No. 8
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. Januar
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 8 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Die feierliche Beisetzung der verstorbenen Frau Prinzessin Karl von Preußen, Königl. Hoheit, hat am Dienstag stattgefunden.
In Solingen hat bei der am 19. d. M. abgehaltenen Stichwahl der sozialdemokratische Reichstags=Kandidat über 3000 Stimmen mehr erhalten, als der nationalliberale Kandidat. Dies Resultat soll dadurch erreicht sein, daß die Katholiken mit etwa 4500 Stimmen für den Sozialdemokraten gestimmt haben. Daß eine solche Verbindung schon so bald eintreten werde, hatten wir kaum erwartet.
Nach der deutschen Reichs=Statistik haben im Jahre 1875 170 Schiffe an der deutschen Küste Unfälle erlitten, und zwar 70 an der Ostseeküste und 100 an der Nordseeküste. Unter den verunglückten Schiffen waren im ganzen 110 Deutsche, und zwar 96 Segelschiffe und 14 Dampfer; und 7 derselben gehörter Mecklenburg an.
Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch über einen von der Zentrums=Fraktion eingebrachten Antrag verhandelt, der sich gegen den vom 15. Februar 1875 datirten Erlaß des preußischen Kultusministers über den Religionsunterricht in den Volksschulen richtet. Doch hat das Haus diesem Antrage sehr wahrscheinlich nicht zugestimmt. Die zweite Berathung des Haushaltsetats ist am nächsten Montag zu erwarten.
Türkei. Das völlige Scheitern der europäischen Konferenz in Konstantinopel bildet noch immer den Gegenstand des Tagesgespräches; und während der größeste Theil der europäischen Presse den gänzlich resultatlosen Verlauf der Konferenz und den dadurch nur gewachsenen Uebermuth der Türkei beklagt, sucht ein anderer Theil wohl vergebens irgend ein erfreuliches Resultat zu entdecken. So bezeichnet der in St. Petersburg erscheinende "Golos" es als ein wichtiges Resultat der Konferenz, daß die Türkei nun nicht mehr als "europäische Macht" dastehe, und daß Europa nunmehr jeder Verpflichtung überhoben sei, die Integrität des muselmännischen Reiches zu schützen. Die Orientfrage sei seit dem vorigen Sonnabend in eine neue Phase getreten; die Pforte habe durch Ablehnung der Vorschläge der europäischen Mächte alle Folgen des Pariser Friedens selbst vernichtet, und von jetzt ab könne eine eventuelle Einmischung irgend einer Macht in die türkischen Angelegenheiten nicht mehr eine Verletzung der internationalen Verträge bedeuten. - Rußland scheint übrigens sich und seine Armee wirklich nicht mehr dem türkischen Fanatismus für gewachsen zu halten und fürchtet ein selbstständiges Vorgehen. Offenbar ist Rußlands Ansehen durch die Erfolglosigkeit der Konferenz ungemein geschädigt worden.
- Der in diesen Tagen gestorbene Geheime Oberhofbuchdrucker R. v. Decker in Berlin beschäftigte 4-500 Setzer, Drucker, Gießer etc. Zu den Prachtwerken seines Verlages gehörten die (Lachmannschen) Nibelungen, die Werke Friedrich des Großen, das Neue Testament in Luthers Uebersetzung nach der Ausgabe von 1545 und die Lieder des Mirza Schaffy. Interessant ist die Thatsache, daß Decker in der verhängnißvollen Nacht vom 18. auf den 19. März 1848 den berühmten Aufruf König Friedrich Wilhelm IV. "an meine lieben Berliner" eigenhändig gesetzt hat, während einer der Minister mit der Kerze dazu leuchtete.
- Mit einer rätselhaften Krankheit hat die Tochter eines höheren Postbeamten in Berlin seit ungefähr einem Jahre zu kämpfen. Die betreffende Dame, welche durch eigenthümliche Schicksalsschläge schon viel Seelenschmerz erfahren hat, erwacht nämlich des Morgens nach gesundem Schlafe gestärkt, kann aber die Augen nicht öffnen, welcher Zustand mehrere Stunden dauert. Nach gewaltsamer Trennung der Lider schließen sich dieselben sofort und öffnen sich erst mit einer wunderbaren Regelmäßigkeit gegen 1/2 10 Uhr. Die Bemühungen der berühmtesten Aerzte sind ohne Erfolg geblieben. So berichtet das Berl. Tageblatt.
- Der Nestor aller Schullehrer heißt Joseph Mannheimer, lebt in Lackenbach bei Oedenburg, zählt volle 102 Jahre, hört und sieht scharf, ißt und trinkt mit Appetit, schläft gut und hat dieser Tage seiner Frau Rebekka (99 Jahre) seine diamantne Hochzeit gefeiert. Die Jubelrede hielt er sich und seiner Frau selber. Rebekka, sagte er, wir sind Glückskinder; ich bin über Pari, Du bist eine Neunundneunzigerin und obendrein 'ne Perle von 'ner Frau, wir feiern heut mit Diamanten, sind wir nicht reiche Leut'?
- In vielen Gasthöfen giebt es eine doppelte Schur der Gäste, 1) durch die Wirthe, 2) durch die Kellner. Die ersten scheeren mit den verhaßten Bougtes (Rechnungen für Lichter, die man nicht oder kaum angebrannt hat), die andern mit Trinkgeldern. Die Schweizer Wirthe sind dieser Tage in Olten zusammen gekommen, um zu berathen, ob man mit einer einfachen Schur durchkommen werde.
- Ein französischer Offizier erzählt seinen Landsleuten von einer merkwürdigen Entdeckung, die er im Kriege von 1870 gemacht hat. Die Haltung der deutschen Cavalleristen ist ihm aufgefallen. Sie sitzen so fest im Sattel, sie fallen zuweilen im Kugelregen mitsammt dem Roß, aber sie schwanken nie, so lange der Gaul sich auf den Beinen hält, das kann nicht mit rechten Dingen zugehen. Da verfolgt er einen bayerischen Chevauxleger, der angeschossen ist; er dringt ihm immer näher und sieht deutlich, daß der Fliehende schwer verwundet ist; wie kann der Kerl sich nur noch auf dem Gaule halten? Sein alter Gedanke steigt in ihm auf, die deutsche Cavallerie muß an die Sättel ihrer Pferde festgeschnallt sein! Noch ein Sprung, jetzt hat er ihn. Halt! Gefangen! Ergeben! Und jetzt ein Griff nach den Schenkeln des deutschen Reiters . . Na, da haben wir's! An den Sattel geschnallt ist er! Alle sind sie an die Sattel ihrer Pferde geschnallt und darum sitzen sie so feste!
- Aus dem Kreise Stuhm (W.=Pr.). In dem Dorfe Schulzenweide erkrankte vor Kurzem die Mastkuh des Freischulzenpächters Sp., welche, da sie bald fett genug war, geschlachtet werden sollte. Die Erkrankung trat so plötzlich und derart auf, daß man annehmen mußte, daß Thier werde bald verenden. Sp., der sich vor einem so großen Verluste schützen wollte, hatte nichts Eiligeres zu thun, als die Kuh zu schlachten. Er tödtete das Thier und zog es mit Hülfe eines andern Mannes ab. Damit aber ja nichts verloren gehe, gab die sparsame Hausfrau das noch warme Blut der Kuh ihren

