No. 15
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. Februar
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 15 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. In Nr. 4 des Reichs=Gesetzblattes wird das unterm 27. Januar vom Kaiser vollzogene Gerichtsverfaßungsgesetz und das Einführungsgesetz zu demselben publiziert.
Wie verlautet hat der Justizausschuß des Bundesrathes beantragt, dem Gesetzentwurfe, wonach das Reichsgericht in Berlin seinen Sitz haben soll, zuzustimmen.
Die in Berlin zur Berathung über eine Reform der Eisenbahntarife zusammengetretene Konferenz von Delegirten der deutschen Eisenbahnverwaltungen ist schon am Tage nach der Eröffnung wieder geschlossen worden und soll zu einem befriedigenden Resultat geführt haben, indem dieselbe den Dresdner Reformentwurf mit mehreren für das verkehrtreibende Publikum günstigen Aenderungen angenommen hat.
Der Dr. Rud. Meyer, dessen Broschüre in der vorigen Nummer dieses Blattes erwähnt war, ist wegen Verleumdung des Fürsten Bismarck, die durch eine von demselben redigirte politische Korrespondenz geschehen ist, vom Berliner Gericht zu neun Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Der Staatsanwalt hatte eine zweijährige Gefängnißstrafe gegen ihn beantragt. Wahrscheinlich wird derselbe nun auch noch wegen seiner Broschüre belangt werden und, wenn sich, wie es wahrscheinlich ist, die darin enthaltenen Angaben gleichfalls als bodenlose Verleumdungen erweisen, einer härteren Strafe nicht entgehen.
Ueber die Ausdehnung der gegenwärtigen Nothstände schreibt ein bekannter Nationalökonom, Max Wirth, in der Wiener "N. Fr. Pr." folgendes: "Man muß über ein halbes Jahrhundert zurücksuchen, bis man auf eine Epoche so großer und allgemeiner Noth stößt, wie sie gegenwärtig aus drei Welttheilen um Hilfe ruft. Aus Amerika kehren die Auswanderer in Scharen mit leeren Händen zurück, weil sie dort keine Beschäftigung finden konnten. Aus den Fabrikstädten Englands, aus Berlin und Lyon, Rußland und Dänemark ertönt der Verzweiflungsschrei hungernder Arbeiter; und in Wien haben sich die Selbstmorde in Permanenz erklärt und, soweit sie sich statistisch verfolgen lassen, eine abnorme Höhe erreicht. Wohl nie hat eine Krisis so tiefe und allgemeine Wunden geschlagen! Da ist wahrlich die Frage nicht zu verargen: zu was soll die Wissenschaft dienen, wenn sie in solchem Elend nicht Rath und Hilfe weiß?" - Das sind trostlose Worte, trostlos wegen der Größe des enthüllten Elends und trostlos wegen des in denselben enthüllten Unglaubens. Sie sind ein letzter verzweifelnder Apell an die "Wissenschaft", die ja allerdings seit geraumer Zeit allerorten zu dem Gott gemacht ist, von dem man "Rath und Hilfe" erwartet, und der nun seine Schuldigkeit nicht thun will! Oder vielmehr jene Worte werfen diesen Götzen weg, wie der Neger seinen Fetisch wegwirft, der ihm nicht geholfen hat; und wir könnten uns freuen, daß die jetzige allgemeine Noth zu diesem Resultate führt, wenn jene That der Verzweiflung nur die Umkehr zu dem Gott bezeichnete, der Rath und Hilfe gewähren kann in aller Noth; aber man wird um einen neuen Götzen nicht verlegen sein; und alles deutet darauf hin, daß für die nächste Zeit der omnipotente (allmächtige) Staat dieser Götze sein wird, dem man schon längst gedient hat, und von dem man nun "Rath und Hilfe" fordern wird. Der "Staat" ist bekanntlich schon lange der Götze der Sozialdemokratie, die von demselben ihren "Rath und Hilfe" erwartet; aber in dem Augenblick, wo der Liberalismus zu ihrem Götzen greift, muß sie denselben als unbrauchbar gleichfalls wegwerfen; und es ist kaum zweifelhaft, wohin dieselbe greifen wird: es kann kein anderer sein, als der Götze, auf den schon die Pharisäer den Judas hinweisen, und den die Schlange unsern Ur=Eltern zeigt: hilf dir selber. Das ist die Revolution. Möge sich unser deutsches Volk zu dem Herrn seinem Gott bekehren, ehe sich diese Perspektive erfüllt, und ehe es zu spät ist! - Bei uns in unserm lieben Mecklenburg ist ja - Gott sei Dank! - die Noth noch nicht so schlimm, wie anderswo. Bei uns ist aber auch der Abfall von dem wahren Gott noch nicht so groß, wie anderswo. Wollen wir warten, bis beides auch uns erreicht hat? Oder sollen wir nicht bei Zeiten dazu thun, so viel an uns liegt, mit Gottes Hilfe unserm Volke seinen Glauben und seinen Wohlstand zu erhalten. Dazu wird der einzelne wenig thun können. Es wird vielmehr nöthig sein, daß alle, denen das Christenthum noch etwas gilt, und denen darum auch das Wohl des Volkes am Herzen liegt, zusammenstehn, um mit vereinten Kräften dem bezeichneten Ziele zuzustreben.
Die sich häufenden Vergehen von Kindern unter zwölf Jahren, welche nach dem neuen Strafgesetze polizeilich nicht bestraft werden können, haben der preußischen Staatsregierung Veranlaßung gegeben, dem Landtage eine Gesetzesvorlage über die Unterbringung verwahrloster Kinder in Erziehungs= oder Besserungsanstalten zugehen zu lassen. In den die Vorlage begründenden Motiven heißt es: "Unter den Schäden, an welchen unsere sozialen Zustände kranken, stehen die Verwilderungen und die Zuchtlosigkeit der heranwachsenden Jugend in erster Reihe. Es ist nur eine Stimme, daß das Uebel sich seit einer Reihe von Jahren in steigender Progression entwickelt, und daß vor allem auf diesem Gebiete Abhilfe noth thut, wenn wir nicht sehr ernsten Gefahren entgegengehen wollen." Daß selbst die preußische Staatsregierung gegen diese drohenden Gefahren die Augen nicht mehr schließen kann, wird gewiß manchen bedenklich machen, der bisher alles im rosigsten Lichte sah; und daß sie es auch nicht mehr thun will, ist gewiß dankenswerth; aber ebenso karakteristisch für dieselbe ist auch der Weg, auf dem sie die "ernsten Gefahren" vermeiden will. Bekanntlich bestehen in Preußen allein etwa 200 christliche Anstalten zur Erziehung und Besserung verwahrloster Kinder, die von der christlichen Liebe gegründet sind und allein durch Liebesgaben erhalten werden. Die preußische Regierung aber wird nun eigene, also wahrscheinlich konfessions= und religionslose Besserungsanstalten gründen; und wir werden also die interessante Erfahrung machen, was solche religionslosen Staatsanstalten zu leisten vermögen. Eine Belehrung ohne Christenthum giebt es wohl, und darum sind religionslose Schulen wenigstens denkbar; aber eine Erziehung und Besserung ohne Christenthum ist ein Widerspruch in sich selber.

