No. 26
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. März
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 26 Seite 1]

Des heil. Osterfestes wegen wird die nächste Nummer der Anzeigen am Freitag den 6. April ausgegeben.


   Es wird hierdurch zur allgemeinen Kunde gebracht, daß unter den Schafen des Hauswirths Burmeister in Kleinfeldt die Räudekrankheit ausgebrochen ist.

   Schönberg, den 28. März 1877.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.


Politische Rundschau.

Deutschland. Der "Reichsanzeiger" veröffentliche ein Kaiserliches Dankschreiben, welches folgendermaßen lautet:

Der Tag, an welchem Ich Mein achtzigstes Lebensjahr vollendete, hat im deutschen Volke eine Mich tief rührende Theilnahme gefunden. Die Beweise derselben sind Mir aus allen Theilen des Reichs in der mannichfachsten Weise, namentlich in Form von Adressen, schriftlichen und telegraphischen Glückwünschen, Gedichten, Compositionen, Bildern, Blumen und andern sinnigen, zum Theil kostbaren Spenden zugegangen. Städte und Dorfschaften, Corporationen und Vereine, Festgenossenschaften und einzelne Personen aller Stände haben sich beeilt, Mir die allgemeine festliche Stimmung des Tages zu zeigen, und nicht allein aus den Gauen des Vaterlandes, sondern auch von jenseits der deutschen Grenzen, selbst aus den fernsten Ländern habe Ich die Versicherung erhalten, daß überall, wo Deutsche weilen, meiner in Liebe gedacht worden ist. Diese überreiche Fülle freudiger Wünsche hat Mir den Tag zu einem besonders weihevollen gestaltet. Umgeben von einem mächtigen Kreise verbündeter und befreundeter Fürsten, habe Ich mit Genugthuung den Werth gefühlt, als Mittelpunkt des nationalen Empfindens betrachtet zu werden; aus diesem Bewußtsein schöpfe Ich neue Kraft Mich der Sorge für die Wohlfahrt des Vaterlandes zu widmen. In diesem Sinne möchte Ich allen jenen Glückwünschenden Meinen Dank für ihre Aufmerksamkeit kundgeben; Ich beauftrage Sie zu dem Zwecke, Vorstehendes alsbald zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.
     Berlin, den 24. März 1877.

Wilhelm.     

   An den Reichskanzler.

Zum Geburtstage unsers Kaisers hat auch der Präsident der französischen Republik Marschall Mac Mahon einen Specialgesandten, den Marquis d'Abzac, mit einem eigenhändigen Gratulationsschreiben nach Berlin geschickt. Derselbe soll vom Kaiser mit großer Auszeichnung empfangen worden sein; und es ist gewiß erfreulich, daß Frankreich einen Augenblick seine Rachegedanken hat vergessen können, um einen solchen Akt freundschaftlicher Höflichkeit vollziehen zu können.
Die Angelegenheit des Generals v. Stosch ist nunmehr entschieden, und zwar in erfreulichster Weise. Derselbe ist nemlich durch ein außerordentlich huldvolles und freundliches Schreiben Sr. Maj. des Kaisers vermocht worden, in seiner Stellung als Chef der Admiralität zu verbleiben.
Der Reichstag hat sich am letzten Sonnabend vertagt bis zum 10. April.
Die "nationalliberale" Partei des Reichstages zusammen mit der sog. "deutschen Reichspartei" (den Freikonservativen) hat nunmehr ihren längst erwarteten Antrag betreffs der Lehrlingsfrage beim Reichstage eingebracht. Derselbe beschränkt sich auf Bestimmungen über den Lehrlingsvertrag und hat in vielen Punkten die Forderungen der Deutsch=Konservativen aufgenommen.
seitens Mecklenburg=Schwerins ist ein Antrag im Bundesrathe eingebracht, betreffend die Einführung der Fabrikatsteuer für Branntwein, in welchem bestimmte Grundsätze aufgestellt werden, nach welchen die Besteuerung geschehen soll.
Spanien Der König Alfons soll sich mit seiner Kousine, der Tochter des Herzogs v. Montpensier verlobt haben.
Türkei. Die Friedensverhandlungen mit Montenegro sollen, wie neuerdings aus Konstantinopel gemeldet wird, nicht abgebrochen, sondern nur suspendirt sein; doch das kommt wohl ziemlich auf dasselbe hinaus.
Der bosnische Aufstand nimmt eine weitere Ausdehnung an. Der Fürst von Montenegro hat einer bosnischen Deputation für den Fall der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten die Uebernahme der Leitung des Aufstandes zugesagt.
In Konstantinopel soll wieder eine gewaltige Gährung herrschen. Besonders wird die Rückberufung Midhat Paschas dringend verlangt. Auch den in Konstantinopel garnisonirenden Truppen scheint man nicht mehr recht trauen zu können. Dieselben sollen fortgeschickt werden und an ihre Stelle treten Truppenheile aus Syrien.
Der russische General Ignatieff hat sich einige Tage in Wien aufgehalten und will auf seiner Rückreise nach Petersburg wiederum Berlin berühren.


Anzeigen.