[ => Original lesen: 1877 Nr. 8 Seite 2]

sieben Schweinen als Futter. Aber alle sieben Schweine, welche von dem Blute getrunken, verendeten im Zeitraum von einer Stunde. Auch Sp., welcher die Kuh geschlachtet, erkrankte sofort; er hatte sich während des Abziehens der kranken Kuh einmal mit der Hand das Auge gewischt, worauf zunächst dieses, dann der Kopf und zuletzt der ganze Körper stark anschwoll. Aerztliche Hülfe aus der nahen Kreisstadt erschien nicht sofort und kam Tags darauf schon zu spät. Der Arzt konstatirte bei der getödteten Kuh den Milzbrand und bei dem erkrankten und in den letzten Zügen liegenden Pächter Sp. sowie seinen sieben Schweinen eine Vergiftung. An eine Rettung des Pächters war nicht mehr zu denken, schon nach wenig Stunden war er eine Leiche. Der bei der Tödtung der Kuh behülflich gewesene Mann erkrankte auch, konnte aber durch rechtzeitige ärztliche Hülfe noch gerettet werden.
- Ein Heldburger empfiehlt allen Standesbeamten neben rother, blauer, grüner, schwarzer Tinte auch flüssigen Leim und Arabicum. Müller fragt nun Schulzen: Wieso braucht ein Standesbeamter flüssigen Leim? Schulze: Und da fragst du noch? doch nicht zu die Sterbefälle? Müller: Wohl zu den Verehelichungen? Schulze: So ist es. Müller: nu aber die rothe, grüne, blaue Tinte? Das ist wegen Hasenclever, Hänel oder Lasker, jeder Mann wird mit seiner Farbe eingetragen. Müller: Was doch die Standesbeamten nicht alles zu thun haben. -


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über das zu Schönberg an der Hinterstraße sub. Nr. 75 belegene Wohnhaus c. p. des Tuchmachers Johann Voß allhier, giebt

das Großherzogliche Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 18. d. Mts. abgehaltene Liquidations=Protocoll, nachdem die öffentliche, gehörige Bekanntmachung dieses Termins zu den Acten docirt worden, hierdurch den

Bescheid:

daß alle weder in dem Liquidationstermine am 18. d. Mts. noch bis jetzt angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 20. Januar 1877.

Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)                                                     A. Dufft.


In das hiesige Handelsregister betreffend den Schönberger Eiskeller, ist heute Fol. XXXI. No. 44 eingetragen:

Columne 6: "Die Commanditgesellschaft unter der Firma "Schönberger Eiskeller" ist, da dieselbe ihre Auflösung erklärt hat, erloschen."
Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg, den 17. Januar 1877.

Das Handelsgericht.
v. Arnim.

A. Dufft.     


In das hiesige Handelsregister, betreffend das Handelsgeschäft des Krämers Asmus Wigger zu Schönberg, ist heute Fol. IV Nr. 7 eingetragen:

Columne 3. "Die Firma "A. Wigger" ist, da der Krämer Asmus Wigger in Schönberg sein Handelsgeschäft aufgelöst hat, erloschen."
Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg, den 19. Januar 1877.

Das Handelsgericht.
v. Arnim.