[ => Original lesen: 1877 Nr. 15 Seite 2]

Preußen. Der Gesetzentwurf wegen Theilung der Provinz Preußen hat dem Abgeordnetenhause bereits zur ersten Berathung vorgelegen, und zwar haben sich die ostpreußischen Abgeordneten mit aller Energie gegen, die westpreußischen für denselben ausgesprochen.
Die Ernennung des Herrn v. Pultkammer, des jetzigen Bezirkspräsidenten in Metz und einen nahen Verwandten des Fürsten Bismarck, zum Oberpräsidenten von Schlesien als Nachfolger des zurücktretenden Grafen A. v. Arnim, wird von der "Voss. Ztg." als sicher bezeichnet.
Der Graf Hermann v. Arnim soll den Staatsanwalt Tessendorff wegen öffentlicher Beleidigung verklagt haben.
Oesterreich. Da Niemand den ungarischen Ministerposten hat haben wollen, so hat Tisza denselben wieder übernommen; und es scheint ein endlicher Ausgleich erhofft werden zu können.
In Schweden hat die Regierung dem Reichstage einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Schweden und Norwegen bezweckt, und dessen wesentliche Bestimmungen mit dem deutschen Reichswehrgesetze übereinstimmen.
Frankreich. Die Nachricht, daß der kaiserliche Prinz seiner Militärpflicht genügen wolle, wird von Paul de Cassagnac für unwahr erklärt.
Türkei. Die Lage wird jetzt wieder einmal als sehr gespannt bezeichnet; und man erwartet in kurzem den Ausbruch der Feindseligkeiten.


- Die Ausführung des Bismarck=Denkmals in Cöln ist nunmehr so weit vorgerückt, daß der Bildhauer Schaper in Berlin für die Summe von 40,000 M.die Herstellung des Monuments sammt Postament und sonstiger Zubehör contractlich übernommen hat.
- Nach französischen Angaben belaufen sich die beim General=Commissariat der Weltausstellung von 1878 bis jetzt aus Frankreich eingegangenen Anmeldungen auf 21,500, während aus verschiedenen wichtigen Departements die Gesammtliste der Aussteller noch nicht vorliegt. Man macht sich hiernach Hoffnung, das Frankreich allein durch etwa 23,500 Industrielle aller Art auf der Ausstellung vertreten sein wird.
- Das Kriegsministerium in Berlin beabsichtigt, den beiden Bataillonen, aus denen das Eisenbahn=Regiment besteht, ein drittes Bataillon unter dem Namen Telegraphen=Bataillon hinzuzufügen. Dasselbe soll in Mainz in Garnison kommen.
- Auf der Fahrt von New=Orleans nach Liverpool ist der Hamburger Post=Dampfer Bavaria am 6 Febr. auf offenem Meere verbrannt; Passagiere und Mannschaft wurden gerettet und in Beaufort (Südcarolina) gelandet.
- Auf einem großen Spaziergange gerieth der Pfarrer Meier aus Seubersdorf bei Erlangen Nachts in einen halb ausgetrockneten Weiher, konnte sich aus dem Schlamm nicht herausarbeiten und erstickte.
- In Weinziel in Oberösterreich hat ein junger Bauer Grasser seinen Vater erschossen, um ihn an der Eingehung einer zweiten Ehe zu hindern. Der Alte ließ sich noch auf dem Sterbebette mit seiner Braut trauen, der Sohn ist in Haft.
- In Böhmen ist ein Bauer, um einen Kreuzer Brückengeld zu sparen, in die Elbe gesprungen und an's Ufer geschwommen. Das Bad war aber so kalt, daß er sich daheim sofort zu Bette legen mußte, er bekam eine Lungenentzündung und starb.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zum Domhofe bei Ratzeburg belegenen beiden Wohnhäuser Nr. 21 und 22 des Fährmanns Johann Warncke daselbst giebt

das Großherzogliche Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 13. v. Mts. abgehaltene Liquidations=Protocoll, nachdem die öffentliche, gehörige Bekanntmachung dieses Termins zu den Acten docirt worden, hierdurch den