Nachdem in Sachen betreffend die concursmäßigen Einleitungen wider den Pferdehändler Carl Baumann jun. wegen nicht erfolgten Nachweises der Befriedigung der andrängenden Gläubiger zum Verfahren nach § 6 der Constitution vom 17. December 1834 übergegangen, demgemäß die nöthigen Sicherheitsmaßregeln verfügt und der Kaufmann Heinr. Schreiber hieselbst zum Sequester des C. Baumann'schen Vermögens bestellt worden, haben wir
1) einen Liquidationstermin auf

Mittwoch den 9. Mai dieses Jahres,
Vormittags 10 Uhr,

[ => Original lesen: 1877 Nr. 26 Seite 2]

2) einen Termin zum Versuche des Vergleiches und zur Prioritätsdeduction auf

Mittwoch den 30. Mai dieses Jahres,
Vormittags 10 Uhr,

anberaumt, und werden

ad 1 alle diejenigen, welche Forderungen und Ansprühe irgend einer Art gegen das Vermögen des Pferdehändlers C. Baumann jun. zu haben vermeinen, zur genauen Anmeldung derselben und Beibringung der darüber redenden Originalurkunden, unter dem ein= für allemal angedrohten Nachtheile ihrer Abweisung von der gegenwärtigen C. Baumann'schen Vermögensmasse, resp. ihrer Ausschließung mit anderweitigen Beweisurkunden,
ad 2 alle nicht präcludirten C. Baumann'schen Gläubiger, unter dem ein= für allemal angedrohten Nachtheile ihres Gebundenseins an die vom Schuldner vorzulegenden, event. im Termine zu regulirenden Vergleichsbedingungen, resp. ihres Ausschlusses mit ihrer Prioritätsdeduction,
hierdurch geladen.
   Rehna, den 24. Februar 1877.

Großherzogliches Stadtgericht


Holzverkauf.

Am Donnerstag den 5. April, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Lenschow in Selmsdorf nachstehende Holzsortimente aus den Hohemeiler Tannen meistbietend verkauft werden:

      340 Rmtr. tannen Kluft Ia. Qualität,
      240 Rmtr. tannen Knüppel Qualität,
        16 Haufen Fichten=Durchforstungsholz von Schleetstärke,
        22 Fuder Fichten=Durchforstungsholz von Hopfenstangenstärke,
          6 Fuder Fichten=Pollholz,
circa 120 Rmtr. tannen Rodestämme.
Schönberg, den 25. März 1877.

Der Oberförster     
H. Hottelet.       


Auction.

Auftragsmäßig werde ich am Dienstag den 3. April d. J. von Morgens 10 Uhr an im Pastorenwittwenhause in Schönberg

Tische, Stühle, Spiegel, 1 Commode, 1 großer eichener Wäscheschrank, Betten, Leinenzeug, Matratzen, große und kleine Kessel, Küchen= und Waschgeräth, eine Parthie trocknes Buchenholz u. s. w.
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung versteigern.
Schönberg.

Staffeldt,          
Landreiter.     


Am Montag den 9. April c., Mittags von 12 Uhr an, soll in der Behausung des Hauswirths Mustin in Campow in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

1 Chatulle mit Aufsatz, 1 eichener Koffer, 1 Lehnstuhl, 1 großer Milchenschrank, 1 Spiegel, 1 Rommel, 2 ziemlich gute Sielengeschirre, 1 rothe Starke.
Schlagsdorf, den 22. März 1877.

Krüger,         
Landreiter.     


Am Sonnabend den 7. April, Vormittags 11 Uhr soll auf der Hofstelle des Hauswirths Mustin in Campow

1 Pferd, Schimmelstute, 9 Jahre alt und
1 Bauwagen mit eisernen Achsen
meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
Schönberg, den 19. März 1877.

Staack,               
Cammer=Executor.     


Am Mittwoch den 4. k. Mts , Mittags 12 Uhr, soll im Hause der Gastwirthin Boye hieselbst meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

1 Glasschrank,
1 Stubenuhr.
Schönberg, den 19. März 1877.

Staack,               
Cammer=Executor.     


Schul=Anzeige.

Der neue Cursus an der Mädchenschule wird am Montag den 9. April um 7 Uhr früh beginnen, die Aufnahme in die Elementarklasse ebendann um 9 1/4 Uhr des Vormittags in dem Nebenschulgebäude der Real= und Knabenschule geschehen; ältere aufzunehmende Schülerinnen bitte ich vorher bei mir anzumelden. Für sämmtliche neu eintretenden Schülerinnen ist die Vorlegung eines Impfungs= resp. Wiederimpfungs=Attestes, für die auswärts geborenen auch die eines Geburtsscheines erforderlich.
Schönberg, den 28. März 1877.

Rector C. Wesemann.     


Ein Buch welches 68 Auflagen erlebt hat, bedarf wohl keiner weiteren Empfehlung, diese Thatsache ist ja der beste Beweis für seine Güte. Für Kranke, welche sich nur eines bewährten Heilverfahrens zur Wiedererlangung ihrer Gesundheit bedienen sollten, ist ein solches Werk von doppeltem Werth und eine Garantie dafür, daß es sich nicht darum handelt, an ihren Körpern mit neuen Arzneien herumzuexperimentiren, wie dies noch sehr häufig geschieht. - Von dem berühmten 500 Seiten starken Buche: "Dr. Airy's Naturheilmethode" ist bereits die 68. Auflage erschienen. Tausende und aber Tausende verdanken der in dem Buche besprochenen Heilmethode ihre Gesundheit, wie die zahlreichen, dann abgedruckten Atteste beweisen. Versäume es daher Niemand, sich dies vorzügliche populär=medizinische, 1 Mark kostende Werk baldigst in der nächstem Buchhandlung zu kaufen aber auch gegen Einsendung von 10 Briefmarken à 10 Pfg. direct von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig kommen zu lassen, welch' Letztere auf Verlangen vorher einen 100 Seiten starken Auszug daraus gratis u. franco zur Prüfung versendet.


Zahnschmerzen jeder Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.     


Das Neueste in

Filzhüten
für Herren und Knaben
empfiehlt                                                    
                                                    Heinr. Schäding.
                                                    Schönberg.