A. Dufft.     


In der Concurssache des Oelmüllers Adolph Capell zum Hammer sind von dem unterzeichneten Großherzoglichen Justizamte, als Concursgericht, neue Termine anberaumt:

1) zum Verkaufe der zur Masse gehörigen Immobilien, als:
a. der zum Hammer belegenen Oelmühle c p.;
b. der daselbst belegenen Kupfermühle c. p.;
c. der zu Mannhagen belegenen s. g. Entersschen Kathe
und
d. der zu Lockwisch belegenen Erbpachtmühle c. p.
auf

Freitag, den 9. Februar 1877,
Mittags 12 Uhr,

2) zum Ueberbot

auf

Freitag, den 2. März 1877,
Morgens 11 Uhr,

wozu Kaufliebhaber hierdurch mit dem Bemerken geladen werden, daß die Besichtigung der Grundstücke nach zuvoriger Meldung bei dem zum Curator bonorum bestellten Pächter Wentzel zu Mannhagen jederzeit freisteht und die Verkaufsbedingungen auf der Justizamts=Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.

Zur endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen ist ferner Termin auf

Freitag, den 9. Februar 1877,
Vormittags 11 Uhr,

anberaumt, in welchem dem Cridar und den nicht präcludirten Gläubigern das Erscheinen hiedurch freigelassen wird.
Schönberg den 18. November 1876.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Holzverkauf.

Am Montag den 29. d. M., Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.

Lenschower Tannen:

ca.   80 Stück kiefern Nutzhölzer für Kiepenmacher von Nr. 61-140.
ca. 127 Rmtr. kiefern Kluft und Knüppel, Nr. 208-264 und 417-421.
ca.     2 Fuder kiefern Durchforstungsholz II. Cl
ca. 150 Stück kiefern Hopfenstange.

Wahrsower Tannen:

ca.   15 Rmtr. kiefern Kluft und Knüppel,
ca.     8 Fuder kiefern Durchforstungsholz II. Cl.
ca. 175 Stück kiefern Hopfenstangen.
Herr Forstaufseher Dessau zu Wahrsow ertheilt auf Ansuchen nähere Auskunft.
Schönberg den 24. Januar 1877.

Der Oberförster.     
C. Hottelet.       


Holzverkauf.

Am Mittwoch den 31. Januar, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Resenhöft zu Petersberg nachstehende Holzsortimente aus dem Niendorfer Holze meistbietend verkauft werden:

    4 Stück eichen Nutzholzdrümme,
    5 Stück eichen Wagendeichseln,
  63 Rmtr. eichen Kluft und Knüppel,
  20 Fuder eichen Durchforstungsholz I. Cl.,
    4 Fuder eichen Zweigholz III. Cl.,
    1 Rmtr. ellern Kluft,
    1 Stück kiefern Bauholz,
  11 Stück fichten Klassenbäume,
305 Stück fichten Schleete und Hopfenstangen,
  34 Rmtr. kiefern und fichten Kluft,
  62 Rmtr. kiefern und fichten Knüppel,
Der Forstlehrling Gerling weist auf Ansuchen das Holz nach.
Schönberg, den 24. Januar 1877.

Der Oberförster.     
C. Hottelet.       


[ => Original lesen: 1877 Nr. 8 Seite 3]

Die auf Dienstag, den 30. Januar c. bei dem Hauswirth Mustin in Campow aussetzte Auction findet nicht statt.
Schlagsdorf, den 24. Januar 1877.

Krüger.              
Landreiter.     


Verlobungs=Anzeige.
Elisabeth Burmeister.
Friedrich Oldenburg.
Rieps.                                                     Raddingsdorf.


Zu Ostern d. J. werden wiederum neue Zöglinge in das Großherzogliche Schullehrer=Seminar hieselbst aufgenommen werden. Doch kann die Zahl der in das Internat der Anstalt Aufzunehmenden nur eine beschränkte sein, da eine größere Zahl von Internatsstellen voraussichtlich erst zu Ostern k. J. vakant werden wird. Es wird daher auch solchen Aspiranten, die nicht in das Internat aufgenommen werden können, aber durch die Aufnahmeprüfung ihre Befähigung zur Theilnahme am Seminarunterricht nachgewiesen haben, die Erlaubniß dazu gegeben werden, falls sie gewillt und in der Lage sind, sich bis zu ihrer Aufnahme ins Internat Wohnung und Kost im Orte unter den gewöhnlichen, ihnen alsdann bekannt zu gebenden Bedingungen zu verschaffen. Ohne Unterschied aber haben sich die durch die Prüfung Auszuwählenden vor Beginn des Seminarcurses durch Beibringung eines von ihnen selbst, wie von den Vätern resp. Vormündern unterschriebenen, von den Ortsobrigkeiten zu beglaubigenden Reverses zum Landesherrlichen Dienst auf zehn Jahre zu verpflichten.
Die Aufnahmeprüfung wird am Donnerstag den 1. März d. J. von Morgens 8 Uhr an, die durch Regierungsverfügung von 17. Februar 1872 (Off. Anz. Nr. 8 dess. J.) vorgeschriebene ärztliche Untersuchung wird Tags zuvor stattfinden, und haben die Aspiranten sich dieserhalb bis zum 28. Februar Mittags im Seminar vorzustellen. Bei der Aufnahme werden diejenigen jungen Leute, welche das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben oder im laufenden Kalenderjahre noch zurücklegen, in erster Linie berücksichtigt werden.
Die Meldung, welche bis zum 21. Februar einzureichen ist, geschieht durch Einsendung eines von dem Seminar=Aspiranten selbst geschriebenen Lebenslaufes an den Unterzeichneten, worin namentlich über den Gang der Vorbildung, den bisherigen Aufenthalt und die etwaige Dienststellung berichtet wird. Diejenigen Aspiranten, welche öffentliche Schulen in Städten besucht haben, haben ein Abgangszeugniß von der zuletzt besuchten Schule beizufügen. Außerdem ist von einem jeden beizubringen: ein Taufschein, ein von dem betreffenden Prediger auszustellendes Zeugniß über sittliche Befähigung und untadelhafte Führung und eine vom Vater oder Vormunde vollzogene, von der Ortsobrigkeit beglaubigte Bescheinigung über das Vorhandensein der erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung des Eintrittsgeldes von M.16,50 und des Pensionsgeldes von jährl. M.75 auf 3 Jahre.
Mirow, den 15. Januar 1877.

