No. 100
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 22. Dezember
1876
sechsundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 1]

Des heiligen Weihnachtsfestes wegen wird die nächste Nummer der Anzeigen Freitag, den 29. December erscheinen.


Bekanntmachung.

Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Aushebung der Militärpflichtigen der seemännischen Bevölkerung des hiesigen Aushebungsbezirks (Schiffermusterung) pro 1876 stattfindet

am Montag den 22. Januar 1877,
von Morgens 9 Uhr an,
in Wismar
im Hakerschen Gasthofe Stadt Altona.

Zu dem gedachten Termine haben sich bei Vermeidung der im § 24,7 der Ersatz=Ordnung angedrohten Strafen einzufinden alle Militairpflichtigen der seemännischen Bevölkerung, welche im Jahre 1856 oder früher geboren und respective mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehen sind.
Es wird bemerkt, daß nach Maaßgabe des § 21 der Ersatz=Ordnung zur seemännischen Bevölkerung zu rechnen sind:

a. Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche mindestens ein Jahr auf deutschen See=, Küsten= oder Haff=Fahrzeugen gefahren sind;
b. See=, Küsten= und Haff=Fischer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbsmäßig betrieben haben;
c. Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren sind;
d. Maschinisten, Maschinisten=Assistenten und Heizer von See= und Fluß=Dampfern.
Schönberg, den 18. December 1876.

Der Civil=Vorsitzende der Ersatz=Commission
des Aushebungs=Bezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Politische Rundschau.

Schönberg. Wenige Worte werden genügen, um die letzten Bedenken unseres sehr geehrten Herrn Gegners gegen die sogn. "Zivilehe" zu zerstreuen; denn das Urtheil darüber, ob die in unserem ersten Artikel (Nr. 96) angeführten Gründe wirklich nur Gründe für die "Zivilehe," und nicht vielmehr eine Widerlegung der beiden von den Antragstellern im Landtage urgirten Gründe seien, müssen wir unsern Lesern überlassen; und andererseits können wir uns natürlich weder durch Anführung der "Meckl. Anz." (einem doch sicher nicht "konservativen" Blatte), noch auch durch unbedachte zu politischen Zwecken ausgesprochene Behauptungen einer politischen Versammlung schlagen lassen. Es kommt uns hier lediglich auf die Hauptsache an; und da scheint unser Herr Gegner nunmehr den Gewissenszwang darin finden zu wollen, daß möglicherweise einmal ein deutscher Jüngling meinen könnte, er müsse durch seine beim Zivilakt erforderliche Unterschrift als Ehemann eine Unwahrheit vollziehen. Sollte dieser Fall wirklich einmal eintreten, so müßte solcher deutscher Jüngling eben eines besseren belehrt werden; und wollte er sich nicht belehren lassen, so müßte er entweder das Heirathen aufgeben, oder er müßte auswandern, beides wäre jedenfalls besser, als wenn er sich - nicht durch den Staat oder das Zivilstandsgesetz, sondern durch seine Wünsche und Interessen zur "Unwahrheit" treiben ließe. Doch einen solchen Fall zu setzen scheint uns nur möglich zu sein, wenn man von einer unrichtigen Definition der Begriffe Ehe und Eheschluß ausgeht. Nach kirchlicher Anschauung ist die Ehe ein Bund, und zwar die rein staatliche Ehe, die die Trauung nicht begehrt, und der also im eigentlichen Sinne der Name "Zivilehe" zukommt, ein auf Lebenszeit abgeschlossener Kontrakt, die christliche Ehe ein durch Gottes Wort geheiligter und durch die Zusammensprechung im Namen Gottes unlöslicher Bund zwischen Mann und Weib. Ein "Eheschluß" im Sinne unseres Herrn Gegners kann also weder beim Zivilakt noch bei der Trauung stattfinden; sondern ein "Eheschluß" ists nur sofern der Bund durch den Zivilakt für den Staat und durch die Trauung für die Kirche perfekt wird, mit anderen Worten: weder der Staat noch die Kirche "schließt" die Ehe in dem Sinne, wie das Wort von unserm Herrn Gegner gebraucht wird, sondern der Zivilakt leistet die staatliche, die Trauung, die kirchliche Anerkennung des Ehebundes; und sowohl für die staatliche als auch für die kirchliche Handlung ist es an sich irrelevant, ob der für das staatliche oder für das kirchliche Gemeinwesen anzuerkennende Bund bereits in Wirklichkeit getreten sei oder nicht; denn wenigstens die Trauung setzt eigentlich voraus, daß das noch nicht geschehen sei, sodaß also weder im Zivilakt noch in der Trauung für das Brautpaar selber eine Nöthigung liegt, sich nun schon für Eheleute zu halten. Vielmehr nöthigt der Zivilakt nur den Staat, die Trauung die Kirche, das Paar nunmehr als Ehepaar anzusehen und ihrer Verbindung die rechtlichen Folgen zu geben, das sind für die Kirche:

