

Schönberg, den 28. April 1877.                                                    
Der Großherzogliche Bezirkscommissarius.
F. Graf Eyben.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 35 Seite 2]

Politische Rundschau.

Deutschland. Se. Majestät der Kaiser ist am Sonnabend Nachmittag 5 Uhr von Wiesbaden in Karlsruhe zur Feier des 25jährigen Regierungsjubiläums des Großherzogs von Baden eingetroffen, zu dem so ziemlich von allen Höfen Deutschlands Gesandte abgeordnet sind, um den Großherzog im Namen ihrer Souveränen zu beglückwünschen.
Von Karlsruhe hat Se. Maj. der Kaiser seine Reise in die Reichslande angetreten, am 1. Mai, Nachmittags 5 Uhr, erfolgte die Ankunft in Straßburg bei schönstem Wetter unter Glockengeläute und Kanonendonner. Der Kaiser wurde auf der Fahrt vom Bahnhofe nach der Präfectur durch große Menschenmassen begeistert begrüßt. Alle öffentlichen Gebäude und viele Privathäuser sind festlich geschmückt. Der Kaiser antwortete auf eine kurze, herzliche Ansprache der Mitglieder des Landesausschusses bei der Vorstellung derselben: "Ich freue Mich, daß wir hier zum ersten Mal uns so sehen, weil Ich der Ueberzeugung lebe, daß die Hoffnungen und Wünsche, welche Sie soeben als diejenigen des Reichslandes gegen Mich ausgesprochen haben, sich vollständig erfüllen werden, wenn Sie sich von der Aufgabe durchdrungen fühlen, das neue Reichsland immermehr mit dem alten Mutterlande zu assimiliren und das deutsche Element desselben immermehr zu beleben. Ueberrascht von dem freundlichen Entgegenkommen und der lebhaften Begrüßung, die Ich beim Eintritt in das alte ehrwürdige Straßburg gefunden habe, erfüllt Mich die Zuversicht, daß es nur eines Gewöhnens und Einlebens bedarf, um, wenn Jeder von uns thut, was in Seinen Kräften steht, das neue Verhältniß, welches die Vorsehung Ihnen auferlegt hat, zu gegenseitiger Genugthuung zu gestalten."
Der Reichstag nahm am 1. Mai zuerst die Nachricht entgegen, daß der bekannte fortschrittliche Abgeordnete Franz Duncker sein Mandat als Abgeordneter niedergelegt hat. (Auch für den Landtag hat er es niedergelegt.) Im Reichstage hatte man das schon seit einigen Tagen wegen gewisser Privatverhältnisse des Herrn Duncker erwartet. In derselben Sitzung des Reichstages hatte ein anderes Mitglied der Fortschrittspartei, der Abgeordnete Löwe, das Unglück, einen bösen Fall zu thun und den Arm zu brechen.
Im Reichskanzleramt ist ein Gesetzentwurf wegen Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz ausgearbeitet worden. Dasselbe liegt jetzt dem preußischen Staatsministerium vor, damit sich dasselbe über die Stellung, welche Preußen im Bundesrath dem Entwurf gegenüber einzunehmen hat, schlüssig machen könne.
Der "Deutsche Reichs=Anzeiger" veröffentlicht das Gesetz, betreffend den Haushalts=Etat des deutschen Reiches für 1877-78. Derselbe balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 540 Millionen und 536,915 Mark. Die Ausgaben zerfallen in 412,713,516 Mark fortdauernde und 127,823,399 Mark einmalige. Eingeschlossen in dies Gesetz ist zugleich die Ermächtigung für den Reichskanzler, bis zum 30. September 1878 laufende Schatzanweisungen auszugeben, und zwar zur Verstärkung des Betriebes der Reichshauptkasse bis zu 24 Mill. Mark und zur Durchführung der Münzreform bis zum Betrage von 100 Mill. Reichsmark.
Vom 1. April sind die britischen Kolonien dem Welt=Post=Verein beigetreten. Am 1. Mai folgen die niederländischen; am 1. Juni Japan; am 1. Juli sämmtliche portugiesische Besitzungen. Der Beitritt Brasiliens und der spanischen Kolonien ist in nächster Zeit zu erwarten. Zur übersichtlichen Darstellung dieser Erwerbungen wird jetzt im General=Post=Amt eine Karte des Welt=Post=Vereins, des größten Vereins, welcher jemals existirte, ausgearbeitet, mit graphischer Unterscheidung der beiden Gruppen, in welche er nach Höhe der Posttaxe zerfällt.
Oesterreich. In Wien ist am 1. Mai der österreichische allgemeine Katholikentag eröffnet worden. Er wählte den Grafen Egbert Belcredi zum Präsidenten. Als Zweck des Katholikentages bezeichnete Graf Belcredi die Berathung der in ernster Zeit das katholische Leben enge berührenden Fragen und die Stellungnahme zu denselben.
England. Ein am 30. April Abends erschienenes 2. Blatt der amtlichen "Gazette" enthält eine aus Windsor vom 30. April datirte Proklamation der Königen, in welcher die strikte und unparteiische Neutralität Englands bei dem Kriege zwischen Rußland und der Türkei verkündet und allen Unterthanen der Königin anbefohlen wird, diese Neutralität zu beobachten.
Türkei. Vom Kriegsschauplatze liegen noch keine bedeutenden Nachrichten vor. Es wird auch noch einige Tage dauere, bis die Russen an die Donau in der Gegend von Widdin, Rastschuk und Silistria gelangt sein werden, wo der eigentliche Kampf beginnen wird. - In Asien dringen die Russen ziemlich eilig vor; sie stehen bereits, wie die Depeschen melden, unter den Festungswällen von Kars.
Rumänien hat am 16. April mit Rußend einen Vertrag abgeschlossen, nach welchem es die Russen nicht allein durch sein Land läßt, sondern ihnen auch alle mögliche Hülfe leistet, wogegen Rußland sich verpflichtet, die Selbständigkeit Rumäniens zu garantiren. Die Lage Rumäniens war eine sehr schwierige. Dieser Vertrag wurde den Kammern vorgelegt und von ihnen genehmigt.
Aus Moskau wird geschrieben, daß ein engl. Dampfer ohne die nöthigen Vorsichtsmaßregeln in den Hafen von Kertsch einlief und auf Torpedos stieß, welche explodirten. Das Schiff wurde zertrümmert und Mannschaft und Ladung gingen unter.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Herrnburg belegene Büdnerstelle c. p. des Productenhändlers Johann Jochen Pöhls daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden dabei alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend den 2. Juni d. J.,
Morgens 11 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit geladen, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben. Schönberg, den 14. März 1877.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Im Commissionsrath Baumann'schen Concurse haben wir