Beckström,         
Seminardirector.     


Dr. Pattison's
Gichtwatte

lindert sofort und heilt schnell

Gicht und Rheumatismen
aller Art, als: Gesichts=, Brust=, Hals= und Zahnschmerzen, Kopf=, Hand= und Kniegicht, Gliederreißen, Rücken= und Lendenweh.
In Paketen zu 1 M.und halben zu 60 Pfennig (Mecklenburg). bei
Wilh. Heincke in Schönberg.


Die Lübecker Bank vergütet für bei ihr belegte Gelder bis auf Weiteres
4 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
3 1/2 % bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 % bei dreimonatlicher Kündigung. Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als M. 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1876.

Lübecker Bank.     


Dem geehrten Publikum die ergebenste Anzeige, daß wir am 15. d. M. in der Wasserstraße Nr. 88 ein

Mineral=Wasser=Geschäft

eröffnet haben, von Selters=, Sodawasser und Brauselimonade, auch halten wir Selters= und Sodawasser stets in Syphongs auf Lager und füllen dieselben à Stück für 20 Pfennig (Mecklenburg).
Prompte und reelle Bedienung bei soliden Preisen wird unser stetes Bestreben sein und bitten um geneigte Abnahme ergebenst.
Ratzeburg, den 15. Januar 1877.

Eggers & Denker.

Unterzeichneter bemerkt noch, daß er 5 Jahr bis Neujahr 1877 der Verfertiger von obengenanntem Artikel in der Dom=Apotheke zu Ratzeburg war und bittet, das in diesen Wassern gefundene Vertrauen auch unserer Firma zu schenken.

J. Denker.     


Alles unbefugte Uebergehen über meine Hofstelle, namentlich mit brennenden Cigarren, verbiete ich hiermit bei Strafe gerichtlicher Ahndung.
Zugleich mache ich bekannt, daß ich dem Jäger Kleinod in Carlow die Aufsicht über meine Buschkoppel übergeben habe.

Hauswirth Beckmann,     
Kronskamp.              


Zu Ostern suche für mein Material= & Colonialwaarengeschäft einen mit den nöthigen Schulkenntnissen ausgerüsteten

jungen Mann als Lehrling.

Joh. Russ, Lübeck,      
große Altefähre Nr. 713.     


Jeden Posten

Wild und Butter

in guter frischer Waare kaufe gegen Casse.

W. Butzke, Berlin, W.
Potsdamerstraße 134 a.
Lützowstraße 94.


Ein Buch welches 68 Auflagen erlebt hat, bedarf wohl keiner weiteren Empfehlung, diese Thatsache ist ja der beste Beweis für seine Güte. Für Kranke, welche sich nur eines bewährten Heilverfahrens zur Wiedererlangung ihrer Gesundheit bedienen sollten, ist ein solches Werk von doppeltem Werth und eine Garantie dafür, daß es sich nicht darum handelt, an ihren Körpern mit neuen Arzneien herumzuexperimentiren, wie dies noch sehr häufig geschieht. - Von dem berühmten 500 Seiten starken Buche: "Dr. Airy's Naturheilmethode" ist bereits die 68. Auflage erschienen. Tausende und aber Tausende verdanken der in dem Buche besprochenen Heilmethode ihre Gesundheit, wie die zahlreichen, dann abgedruckten Atteste beweisen. Versäume es daher Niemand, sich dies vorzügliche populär=medizinische, 1 Mark kostende Werk baldigst in der nächstem Buchhandlung zu kaufen aber auch gegen Einsendung von 10 Briefmarken à 10 Pfg. direct von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig kommen zu lassen, welch' Letztere auf Verlangen vorher einen 100 Seiten starken Auszug daraus gratis u. franco zur Prüfung versendet.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 8 Seite 4]

Ausverkauf bei Ludwig Wendt in Lübeck.
Um mein Lager bedeutend zu verkleinern, sollen nicht nur sämmtliche
Modeartikeln, Confectionen aller Art,
sondern auch                                                    
Gardinen, Möbeln und Teppichstoffe etc. etc.
zu außerordentlich billigen Preisen abgegeben werden.


Gegen sogenannten Magenhusten!

     Herrn Fenchelhonigfabrikanten L. W. Egers in Breslau.