[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 2]

die Taufe und der christliche Unterricht der Kinder u. s. w. Den "Eheschluß" selber machen die beiden mit einander ab; und für die Vollendung des Eheschlusses ist die Trauung ebenso gut eine Prolepsis, wie der Zivilakt.
Um jedoch Mißverständnisse zu vermeiden, betonen wir noch einmal, daß die Trauung allerdings mehr ist, als eine bloße Anerkennung seitens der Kirche, da das Wesen der Trauung darin besteht, daß das Ehepaar zusammengesprochen wird im Namen Gottes, d. h. daß sie dem Bunde der beiden das Siegel der Heiligkeit und der Unverletzlichkeit aufdrückt. Im Uebrigen verweisen wir einerseits auf das Zivilstandsgesetz, das nirgends den Anspruch erhebt, daß durch den Staat oder von dem Standesbeamten die Ehe "geschlossen" werden sollte, und andererseits auf die über das Zivilstandsgesetz besonders im Schwerinschen geflogenen öffentlichen kirchlichen Verhandlungen, sowie auf die Bekenntnißschriften unserer Kirche, besonders auf den Eingang zu Luthers Traubüchlein.
Was nun schließlich unsere Kontroverse über die Stellung der mecklenburgischen Ritterschaft betrifft. So wollen wir nicht darauf hinweisen, daß nach der Beweisführung unsers Herrn Gegners füglich auch wohl etwa die Sozialdemokraten auf dem Boden der Reichsverfassung stehen und auf eben diesem Boden einen "Umbau" oder Umsturz eben dieser Verfassung erstreben müßten; und wenn wir es auch allerdings mit unserem geringen politischen Verstande nicht reimen können, wie auf dem Boden der Reichsverfassung ein Umbau derselben möglich sein soll, so nehmen wir doch mit Freuden die Erklärung unseres Herrn Gegners an, daß er und die mecklenburgische Ritterschaft auf diesem Boden stehe. Wir dürfen dann auch mit Freuden von derselben eine Unterstützung der konservativen Bestrebungen erwarten.
Wie die "Neustrel. Ztg." hört, wird demnächst eine der von den liberalen Freunden des Fürstenthums Ratzeburg aufgebrachten Beschwerden dadurch ihre Erledigung finden, daß im nächsten Antoniitermine von der Großherzoglichen Geheimen Commission auf dem Wege des jährlichen Schuldenabtrages der letzte Rest der von der Chausseebau=Unterstützungscasse in Schönberg aufgegebenen Gelder im Betrage von 35,000 Rth., an diese Casse zurückgezahlt werden soll. Es bleibt freilich unerfindlich, wie aus dieser, gleich jeder anderen Schuld, vor etwa 50 Jahren contrahirten Anleihe der Vorwurf gegen die hiesige Landesregierung hat hergeleitet werden können, daß dieselbe Ratzeburger Gelder im eigenen Interesse verwandt habe, während letztere doch gegen jährliche Verzinsung von den dortigen Bauern der Sicherheit wegen bereitwillig und gern dargeliehen worden waren. Es ist aber doch erfreulich, daß auf obige Weise wenigstens dieser Grund oder Vorwand zu Beschwerden künftig verschwinden wird.
Deutschland. Der Reichstag wird wahrscheinlich heute geschlossen.
Für die Justizgesetze ist - was kaum zu erwarten war - ein Kompromiß zu Stande gekommen, indem die nationalliberale Partei in den wichtigsten Punkten nachgegeben hat, sodaß die Justizgesetze nunmehr nach den Kompromißvorschlägen mit einer Mehrheit von etwa 50 Stimmen angenommen sind.
Die Kaiserin hat unter Aufhebung aller früheren Bestimmungen angeordnet, daß die von ihr treuen weiblichen Dienstboten zu verleihende Anerkennung (bestehend in einem goldenen Kreuze) vom 1. Januar 1877 ab in dem ganzen Staate für 40jährige, ununterbrochen in einer Familie zugebrachte treue Dienste weiblicher Dienstboten bewilligt wird. Die Verleihung wird in einem, die eigenhändige Unterschrift der Kaiserin tragenden Diplom bestätigt. Die Gesuche sind, amtlich von dem Bürgermeister und Landrath bescheinigt, an das Cabinet der Kaiserin einzusenden, wohin auch nach erfolgter Verleihung eine Empfangsbescheinigung einzureichen ist.
Türkei. Der Großvezier Ruschdi Pascha soll abgesetzt und Midhad Pascha an seiner Stelle zum Großvezir ernannt worden sein.
Die eigentliche Konferenz soll morgen eröffnet werden.


Anzeigen.

In der Concurssache des Oelmüllers Adolph Capell zum Hammer sind von dem unterzeichneten Großherzoglichen Justizamte, als Concursgericht, neue Termine anberaumt:

1) zum Verkaufe der zur Masse gehörigen Immobilien, als:
a. der zum Hammer belegenen Oelmühle c p.;
b. der daselbst belegenen Kupfermühle c. p.;
c. der zu Mannhagen belegenen s. g. Entersschen Kathe
und
d. der zu Lockwisch belegenen Erbpachtmühle c. p.
auf

Freitag, den 9. Februar 1877,
Mittags 12 Uhr,

2) zum Ueberbot

auf

Freitag, den 2. März 1877,
Morgens 11 Uhr,

wozu Kaufliebhaber hierdurch mit dem Bemerken geladen werden, daß die Besichtigung der Grundstücke nach zuvoriger Meldung bei dem zum Curator bonorum bestellten Pächter Wentzel zu Mannhagen jederzeit freisteht und die Verkaufsbedingungen auf der Justizamts=Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.