1) zur Publication des Prioritätserkenntnisses,
2) zur Revision der vom Curator bonorum bisher abgelegten Rechnungen,
3) zur Beschlußfassung über vergleichsweise Erledigung unserer schwebenden Liquidationsprocesse, sowie über verschiedene, die Activmasse bereffende Gegenstände
einen Termin auf

Freitag den 11. k. Mts. Mai,
Vormittags 11 Uhr,

anberaumt, wozu die nicht präcludirten Commissionsrath Baumann'schen Gläubiger hiedurch vorgeladen werden, unter dem ein= für allemal angedrohten Nachtheile, daß sie an die Beschlüsse der erschienenen Gläubiger werden gebunden erklärt werden.
Rehna, den 20. April 1877.

Großherzogliches Stadtgericht.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 35 Seite 3]

Verkauf eines Grundstücks in Ratzeburg.

Da das im Termin am 27. d. Mts., betr. den Verkauf des in Ratzeburg unter Nr. 243 belegenen Grundstücks des weil. Maurergesellen Heister abgegebene höchste Kaufgebot von 2400 M. verkäuferischerseits nicht genehmigt worden ist, wird zum öffentlich meistbietenden Verkauf nunmehr ein anderweiter Termin auf

den 8. Mai cr., Vormittags 11 1/2 Uhr,

vor unterzeichnetem Gericht angesetzt.
Ratzeburg, den 9. April 1877.

Königliches Amtsgericht.
Sachau.

Bodmer.     


Zur Beachtung.

Da die Holzwege zur Zeit sich in gutem Zustande befinden, ersuche ich die Holzabfuhren zu beschleunigen und bis Ende dieses Monats zu beschaffen.
Schönberg den 2. Mai 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Zur Beachtung.

jegliches Mitbringen von Hunden in die Waldungen wird hiedurch bei 6 Mark Strafe verboten.
Schönberg, den 2. Mai 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Kampfgenossen=Verein 1870/71.

Am Himmelfahrtstage den 10. Mai d. J., Nachmittags 4 Uhr,

General=Versammlung
im Vereinslokale.

Tagesordnung: Neuwahl des Vorstandes. Eintritt in die Krankenkasse.
(Vorstandsversammlung Nachmittags 3 Uhr.)

Der Vorstand.     


Danksagung.

Für die unsern Kindern bewiesene Theilnahme unseren herzlichsten Dank!
Schönberg, den 1. Mai 1877.

Weinrebe und Frau.     