Chili-Salpeter
(gute Erdbeeren= etc. =Düngung),

sowie fernere Düngermittel aus bestrenommirtesten Fabriken zu Originalpreisen und unter Garantie der Gehalte empfiehlt

F. Heitmann, Schönberg.     


Gemüse und Blumensämereien, Spalier und hochstämmige Obstbäume, Johannisbeeren, Stachelbeeren,
sowie später alle Sorten Kohl, Sellerie, Porro, Runkelpflanzen, sehr viele verschiedene Blumenpflanzen
empfiehlt                                                     Hochachtungsvoll                                                    

H. Upahl,     
Schönberg.      


Zu Ostern oder Michaelis eine Wohnung, parterre, zu vermiethen. 1 Stube, Schlafstube, Küche, Keller, Stall, Bodenraum u. s. w.
Eine Wiese, ethes Kuhfutter, auf 7 hintereinander folgende Jahre zu verpachten nebst einem Garten, 12 []Ruthen groß.
Näheres durch

J. Kibbel, Commissionär.     
Schönberg.            


[ => Original lesen: 1877 Nr. 26 Seite 3]

W. Kolls,
Juwelen-, Gold- u. Silber-Waaren-Handlung Lübeck, Sandstrasse 1006.
Bestellungen werden billig und prompt ausgeführt.


Dem geehrtesten Publikum Schönbergs und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich von heute an eine Auswahl

neuer Wagen u. eleganter Phaeton

nach neuester Construction und dauerhaft gearbeitet vorräthig halte.

Heinrich Badstein,              
Stellmachermeister in Schönberg.     


Den Schützenmitgliedern und Antheilscheininhabern die Nachricht: am 3. April d. J.

Ball im Schützenhause,

wozu sie eingeladen werden.

Schönberg.                                                     Der Vorstand.


Allgemeine Gesellen=Krankenkasse.

Der vierteljährige Beitrag von Ostern bis Johannis wird am Sonntag den 8. April, Nachmittags 3 Uhr, im Lokale des Herrn Gastwirth Krüger hieselbst erhoben.
Die Mitglieder werden ersucht, möglichst zahlreich zu erscheinen wegen Wahl eines Beisitzenden, sowie um einen vom Altgesellen gestellten Antrag zu erledigen.
Schönberg, im März 1877.

Der Vorstand.     


Stets vorräthig:

Einfache und doppele Bruchbänder in verschiedener Gattung, Suspensors oder Tragbeutel, Nabelbinden mit und ohne Luftkissen für Kinder, runde und Flügel=Mutterkränze, Clysopomps und doppelte Clystirspritzen zum Selbstklystiren, Wundspritzen aller Art zu jeglichem Gebrauch, Irrigators, Eisbeutel mit festem Verschluß, Gummi=Luftkissen für Kranke, Milchpumpen oder Warzenzieher, Brusthütchen bei wunder Warze, Warzendeckel, Brustgläser, wasserdichtes Zeug als Unterlage in den Wiegen wegen Durchnässen der Betten, Mutterrohre,
electro=motorische Zahnhalsbänder zur Erleichterung und Schutz des Zahnen bei Kindern sehr empfehlenswerth, Zahnringe in Gummi und Horn, die neuesten Milchflaschen mit Schlauch und Bürste, sowie ächte Milchsauger von reinem Gummi und dergleichen mehr sind stets zu haben bei

Emil Jannicke,        
Bandagist in Schönberg.     


Das vereinigte

Sattler= und Drechsleramt

wird wie früher auch in diesem Jahre am 3. Ostertage, den 3. April, die

Jahresversammlung

abhalten, an welcher Theil zunehmen hierdurch sämmtliche Mitglieder gebeten werden.
Schönberg, 26. März 1877.


Aufforderung.

Sämmtliche Maurer der hiesigen Krankenkasse müssen am 2. Ostertage den 2. April persönlich auf der Herberge erscheinen und die Rückstände ihrer Beiträge bezahlen, widrigenfalls wir sie gerichtlich einfordern lassen.

Schönberg.                                                     Der Vorstand.


Beste engl. Regenröcke

empfiehlt billigst

August Creutzfeldt
in Schönberg.


Zu Hof Schlagsdorf sind noch 60 Sack Bohnen, sowie guter Saat=Hafer zu verkaufen.

C. Regelien, Inspector.     


Eine große Auswahl
meiner fertigen
Herren- & Knabengarderobe

empfehle dem geehrten Publikum bestens.
Da ich meine Stoffe direkt beziehe, kann ich dieselben zu Einkaufspreisen abgeben, weil ich nur auf die Arbeit reflectire.
Schönberg.

Hochachtungsvoll          
H. Hundt.     


Hiedurch die ergebenste Anzeige, daß ich meine in dem besten Ruf stehende

Cigarrenfabrik

nach Carlow verlege und bitte auch dort mir das Zutrauen zu schenken, wie es mir hier zu Theil wurde, da ich dort die Fabrik bedeutend vergrößern kann.
Pogetz, den 30. März 1877.

Achtungsvoll
Johannes Eckmann.


Wirthschaftseröffnung.

Heute mache ich die ergebenste Anzeige, daß ich am 31. März Abends 7 Minuten vor 7 Uhr meine

Gastwirthschaft

eröffne und bitte um recht zahlreichen Besuch.

Achtungsvoll
Johannes Eckmann.
Carlow.


Bitte.

Durch die am 16. März hieselbst ausgebrochene Feuersbrunst ist besonders hart die Familie des Malers Stoffers getroffen worden. - Nachdem es demselben gelungen, mit dem jüngsten Kinde aus dem Feuer zu entkommen, war es nur durch die größte Anstrengung und Aufopferung möglich, die Frau nebst 2 Kindern den Flammen zu entreißen, während ein 4tes Kind inzwischen schon im Feuer umgekommen war. Noch liegt die Frau nebst dem einen Kinde an den erhaltenen Brandwunden in einem Lübecker Krankenhause schwer danieder. Von seiner Habe hat der Maler Stoffers so gut wie gar nichts gerettet, was ihn um so schwerer trifft, als er leider nicht versichert war. Damit derselbe nun in den Stand gesetzt werde, für sich und seine Familie wenigstens das Nothwendigste anzuschaffen und seinen Beruf wieder aufzunehmen, bitte ich alle, welche helfen können, Herz und Hand aufzuthun und der Noth ein Opfer zu bringen um des Herrn willen. - Zur Entgegennahme und späteren Quittung ist gerne bereit die Exped. der Anz. zu Schönberg und

E. Langmann,     
Pastor.          

Herrnburg, den 22. März 1877.