Zur endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen ist ferner Termin auf

Freitag, den 9. Februar 1877,
Vormittags 11 Uhr,

anberaumt, in welchem dem Cridar und den nicht präcludirten Gläubigern das Erscheinen hiedurch freigelassen wird.
Schönberg den 18. November 1876.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt

Die zu Antonii k. J. auf die bei der Vorschuß=Anstalt belegt stehenden Capitalien fällig werdenden Zinsen werden wir bereits während der Woche

vom 2. bis 6. Januar 1877
täglich
von 8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags

auszahlen.
Schönberg, den 9. December 1876.

Das Directorium.     


Die Lübecker Bank vergütet für bei ihr belegte Gelder bis auf Weiteres
4 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
3 1/2 % bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 % bei dreimonatlicher Kündigung. Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als M. 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1876.

Lübecker Bank.     


Heute wurde meine liebe Frau, Rosa geb. Michaelsen, von einem gesunden Knaben glücklich entbunden.
Schönberg, den 21. December 1876.

Emil Hempel.     


[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 3]

Sterbefall.

Heute Mittag 12 1/2 Uhr endete der Tod das Leben meines lieben Mannes und meiner Kinder liebevollen Vaters nach kurzem Krankenlager im 66. Lebensjahre. Diese Traueranzeige hiermit allen Verwandten und Bekannten statt jeder besonderen Meldung. Um stille Theilnahme bittet

die tiefbetrübte Wittwe        
Anna Kähler geb. Boye.     

Schönberg, den 20. Dezember 1876.
Die Beerdigung findet am Mittwoch den 27. December, Nachmittags 2 Uhr, statt.


Der Herr Gutsbesitzer F. Pogge auf Blankenhof hat mich benachrichtigt, daß er am

Mittwoch, den 27. December d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

bei der Frau Ackerbürgerwittwe Boye hieselbst seinen Wählern einen Bericht abstatten werde über die bisherigen Reichstags=Verhandlungen, was ich mir erlaube, hiermit bekannt zu machen.
Schönberg, den 20. December 1876.

Kindler, Advocat.     


Rum à Liter 50 Pfennig (Mecklenburg). 75 Pfennig (Mecklenburg). 1 M.
Jamaika Rum à Liter 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg).
à Flasche 1 M. 40 Pfennig (Mecklenburg).
feiner Jamaica Rum à Flasche 2 M. feiner alter Jamaika Rum à Flasche 2 M. 50 Pfennig (Mecklenburg).
feiner Cognac à Flasche 1 M. 15 Pfennig (Mecklenburg).
feiner pale Cognac à Flasche 2 M. 25 Pfennig (Mecklenburg).
Batavia Arrac à Flasche 1 M. 65 Pfennig (Mecklenburg).

alles incl. Flasche,

empfiehlt

Aug. Spehr.     


Nähmaschinen

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Doppelsteppstich=Nähmaschinen schon von 45 Mark an.
Reparaturen aller Arten werden prompt und billig ausgeführt.

Rud. Schrep,       
Schlossermeister.     


Das
Möbel=Magazin
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Friedr. Schramm, Lübeck,
Königstraße 904,

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Blumenständer, Eckborten, Handtuchhalter, Garderobenhalter, Wiegenschämel etc. etc. in reicher Auswahl.


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erlaube ich mir in freundliche Erinnerung zu bringen; durch günstige Einkäufe bin ich im Stande billig zu verkaufen.

                          L. A. Vogel.
                          Uhrmacher in Schönberg.


Zum bevorstehenden Weihnachten
empfehle ich
Ankeruhren, Cylinderuhren, Regulateure, und andere Stubenuhren
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            H. Meyer, Uhrmacher.
            Schönberg.


Bei den fortwährend steigenden Kaffeepreisen empfehle ich nachstehende Sorten noch zu alten Preisen:
fein schmeckenden Maracaibocaffee à Pfund 1 M.,
fein schmeckenden Maracaibocaffee à Pfund 1,05 M.,
Campinos 1,10 M.,
f. Campinos 1,20 M.,
f. Maracaibo 1,20 M.,
ff. gew. Laguayra 1,25 M.,
ff. gelben Maracaibo 1,30 M.,
f. Java=Caffee 1,40 M.,
in Lispfund 1,35 M.,
ff. gelben Java 1,50 M.,
ff. braunen Java 1,75 M.,
Mocca=Caffee 1,75 M.,

Aug. Spehr.     


Grabkreuze

in vielen hübschen Mustern aus verschiedenen Eisengießereien hält zu Fabrikpreisen stets auf Lager und empfiehlt bestens

Moritz Stein.     
Ratzeburg.        