Hiedurch mache ich bekannt, daß ich beim Ankauf neuer von mir verfertigter Wagen alte Wagen in Zahlung annehme.

H. Badstein in Schönberg.     


Von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig wird auf Wunsch ein Auszug aus diesem Buche Jedermann gratis und franco zur Einsicht gesandt.

Ein großartiger Erfolg

ist es ohne Zweifel, wenn von einem Buche 90 Auflagen erschienen sind und um so großartiger ist derselbe, wenn dies trotz gehässiger Angriffe möglich war und in einer so kurzen Zeit, wie solches der Fall, bei dem illustrirten Buche:

Dr. Airy's Naturheilmethode

Dies vorzüglich populär=wissenschaftliche Werk kann mit Recht allen Kranken, welche bewährte Heilmittel zur Beseitigung ihrer Leiden anwenden wollen, dringend zur Durchsicht empfohlen werden. Die darin abgedruckten Atteste beweisen die außerordentlichen Heilerfolge und sind eine Garantie dafür, daß das Vertrauen nicht getäuscht wird. Obiges über 500 Seiten starke, nur 1 Mark kostende Buch ist in jeder Buchhandlung vorräthig, wird aber auch auf Wunsch direct von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig gegen Einsendung von 10 Briefmarken à 10 Pf. versandt.


Hiedurch erlaube ich mir ergebenst anzuzeigen, daß ich von jetzt an wieder Wolle annehme zum Kratzen und Spinnen, auch Wollenzeug mache. Indem ich für prompte und reelle Bedienung hafte, bitte um zahlreichen Zuspruch.
Rehna, den 2. Mai 1877.

                          Ergebenst
                          Heinrich Kollmorgen,
                          Tuchmachermeister.


Sehr schöne
Blumenkohl-, Winterkohl-, Sommerkohl-, Levkojen- u. Aster-Pflanzen

empfiehlt

H. Upahl,               
Handelsgärtner, Schönberg.     


Bekanntmachung.

Der diesjährige Frühjahrsbeitrag der Mitglieder des Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner ist in der Zeit vom 15. bis 31. Mai d. J. mit drei Zehntel des einfachen Ansatzes (3/10 Simplum) auf dem hiesigen Bureau zu entrichten.
Lübeck, den 6. April 1877.

Die Direction des
Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner.
Namens derselben:
Bruhn, Secretair.


     Erlanger Export-Bier,
     Waarener Lager- do.
     Wismarsches do. do.
     Grevesmühler do. do.

auf Flaschen halte einem geehrten Publikum Rehna's und Umgegend bestens empfohlen.

Rehna.                                                     Hermann Kindt.


Für Leidende!

Prof. Wundrams überall bekannte und bewährte Kräuter bei Magenkrampf, Unterleibsbeschwerden, Drüsen, Scropheln, offenen Wunden, Gicht, Rheumatismus, Bandwurm, Epilepsie u. s. w. Sind mit specieller Anweisung echt zu beziehen,

Pulver in Dosen à M. 1,50,
Pillen   in Dosen à M. 2,00,

durch Ad. Goedel, Apotheker in Borna (Sachsen).


Rüdersdorfer Kalk

hält bestens empfohlen

                          J. Ludw. D. Petersen
                          in Schönberg.


Seifenstein & Chlorkalk

in stets frischer Waare, sowie

prima russische Seife,

à Pfund 45 Pfennig (Mecklenburg)., bei 10 Pfund 42 Pfennig (Mecklenburg)., empfiehlt

Aug. Spehr.     


Portland=Cement
aus der Fabrik von
Thiele & Gripp in Lägerdorf
und
frischen Kalk
bei                                                    Thiele in Ratzeburg.


W. Kolls,
Juwelen-, Gold- u. Silber-Waaren-Handlung Lübeck, Sandstrasse 1006.
Bestellungen werden billig und prompt ausgeführt.


Gesucht zu Johannis 7 bis 8000 M. zu 4 pCt. Zinsen in sichere hiesige Landstelle.

J. Kibbel in Schönberg.     


Gesucht zu sofort 1500 M. sichere Hypothek in eine hiesige Landstelle.

J. Kibbel in Schönberg.     


Gelder

werden besorgt sofort auf Wechsel und Hypothek.

J. Kibbel in Schönberg.     


Einige Häuser in schönster Lage Schönbergs hat auftragsmäßig zu verkaufen

J. Kibbel in Schönberg.     


Dienstag den 22. und Mittwoch den 23. Mai, den beiden Tagen nach Pfingsten, findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach Gewinnen statt, zu welchem Freunde und Gönner ergebenst eingeladen werden.
Büchsen, sowie Schießbedarf werden von mir gehalten und kostet der Satz von 3 Schüssen, worauf jedoch nur 1 Gewinn fallen kann, 1 M.