Bescheid:

daß alle weder in dem Liquidationstermine am 13. v. Mts. noch bis jetzt angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 9. Februar 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)                                                    A. Dufft.


Unter heutigem Dato ist nachstehende Firma in's Handelsregister eingetragen sub No. 52 Fol XXXIX:

Firma: A. Wigger Nachfolger.
Ort der Niederlassung: Schönberg.
Name und Wohnort des Inhabers: Krämer Franz Friedrich Heinrich Lundwall in Schönberg.

Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg, den 12. Februar 1877.
Das Handelsgericht.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Holzverkauf.

Am Mittwoch den 21. Februar, Morgens 10 Uhr, sollen im Kruge zu Boitin=Resdorf nachstehende Holzsortimente aus dem Resdorfer Zuschlage meistbietend verkauft werden:

  3 Rmtr. buchen Knüppelholz,
32 Fuder buchen Durchforstholz I. und II. Cl.,
37 Fuder eichen Durchforstholz I. und II. Cl.,   4 Fuder kiefern Durchforstholz II. Cl.,
12 Kiefernstangen I. und II. Cl.
Nähere Auskunft ertheilt der Forstaufseher Herr Dessau zu Wahrsow.

Der Oberförster     
C. Hottelet.        


Schönberg, den 12. Februar 1877.

Holzverkauf. Am Donnerstag den 22. Februar Morgens 10 Uhr sollen beim Krüger Jabs zu Schlag=Resdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

1. Aus dem Schlagbrügger Holze:

          3 Fichten Nutzholzblöcke.
          4 Fichten Klassenbäume.
ca. 270 Rmt. buchen Kluft I. u. II. Cl.

2. Aus dem Lenschower Holze:

  ca. 60 Rmt. Tannen Kluft und Knüppel.
Der Herr Förster Blank zu Schlagbrügge ertheilt nähere Auskunft über das zum Verkauf kommende Holz.
Schönberg, den 15. Februar 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.        


Holzverkauf.

Am Montag den 26. Februar, Morgens 9 Uhr, sollen in Frau Kösters Hotel zu Schönberg nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

1. aus dem Niendorfer Holze:

65 Stück fichten Stangen III. Cl. ;

2. aus dem Rupensdorfer Holze:

ca.   30 Stück geringe eichen Nutzholzdrümme und Wagendeichseln,
ca.   60 Rmtr. eichen Kluft und Knüppel,
ca.   10 Fuder starkes und geringes eichen Astholz,
ca. 200 Rmtr. buchen Kluft I. und II. Cl. und Knüppel,
ca.   50 Fuder buchen Zweigholz,
ca.   24 Rmtr. kiefern und fichten Kluft und Knüppel.
Dieses Holz befindet sich am Rande des Müschenbruchs und von dort längs des Hauptabfuhrwegs bis in die Nähe der Langbergbrücke, wo Nr. 511 die letzte Nummer.

55 Stück fichten Stangen. II. Cl.
Schönberg, den 18. Februar 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


[ => Original lesen: 1877 Nr. 15 Seite 3]

Holzverkauf.

Am Sonnabend den 24. Februar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Lange in Ziethen nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

aus dem Garnseer Holze:

3 Stück eichen Klassenbäume,
14 Stück buchen Nutzholzblöcke,
14 Rmtr. buchen Kluft II. Cl., am Plötscher See,
18 Fuder buchen Zweigholz, am Plötscher See,
89 Fuder buchen durchforstungsholz II. und III. Cl.,
  3 Fuder eichen Durchforstungsholz I. Cl.,
80 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel. Der Forstaufseher Herr Lembke zu Ziethen ertheilt nähere Auskunft über das zum Verkauf gelangende Holz.
Schönberg, den 15. Februar 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.        


Mineralwasserfabrik
der
Dom-Apotheke
in Ratzeburg.

Durch Anschaffung eines neuen, sehr leistungsfähigen Apparates, welcher auf der letzten Hamburger Industrie=Ausstellung prämiirt worden ist, bin ich bei Lieferung reinster und wohlschmeckender Wässer in die Lage versetzt, meine Fabrikate in

Selters, Sodawasser und
Brauselimonade
zu bedeutend ermäßigten Preisen abzugeben.
Syphons, mit Selters und Sodawasser gefüllt, sind stets vorräthig.

Hochachtungsvoll     
Th. Herold.       

Niederlage in Schönberg zu Fabrikpreisen bei Herrn Senator Aug. Spehr.


W. Kolls,
Juwelen-, Gold- u. Silber-Waaren-Handlung Lübeck, Sandstrasse 1006.
Bestellungen werden billig und prompt ausgeführt.


Einen Burschen in die Tischlerlehre, sucht zu Ostern unter günstigen Bedingungen.