Weiden bei Erndtebrück, 11. Oktober 1876.          

Ich ersuche Sie, mir zwei ganze Flaschen von Ihrem so wohlthätigen Fenchelhonig*) mit umgehender Post schicken zu wollen, per Postvorschuß. Da ich an einem sehr starken Magenhusten leide, habe schon früher von Siegen aus von diesem Fenchelhonig gebraucht; aber ich habe erfahren, daß er nicht alle gleich ist, er wird zu viel verfälscht. Darum wende mich direkt an Sie u. s. w.

Joh. Jost Hachler.          

*) In Schönberg allein echt zu haben bei Buchbinder C. Sievers.


Zwei noch wenig gebrauchte

Phaeton-Wagen

mit Sielen zu verkaufen durch

J. Kibbel, Commissionär.
Schönberg.


Mein dunkelbrauner Hengst Vitus deckt fremde Stuten zu 12 Mark und l Mark an den Stall.
Dassow, den 8. Januar 1877.

G. Callies.     


Von 20. Januar d. J. ab
tägliche Omnibusfahrt
zwischen
Ziethen und Schönberg.

Abfahrt von Ziethen: Morgens präcise 6 Uhr,
Abfahrt von Schönberg: Nachmittags präcise 2 Uhr;
Ankunft in Schönberg: Morgens 9 1/2 Uhr,
Ankunft in Ziethen: Nachmittags 6 Uhr.

J. Krumsee,       
Omnibusfuhrmann.     


Großer Maskenball
am Freitag den 26. Januar 1877,

wozu alle Freunde und Gönner von Stadt und Land hierdurch ergebenst einladet.

M. Boye Wwe.
Schönberg.
Anfang 7 Uhr.

Maskenbillets à M 1,00 und Sitzplätze à M.1,50 sind bei Herrn Cigarrenfabrikant Rieckhoff und in meinem Hause zu haben.


Zu dem am Freitag, den 26. Januar cr. stattfindenden Maskenball im Locale der Frau Gastwirthin Boye, empfehle einem geehrten Stadt= und Landpublicum meine ganz neue, elegante

Maskengarderobe

und treffe mit derselben am Mittwoch Nachmittag den 24. Januar im Boye'schen Locale ein.

H. Vitense, Garderobier.
Lübeck.


Zu Ostern oder zu sogleich suche ich einen Burschen in die Tischerlehre.

J. Klodt.     
Tischler.     


500 Bund sehr gutes Dachrohr hat zu verkaufen

Hauswirth Kleinfeldt,
Lockwisch.


Für mein Material= & Colonialwaaren=Geschäft suche ich zu Ostern dieses Jahr einen Lehrling.

Aug. Spehr, Schönberg.


Ich bin beauftragt ein Haus an der Rottensdorfer Chaussee preiswürdig zu verkaufen.

Schmalfeld, Schuhmachermeister.
Schönberg.


Freitag, den 2. Februar 1877
Große Maskerade,

wozu ich ein geehrtes Publikum Schönbergs und Umgegend ergebenst einlade.

Entree für Masken 1 Mark.
Nummerirte Sperrsitze 1 M.25 Pfennig (Mecklenburg). Gallerie 75 Pfennig (Mecklenburg).

J. Köster Wwe. Schönberg.


Kirchliche Nachrichten.

Sonntag 28. Januar.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M -Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen17 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Gerste15 M 50Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen15 M 50Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat20 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,30 .
Enten d. S. M2,50 .
Hühner d. St. M1,20 .
Hasen das Stück M3,50 .
Tauben d. St. M0,45 .
Küken d. Stück M0,90 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,50 .
Spickgans d. St. M3,00 .


(Hierzu Off. Anz. Nr. 5 und eine Beilage).


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 8 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 8 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 27. Januar 1877.


Die Socialdemokratie will praktisch werden.