Schlag=Resdorf.                                                     Krüger Jabs.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 35 Seite 4]

Logo der Hagelassekuranz
Die Hagel-Versicherungs-Gesellschaft
im Fürstenthum Ratzeburg,
gegründet auf Gegenseitigkeit und Allerhöchst bestätigt in den Jahren 1847 und 1875,
1847/75,

gewährt durch ihre Einrichtung ihren Mitgliedern unzweifelhafte Sicherheit, regulirt die vorkommenden Schäden durch Abschätzung ihrer eigenen Interessenten anerkannt coulant und hat nach 30jährigem Durchschnitt die niedrigsten Beiträge aller gleichartigen Gesellschaften.
Als Reservefond hat sie bereits bei hiesiger Ersparniß=Anstalt 4000 Mark belegt. - Wir laden zum Beitritt in diese gemeinnützige Anstalt ergebenst ein.
Schönberg, den 23. April 1877.

Direction der Hagel=Versicherungs=Gesellschaft
im Fürstenthum Ratzeburg.
A. Wigger.                                                     Wilh. Heincke.
Lenschow-Grieben     . Kröger-Lockwisch.      Heitmann-Klocksdorf.      Bade-Ollndorf.
Mette-Pahlingen.      Oldörp-Schlag-Sülsdorf.


Am Montag den 7. Mai
im Saale des Herrn Körner zu Rehna.
grosser Reuter-Vortrag
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Programm:
Reis' nach Bellingen. Stromtid. Ut't Dörp von'n ollen Nimärker. Läuschen un Rimels.
=== Entree à Person 60 Pfennige. Anfang Abends 8 Uhr. ===
Um zahlreiche Betheiligung ersucht                                                    
                                                    Friedrich Gloede aus Hamburg.


Von guter Wirkung bei Lungenübeln!

          Herrn Fenchelhonigfabrikanten L. W. Egers in Breslau.

Rahden, Rgb. Minden, 17. October 1875.          

          Ersuche Sie, mir mit Postvorschuß 6 Flaschen Fenchelhonig*) zu senden, da ich schon seit 3 Jahren mit einem Lungenübel behaftet bin und schon Vieles gebraucht habe. So ward mir denn auch Ihr Fabrikat von Fenchelhonig empfohlen, wovon ich denn auch mit einer Flasche Versuch gemacht habe und mir der Wirkung sehr zufrieden bin.

Achtungsvoll Ludw. Schmidt.          

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*) Warnung vor Nachpfuschungen! Die Veröffentlichung derartiger aus freiem Antriebe ertheilter Anerkennungen wird nur deshalb noch immer fortgesetzt, damit das Publikum auf die Echtheit des L. W. Egers'schen Fenchelhonigs sorgfältig achte und nicht sein Geld für nachgepfuschte Machwerke wegwerfe. Der L. W. Egers'sche Fenchelhonig, kenntlich an Siegel, Etiquette mit Facsimile, sowie an der im Glase eingebrannten Firma von L. W. Egers in Breslau ist in Schönberg allein echt zu haben bei Buchbinder C. Sievers.


Avis für Hausfrauen und Wäscherinnen.

Eine vorzügliche Wäsche erhält man mit dem

Dr. Linck'schen Fettlaugenmehl.

Zeugnisse von Waschanstalten, Wäschereien, Verwaltungen etc. liegen vor. - Universal=Reinigungsmittel aller möglichen Gegenstände. Pr. Pfund 50 Pfennige.
Niederlagen bei den Herren A. Wengler, Rehna und H. Polemann, Schwerin.


Wir machen hiedurch bekannt, daß die Beiträge zur Selmsdorfer Todtenlade, um Irrthümer zu vermeiden, künftig nur von dem Betreffenden persönlich bezahlt werden dürfen, oder es überbringt aus jedem Dorfe Einer die Beiträge. Wer diesen Bestimmungen nicht nachkommt, bezahlt 50 Pf. Strafe.

Der Vorstand der Selmsdorfer Todtenlade.
Hauswirth Retelsdorf.          
Büdner Weber F. Baumann.


Ein Faselschwein

ist zu verkaufen. Näheres in der Exped. der Anzeigen zu Schönberg.


Gefunden eine Wagenkette in den Lenschower Tannen. Abzufordern gegen Erstattung der Kosten bei Voigt Oldörp auf dem Lenschower Hofe.


Kirchliche Nachrichten.