J. Kiel & E. Rindfleisch.
Schönberg.


Zahnschmerzen jeder Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.     


Künstliche Düngemittel

der Chemischen Fabrik auf Wilhelmsburg bei Hamburg und der Schwefelsäure und Superphosphat Fabrik von

Tuborgs Fabrikker bei Copenhagen

empfiehlt zu Fabrikpreisen

Schönberg,                                                    A. Wigger Nachfolger.


Ein Knabe, der Lust hat, das Handschuhmacher= und Bandagen=Geschäft zu erlernen, kann sich melden bei

Emil Jannicke
Handschuhmacher und Bandagist.
Schönberg.


Lehrlings-Gesuch.

Ein , der Lust hat, Schneider zu werden, findet zu Ostern eine Stelle bei

H. Fanselow, Schneidermeister
in Schönberg.


Ich suche zu Ostern d. J. für meine Bäckerei

einen Lehrling.

Schönberg.

P. Hagen, Bäckermeister.


Dem geehrten Publikum Schönbergs und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mich hier,

Siemzerstraße 112

als

Tischler

etablirt hat. Ich bitte, mich mit Aufträgen gütigst beehren zu wollen, die ich stets möglichst prompt und billig auszuführen bemüht sein werde.
Schönberg, im Februar 1877.

Rudolf Wascher,
Tischlermeister.


Ich suche zu Ostern einen

Kutscher.
Dr. M. Marung, Schönberg.


Die Lübecker Bank vergütet für bei ihr belegte Gelder bis auf Weiteres
4 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
3 1/2 % bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 % bei dreimonatlicher Kündigung. Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als M. 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1876.

Lübecker Bank.     


Dem geehrten Publikum Schönbergs und Umgegend hierdurch die Mittheilung, daß ich das Geschäft des verstorbenen Webermeisters Köhler (am Kirchhofe) in unveränderter Weise fortsetze und bitte ich daher, das demselben geschenkte Vertrauen auch auf mich zu übertragen. Indem ich stets reelle und gute Bedienung zusichere, bittet um zahlreichen Zuspruch

J. Voss, Tuchmachermeister.     
Schönberg.                 


Dem geehrtesten Publikum Schönbergs und Umgegend bringe ich mein vollständig assortirtes

Sargmagazin

in freundliche Erinnerung.

M. Fick, Tischlermeister.     


1-2 kleine Mädchen

die zu Ostern die hiesige Schule besuchen wollen, finden freundliche Aufnahme in einer bürgerlichen Familie. Wo? Zu erfragen beim Tischlermeister Fick zu Schönberg.


Zu Ostern d. J. suche ich noch ein nicht ganz unerfahrenes Mädchen.
Schönberg, den 19. Februar 1877.

Kindler, Advocat.    


Gegen hohen Lohn wird zu sofort oder Ostern

ein Knecht

gesucht von

H. Oldenburg, Backermeister.
Schönberg.


Im Saale der Gastwirthin Frau Köster. Dienstag den 27. und Mittwoch den 28. Febr.
Concert.
der rühmlichst bekannten Tyroler Concert=Sänger=Gesellschaft des F. Höllensteiner.
2 Damen 3 Herren in ihrer Nationaltracht.
Anfang 8 Uhr.                                                     Entree 75 Pfennig (Mecklenburg).
Programm an der Kasse.

Da die Gesellschaft in allen Städten Mecklenburgs durch sehr zahlreichen Besuch und großen Beifall ausgezeichnet wurde, so erlaubt sich diesselbe besonders auf dieses Concert aufmerksam zumachen und einen genußreichen Abend versprechend, ladet ergebenst ein.

Hochachtungsvoll
Franz Höllensteiner
aus Lierz in Tyrol.


Sogleich oder zu Ostern d. J. suche ich für mein Manufacturwaaren=Geschäft einen

Lehrling
Lübeck.                                                     A. Staeding.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 15 Seite 4]

Guano der Peruanischen Regierung.

Wir zeigen hierdurch an, dass wir von dem

direct importirten Peru-Guano

eine grosse Anzahl Ladungen auf Lager haben, so dass wir Aufträge darauf jederzeit prompt effectuiren können.
Auf Anfragen über Preise etc. dienen wir bereitwilligst mit näherer Auskunft.
Gleichzeitig bringen wir zur Kenntniss, dass zur bevorstehenden Frühjahrssaison die Gehaltsgarantie und Preise für den

aufgeschlossenen Peru-Guano

unverändert bleiben.
Demgemäß liefern wir denselben in sofort verwendbarer Pulverform unter Garantie eines Gehaltes in demselben von

8 % gegen Verflüchtigung geschütztem Stickstoff und
9 % leicht löslicher Phosphorsäure
ab Lager hier zu folgenden Preisen:
M.285. - bei Abnahme von 30,000 Kilo und mehr,
M.300. - bei Abnahme von unter 30,000 Kilo,
per 1000 Kilo, inclusive Säcke, excl. Verladungsspesen, gegen comptante Zahlung in Reichsmünze und geben über sonstige Verkaufsbedingungen auf Anfrage gern Auskunft.
Zur grösseren Sicherstellung unserer Abnehmer vor Täuschungen, wie solche gerade in letzter Zeit wieder mehrfach zu unserer Kenntniss gebracht worden sind, lassen wir von jetzt ab jeden einzelnen Sack mit einer, unsere behördlich registrirte Fabrikmarke tragenden, nachfolgend verzeichneten Bleiplombe

Bleiblombe                                                    Bleiblombe

versehen, was wir bei Ankäufen zu beachten bitten.
Hamburg, im Januar 1877.