Lager von meinen Grabkreuzen zu denselben billigen Preisen bei den Herren

H. Siebenmark=Schlagsdorf,
J. Borchert=Carlow.


   Für Damen.   
Das schönste, practische und liebenswürdigste
   Weihnachtsgeschenk   
ist
Heuser's Nähtisch-Scheeren- Garnitur

aus Solinger Silberstahl (Silver steel) enthaltend:
Zuschneide-, Nagel-, Stick-, Knopflochscheere mit Stellschraube und ein hochfeines Trennmesser.
Preis für Garnitur: 4 Scheeren, 1 Messer in feinem Etui 5 M. Unentbehrlich für jeden Nähtisch. Dauerhaft und unverwüstlich bei fleißigem Gebrauch. Garantie der Vorzüglichkeit durch eventuelle franco Rücknahme. Depôt für Deutschland bei Ww. Heuser, 18, Rehmplatz, Aachen. Versandt der Kürze halber gegen Nachnahme.
Von den vielen eingegangenen Anerkennungsschreiben lasse eines derselben folgen:
Ew. Wohlgeboren ersuche um die Gefälligkeit, mir noch 4 Stück Nähtisch=Scheeren=Garnituren à M. 5 gegen Nachnahme einzusenden.
Koschentin (Oberschlesien), den 18. October 1876.
Emma Hüppe, bei der verwittweten Prinzessin zu Hohenlohe Ingelfingen.


Die Eröffnung meiner
Weihnachtsausstellung
zeige ich hierdurch ergebenst an.

C. Sievers.     


[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 4]

Als Weihnachtsgeschenke

passend empfehle

Morgenschuhe in allen Größen.
                          August Lenschow,
                          Schuhmachermeister,
                          Schönberg, Hinterstraße 79.


Herren- und Knaben-
Garderoben
in modernsten Schnitt angefertigt,
hauptsächlich: Paletots, Jaquets, Hosen Westen, Regenröcke und ganze Anzüge empfiehlt zu den billigsten Preisen
Lübeck, Holstenstrasse 177.                                                     F. G. Oderich.


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A. Paust, Grevesmühlen

liefert 2, 3, und 4 fach starken

Essig=Sprit

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Johs. Tralow,
Lübeck,
obere Wahmstraße 465.
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Pelzwaaren
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Coul. Seidenzeuge
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à Elle 2 M. - 2 M. 60 [Pfennig]. - 2 M. 75 [Pfennig]. - 3 M. und 3 M. 50 [Pfennig]. in sehr schöner Qualität empfiehlt

August Creutzfeldt.     


Jugendschriften u. Bilderbücher, Gesangbücher,
Klassiker, Kochbücher u. s. w.

empfehle zu billigen Preisen.

C. Sievers.     


Bis zum 1. Januar 1877

werde ich gegen comptante Zahlung eine Preisermäßigung von 15 bis 20 Procent nachstehender Waaren eintreten lassen.

==Preise per alte Elle:==

5/4 Kleiderzenge 25, 30, 40, 50, 60, 80 Pfennig (Mecklenburg).,
do. rein wollenen Rips, gute Qualität, 88 Pfennig (Mecklenburg).,
8/4 carr. woll. Plaids von 1 M. 12 Pfennig (Mecklenburg). an,
9/4 schwarz wollenen Rips von 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). an,
mix. Lüster von 30 Pfennig (Mecklenburg). an,
Beiderwands 25 Pfennig (Mecklenburg). bis zu den feinsten 65 Pfennig (Mecklenburg).,
Cattun 18 und 25 Pfennig (Mecklenburg)., beste Qualität 30 Pfennig (Mecklenburg).
Pique und Köper=Cattun 37 Pfennig (Mecklenburg).
Cattun=Gardinen 25 und 30 Pfennig (Mecklenburg).
do. doppelt breit 45 Pfennig (Mecklenburg).,
7/4 gestreiftes Schürzenleinen von 50 Pfennig (Mecklenburg). an,
5/4 Bettdrell, gute Qualität, von 65 Pfennig (Mecklenburg). an,
8/4 do. beste do. 1 M. 30 Pfennig (Mecklenburg). und 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg).
6/4 Federleinen, prim. Qualität, 88 Pfennig (Mecklenburg). und 1 M. 20 Pfennig (Mecklenburg).,
5/4 und 6/4 Bettparchend 88 und 100 Pfennig (Mecklenburg).,
5/4 und 6/4 gestr. Bettstouts von 30 Pfennig (Mecklenburg). an,
5/4 und 6/4 baumwoll. Bettbezüge von 25 Pfennig (Mecklenburg). an, gedruckten Stouts 30 und 37 Pfennig (Mecklenburg).
9/4 Damast und Rips von 2 M. an,
eine Parthie weißes Leinen, sehr gute Qualität, 30, 40, 55, 56, und 65 Pfennig (Mecklenburg).,
Handtuchdrelle von 22 Pfennig (Mecklenburg). an, Tischtuchdrell 50 Pfennig (Mecklenburg).,
Leinen=Servietten von 88 Pfennig (Mecklenburg). an,
9/4 rein woll. Düffel von 4 M. 25 Pfennig (Mecklenburg). an,
9/4 Flockene in versch. Farben von 8 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). an,
9/4 schwarzen Tuch u. Buckskin, beide unter Preis,
eine Parthie schwerer Buckskins 4 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). (Werth 6 M.),
eine Parthie extra schwerer Buckskins 6 M. 50 Pfennig (Mecklenburg). (Werth 7 M. 50 Pfennig (Mecklenburg).),
halbwollene Hosenzeuge von 60 Pfennig (Mecklenburg). an, baumwollene Hosenzeuge von 30 Pfennig (Mecklenburg). an,
10/4 Zanella 1 M. 12 Pfennig (Mecklenburg). und 1 M. 40 Pfennig (Mecklenburg).,
do. extra fein 1 M. 75 Pfennig (Mecklenburg). und 2 M. 12 Pfennig (Mecklenburg).
9/4 schwarzen, braunen und blauen Plüsch von 1 M. 80 Pfennig (Mecklenburg). an,
9/4 schwarzen und grauen halbw. Düffel von 1. M. 50 Pfennig (Mecklenburg). an,
schwarz seid Rips und Tafft noch unter alten Preisen,
Rips=, Double= und Velour=Umschlagetücher,
7/4, 8/4 und 9/4 Umstecktücher,
weiße und couleurte Netztücher in großer neuer Auswahl zu Einkaufspreisen.
Paletots, Jacken, Baschliks, Capotten, Fanchons, Shawls, Buckskins=Handschuhe, Westen und Cachenez zu Einkaufspreisen.