Die Socialdemokratie gedenkt, wie eine interessante Mittheilung aus Dänemark besagt, einen praktischen Beweis von der Durchführbarkeit ihrer Lehren zu liefern. In Kopenhagen wird nämlich eine Aufforderung an die dänischen Socialdemokraten verbreitet, sich zu sammeln und gemeinsam auszuwandern und zwar nach Nordamerika, wo man im Staate Kansas beabsichtigt eine socialdemokratische Musterkolonie zu gründen, welche natürlich in allen Beziehungen auf Grund der socialistischen Lehre eingerichtet werden soll. Die mündigen Glieder des Gemeinwesens werden ohne Unterschied des Geschlechts gleichberechtigt sein und es eröffnet sich, da die galante Aussicht, daß das weibliche Socialdemokratische Geschlecht einmal an die Alleinherrschaft kommt, denn die Statistik weist überall ein Vorwiegen des weiblichen Geschlechts über das männliche nach. Weiter werden die in den "civilisirten" Staaten bestehenden Vorschriften über die Lösung und Schließung der Ehe eine erhebliche Linderung erfahren, die Kinder sollen nicht in der Familie, sondern in staatlichen Erziehungsanstalten erzogen werden, die Arbeit wird vom Staat regulirt, dessen Beamter jeder einzelne Arbeiter ist, Erbrechte werden verpönt - kurz es wird eben ein socialistisches Gemeinwesen errichtet werden. Ein Mitglied der Socialdemokratischen Partei soll schon im vorigen Jahre Reisen in Nordamerika gemacht haben, um der Verwirklichung dieses Planes vorzuarbeiten. Man kann der Sache nur die größte Verbreitung wünschen, damit die Theorien einmal in der Praxis ihren Werth beweisen. Sie werden da also eine Centralleitung haben, daneben eine aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Vertretung des arbeitenden Volkes; das Volk selbst besteht eben aus lauter Arbeitern. Nun wird von der obersten Stelle bestimmt, wie viel Arbeit jeder Art in jedem Jahre zu leisten, wie sie auf die Einzelnen zu vertheilen, welcher Theil des Ertrages derselben im Interesse der Allgemeinheit zu verwerthen ist. Die Frau wird von der lästigen Mühe der Kindererziehung befreit, sobald das Kind über die erste der Mutter obliegende Pflege hinweg ist wird es in einer "Anstalt" erzogen, die Mutter erhält Zeit ihre "Gleichberechtigung" im Arbeiterstaate zu beweisen, paßt ihr der Gatte nicht mehr, so wird ihr es leicht gemacht, sich von ihm zu scheiden und umgekehrt. Die überflüssigen Kosten, welche durch die Gottesverehrung verursacht werden, fallen weg und kommen die Ersparnisse daran Allen zu Gute. Kurz, alle Einwohner zusammengenommen machen den Staat, was der Staat verdient, kommt dem Einzelnen zu Gute, es wird eine allen Principien der Gerechtigkeit entsprechende Vertheilung von Rechten und Pflichten stattfinden. Um Mensch zu sein, braucht man noch nicht geschickt zu sein oder nicht geschickter, als andere Menschen; um seine gesetzlichen socialdemokratischen Pflichten zu erfüllen, braucht man nicht mehr als die Stunden des Normalarbeittages zu arbeiten; also hat der Geschicktere und der Fleißigere für seine über den "normalen" Durchschnitt gehenden Leistungen auch keine weiteren berechtigten Ansprüche. "Gleichheit" ist die Losung. - Wir haben keinen Grund Nordamerika Böses zu wünschen; wünschen wir daher, daß sich das Project der Errichtung dieser Mustercolonie möglichst bald nicht nur erfülle, sondern auch bewähre zum Besten der Socialdemokraten und zur Ehre des freien Bodens der großen Republik. Vielleicht ist dann zum Besten der ganzen Menschheit das Land entdeckt, wo die socialdemokratische Herrlichkeit unbehindert durch die verrotteten Verhältnisse der modernen Culturstaaten ihre Blüthe zeitigen kann.


- Die Rinderpest auf hamburgischem Gebiete hat bereits schreckenerregende Dimensionen angenommen. In Hamburg selbst ist die Seuche zunächst im Exercierschuppen aufgetreten, wo das verdächtige Vieh zur Beobachtung untergebracht war. Weiterhin wurde in der Impfanstalt ein Kalb von der Krankheit befallen, wie sich bei der in Altona, wohin es gebracht wurde und wo es verendete, vorgenommenen Section ergab. Am Sonnabend wurde eine Menge Rindvieh unter Begleitung eines Attestes, daß gegen die Ueberführung des Viehes veterinärpolizeiliche Bedenken nicht obwalteten, nach dem Viehhofe auf der Sternschanze gebracht. Der Marktvogt Wieckhorst hielt die Aufnahme desselben trotzdem für bedenklich, weil dasselbe aus dem an der Bleicherstraße belegenen Stalle des Commissionairs Wieck kam, und wies das Vieh daher nach dem Exercierschuppen. Dort fiel am selben Abend noch ein Stück; dasselbe wurde in dem Schlachthause secirt und auch in diesem Falle die Rinderpest als Todesursache constatirt. Die Cadaver der Thiere, welche im Exercierschuppen in Folge der Krankheit starben oder getödtet werden mußten, wurden gestern Abend auf dem Heiligengeistfelde verbrannt. Der Centralviehmarkt war wegen der Pest am gestrigen Tage vollständig geschlossen. - In der Umgegend von Hamburg ist die Seuche in Langenhorn auf Ochsenwärder, in Groß= und Kleinborstel und auf der großen und kleinen Veddel aufgetreten. Diese Orte sind bis jetzt noch durch Constabler abgesperrt gehalten; doch soll, wie es heißt, spätestens bis übermorgen, um dieselbe ein militärischer Cordon gezogen werden. Auch sonst trifft die Polizei die umfassendsten Maßregeln, die verheerende Seuche möglichst zu beschränken.
- Die Stadt Nürnberg fühlt sich in ihrer Ehre verletzte daß der Sozialdemokrat Grillenberger am 10. Januar die meisten Stimmen für den Reichstag erhalten hat. 60 angesehene Männer aus allen Kreisen und Parteien haben am 18. Januar einen Aufruf an die Wähler erlassen, bei der bevorstehenden Stichwahl für den Rechtsanwalt Frankenburger (Fortschritt) Mann für Mann zu stimmen und die Ehre zu retten. "Wir verwerfen, sagen sie, aus innerster Ueberzeugung als unausführbar, gemeinschädlich, nur zum Umsturz alles Bestehenden führend, die Zielpunkte der Sozialdemokratie. Diese zu bekämpfen ist in unseren Augen nicht Sache einer einzelnen politischen Partei, sondern muß ein Anliegen sein für alle denkenden, das neu erkämpfte deutsche Reich hochhaltenden, um die Ehre Nürnbergs und das Wohl Deutschlands besorgten Männer. Unser Mahnwort ist gerichtet an alle die Elemente, welche nicht zertrümmern, sondern erhalten, fortbilden und aufbauen wollen, an alle Mitbürger, welche das Bestehende an Gottesfurcht Vaterlandsliebe, Bildung, Treue und Fleiß im Volke heben und veredeln, nicht vernichten wollen" u. s. w.
- Die Polizei in Frankfurt a. M., die kein Ansehen der Person übt, hat die Baronin von Ketteler, eine Schwester des Mainzer Bischofs, und ein Freifräulein von Seidlitz wegen "unbefugten Bettelns" zu je 3 Mark Strafe verurtheilt. Die beiden Frauen gehören dem Orden der Franziskanerinnen an.
- In Würzburg ist eine Bauersfrau Emilie Orth, die ihre beiden Ehemänner vergiftet hatte, vom Schwurgerichte zum Tode verurtheilt worden.
- In Stuttgart stürzte am 16. Januar ein Reisender im vollsten Laufe dem im Gang befindlichen Bahnzuge nach, erreichte ihn und fiel in demselben Augenblicke vom Herzschlag getroffen todt nieder.
- Aus dem Lulu ist ein Ludwig geworden. Er wird heuer 20 Jahre alt und dienstpflichtig. Er