Sonntag den 6. Mai.
Früh=Kirche: Pastor Fischer.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen19 M -Pfennig  bis 25 M -Pfennig.
Roggen18 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Gerste16 M 50Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,15 .
Hühner d. St. M1,75 .
Tauben d. St. M0,50 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,80 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,15 .
Eier 7 St. für M0,30 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 35 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 35 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 4. Mai 1877.


Neustrelitz, 29. April. Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin haben am 24. d. M. Dessau verlassen, den folgenden Tag bei Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin=Mutter und Deren hohen Geschwistern in Frankfurt a. M. zugebracht, und sind laut heute hier eingetroffenen Nachrichten über Basel in Genf eingetroffen. Höchstdieselben werden nach einem mehrwöchentlichen Aufenthalte am Genfer See nach Dessau zurückkehren , und sicherem Vernehmen nach am zweiten Juli hier Ihren Einzug halten, welchem mehrtägige Festlichkeiten folgen werden. (N. Z.)
Neustrelitz, 1. Mai. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin ist heute früh nach dem Keppschloß bei Dresden abgereist. (N. Z.)
- Nach Mittheilung englischer Blätter hat das Canalgeschwader Befehl erhalten, die englische Mittelmeerflotte zu verstärken, wovon ein großer Theil zur Rückkehr nach Konstantinopel bestimmt ist, um, wie man vorgiebt, den dortigen engl. Unterthanen für alle Fälle Schutz zu gewähren. Noch näher liegt der Gedanke, daß die verstärkte Flottenmacht dazu bestimmt ist, im rechten Augenblick die Hand auf Constantinopel oder Egypten zu legen.
- Der Maler v. Werner hat von den deutschen Fürsten für sein Bild: "Die Kaiserproklamation in Versailles" ein Honorar von 75,000 Mark erhalten. Die Fürsten, die in Versailles waren, sind selbst mit abgemalt.
- In Paris hat sich eine Gräfin Prebis erschossen, weil ihr Bräutigam die Hochzeit aufschob.
- In Haßloch in Hessen wurde dem Lehrer Heene (45 Jahre) am Palmsonntag sein 22. Kind und zwar der 20. Junge geboren. Er hat vom Kriegsminister einen Orden bekommen.
- Für das im Archiv des preußischen Staatsministeriums liegende Original=Abschiedsgesuch Bismarcks mit dem Randbescheide: "Niemals. Wilhelm" hat ein Engländer 75,000 Mark geboten.
- In der Eger bei Eger wurde dieser Tage ein Hecht von 59 Pfund Gewicht gefangen; er trug 13 Angelhaken an seinem Leibe.
- Die im Gesundheitszustande des Papstes schon so oft vorausgesehene Katastrophe wird jetzt abermals vorausgesehen. Er kann nur wenige flüssige Speisen genießen, Nachts fehlt es an stärkendem Schlafe und am Tage zeigen sich Spuren großer Ermattung. Dennoch überrascht seine geistige Lebendigkeit, wenn er Besuche empfängt, was fast täglich geschieht. Die Aerzte befürchten ein Gehirnleiden.
- Die Nordamerikaner haben bis vor Kurzem nur Einwanderer gekannt, jetzt lernen sie Auswanderer kennen. Viele Tausende von arbeitslosen Handwerkern und Arbeitern wandern nach Australien. In der vorigen Woche sind drei große Segelschiffe mit "Amerikamüden" nach Sidney in Australien abgesegelt. Es ist dies ein empfindlicher Schlag für die Eitelkeit der Amerikaner, welche gewohnt waren, daß die "Mühseligen und Beladenen" aller Völker an ihren Gestaden landeten.
- Die deutschen Zündholzfabriken, 85 an der Zahl, haben eine Eingabe an das Reichskanzleramt gerichtet, in welcher sie gegen ein Verbot der Phosphor=Zündhölzer protestiren und einen Zoll auf dieselben verlangen. Schweden, sagen sie, führe seine Zündhölzchen zollfrei in Deutschland ein, während die deutschen Fabriken in Belgien, Holland und Rußland Zoll zahlen müßten.