Ohlendorff & Co.
alleinige Agenten der Herren Dreyfus Frères & Cie. in Paris (Contrahenten der Peruanischen Regierung) für den Verkauf des Peruanischen Guanos in ganz Deutschland und dem Norden und von denselben ausschliesslich autorisirte Fabrikanten des aufgeschlossenen Peru-Guanos für ganz Europa und die Colonien.


Neuheiten für Confirmanden

in Tuchen, Buckskins, in Wolle und Halbwolle, Kleiderstoffe in schwarz und farbig, in modernen Mustern, Unterröcke in weiß und couleurt, Stickereien zu allen Preisen, Jacquets, Talmas in Seide und Wolle, Tücher, Shawls etc. etc.
Schwarze und couleurte Seidenzeuge empfiehlt noch zu alten billigen Preisen.
Schlagsdorf in Februar 1877.

H. Siebenmark.     

Ausverkauf einer Parthie Kleiderstoffe in guten Farben, die Elle von 40 Pfennig (Mecklenburg). an, Buckskins etc. zu alten Preisen, um damit zu räumen.      D. O.


Unterleibs-Bruchleidenden

wird die Bruchsalbe von G. Sturzenegger in Herisau, Canton Appenzell, Schweiz, bestens empfohlen. Dieselbe enthält keinerlei schädlichen Stoffe und heilt selbst ganz alte Brüche, sowie Muttervorfälle in den allermeisten Fällen vollständig. Zu beziehen in Töpfen zu Mark 5 nebst Gebrauchsanweisung und überraschenden Zeugnissen, sowohl durch G. Sturzenegger selbst als durch folgende Niederlagen: Berlin: A. Günther (A. Fanta), Löwenapotheke, Jerusalemerstr. 16, Hamburg: A. F. Riemann, Börsenpassage 1.


Künstliche Düngemittel

aus den Fabriken von

E. Güssefeld, Hamburg,

empfiehlt zu Originalpreisen

Aug. Spehr,     
Schönberg.      


Flachs
und
Heeden=Maschinengarn empfiehlt
August Creutzfeldt in Schönberg.


Für Confirmanden

empfing soeben die

neuesten Kleiderzeuge

und empfiehlt dieselben

ausnahmsweise billig.
                          August Creutzfeldt.


Auf der Dom=Apotheke in Ratzeburg wird zu Ostern ein tüchtiges

Hausmädchen

gesucht, welches zu waschen und zu plätten versteht.

Anna Herold.     


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen17 M -Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen18 M -Pfennig  bis 18 M 70Pfennig.
Gerste14 M 50Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer16 M 50Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,25 .
Enten d. S. M2,50 .
Hühner d. St. M1,50 .
Hasen das Stück M4,50 .
Tauben d. St. M0,45 .
Küken d. Stück M1,20 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,10 .
Eier 5 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,50 .
Spickgans d. St. M3,50 .


(Hierzu Off. Anz. Nr. 8 und eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 15 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 15 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 20. Februar 1877.