Zu billigen Einkäufen hiermit ergebenst einladend zeichnet

                          Hochachtungsvoll
                          August Creutzfeldt
                          in Schönberg.


Die Galanterie=Waaren=, Lampen und Kronleuchter=Handlung
von
Hermann Hartmann, Lübeck,
Breitestraße 796, vis à vis Hotel Düffke.

empfiehlt ein reichhaltiges mit allen Neuheiten der Saison versehenes Lager von

Weihnachtsgeschenken

zu sehr billig gestellten Preisen.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 100 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 22. December 1876.


Der
Weihnachts-Ausverkauf

in meinem Geschäfte hat begonnen. Sämmtliche Artikel sind bedeutend im Preise herabgesetzt.

Damen-Jacken & Paletots
zu Fabrikpreisen.
Eine Parthie englischer
Kleiderstoffe
per Meter 58 Pfennige. Buckskins=Unterrockstoffe
in bedeutender Auswahl.
Großes Sortiment der neuesten
Umstecktücher.
Julius Schweigmann
in Schönberg.


Geschäfts=Verlegung.
G. Schwartzkopf, Goldschmied
Lübeck,
Fabrik und Handlung von Gold= u. Silberwaaren,
früher Breitestraße 952, jetzt Breitestraße 955, Ecke der Fleischhauerstraße.

Große Auswahl von den einfachsten bis zu den feinsten Artikeln in Gold und Silber, Juwelen, Korallen, Filigran etc.

Billige Preise.

Bestellungen und Reparaturen werden rasch ausgeführt und vorzügliche Art zugesichert.


Weihnachts=Ausstellung
Sonntag den 17. d. M.

werde ich meine Ausstellung eröffnen, bestehend in allen Sorten Kuchen, Pfeffernüssen und einer reichen Auswahl

Tannenbaum=Confekt.
Um geneigten Zuspruch bittet ergebenst
            H. Wolgast,             Bäckermeister in Schönberg.


Prima Stearin-,
Tafel=, und Kronleuchter=Lichte
empfiehlt die
Galanterie=Waaren=Handlung
von
Hermann Hartmann,
Lübeck,
Breitestraße 796, visà vis Hotel Düffke.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 6]

Die zwei Tanten,

welche die Verlagsbuchhandlung von A. H. Payne in Leipzig zu ihrem jetzt begonnenen Jahrgange der illustrirten Zeitschrift: "Das neue Blatt"

als Prämie

gegen die geringe Nachzahlung von drei Mark pro Blatt, [es sind grosse herrliche Oeldruckbilder] liefert

sollten auf keinem Weihnachtstische fehlen.

Wer daher auf diese mit so vielen Vorzügen ausgerüstete Zeitschrift "Das neue Blatt" noch nicht abonnirt ist, sollte Abonnement entweder bei der Post oder bei der nächsten Buchhandlung sofort bestellen.

Das Neue Blatt erscheint in zwei Ausgaben:

Nummer-Ausgabe. Jede Woche eine Nummer. Preis M. 1,50 vierteljährlich.
Heft-Ausgabe. Alle 14 Tage ein Heft à 40 Pfg.