- Die in London seit Jahren schwebende Streitfrage über die beste Art der Pflasterung stark benutzter Straßen ist zu Gunsten der Asphalt=Pflasterung entschieden worden. Der 8jährige Gebrauch derselben in einigen der belebtesten Straßen hat gezeigt, daß Asphalt nur einen Fehler hat, nämlich: daß er bei nassem Wetter schlüpfrig wird. Dieser Umstand schließt seine Anwendbarkeit bei Steigungen von mehr als 1:60 aus.
-In einem Bergwerke in Süd=Wales in England waren fünf Bergleute durch den Zusammensturz in einem Schacht in eine kleine Kammer eingeschlossen, aus welcher kein Ausweg möglich schien. Mächtige Fluthen bedrohten die Unglücklichen Bergleute, ein Wall von Kohlen schloß sie ein und Rettung schien über alle menschlichen Kräfte zu gehen. Zu der Gefahr des Wassers und der Dicke der Kohlenwand gesellte sich die Gefahr des schädlichen Kohlengases, welches sich in dem Schacht entwickelte, und der selbst zu Zeiten die Sicherheitslampen auslöschte. Und dennoch wagten es sieben Bergleute trotz der augenscheinlichsten Lebensgefahr acht Tage und Nächte unablässig mit Picke und Axt zu arbeiten, um ihren Gefährten Rettung zu bringen. Das großartige Werk gelang. Die eingeschlossenen vier Männer und ein Junge wurden in fast wunderbarer Weise gerettet. Sie waren fast ganz erschöpft, da sie während der ganzen Zeit nichts zu essen gehabt hatten, als etwas Talg von ihren Lichtern, und um ihren Durst zu löschen, gab es nur das schmutzige Wasser der Mine. Hatten die Männer, welche zu ihrer Rettung sich erboten, einen Heroismus sonder Gleichen bewiesen, so muß man nicht minder die Zähigkeit der eingesperrten Bergleute bewundern, welche die ganze Zeit hindurch ihren Muth nicht verloren, sondern durch ihre Ruhe die besten Mittel zu ihrer Rettung angaben. Im ganzen Lande wurden Sammlungen für die Geretteten und ihre heldenmüthigen Retter eröffnet.
- Die Zeit hat allgemach den Schleier eines Geheimnisse gelüftet, das eng mit Mozart's Tod verbunden war. In Salzburg hat man die Beweise dafür gefunden, wer der räthselhafte Besteller des Mozart'schen Requiems gewesen ist. Der unbekannte Besteller war ein musikliebender Cavalier, Graf Wallsegg in Stuppach , der ohne viel Mühe gern als Componist gegolten hätte. Er hatte schon einige andere Compositionen für seine Arbeit ausgegeben, und zu diesem Zwecke wollte er auch, daß Mozart ihm allein ein Requiem componire. Sein geheimnißvoller Bote war sein Verwalter Namens Leutgeb, ein langer, hagerer, grau gekleideter Mann von ernstem Gesichtsausdrucke. Nach dem Tode des Grafen fand sich die von seiner Hand vollständig abgeschriebene Partitur des Mozart'schen Requiems mit dem Titel: "Requiem, componirt vom Grafen Walsegg." Der Graf hatte keinen schlechten Geschmack, wie man sieht. Auf Mozart aber, der ja die Lösung nie erfuhr, machte die aufregende Geheimnißthuerei einen sehr schlimmen Eindruck: er nahm an, er componire die Todtenmesse für sich und war geneigt, den Besteller für eine übernatürliche Erscheinung zu halten. Was hätte der damals todtkranke Meister gesagt, wenn er diesen prosaischen Zusammenhang geahnt hätte.
- Eine neue Art offenen "Geschäftsbetriebes im Umherziehen" hat sich in Würzburg aufgethan, wo während der Mittagstunden von einer ganzen Anzahl stellenloser Barbiergehülfen das Geschäft des Haarscheidens und Rasirens auf den Ruhebänken der Glacis=Anlagen in freier Natur vorgenommen wird. Die Kunden bestehen meistens aus vorübergehenden Fabrikarbeitern, welche die sich darbietende Gelegenheit gern benutzen.
- Die Zeiten sind so schlecht, daß selbst die verlockendsten Bekanntmachungen der Berliner Heirathsvermittler die jungen Leute nicht ins Ehejoch zu locken vermögen, obwohl das Geld auf der Straße zu liegen scheint. Im neuesten Intelligenzblatt zeigt beispielsweise ein Commissionär an, daß er folgende Goldfische auf Lager habe: Kaufmannstöchter 200,000 Mitgift, Banquiertöchter 100,000, 200,000, 500,000, später noch 3 Millionen Mitgift,