Egs. Ueber die Tyrolersängergesellschaft, welche hier am Dienstag den 27. und Mittwoch den 28. Februar im Kösterschen Saale zu Schönberg Gesangvorträge zu geben beabsichtigen, schreibt die "Nordd. Post" aus Parchim Folgendes: Die Tyroler Concert=Sänger=Gesellschaft des Herrn Höllensteiner (drei Herrn und zwei Damen) gab hier an den vergangnen 3 Abenden recht besuchte Concerte in der Centralhalle. Wir hatten hier schon früher derartige Vorträge, die uns sehr fesselten; doch wir müssen gestehen, in diesem Grade geschulte Stimmen, wie diese Gesellschaft sie aufzuweisen hat, hörten wir hier bisher noch nicht. Doch erlitt unter der Geschultheit die Naturwüchsigkeit des Tyroler=Gesanges durchaus keinen Abbruch, vielmehr waren wir auch von diesem Gesichtspunkt aus aufs höchste befriedigt. Insbesondere ist noch das unvergleichlich schöne Zitherspiel eines Mitgliedes hervorzuheben. - Wie wir hören, dürften wir auch öfter Gelegenheit haben, diese Gesellschaft hier zu hören, da sie durch die in Mecklenburg ihr gewordene freundliche Aufnahme veranlaßt, die Absicht ausgesprochen hat, ihre Besuche zu wiederholen. - Soeben erfahren wir, daß die Gesellschaft auf vielseitiges Verlangen sich entschlossen hat, hier noch ein Abschieds=Concert morgen Mittwochabend in der Centralhalle zu geben. Wir machen unsere geehrten Leser daher besonders hierauf aufmerksam. Mögen alle Freunde solchen Naturgesanges diese Gelegenheit nicht versäumen, noch einmal diese anregenden Lieder an ihr Ohr schlagen zu lassen, und wer sie an den verflossenen Tagen noch nicht gehört, möge sich zu guterletzt diesen seltenen Genuß nicht versagen.
- Gegenüber mehrfach verbreiteten Nachrichten, daß zwischem dem Deutschen Reiche und den Tonga=Inseln ein Vertrag über Abtretung eines Hafens abgeschlossen sei, erklärt der "Reichs=Anzeiger": Es ist richtig, daß am 1. November v. J. ein Freundschaftsvertrag abgeschlossen worden ist, der Deutschland dort die Rechte der meistbegünstigten Nation einräumt. Um den zum Schutze der deutschen Interessen in der Südsee verkehrenden deutschen Kriegsschiffen die Beschaffung ihres Kohlenbedarfs zu ermöglichen, sicherte der König von Tonga gleichzeitig, unter voller Wahrung seiner Landeshoheit, das Recht zur Benutzung von Terrain für eine Kohlenstation auf der Vävao=Gruppe zu. Von Abtretung eines Hafens oder der Landeshoheit über einen solchen war keine Rede. Solche Angaben sind ebenso unbegründet, wie die zeitweilig in Kurs gesetzten Nachrichten über angebliche Absichten Deutschlands auf Anlegung von Kolonien in fremden Welttheilen.
- Große Herren müssen sich vieles gefallen lassen, selbst daß sie gemessen und ihre Maße in aller Welt herumgeschickt werden. Ein Berliner Blatt, dem wir die Verantwortlichkeit dafür überlassen, hat ermittelt, daß das Militärmaß des Kaisers 5 Fuß 10 Zoll 3 Strich, des Kronprinzen 5 Fuß 11 Zoll, des Prinzen Carl 5 Fuß 9 Zoll beträgt; Prinz Albrecht (Sohn) mißt nicht weniger als 6 Fuß 4 Zoll und Fürst Bismarck hat es auf 5 Fuß 11 Zoll gebracht.
- Die Stadt Paris liegt im Prozeß mit dem Staate. Während der Belagerung von Paris in den kalten Tagen von 2. bis 23. December 1870, hatten die Truppen, welche in den Gehölzen von Vincennes und Boulogne lagerten, eine Anzahl von Bäumen gefällt, um an ihrem Feuer sich zu wärmen. Die Stadt verlangte später als Eigenthümerin dieser Gehölze einen Schadenersatz, der vom Kriegsministerium auf 248,000 Franks festgesetzt wurde. Diese Summe erscheint aber der Stadt zu gering.
- In einer Gesellschaft erzählte ein Mann: "Ich machte die Bekanntschaft einer Dame, welche mit einer erwachsenen Stieftochter zusammenwohnte, und heirathete erstere. Mein Vater, dem häufig Gelegenheit gegeben war, unsere Stieftochter zu sehen, verliebte sich in dieselbe und nahm sie zur Frau, heiratete somit seine Stief=Enkelin. Dadurch wurde meine Frau die Schwiegermutter ihres Schwiegervaters; aus meiner Stieftochter wurde meine Stiefmutter und der Vater verwandelte sich in einen Stiefsohn. Meine Frau schenkte mir einen Sohn; meine Stiefmutter Stiefschwester meines Knaben, ist zugleich auch seine Großmutter; denn er ist der Sohn ihres Stiefsohnes und mein Vater der Schwager meines Kindes, da dessen Schwester seine Frau ist. Meine Stiefmutter, Stieftochter meiner Frau, bekam ebenfalls einen Sohn; ich folglich einen Stiefbruder; denn er ist der Sohn meines Vaters und meiner Stiefmutter, aber da er zugleich der Sohn unserer Stieftochter ist, so wurde meine Frau seine Großmutter, ich der Großvater meines Stiefbruders und somit mein eigener Großvater." Der Unglückliche soll später in einer Anwandlung von Tiefsinn Hand an sich gelegt haben, weil er sich aus diesem Wirrwarr nicht mehr zurecht finden konnte.
- Im vergangenen Monat ist in Graz, wohin sie sich 1873 nach Verkauf ihrer Menagerie begeben, die bekannte Thierbändigerin Frau Fanny Casanova gestorben. Dieselbe durchzog während länger als 30 Jahren mit ihren Bestien die Welt, produzirte sich in allen größerem Städten und setzte Groß und Klein durch ihre Dressur und ihre unglaubliche Unerschrockenheit und tollkühne Bravour in Erstaunen. Unzählige Male wurde sie von ihren nicht immer geberdigen und gehorsamen Zöglingen angefallen und mit dem Zerfleischen bedroht, Hunderte von Narben bedeckten ihren Körper, aber immer und immer wieder besiegte ihr Muth und ihre Kaltblütigkeit die drohendste Gefahr. Ein Blitz aus ihrem funkelnden Auge, ein herzhafter Griff an die Kehle des zähnefletschenden Ungeheuers, ein derber Schlag oder Stoß mit der spitzen Eisenstange und das Thier lag winselnd und ohnmächtig zu den Füßen der zürnenden Meisterin. Auch Wien war, wie das "N. W. Tgbl." erzählt, wiederholt Zeuge solch fürchterlicher Scenen, in denen das Publikum mit bleichen Gesichtern und in athemloser Spannung der blutigen Katastrophe entgegensah. Zum letzten Male war dies im Januar 1868, als Frau Casanova im Theater an der Wien ihre Vorstellungen mit Wölfen, Leoparden und Löwen gab. Schon bei der Probe wollte der Löwe, ein Prachtexemplar, nicht pariren, d. h. nicht springen. Sie schlug den König der Wüste unbarmherzig, so daß der Direktor bat, sie möchte Einhalt thun und diese Nummer aus ihrem Programme überhaupt streichen. Da schrie sie auf und sagte: "Er darf mich nicht schwach sehen, er muß mich als seine Herrin erkennen, sonst wird er mein Herr und zerreißt mich." Noch ein Schlag und ein dräuender Blick und - der Löwe sprang. Aber bei der Abendvorstellung wiederholte sich das unerquickliche Schauspiel. Der Löwe sprang abermals nicht, kein Schlagen nützte, da - ergriff das bis zur Raserei aufgestachelte, zornglühende Weib das brüllende Thier mit nervigen Fäusten bei den aufgebäumten Mähnen und warf es in den Zwinger, daß es vor Schmerz heulte. Frau Casanova trocknete sich den Todesschweiß von der Stirne und - begann ihre Produktionen mit den Wölfen und Leoparden. Ein nie gehörter Beifallssturm erhob sich damals im Theater, für das sie nur mit einem ernsten Kopfnicken und einem vielsagenden Blicke dankte. - Die körperlich nicht athletisch gebaute, aber einst von unbeugsamer Willenskraft beseelte Frau verlebte ihre letzten Jahre, von den qualvollen Anstrengungen und Aufregungen schließlich doch erschüttert und zusammengebrochen, in stiller Abgeschiedenheit.
- Er wird kein Gelehrter. Ein Berliner