Bei der Exp. d. Anz. eingegangen: V. Hfr. W. 3 M., von der Familie des Hsw. K. in R. 5 M.


Dr. Link's Fettlaugenmehl

zum Waschen von Weißzeug, Wollen=, Baumwollen= und Seidenstoffen, schont Gewebe und Hände. Ausgezeichnetes Reinigungsmittel von Porzellan, Lackfarben, Oelgefäßen, Zimmerböden etc. - Vortheilhafter Ersatz der Seife bei reichlicher Ersparniß an Zeit, Arbeitskraft und Kosten.
Pr. Pfund 50 Pfennige. Kisten billiger. Niederlagen bei den Herren A. Wengler, Rehna und H. Polemann, Schwerin.

Generalagentur A. F. Riemann, Hamburg.                          

pr. Pfund 50 Pf.Niederlagen bei den Herren A. Wengler, Rehna u. H. Polemann, Schwerin.
Generalagentur A. F. Riemann, Hamburg.


Für das Amt Rehna wird ein zuverlässiger Mann, Kaufmann, Oekonom oder Handwerker gesucht, welchem der Alleinverkauf der neuesten berühmten

Weil's Dresch-Maschine & Häcksel-Maschine

gegen gute Provision übertragen werden kann. Reflectanten wollen schriftliche Offerte richten an:

Moritz Weil jun., Maschinen=Fabrik in Frankfurt a. M.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 26 Seite 4]

Vom 30. November v. J. bis heute sind nachstehende Schäden bei unserer Gesellschaft angemeldet:

  1) vom Hauswirth Mette iu Campow ein Pferd 420 M.
  2) vom Huaswirth Oldenburg in Utecht ein Pferd 500 M.
  3) vom Krüger Michelsen in Selmsdorf eine Kuh 135 M.
  4) vom Hauswirth Kröger in Lockwisch eine Kuh 135 M.
  5) vom Hauswirth Oldenburg in Selmsdorf ein Pferd 300 M.
  6) vom Hauswirth Robrahn in Rieps ein Pferd 90 M.
  7) vom Küster Carlau in Schlagsdorf eine Kuh 135 M.
  8) vom Hauswirth Nehls in Kleinfeld ein Pferd 450 M.
  9) vom Arbeitsmann Heibey zu Hof Selmsdorf eine Kuh 135 M.
10) vom Mühlenpächter Wieschendorf eine Starke 135 M.
11) vom Schulzen Lenschow in Blüssen ein Pferd 750 M.
12) vom Büdner Badstein in Herrnburg ein Pferd 100 M.
13) vom Hauswirth Boye in Schwanbeck eine Kuh 90 M.
14) vom Hauswirth Oldenburg in Raddingsdorf ein Pferd 525 M.
und werden unsere Mitglieder ersucht, zur Deckung dieser Schäden einen Beitrag von 80 Pfennigen pro 100 M.Versicherungssumme am

Mittwoch, den 4. April cr., Morgens 10 Uhr,

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 24. März 1877.

Direction der Viehversicherungs=Gesellschaft im Fürstenthum Ratzeburg.


Wegen Wegzuges von hier
Ausverkauf
gegen comptant oder Credit bis zum 20. April
Da das ganze Lager bis zum 20. April geräumt sein muß,
so sind außerordentlich billige Preise gestellt und bietet sich eine
seltene vortheilhafte Gelegenheit
zum Einkauf.
Julius Schweigmann
in Schönberg.


Ausstellung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe
des Patriotischen Vereins zu Grevesmühlen.
vom 30. Mai bis 1. Juni 1877.
-----------

Die Bedingungen zu obiger Ausstellung sind jetzt in einem Programme festgestellt und sind nebst Anmelde=Bögen vom Herrn Chr. Callies in Grevesmühlen zu beziehen.

Die Ausstellungs=Committe.


Tüll= u. Zwirn=Gardinen,

die augenblicklich so billig sind, wie noch nie, empfing neue Sendung in brillanten Mustern

August Creutzfeldt
in Schönberg.


Gute Glasdachpfannen,
à Stück 75 Pfennige,

hält zum Verkauf

Rehna.                                                     Talg, Glaser.


Kirchliche Nachrichten.

1. Ostertag.
Früh=Kirche: Pastor Kämpffer.
Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
2. Ostertag.
Früh=Kirche: Pastor Fischer.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Bahnhofs=Restauration
Schönberg.
An allen Feiertagen
Bockanstich.


Der Fußsteig über meine Feldmark ist hiermit bei Strafe gerichtlicher Belangung verboten.

Schulze Freitag.     
Ollndorf.         


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M 50Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen17 M 50Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Hafer15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


(Hierzu Off. Anz. Nr. 12 und eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 26 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 26 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 30. März 1877.


Schwurgerichts=Verhandlungen wider den Oekonom Rudolf Thias aus Nolle wegen Mordes des Buchhandlungsgehülfen A. Schulze aus Schönberg.