[ => Original lesen: 1877 Nr. 8 Seite 6]

will in's französische Heer eintreten und avanciren, was für Mac Mahon und viele andere Leute eine große Verlegenheit ist. - Der Prinz Ludwig will die Napoleons im Stillen auffrischen. Die Bonapartisten in Paris haben heuer den Todestag seines Vaters acht Tage später gefeiert; nächstes Jahr werden sie ihn acht Wochen später begehen, dann acht Jahre später und endlich -
- Die Engländer beziehen seit Kurzem frisches Fleisch aus Amerika. Ein Metzger in Liverpool stellte das amerikanische Fleisch neben dem englischen aus und alle Kenner erklärten, das amerikanische sei besser genährt als das englische. Im Kleinhandel wurde das Pfund zu 40-90 Pfennig, je nach der Sorte, verkauft. Der deutsche Viehhandel nach England hat große Einbuße erlitten, seitdem in Breslau, Brieg, Hamburg und Altona die Rinderpest ausgebrochen ist.
- Respekt vor den deutschen Postbeamten! Da kommt ein Brief zur Post mit der Aufschrift: "An den Lieutenant zur See N. N. auf dem Trompeterschiff Nr. 11." - Trompeterschiff? fragt sich der Beamte, was ist das? Bald aber lächelt er und schreibt auf den Brief "Torpedoschiff," - Aber Nr. 11? was bedeutet das? Nummern für die Torpedoschiffe giebts nich! - 11, 11! buchstabirt er für sich hin und - streicht die 11 aus, schreibt "Elbe" dafür hin und läßt den Brief getrost abgehen. Die Aufschrift lautete jetzt: An den Lieutenant zur See N. N. auf dem Torpedoschiff Elbe. Der Brief kam richtig an den rechten Mann und der Empfänger hatte über die genial verbesserte Adresse eine solche Freude, daß er den Umschlag mit einem Dank an den Generalpostmeister Stephan schickte.
- Wo die Natur fehlt, hilft die Kunst nach. Da der Winter geizt mit Schnee und Eis, so sind die Chemiker in Herstellung von künstlichem Eis desto eifriger. Ein Haus in Paris liefert täglich einen Block Eis von 61,000 Kilogramm. Abnehmer sind vor allem die Brauer und Speisewirthe, aber auch die Unternehmer von künstlichen Schlittschuhbahnen.
- In Altenburg sind am 15. Januar an 40 Staare angekommen. Sie haben sich jedenfalls wie andere Leute im Kalender nicht zurecht finden können.
- In einer Zuckerfabrik in der Nähe von Egeln ist in voriger Woche ein Bassin, das 15,000 Centner Syrup enthielt, gebrochen. Die herausströmende süße Masse hatte eine solche Kraft, daß sie ein neben dem Behälter stehendes Haus wegriß und 50 Schafe in ihrer Fluth ertranken. Der Schaden soll sich auf 75,000 M.belaufen.
- Nicht alle Ehen werden in dem Himmel geschlossen, sondern viele durch Heiraths=Vermittelungs=Bureaus. Dabei scheint meist nicht viel Glück und Segen (nicht einmal der bei Cohn) herausgekommen zu sein; denn in Leipzig z. B. wurden dieser Tage alle diese Bureaus polizeilich geschlossen.
- Hutmacher Kramer in Mannheim hat eine Sparkasse gehabt, von welcher er keine Ahnung hatte. Seit 30 Jahren speiste seine Gasleitung eine städtische Laterne; die städtische Verwaltung kam dahinter und zahlte ihm 10000 Mark Entschädigung.
- In dem Composthaufen eines wohlhabenden Mannes in Oestrich im Rheingau wurde im vorigen Jahre ein weibliches Skelet gefunden. Niemand konnte erklären, wie es dahin gekommen. Da öffnete das Gewissen dem Bruder des Hausbesitzers den Mund. Er erzählte dem Gerichte, vor 12 Jahren habe sein Bruder auf der Landstraße ein Reisetäschchen mit 38,000 Gulden gefunden. Bald darauf sei eine junge Dame, die Gouvernante einer fremden Herrschaft, gekommen, habe Tasche und Geld verlangt und sei von seinem Bruder in den Keller gelockt und ermordet worden. Die Herrschaft habe geglaubt, die Gouvernante sei mit dem Gelde entflohen und habe keine Nachforschungen angestellt, und ihm habe sein Bruder 200 Gulden Schweiggeld gezahlt. Sein Gewissen habe ihm aber keine Ruhe mehr gelassen, bis er Anzeige gemacht.