[ => Original lesen: 1877 Nr. 15 Seite 6]

Millionär, der vor kaum zehn Jahren nur einen kleinen Manufacturladen in der Königsstraße besaß, hat einen einzigen Sohn von etwa 18 Jahren, dessen gar zu solide Lebensweise dem Vater durchaus nicht behagte. Trotz des bedeutenden Taschengeldes, das er erhielt und trotz der verschiedenen Sümmchen, die ihm die Mutter heimlich zusteckte, blieb das Söhnchen ein sogenannter Stubenhocker, der wohl häufig seine Freunde bei sich sah, aber nie ein Vergnügen mit ihnen theilte. "Mir scheint, er wird ein Gelehrter" - meinte die Mutter, als sie mit ihrem Manne über das zurückgezogene Leben des lieben Söhnchens sprach. Das wär' mir grad nicht lieb, denn die Gelehrsamkeit wirft magere Procente ab - lautete die besorgnißvolle Antwort des Millionärs. Diese Besorgniß des Vaters wurde aber vor einigen Tagen in ganz eigenthümlicher Art verscheucht. In dem Zimmer des lieben Söhnchens fand eine tumultuarische Scene statt, und als die Eltern sich überzeugen wollten, was dort geschehe, fanden sie mehrere junge Leute im heftigsten Streite mit ihrem Sohne. Und was war die Veranlassung? Das liebe Söhnchen hatte ganz im Stillen ein Bankgeschäft in seinem Zimmer etablirt und seinen Freunden, die ihm ein Pfand hinterlegen konnten, kleine Darlehen gegen die mäßigen Zinsen von 50 pCt. gegeben. Eine kleine Geschäftsdifferenz gab zu der tumultuarischen Scene Veranlassung. Der Vater untersuchte die Geschäftsbücher des lieben Söhnchens und als er eine günstige Bilanz entdeckte, sagte er zu seiner Frau voll Glückseligkeit: "Gott sei Dank, er wird kein Gelehrter!"
- In der Gemarkung des Dörfchens N. in Niederhessen soll ein Gemeindeweg breiter gelegt werden. Der Geometer kommt, richtet den Weg und steckt ihm mit Mühe und Anstrengung durch Pflöcke ab. Das Werk war vollendet und der Geometer begibt sich zu dem Ortsvorstand. "So, jetzt geben Sie Acht, sagt er, daß die Pflöcke nicht gestohlen werden." Nach einigen Tagen kommt der Geometer wieder und sämmtliche Pflöcke sind fort. Ärgerlich, daß seine ganze Arbeit vergeblich gewesen, geht er zum Vorsteher und macht ihm Vorwürfe. Der aber spricht voll innerer Genugthuung: "Seien Sie nur ruhig und getrösten Sie sich, die Pflöcke sind nicht gestohlen, die sind sehr gut aufgehoben." Er hatte die Pflöcke, um sie vor Diebstahl zu hüten, ausreißen, nach Hause bringen und wohl verwahren lassen.
- Eine sehr schöne, gebildete und unternehmende Berlinerin ist ihren Eltern durch= und nach Constantinopel gegangen, um Frau Edhem Pascha zu werden, der augenblicklich Großvezier ist. Edhem war bis vor Kurzem türkischer Gesandter in Berlin und beim Klavierspiel sind die beiden handelseins geworden.
- In welchem Umfange die Vergnügungssucht heutzutage manche Leute erfaßt hat, die alle Ursache hätten, jeden Pfennig zusammenzuhalten, davon liefert ein dieser Tage in Zwickau vorgekommener Fall einen traurigen Beleg. An einem der in letzter Zeit dort abgehaltenen sogenannten Volksmaskenbälle betheiligte sich ein Ehepaar, dem zu Hause sechs Kinder blühten. Dasselbe fuhr mittelst Kutsche zum Balle; hier wurde der Ehemann wegen Diebstahlsverdachtes verhaftet und die Frau suchte am nächsten Tage um öffentliche Unterstützung nach, weil für sie und ihre Kinder kein Bissen Brod im Hause war. Dies nur ein Fall. In wieviel Familien mag es aber am Morgen nach einer im wüsten Treiben durchschwelgten Nacht nicht viel besser aussehen!
- Der Botaniker Levy will in Nicaragua eine elektrische Pflanze (Phytolacca el) entdeckt haben. Als er einen Zweig derselben abpflückte, fühlte er einen Stoß im Arm, als ob er eine elektrische Maschine berührt hätte. Erstaunt stellte er einen Compaß 7 - 8 Schritt vor der Pflanze auf, worauf die Nadel in starke Bewegung kam und diese Bewegung nahm zu, je näher er den Compaß der Pflanze brachte; als er ihn mitten in die Pflanze hing, gerieth die Nadel in reißend schnelle Schwingung.