Aurich, 14. März. (Schluß.) Zeuge Handlungsgehülfe Fischer: Ich war früher nach Borkum gekommen als Thias und dort schon bekannt, als ich zum ersten Male mit ihm zusammentraf. Thias lernte durch mich Schultze, welcher etwa Mitte August nach der Insel gekommen war, kennen. Wir drei verkehrten viel mit einander. Ob Schultze und Thias auch in der Nacht vor der Mordthat zusammen nach dem Strande spazieren gegangen sind, weiß ich nicht. - Am 3. September kamen der Angeklagte und der junge Abtmeyer wiederholt nach dem Hause, worin Schultze und ich unsere Geschäftslocale und unsere Wohnungen inne hatten. Wir sagten dem Angeklagten, als er des Abends noch einmal kam, und uns zum Ausgehen drängte, wir würden vielleicht kommen, aber erst später. Ich machte an dem Abende gerade Kasse und wechselte, da ich viel kleines Geld besaß, dieses von Schultze gegen größeres Geld um. Es mochte etwa 1/2 11 Uhr sein, als wir in die Gaststube des Könnecke'schen Wirthshauses eintraten. Thias trank vor Freude einen "Ganzen." Wir - Schultze und ich - brachen, nachdem er ein Glas Wein, ich ein Glas Bier getrunken, wieder auf, um noch etwas frische Luft zu schöpfen, versprachen jedoch wieder zu kommen. Als wir nach kurzer Zeit zurückkehrten, trafen wir vor dem Könnecke'schen Hause mit Thias, der aus dem Wirthshause des Backer jun. zu kommen schien, zusammen. Hier gingen Thias und Schultze eine Wette dahingehend ein, wenn Schultze, der von ungewöhnlich langer Statur war, sein Bein nicht über Thias Kopf schwinge, so sollte er eine Flasche Sect verloren haben. Schultze verlor die Wette. Ich habe sie nicht für ernsthaft gehalten. Als wir wieder in der Gaststube, bei Könnecke saßen, wo Thias und ich je ein Glas Bier, Schultze ein Glas Wein trank, kam das Gespräch auch auf die Wette; doch bin ich überzeugt, daß es wenigstens Schultze nicht Ernst war. Als wir in der Absicht, nach Hause zu gehen, aufgebrochen waren, forderte Thias uns auf, noch in den Backer'schen Gasthof zu gehen. Wir ließen uns überreden, Thias und ich tranken zuerst wieder Bier, Schultze Wein. Herauf bestellte Thias eine Flasche Sect. Ich machte ihm darüber Vorstellungen. Er antwortete, es solle, da er in den nächsten Tagen abreisen werde, seine Abschiedsfeier sein; außerdem wolle er durch diese Generosität Backer veranlassen, auch seinerseits generös zu sein und ebenfalls eine Flasche Sect zum Besten zu geben. Wir tranken die Flasche aus. Während wir hier saßen, war das Gespräch darauf gekommen, daß Schultze seit der Zeit, wo ein Einbruch bei ihm verübt, seine Kasse stets bei sich trage. Thias saß so, daß er es eher verstehen konnte als ich.
Angeklagter: Ich habe es nicht gehört. Schultze hat mir gegenüber zum ersten Male in den Dünen, unmittelbar vor meiner That, von der Kasse gesprochen.
Zeuge bleibt dabei, daß Thias, der an dem unter ihnen Dreien geführten Gespräch lebhaften Antheil genommen, es habe hören müssen und fährt dann fort: Thias war sehr aufgeregt; er forderte uns zum Tanzen auf. Wir gingen auch Jeder einmal darauf ein. Vor dem Heimgehen haben wir hier sowohl, als bei Könnecke unsere Zeche berichtigt. Thias bezahlte die Flasche Sect. Wir begleiteten ihn bis zu seiner Wohnung. Nachdem ihm auf seine Bitte der Bauführer Prüßmann die Hausthüre geöffnet, meinte er, lassen Sie die Thür noch eine Weile auf, ich komme gleich wieder; worauf er wieder mit uns zurückging. Bei unserer Wohnung angelangt, sagte Schultze zu mir, ich solle nur zuerst hineingehen; ich ging auch. Schultze kam jedoch nicht nach; ich sah vielmehr, daß er sich mit Thias in der Richtung nach dem Strande entfernte.
Als ich am andern Morgen um 7 Uhr auf Schultze's Stube noch nichts gehört, begab ich mich, da es mir auffiel, daß Schultze noch nicht aufgestanden, auf dessen Zimmer, das nur durch eine Bretterwand, in der eine Verbindungsthür angebracht ist, von dem meinigen getrennt war. Ich fand ihn nicht; sein Bett stand unberührt.
Bis 9 Uhr wartete ich. Als er aber um diese Zeit noch nicht zurückgekehrt war, begab ich mich auf die Suche. Nachdem ich in den Hotels vergeblich nachgefragt, ging ich zum Strande. Unterwegs begegnete mir Thias. Ich fragte ihn, wo er denn Schultze verlassen, derselbe sei bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Thias erwiderte: Beim alten Backer haben wir uns getrennt, wo er geblieben, weiß ich nicht. Der Angeklagte hatte einen Fleck auf der Nase; sonst habe ich in keiner Beziehung etwas Auffälliges an ihm bemerkt. Es mochte ungefähr 10 Uhr sein. Als, ich vom Strande zurückkehrte, begegnete mir Thias abermals, indem er in Begleitung zweier Herren nach dem Strande ging. Als ich ihn fragte, ob Schultze wieder da, oder ob doch wenigstens eine Spur von ihm aufgefunden sei, entgegnete er "nein, noch nichts" und ging weiter. Es war wieder nichts Auffälliges an ihm wahrzunehmen. - Bald darauf erzählte mir der junge Abtmeyer, daß Schultze als Leiche in den Dünen aufgefunden sei. Als ich dann gegen 12 Uhr beim Backer'schen Wirthshause, wo sich eine große Menschenmenge zusammengefunden hatte, wieder mit Thias zusammentraf, fragte er mich in der ruhigsten Weise, was los sei. Ich erzählte ihm die schreckliche Begebenheit, worauf er ganz kaltblütig bemerkte: es ist doch unangenehm, daß ich gerade so spät mit ihm zusammen sein mußte. - Am Nachmittag kam der Amtsvogt Abtmeyer in Begleitung des Angeklagten zu mir und stellte in meiner Gegenwart ein Verhör mit ihm an. Er antwortete so ruhig und gelassen, daß ich an eine Schuld seinerseits nicht zu glauben vermochte. - Auf weiteres Befragen: Thias hat zu Anfang unserer Bekanntschaft auch einmal eine Flasche Sect ponirt. Es geschah dies auf Könnecke's Veranlassung.