Diese Heft-Ausgabe schliesst eine elegante Moden-Zeitung mit ganz neuartiger Darstellung grosser Schnitttheile, betitelt: Neueste Moden für unsere Damen, gratis in sich ein.
Freilich ist diese Heft-Ausgabe nur durch Buchhandlungen und nicht durch die Post zu verlangen. Die Post besorgt nur die Nummer Ausgabe. Im Unterhaltungsblatte laufen drei grosse Novellen neben einander, von denen die erste phantastisch spannend die Wirkung noch unerforschter geistiger Kräfte mit in die Erzählung eingreifen lässt. Die zweite Novelle ist ein Treffer für weiche empfindungsvolle Gemüther, während die dritte betitelt: "Zwölf Procent", abenteuerreiche Erzählungen vorziehende Leser zu Dank verpflichten wird.
Der Nachweis des Abonnements berechtigt zu sofortigem Bezug der beiden Prämien, direct von der Verlagshandlung, wenngleich diese directe Prämien-Versendung, wie aus untenstehender Anzeige ersichtlich, die dazu angestellten Arbeitskräfte beinahe bis zur Grausamkeit anspannt. Das bewirken also

Die zwei Tanten.


Wer das Geld dafür ausgegeben hat,
der soll urtheilen.

Wie nicht anders zu erwarten war, ist die Verlagshandlung, seitdem sie sich erboten hat die beiden Prämien "Die gute Tante" und "Die strenge Tante" den Reflectanten auch directzuzusenden, mit Post-Anweisungen geradezu überschüttet worden, so zwar, dass die hierauf erfolgte Expedition nicht ohne Aufregung und Aufsehen und namentlich nicht ohne wesentliche Verstärkung der Expeditionskräfte bewirkt werden konnte. Gleich die allerersten Versendungen wurden sofort mit Aeusserungen der Anerkennung erwiedert, wovon täglich mehr und mehr einlaufen. Dabei ist der Zuspruch zu den Prämien von Tag zu Tag noch im Wachsen begriffen. Keine Post trifft ein, ohne dass sich die Einrichtung der Post-Anweisungen als schnellstes und handlichstes Zahlungsmittel, namentlich für massenhafte Einzelversendungen, trefflich bewährt.

Die Verlagshandlung von A. H. Payne in Leipzig.


Weihnachts=Ausstellung.

Den hochgeehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend erlaube ich mir hiedurch ergebenst anzuzeigen, daß ich am 17. d. M. meine diesjährige

Weihnachts=Ausstellung

eröffne, und bitte um geneigten Zuspruch.
Schönberg, den 12. December 1876.

                          Hochachtungsvoll
                          Heinrich Freitag.
                          Bäcker und Conditor.


Ich suche zu Neujahr eine Köchin, die auch häusliche Arbeiten zu verrichten hat.

Frau Dr. Marung.     
Schönberg.          


Am Mittwoch den 27. d. M. zur
Eröffnung
meines neu erbauten Salons
große Tanzmusik,

wozu ergebenst einladet

J. G. Staack, Schönberg.


Hierdurch mache ich bekannt, daß ich von jetzt an mit meinem Omnibus

am Sonntag, Dienstag, Donnerstag und Sonnabend
Morgens 1/2 7 Uhr von Carlow aus über Pogetz, Maurinmühle und Neue Welt,
am Montage Mittwoch und Freitag
Morgens 1/2 7 Uhr von Carlow aus über Pogetz, Lindow, Gr. und Kl. Siemz

nach Schönberg zum Anschluß an den Morgens 10 Uhr nach Lübeck abgehenden Eisenbahnzuge fahre und Nachmittags 1/2 2 Uhr nach Carlow zurückkehre.

Büdner Oldenburg     
in Carlow.               


Verloren eine Wagenkette

vom Kleinfelder Wege bis zum Ackerbürger Böckmann. Abzugeben gegen Belohnung beim Schmiedemeister Bremer in Schönberg.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M -Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen17 M 50Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Gerste16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen15 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Winter=Rappsaat29 M 50Pfennig  bis 30 M -Pfennig.
Winter=Rübsen28 M 50Pfennig  bis 29 M -Pfennig.
Schlagleinsaat20 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,30 .
Enten d. St. M2,50 .
Hühner d. St. M1,10 .
Hasen d. St. M3,50 .
Tauben d. St. M0,40 .
Küken d. Stück M0,90 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,50 .
Gänse pr. 500 Gr. M0,75 .


Eintragungen in die Standes=Register
des Standesamtsbezirks Schönberg.

Geboren. D. 3. Dec. dem Arbtsm. Johann Christian Jacob zu Bauhof Schönberg eine T. - D. 4. dem Lehrer Wilhelm zu Schönberg ein S. - D. 7. dem Sattler Carl Heinrich Friedrich Bartels zu Schönberg eine T. - D. 5. dem Handelsmann Joachim Schleuß zu Schönberg eine T. - D. 9. eine unehel. Tochter zu Schönberg. - D. 11. dem Schustermeister Aug. Friedr. Hartw. Stree zu Schönberg eine T. - D. 10. dem Maurergesellen Math. Heinr. Wilms zu Schönberg eine T. - D. 12. dem Ziegler Kramer auf der Schönberger Feldziegelei eine T. - dem Arbm. Niels Anderson zu Schönberg ein S.