[ => Original lesen: 1877 Nr. 35 Seite 6]

Jüdinnen 10,000, 25,000, 40,000 Thaler Mitgift. Erstere wünschen auf alle Fälle einen Offizier, letztere sind mit Kaufleuten zufrieden.
- Die in Berlin nach Wiener Art eingerichteten Kaffeehäuser haben den alten stillen Conditoreien des Todesstoß gegeben. Ein halbes Dutzend Wiener Kaffeesieder mit einem Stab von Dienern, Zählkellnern, feschen Comptoir=Damen, Rahmschlägern, Kipfelbäckern haben sich in Berlin angesiedelt und großen Zulauf. Schon die Einrichtung derselben zeugt dafür, daß ein ruhelos dahinstürmendes, überhastetes Geschlecht in demselben seine Zuflucht sucht. Um sich zu erholen? Nein. Um zu lesen? Ebenfalls nicht, wenigstens nicht mit der alten Berliner Conditorei=Gewohnheit, nach welcher man beim Zeitungslesen kaum nießen durfte, ohne von hundert Leuten mißbilligend und strafend angestarrt zu werden. Ein halblautes Wort galt fast als ein Verbrechen. In die neuen Kaffeehäuser geht der Berliner, um zu plaudern. Das stattlichste und interessanteste Wiener Kaffeehaus ist in dem "Kaiserhof." Die Zeitungsleser kommen an den stillen Vormittagen, das eigentliche Leben beginnt Nachmittags und entfaltet sich zur Blüthe in den Abend= und Nachtstunden. An vielen Tischen - und das ist eine mißliche Neuerung - sitzen Gruppen von Kartenspielern und verbringen halbe Tage und Nächte mit dieser edeln Beschäftigung. Hier herrscht der Freund Nachbar aus Oesterreich, man hört die unverfälschte Wiener Sprache, hier werden Tarok, Patience und wie die schönen Teufelsgaben alle heißen, mit Ausdauer gehandbabt. Spät Abends kommen die geschäftigen Mäßiggänger aus den Grenzgebieten der Kunst, Literatur und Politik und schlachten kritisch die neuesten Romane und Werke von Gustav Freytag, Laube, Spielhagen, Hans Hopfen und Lindau. Zu jeder Roman=Figur suchen und finden sie die lebendigen und todten Urbilder. Um 10 Uhr Abends herrscht oft ein förmliches Gewühl in den Sälen und Gängen. Da strömen die Männer aus den nahen Ministerien und Schlössern und die Leute, die von schweren Gastmählern kommen, herzu. Nach den parlamentarischen Empfangsabenden Bismarcks kommen die Abgeordneten und flüstern den Vertrauten das neueste Witzwort Bismarcks ins Ohr.
- Wie es Einem zu Muth ist, der stirbt oder der doch sein letztes Stündlein gekommen glaubt, das erzählt uns ein Handlungsgehülfe Max Hedrich, der viele Stunden lang unter den Balken und Trümmern des Hauses in der Kreuzstraße in Dresden lag, das in die Luft geflogen war. In früher Morgenstunde, schreibt er, erwachte ich in Folge eines donnerartigen Getöses und glaubte zu träumen, als mein Gesicht mit Sand und Staub so bedeckt war, daß ich dasselbe mit beiden Händen beschirmen mußte, das Knittern und Krachen wurde aber bald so fürchterlich, daß ich einen Hauseinsturz vermuthete, und zwei nach einander folgende Schläge mit fürchterlichem Druck und Donner expedirten mich aus dem Bett in eine Tiefe und überdeckten mich mit Sand und Schutt, sodaß ich mit aller Kraft mir Luft zu verschaffen suchte und wohl dadurch die äußern Beschädigungen an Arm und Rücken erhalten habe. Ein Balken mit großem Nagel lag dicht an meinem Kopf, die Spitze des Nagels hatte sich in meinem Schulterblatt festgesetzt. Ich weiß nicht, wie lange ich mich in dieser Lage befunden, ich schrie, soviel meine Geistes= und Körperkräfte es gestatteten, wurde ohnmächtig, erwachte wieder, dachte an meine Eltern, Geschwister, Bekannte und meine geschäftliche Stellung, wendete mich unter qualvollen Empfindungen, soweit mir es noch möglich, nach etwas Luft und wurde abermals ohnmächtig. Wiederum erwacht, hörte ich das Stürmen des Kreuzthurmes. Jetzt wußte ich, es ist Feuer und muß nun Hülfe kommen, Gott gebe bald; denn Ohren und Augen waren voll Sand, der Last, die auf mich drückte, wurde mehr, der Luft aber weniger, das Athmen sehr schwer. Durch Spritzen drang das Wasser auch zu mir in die Tiefe, und es war mir ein Hochgenuß, von einem Stein die Feuchtigkeit saugen zu können. Ich wurde wiederholt ohnmächtig und erwachte erst, als mich meine Lebensretter, zwei Mann der Feuerwehr, behutsam durch eine Schlucht wohl die Treppe herunterschafften in den auf der Kreuzstraße bereit stehenden Siechkorb, welchem sich sofort ein Arzt nahte, der sich meiner freundlich annahm und eine Untersuchung meines Körpers anstellte. Der furchtbare Durst, den ich peinlichst empfand, wurde mir durch schnelle Beschaffung von Getränken gestillt, und so langte ich nach kurzer Zeit, zwar recht geschwächt, aber ohne große Schmerzen im Krankenhause an.