Zeuge Bauführer Prüßmann, der sich im vorigen Sommer längere Zeit behufs Beaufsichtigung der Schutzmauerbauten, Vornahme von Messungen etc. auf Bornim aufhielt und während jener Zeit im de Vries'schen Hause daselbst wohnte, läßt sich über das Verhalten des Thias vor und nach der That folgendermaßen vernehmen: Kurze Zeit, nachdem ich am 3. September Abends gegen 12 Uhr nach Hause gekommen war, sah ich auf der Wiese vor meiner Wohnung drei Gestalten spielend sich herumtummeln. Ich dachte mir gleich, daß es Thias, Schultze und Fischer seien, die ich noch eben vorher im Könnecke'schen Locale gesehen hatte. Bald darauf wurde die Thürklinke angefaßt und Lärm damit gemacht. Als ich die Thür öffnete, stand Thias davor. Es war nichts Ungewöhnliches, daß er so spät kam, ich habe ihm mehrfach die Thür aufmachen müssen. Er trat diesmal jedoch nicht ein, sondern ging, nachdem er gesagt, ich möchte die Thür auflassen, er käme gleich wieder, mit den beiden, die bei ihm waren, die ich jedoch nicht erkannt habe, wieder fort. Wann er nach Hause gekommen ist, weiß ich nicht, es kann dies jedoch nicht sehr bald geschehen sein, da ich noch längere Zeit gewacht habe und ihn deshalb jedenfalls hätte hören müssen. - Am andern Morgen zwischen 10 und 11 Uhr, als ich an meinem Arbeitstisch saß, riefen zwei bekannte Herren mir durch's Fenster zu, der Buchhändler - ich kannte ihn nicht beim Namen - sei erschlagen in den Dünen aufgefunden worden. Bald darauf sah ich Thias aus dem Nebenhäuschen kommen. Im Vorübergehen sagte ich ihm: wissen Sie es schon, Herr Thias, Ihr Freund, der Buchhändler, ist als Leiche in den Dünen gefunden und zwar erschlagen, worauf er erwiderte: "ja, ich habe es gehört," und damit weiter ging. Die Art und Weise wie er sprach, sowie sein Benehmen schienen mir unnatürlich, unwahr zu sein; ich setzte deshalb in Gedanken hinzu: und Sie sind der Mörder. Ich habe mit meinem Verdacht auch nicht zurückgehalten, sondern als später bei Tisch die Rede auf den traurigen Vorfall kam, und darüber gestritten wurde, ob der Thäter ein Insulaner oder einer der beim Dühnenbau beschäftigten Arbeiter sei, rund heraus gesagt, es ist weder ein Insulaner noch ein Arbeiter, sondern ein Badegast. Seinen Namen habe ich nicht genannt. - Am Nachmittage traf ich den Thias bei Könnecke, wohin ich mich begeben hatte, um ihn zu beobachten. Er trank Kaffee und spielte anscheinend mit größter Gemütsruhe Karten. Ich habe meinen Verdacht auch mehreren näheren Bekannten mitgeteilt und dabei den Namen des Thias genannt. Diese riethen mir aber zu schweigen, bis eine Gerichtscommission angelangt sei.
Zeugin Gebke Relski, Dienstmagd bei de Vries: Thias wohnte im vorigen Sommer mehrere Wochen lang in unserem Hause. Er kam gewöhnlich sehr spät zu Hause und pflegte des Morgens erst zwischen 7 und 8 Uhr wieder aufzustehen. Am Abend des 3. September kam er noch viel später als sonst. - Als ich am nächsten Morgen die Stiefel putzte, die Thias den Abend vorher getragen, waren dieselben durch und durch naß und mit Dünensand bedeckt. - Ob der Angeklagte am Montag Morgen früher als gewöhnlich aufgestanden, weiß ich nicht. Daß er zu Bett gewesen, war sichtbar, doch war das Bett weder beschmutzt, noch war Sand darin. Ich würde es um so eher bemerkt haben, als das Bett den Tag vorher überzogen war. - Nachdem Zeugin das schon zu Anfang erwähnte Auffinden des Geldes am folgenden Freitage erzählt hatte, erwiderte der Angeklagte auf Befragen: ich bleibe dabei, daß ich mich in der fraglichen Nacht mit Stiefeln und Beinkleidern ins Bett gelegt habe.
Ehefrau de Vries: Thias hat bei uns gewohnt. Er pflegte des Morgens und Abends zu Hause zu essen; nach dem Abendessen aber auszugehen und lange wegzubleiben. Betrunken habe ich ihn nie gesehen; er hat sich vielmehr, so lange, er bei uns wohnte, immer sehr anständig betragen. In der ersten Zeit seiner Anwesenheit war er mitunter unwohl und klagte über Kopfschmerzen. Das hinderte ihn jedoch nicht am Ausgehen. Auch am 2. September klagte er über Kopfschmerzen, ging jedoch am Nachmittage aus und kam erst spät Abends wieder. In der Nacht vom 3. bis 4. September kam er des Nachts um 2 Uhr zu Hause, nachdem er einmal um 12 Uhr da gewesen war und Prüßmann gebeten hatte, die Hausthür aufzulassen. Ich weiß die Zeit deshalb so genau anzugeben, weil ich, da ich wußte, daß die Hausthür nicht abgeschlossen sei, vor Angst nicht einzuschlafen vermochte. Nachdem ich es 1/2 2 Uhr hatte schlagen hören, schlief ich doch ein, wachte aber wieder auf, als ich hörte, daß die Hausthür geöffnet wurde. Es schlug gerade 2 Uhr. Ich horte, daß Thias auf seine Stube ging und dort noch sehr lange Zeit ruhelos auf= und abspazierte. Er muß aber doch schließlich zu Bett gegangen sein, denn als am andern Morgen die Gebke in meinem Beisein das Bett machte, war deutlich zu sehen, daß Jemand darin gelegen. Das Bett war aber durchaus rein. - Am andern Morgen stand er viel früher auf als sonst: denn während er gewöhnlich zwischen 8 und 1/2 9 das Bett verließ, hörte ich ihn damals schon gegen etwa 6 Uhr. Gleich darauf muß er ausgegangen sein. Nach ungefähr einer Stunde war er wieder da. Jetzt brachte ich ihm den Kaffee. Daß ich etwas Auffälliges an ihm bemerkte, kann