Gestorben: D. 1. Dec. Wilhelmine Elise Dorothea Voß zu Bauhof=Schönberg, 4 J. a. - D. 4. Caroline Maria Catharina Dorothea Beckmann zu Raddingsdorf, 2 Monate a. - D. 5. Dec. Mathias Olrog, unverheiratheter Knecht zu Ollndorf, 73 J. 7 M. a. - D. 10. Johann Christof Detlef Schulz, Zimmergesell zu Schönberg, 67 J. 5 M. a. - D. 16. Bertha Maria Elisabeth Schleuß zu Schönberg, 10 T. alt. - D. 19. Wilhelm Johann Heinr. Sterly, Musikussohn zu Retelsdorf, 3 J. 7 M. a. - D. 20. Johann Heinr. Kähler, Webermeister zu Schönberg, 65 J. 6 M. a.

Eheschließungen. D. 1. Dec. Mühlenbauer Peter Heinr. Robrahn zur Maurinmühle und Christine Maria Catharina Oldenburg zu Schönberg. Maurergesell Mathias Heinr. Kleinfeldt zu Lockwisch und Maria Catharina Elisabeth Fick zu Lüdersdorf. Wirthschaftsführer Johann Friedr. Maack zu Lockwisch und Marie Elisabeth Wigger zu Rottensdorf. Kaufmann Johann Jochen Heinrich Kummerow zu Schönberg und Caroline Marie Elisabeth Sager zu Törpt.


Kirchliche Nachrichten
Sonntag 24. December.

Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche: fällt aus.

1. Weihnachtstag.

Früh=Kirche: Pastor Fischer.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Fischer.

2. Weihnachtstag.

Früh=Kirche: Pastor Kämpffer.
Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Kämpffer
Amtswoche: Pastor Fischer.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 7]