- In einem Anfalle von religiösem Wahnsinn legte sich neulich der 24jährige Stall=Page Bernit eines gräflichen Hauses in Wien mit dem Gesichte aufwärts auf den Boden und führte an sich die Kreuzigung aus. Er legte die Füße übereinander und trieb sich mittelst einer Hacke einen Nagel durch; dann schlug er sich einen Nagel durch die innere Fläche der ausgestreckten Hand und brachte sich mit einem Taschenmesser viele Stiche an der linken Brustseite bei. Er that keinen Schrei, wurde aber vor Schmerz und Blutverlust ohnmächtig. So fanden ihn seine Kameraden und der Cardinal Schwarzenberg hat ihm die Sterbesakramente gereicht. Vor seiner That hatte B. einen Rosenkranz um den Hals gelegt.
- Ein Unteroffizier in Berlin, man sagt sogar von der Garde, kam in die Wohnung des Obersten, um ihm mehrere Befehle zum Unterzeichnen vorzulegen. Auf sein Klingeln öffnete ihm ein hübsches junges Wesen, das ein Kind auf dem Arme trug. "Ist der Herr Oberst zu Hause, mein Schätzchen?" fragte der galante Unteroffizier und kniff das Schätzchen in die Wangen. - Was unterstehen Sie sich! rief das hübsche Wesen und zeigte ihm die Thür zu dem Dienstzimmer des Obersten, sie selber trat in ein Nebenzimmer und rief von da - ihrem Gatten, dem Obersten, zu; Bitte, komm' nur eine Minute zu mir, ich muß Dir etwas sagen! - Warte nur einen Augenblick, antwortete der Oberst, ich will nur den Unteroffizier da abfertigen. - Nein, nein, ich möchte Dich eben sprechen, so lange der Mann da ist. - Der Oberst ging und der Unteroffizier stand auf Kohlen, er sah sich schon in Spandau; denn er hatte die Frau Oberst in die Wange gekniffen. - Bitte, Lieber, sage doch dem Unteroffizier, er möchte, wenn er wieder einmal kommt, unsere Mädchen draußen in Ruhe lassen, ich kam gerade dazu, wie er eine recht tüchtig in die Wange kneifte. - Na, das will ich thun, sagte lachend der Oberst und trat in das Dienstzimmer zurück. Hören Sie, Unteroffizier, diese Kneifereien im Vorzimmer lassen Sie künftig bleiben! - Entschuldigen, Herr Oberst, ich wußte nicht, daß es die Frau Oberst - - - Ja, daß es die Frau Oberst gesehen hat - ergänzte rasch der Oberst, einerlei, es schickt sich unter keinen Umständen, am wenigsten, wenn sie sich im Dienst befinden. Verstanden? Zu Befehl, Herr Oberst! -
- Bei Besichtigung einiger Landwehr=Compagnien fragte jüngst der Kaiser einen mit dem eisernen Kreuze geschmückten Wehrmann von riesenhaftem Gliederbau: "Wo haben Sie sich das Kreuz verdient?" - "Bei Mars la Tour, Ew. Majestät." - Mit Wohlgefallen blieb das Auge des Monarchen auf dem stattlichen Landwehrmann ruhen. "Ich muß Sie doch schon einmal gesehen haben," bemerkte der Kaiser. - "Ja, Majestät, ich fahre in Berlin den Bierwagen."
- Ein gutes Geschäft macht ein origineller Lumpenhändler in Berlin. Der Mann führt eine Trompete bei sich, die er aus dem französischen Feldzuge mitgebracht und auf welcher er, wenn er ein Haus betreten, einen lauten Tusch bläst. Dann hebt er mit gewaltiger Stimme an: Geehrte Frauen und Jungfrauen! Lumpen, Papier und Knochen, alte Stiefel und Glasbrocken, alte Röcke und Kleider, Frauenzeug und so weiter thu'n stets wir kaufen in großen und kleinen Haufen! - Nach dieser Rede bläst er wieder Tusch. - Der originelle Kauz war früher ein behäbiger Budiker. - Da kam die Gründerzeit, der Mann verkaufte sein Geschäft und spekulirte in Aktien und Papieren; auch bei ihm kam der Krach und er wurde ein Bettler. Da errichtete er einen Lumpenhandel, der recht flott geht.


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