[ => Original lesen: 1877 Nr. 26 Seite 6]

ich nicht behaupten. Nachdem er den Kaffee getrunken, ging er wieder fort, um so gegen 10 Uhr wieder heimzukehren. Um diese Zeit ungefähr hörte ich von Nachbaren, daß der Buchhändler Schultze vermißt werde. Ich theilte dieses zuerst meinem Manne mit, ging dann aber zu Thias, der gerade aus dem Hause trat, um womöglich von ihm Näheres zu erfahren. Auf meine Frage, ob er wohl wüßte, daß Schultze vermißt werde, antwortete er ruhig und gelassen: der läge todt in den Dünen, drehte sich dann rasch um und entfernte sich. Sein Gesicht konnte ich, da er es abwandte, nicht sehen. So schwer es mir wurde, in mir stieg aber doch sogleich ein Verdacht gegen Thias auf; denn es war mir völlig unbegreiflich, wie Jemand bei dem so traurigen Ende eines guten Freundes so ruhig bleiben konnte. Nachdem ich meinem Manne meinen Verdacht mitgetheilt, gingen wir zusammen auf Thias Stube und untersuchten dort seine Kleider nach Blutspuren etc., fanden aber nichts. -
Angeklagter: Ich bleibe dabei, daß ich mich mit den Stiefeln ins Bett gelegt habe; ob ich vorher in der Stube auf= und abgegangen, weiß ich nicht.
Amtsvogt Abtmeyer: Am 4. September Morgens etwas nach 9 Uhr kamen einige Musiker, welche des Morgens am Strande gespielt hatten und in der Nähe meines Hauses, das unmittelbar an den Dünen liegt, durch die Dünen heimgekehrt waren, in großer Aufregung an das Fenster meines Arbeitszimmers, indem sie riefen: wir haben eine blutige Leiche in den Dünen gefunden. Zehn Minuten später muß das Ereigniß den meisten Leuten auf der Insel bekannt gewesen sein, da einige von den Leuten, die mir die Kunde brachten, so rasch sie konnten, ins Dorf liefen. - Als ich am Nachmittage gegen 5 Uhr Thias festnahm, traf ich ihn noch Karten spielend bei Könnecke.
Angeklagter: Die Frau de Vries im sich wenn sie aussagt, ich sei am fraglichen Morgen um 6 Uhr aufgestanden. Es war jedenfalls schon 7 Uhr, wenn nicht später. Ich bin erst abgegangen, nachdem ich meinen Kaffee getrunken hatte. - Das Geld habe ich vor dem Aborte versteckt, nachdem Prüßmann mich gefragt, ob ich schon wüßte, daß Schultze ermordet in den Dunen gefunden worden sei. - Warum ich dem Schultze, nachdem er schon am Boden lag, noch einen zweiten Schlag versetzt, weiß ich nicht; ob er nach dem ersten Schlag noch Lebenszeichen von sich gegeben, darauf habe ich nicht geachtet.
Sachverständiger Medicinalrath Dr. Stöhr: Der Ermordete hat zwei Schläge mit einem schweren Instrument auf den Kopf bekommen. Der eine Schlag, wahrscheinlich der erste, hat den Hinterkopf getroffen, jedoch nur die Weichtheile, nicht den Hirnschädel verletzt. Nachdem der Ermordete diesen Schlag erhalten, wird er betäubt zu Boden gestürzt sein. Darauf hat er noch einen Schlag oben auf den Kopf bekommen. In Folge dieses Schlags ist der Schädel geradezu zerschmettert und der Tod augenblicklich eingetreten. Was die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten betrifft, so sind dem Sachverständigen weder früher noch während der Verhandlungen vor dem Schwurgerichtshofe Momente hervorgetreten, welche die freiwillige Willensbestimmung des Angeklagten zur Zeit der That auszuschließen im Stande wären.
Die Sachverständigen Sairitätsrath Dr. Lüning und Dr. Wolfes, welche den Angeklagten vom 30. October v. J. bis Anfang Januar d. J. auf geistige Störungen beobachtet haben, bekunden auch übereinstimmend, daß sie während der ganzen Zeit keinerlei Symptome an dem Angeklagten wahrgenommen, welche die Annahme geistiger Störungen überhaupt oder speciell zur Zeit der That rechtfertigen würden. Dr. Wolfes hält sogar die Aussage des Angeklagten, daß er an Epilepsie leide, für erdichtet.
Der Medicinalralh Dr. Stöhr, als Zeuge über das Benehmen des Angeklagten zur Zeit der Obduction des Schultze befragt, sagt aus: Als der Angeklagte in meiner Gegenwart an die Leiche seines von ihm erschlagenen Freundes geführt wurde, zuckte nicht ein Fiber in seinem Antlitz. Gleichgültiger, ruhiger hätte kaum Jemand bleiben können. - Bei der Abfahrt von Borkum, die in Gegenwart einer Menge erregter Menschen stattfand, während er an der Seite eines Gendarms auf dem Wagen saß, der ihn an Bord des Schiffes befördern sollte, war Thias vielleicht der ruhigste von Allen. Auf dem Dampfschiff ließ er sich mit vollkommener Ruhe von dem Steuermann die Einrichtung des Steuerrades erklären. Die unnatürliche Ruhe bestärkte mich in dem Verdacht, er sei der Thäter.
Nach geschlossener Beweisaufnahme ergriff der Kronanwalt das Wort. Er hob hervor, daß es sich hier nur darum handle, ob der Angeklagte die That mit Ueberlegung oder ohne dieselbe vollführt habe, ob also ein Mord oder ein Todtschlag vorliege. Er führte sodann aus, daß hier entweder ein Mord oder gar kein Verbrechen vorliege. Die Frage aber nach der Zurechnungsfähigkeit sei durch das Gutachten der Gerichtsärzte ausgeschlossen. Er beantragte ein "Schuldig" im Sinne der Anklage.
Diesem entgegen suchte der Verteidiger darzuthun, daß der Annahme eines Mordes zu vielerlei entgegen stände, ein Todtschlag dagegen läge vor; er beantragte Bejahung der darauf gerichteten Frage.
Nach kurzer Berathung erkannten die Geschworenen in Gemäßheit der Anklage auf: schuldig des Mordes: worauf der Gerichtshof den Angeklagten auf Antrag der Kronanwaltschaft zum Tode verurtheilte. Außerdem wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt.
Hierauf erklärte der Präsident die Session für geschlossen.