- Ein Amerikaner in der Stadt Virginia hatte einen Sohn, der hieß Walter und kam mit seinem Taschengeld nie ans. Eines Tages war Walter fort, um sich selber sein Brod zu suchen und wieder eines Tags nicht zu lange nachher kam aus der Grube "Consolidatet Virginia" eine Depesche an den Papa: "Ihr armer Sohn Walter ist durch herabfallende Balken getödtet worden. Was soll mit seinem Leichnam geschehen?" Als Antwort traf eine telegraphische Anweisung von 150 Dollars ein mit dem Bemerken: "Begraben Sie ihn." Walter hatte nun wieder Geld und lebte herrlich und in Freuden, bis der letzte Dollar verjubelt war. Das setzte er sich hin und schrieb an seinen Papa: "Ich habe so eben erfahren, daß ein nichtswürdiger Schurke, Namens Borter, sie durch die erdichtete Nachricht von meinem Tode behufs meiner Beerdigung um 150 Dollars beschwindelt hat. Auch von mir borgte der Kerl 85 Dollars und ist dann durchgegangen. Sie würden mich, lieber Papa, zum ewigen Danke Verpflichten, wenn Sie mir 200 Dollars schicken wollten, damit ich heimkehren kann zu meinen lieben Eltern. Grüßen Sie mir alle!" Der Alte antwortete sofort: "Mein theurer Sohn, ich habe Dich einmal begraben und damit ist es genug. Ich habe nicht Lust, mit einem Todten zu unterhandeln. Dein Vater im Fleische." Die Geschichte ist ganz wahr; denn es wird nicht nur der Staat, das County und die Stadt, sondern sogar die Hausnummer genannt mit dem Zusatz: Parterre rechts, erste Thüre.
- Vor einigen Tagen fuhr ein Passagier aus Oesterreich allein in der ersten Klasse mit dem Eilzuge von Berlin nach Stettin. Kurze Zeit, nachdem er eingestiegen war, wurde er durch das Erscheinen eines zweiten Passagiers überrascht, dessen Kleidung und Aeußeres zu der Benutzung der gedachten Waggonklasse nicht paßten. Der Unbekannte hatte als Zeitpunkt seines Erscheinens im Waggon den Moment gewählt, als der Kondukteur die Karten der Reisenden bereits koupirt hatte und der Zug schon im Gange war. Das Erste, was der Eindringling versuchte, war, zu verhindern, daß ein Fenster im Coupe geöffnet werde. Er schrie, als der Versuch hierzu gemacht wurde, dem Reisegenossen herrisch zu: "Lassen Sie das Fenster geschlossen!" Die Nachbarschaft sollte dem österreichischen Passagier noch unangenehmer werden. Der Fremde begann seinen Nachbar auffällig zu fixiren, machte einen verdächtigen Griff nach der Brusttasche und nachdem er eine Schnappsflasche herzhaft geleert hatte, erhob er sich, um auf seinen Reisegenossen zuzustürzen. Er packte denselben an beiden Schultern, schüttelte ihn kräftig und fragte ihn: "Wie lautet der Name der nächsten Station?" Der also Angeredete, welcher schon früher einen Taschenrevolver in Bereitschaft gehalten hatte, sprang nun auf, schleuderte den unheimlichen Mann auf einen Ecksitz zurück und indem er den Revolver gegen ihn richtete, rief er ihm zu: "Sie rühren sich jetzt nicht von der Stelle oder ich schieße." Eingeschüchtert zog sich der unheimliche Reisende in eine Coupe=Ecke zurück. Den Revolver unablässig auf sein Gegenüber gerichtet und dieses streng fixirend, in dieser Stellung verblieb unser Landsmann, bis der Pfiff der Locomotive und ein Glockenzeichen die Einfahrt des Zuges in das Bahnhofsgebäude der nächsten Station ankündigte. Drei Viertelstunden hatte diese unheimliche Fahrt gedauert. In der Station kamen auf das Lärmen des bedrohten Passagiers der Kondukteur, der Stations=Chef und andere Bahnbedienstete herbei, und obwohl Maßnahmen zur Ergreifung des räthselhaften Passagiers ergriffen wurden, wußte derselbe doch zu entkommen und, geschützt durch das dem Bahngebäude nahe Gestrüpp, zu entweichen. Eine Verfolgung wurde eingeleitet und es gelang, den Flüchtling zu ergreifen. Es war ein bereits abgestrafter Verbrecher, welchem die schlimmsten Absichten auf seinen Reisegenossen zuzutrauen waren. Der muthige Reisende war der bekannte Badearzt Dr. Schindler in Marienbad.


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