- Die Telegraphen=Verwaltung hat, wohl hauptsächlich in Folge des neuen Tarifs, ein gutes Jahr gehabt und im Monat December 1876 1,023,383 Mark eingenommen, 130,851 Mark mehr als im Decbr. 1875. Für das ganze Jahr 1876 betrug die Telegraphen=Einnahme 12,175,318 Mk., gegen 11,099,339 Mark im Jahre 1875; mithin im Jahre 1876 mehr 1,075,979 Mark.
- Einen Blattumwender, das heißt, eine Vorrichtung, welche vermittelst des Fußes des Musicirenden in Bewegung gesetzt die Notenblätter umwendet, hat der Telegraphen=Techniker Fritz Sohl in Berlin erfunden. Der Apparat, der sowohl selbstständig als Notenpult verwendet, wie auch an Clavieren angebracht werden kann, wird für den Preis von 30 Mk. angefertigt.
- In Cleve ist der Hauptmann v. Diemar im Pistolenduell mit dem Ingenieur v. Schütz erschossen worden. Schütz hatte vom 1. October 1875 bis 76 als Einjähriger in der Compagnie des Herrn v. Diemar gestanden, und hat sich der Behörde sofort gestellt.
- Die armen wider Willen feiernden Weber in Oberfranken haben Brod und Geld und, was die Hauptsache ist, Arbeit bekommen. Das Militär in München läßt Tuch bei ihnen weben in Fülle. König Ludwig hat selber in den Geldbeutel gegriffen und ihnen 2000 Mark geschickt.
- Auf den chaussirten Straßen in Gera arbeitet die neue Straßenreinigungsmaschine, und zwar, wie man behauptet, in einer Stunde so viel als 10 Arbeiter in einem halben Tag.
- Das "Herzogl. sachsen=altenburgische Amts= und Nachr.=Bl." veröffentlicht folgende Bekanntmachung: Nach einer anher erstatteten Anzeige werden zu Ballkleidern neuerdings leicht gewebte Stoffe verwendet, auf welchen sich ein glänzender, meist silber= oder goldfarbiger Metall= oder Glasstaub (sogn. Krystallstaub) befindet. Ein großer Theil dieses Staubes löst sich während des Tanzes ab, durchdringt die Lufträume der Tanzsäle und ist von schädlichem Einflusse auf die Augen und Lungen der Anwesenden. Die unterzeichnete Behörde findet sich veranlaßt, vor Verwendung jener Stoffe hiermit ausdrücklich zu warnen, Altenburg den 23. Januar 1877.
- Vor dem Polizeigericht in London spielte sich jüngst eine sehr ungewöhnliche Scene ab. Ein Diener der jetzt in der englischen Hauptstadt anwesenden chinesischen Gesandtschaft wurde von einem halb betrunkenen rohen Menschen auf der Straße geprügelt und zwar ohne alle Veranlassung von Seiten des Chinesen, blos weil dessen Religion dem brutalen Engländer nicht gefällt, wie dieser bei Gericht sich entschuldigte. Der Gemißhandelte erzählte durch einen Dollmetsch seinen Fall und beschwor ihn in folgender Weise: Er kniete nieder, zerbrach eine Tasse und sagte folgende Worte nach, die ihm von dem Secretär der Gesandtschaft vorgesagt wurden: "Du wirst die Wahrheit, die ganze Wahrheit sagen; die Schale ist zerbrochen und wenn Du nicht die Wahrheit sagst, wird Deine Seele gerade so gebrochen werden, wie diese Schale." Der Angeklagte wurde zu zwei Monat Gefängniß mit schwerer Arbeit verurtheilt, indem der Richter bemerkte, er wolle zeigen, daß Fremde in London nicht ungestraft belästigt werden dürfen.
- In einem Berliner Briefkasten fand sich kürzlich ein Brief mit folgender Adresse:
      An meinem Freunde, an der Peene,
   In Pommern wohnt er, nich alleene,
   In Jarmen loft er, uff zwee Beene,
   Mit seiner allerliebsten Kleene,
   Doch hat er manchmal mehr wie Eene,
   Mein Wilhelm nennt ihn Manche Scheene,
   Plautz ist sein Nahme, und ick meene,
   Als Dischler macht er viele Speene.
Der reimende Freund des Herrn Wilhelm Plautz in Jarmen hatte den Brief gehörig verschlossen, auch mit den gehörigen Freimarken versehen, und die Postanstalt hat demzufolge den Brief regelrecht expedirt.


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