- Ueber die beste Stellung der Betten macht Baron Reichenbach interessante Bemerkungen. Wenn schon ein Magnet auf sensitive Personen einen Einfluß ausübt, so muß auch der Erdmagnetismus gewiß auf das Nervenleben des Menschen wirken. Baron Reichenbach glaubt daher, daß auf der nördlichen Halbkugel Menschen mit dem Kopfe gegen Norden sich zum Schlafe niederlegen sollten, auf der südlichen aber umgekehrt. Der Einfluß dieser Lage soll von großer Bedeutung für den Blutumlauf sein, ja man will Störungen im Organismus allein durch das Wechseln des Lagers kurirt haben. Viele Beweise werden für diese Behauptungen aufgeführt, unter Anderen der im 109. Jahre seines Lebens verstorbene Dr. Fischweiter in Magdeburg, welcher sein hohes Alter dem Umstand zuschrieb, daß er stets mit dem Kopfe nach Norden liegend geschlafen habe. Die Ostwestrichtung, d. h. Kopf nach Westen gerichtet, soll die ungesundeste sein. Krankheiten werden durch das verkehrte Liegen verschlimmert, so behaupten fleißige Beobachter.
- Die Krone aller Bälle in Berlin waren die Juristen=Bälle. Es waren ihrer drei in diesem Winter und die schönen Aussichten auf die Landesgerichte, Oberlandesgerichte und Reichsgerichte von 1879 haben die Juristen so munter und menschenfreundlich gemacht, daß unter allgemeinem Zuruf beschlossen wurde, im April noch einen vierten Ball zu halten. Die Berliner Juristenbälle sind aus Wien herübergekommen, wo sie schon seit Jahrzehnten in erfreulichem Ansehen bei den Wienerinnen standen. Der Walzerkönig Strauß hob auf diese Bälle jedes Jahr seine schönsten Weisen auf.
- Die Berliner Aerzte konnten schon im Jahre 1875 nur 52 PC. ihrer Rechnungen baar "hereinkriegen," im Jahre 1876 aber nur 39 PC. Nun geht das theure Klagen an.
- Evangelische Theologen gab's auf allen Universitäten des deutschen Reichs, im jüngsten Winterhalbjahr zusammen 1565, 72 weniger als im vorhergehenden Jahre.
- In Constantinopel entdeckte man nach dem Niederreißen eines alten Wirthshauses unter dem Fußboden eine große mit Kalk zugedeckte Grube voll Menschengerippe.
- Für hundert Thaler Veilchen werden jetzt durchschnittlich täglich in Berlin verbraucht, wie sachverständige Blumenhändler versichern. Nur ein Theil derselben kommt aus den umliegenden Gärtnereien Berlins, etwas mehr sendet Erfurt und Quedlinburg, die meisten aber kommen nicht, wie man meinen sollte, aus den sonnigen Gegenden des Südens, sondern - aus Königsberg - und aus Lübeck! Trotz des rauhen Klimas wird dort die Veilchenzucht im Großen betrieben und diese Kinder des kalten Nordens leicht an den kräftigen großen Blumenblättern und den sehr langen Stielen zu erkennen, während die Berliner Veilchen kleiner und unbedeutender ausschauen. Sie kommen in Kisten von circa einem Cubikfuß an und sind in Bündeln von 110 Stück verpackt.
- Ein trauriges Ehehinderniß hatte am vergangenen Mittwoch ein Berliner Standesbeamter zu konstatiren. Ein junges blühendes Paar, der Sohn des reichen Inhabers eines Vergnügungslokals und seine schöne Braut waren gekommen, um seine Amtsthätigkeit in Anspruch zu nehmen und darnach ihren Bund durch die Kirche einsegnen zu lassen. Der Beamte richtete zuerst an den Bräutigam die übliche Frage - doch siehe da, anstatt der Antworten tönte ihm hier und da ein Pfiff von den Lippen des zukünftigen Gemahls, oder aber ein consumes Gemurmel entgegen, und leichenblaß mußte die Braut die entschiedene Weigerung des Standesbeamten vernehmen, unter diesen Umständen die jungen Leute zu trauen - der Bräutigam war wahnsinnig.
- Vor ca. 8 Tagen wurde eine Stunde von Düsseldorf im Walde eine männliche Leiche mit abgeschnittenem Kopfe aufgefunden. Der Mann soll sehr fein gekleidet gewesen sein; es liegt wahrscheinlich ein Raubmord vor. Ueber die Persönlichkeit ist bis zur Stunde noch nichts festgestellt. Der Kopf ist auch noch nicht aufgefunden. Die Polizei hat 300 Mark auf die Entdeckung der Thäter gesetzt, ohne bis jetzt eine Spur aufzufinden.


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