- Schönberg. Der heftige Schneefall in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag hat überall große Verkehrsstörungen zur Folge. Der Eisenbahnzug von Stettin, welcher Morgens 10 Uhr in Schönberg eintreffen sollte, blieb in Malchin liegen und wird, wie telegraphisch hierher berichtet wurde, erst Nachmittags 3 Uhr hier eintreffen. Der Schnellzug von Hamburg hatte eine Stunde Verspätung.
- Die Forderung des Bundesraths in den neuen Reichsjustizgesetzen, daß Preßvergehen überall, nicht bloß am Orte, wo eine Zeitung erscheint, verfolgt werden dürfen, ist so eigenthümlich, daß man kaum begreift, wie der Bundesrath darauf bestehen kann. Man müßte ja sämmtlichen verantwortlichen Redakteuren mindestens freie Eisenbahnfahrt im ganzen deutschen Reich bewilligen, wenn ihnen an jedem noch so entlegenen Punkte Deutschlands nach der Willkür der Polizei und der Staatsanwaltschaft ein Preßprozeß an den Hals geworfen werden könnte. Es brauchte z. B. nur ein Staatsanwalt in Gumbinnen oder Tilsit eine Saarbrückener Zeitung mit Beschlag zu belegen und einen Prozeß anzufangen, so müßte der betr. Redakteur die Reise von der französischen an die russische Grenze machen, um vielleicht um 20-60 Mark gestraft oder auch freigesprochen zu werden. Der Reichstag und die Presse haben sicher Recht, sich gegen solche Bestimmungen zu wehren.
- Der Umbau und Ausbau deutscher Festungen wird im nächsten Jahre über den ursprünglichen Plan hinaus gefördert und zahlreichen Arbeitern Arbeit und Brod geschafft werden. Der Abschluß dieser Bauten war auf 1884 angesetzt, man hofft aber den Um= und Erweiterungsbau der Hauptwaffenplätze der deutschen Ost= und West=Grenze sowie den vollständigen Abschluß der deutschen Küstenbefestigungen und der Landbefestigungen von Wilhelmshaven schon bis 1880 zu vollenden. Für das nächste Jahr sollen zunächst Köln, Königsberg, Thorn und Posen, sowie Diedenhofen und Neu=Breisach an die Reihe kommen.
- Das Stadtschwurgericht in Berlin hat den glücklichen Einfall gehabt, den Schwurgerichten zu helfen statt auf sie einzudonnern. Die Geschworenen hatten mehrmals bei Messer=Affairen irrige Wahrsprüche ertheilt und diese waren offenbar erfolgt, weil die Geschworenen die etwas zu hoch gehaltenen Gutachten der Aerzte nicht richtig verstanden hatten. Das Stadtgericht hat daher eine Anzahl vortrefflich gearbeiteter menschlicher Skelette aus Paris kommen lassen, damit die Aerzte an denselben ihre Angaben veranschaulichen und deutlich machen können. Im Stillen machen auch die anderen Herren daran ihre Studien.
- Kaiserin Eugenie ist in Rom und von dem Papste, ihrem Gevatter, in Audienz empfangen worden.
- Jedermann bewundere die schöne und eigenthümliche Kanzel in der kleinen Dorfkirche Raddiz in Hinterpommern. Die Kanzel ist aus einem Triumpfwagen des Polenkönigs und Türkenbesiegers Johann Sobieski hergestellt und stammt aus der türkischen Beute.
- Dieser Tage wurde auf dem Gebirge am Hallstädler See (Salzkammergut) ein fast ganz weißer Gemsbock erlegt, eine große Seltenheit.
- Der berühmte Arzt und Professor Friedrich in Heidelberg hat einen hohen Winter=Patienten bekommen, die Königin von Schweden, die im Hotel de L'Europe Wohnung genommen hat.
- Die Bierfrage ist den Münchenern wichtiger als die orientalische Frage; die letztere zu ordnen, überlassen sie getrost dem Reichskanzler, in die Bierfrage aber greifen sie selber ein. Sobald die Brauer mit dem Preis aufschlugen und 24 Pfennige für das Winterbier und 28 Pfennige für Sommerbier (à Liter) verlangten, stellten 2000 Arbeiter der Centralwerkstatt der Eisenbahnen das Biertrinken ein und gelobten sich, so lange nichts oder nur sehr wenig zu trinken, bis die Brauer (deren Bier nicht über eine gewisse Frist lagern darf) den Preis herabsetzen. Andere Leute sind ihnen nachgefolgt. Es fragt sich nur, wer's am längsten aushält.
- Telegramme aus Athen bestätigen die Wichtigkeit der Ausgrabungen Schliemann's in Mikenä in Griechenland. Man kann nicht zweifeln, daß er wirklich die Königsgräber von Arges aufgefunden hat. Sie liegen auf der Burg innerhalb des Löwenthores, welches von Schliemann aufgegraben ist. Der Erbprinz von Meiningen war der Erste, welcher nach Jahrtausenden durch das Löwenthor fuhr. Er berichtete selber darüber als Augenzeuge beim Wickelmann=Feste in Berlin. Die Königsgräber zeigen an den Wänden Skulpturen, die eben so alterthümlich und noch alterthümlicher sind als die Löwen des Thores. Inschriften hat man leider bis jetzt nicht gefunden. Der Metallwerth der Goldsachen u. s. w. wird auf 300,000 Franks geschätzt.
- Altbayrische Bilder gibt Martin Schleich zum Besten. Aus der Nähe der geistlichen Stadt Freising standen neulich mehrere Leute vor Gericht, die eine Tanzunterhaltung durch Schädeleinschlagung verherrlicht hatten, eine bei den betr. Bauern besonders beliebte Cotillonfigur. Das einem schon älteren Manne gehörige curpus delicti war ein an getrockneten Rindssehnen befestigtes und zugespitztes Stück Eisen, womit der Edle seine Freunde bearbeitet hatte. Auf die Frage, ob er dieses Instrument gewöhnlich zu Ballgelegenheiten mitnehme, antwortete er grinsend: "Freili!" - Ein Anderer, vom Richter aufgefordert, den Hergang zu erzählen, meinte: "Du woaßt ja, wie's da geht." Der Bursche nimmt also an, daß wir es ebenso machen und daß die ganze menschliche Gesellschaft einen Drang zum Raufen findet, was, im Großen genommen, gar nicht einmal so unrichtig ist. Allbekannt ist die Geschichte vom niederbayrischen Knecht, der für eine Wurst einen Meineid schwor, und als er dieselbe verzehren wollte, aufmerksam gemacht, daß Freitag sei, den Preis seiner That erschrocken wieder einsteckte und sich Käse geben ließ. Vor dem Straubinger Schwurgericht stand ein reicher Bauer, der, um den Namen eines Pantoffelhelden gründlich abzuweisen, seine Frau zwang, sich vor seiner Wirthshausgesellschaft die Haare ausraufen zu lassen. Wer noch mehr verlangt, muß nach Bulgarien gehen.
- In Cincinnati ist es Mode geworden, Blut zu trinken, gerade wie man anderwärts Milch oder Sodawasser trinkt. Des Nachmittags kann man viele elegant gekleidete Damen und Herren in die sehr reinlich gehaltenen Schlachthäuser treten sehen, wo sie das Glas in der Hand den Augenblick erwarten, da der Kopf eines kräftigen Stiers durch einen einzigen Hieb des Schlächters vom Rumpf getrennt wird. Sobald das Blut aus den Adern hervorspritzt, wird Glas um Glas gefüllt und den Herrschaften gereicht, die den blutrothen Trank nicht ohne Vergnügen zu schlürfen scheinen, um selber Blut zu bekommen und riesenstark zu werden.
- Zwei junge Männer in Eltville erboten sich im Wirthshaus zu einem Sauftournier, wenn sie Jemand traktire. Da ein Kohlerhändler die Zeche bestritt, so hob das Saufen an. Jeder trank im ersten Gang 6 Schoppen Bier, im zweiten Gang 6 Schoppen Wein und zuletzt setzte Jeder einen Schoppen Schnaps darauf. Das Ende war, daß der Eine als ganze Leiche aus dem Hause getragen wurde, der Andere als halbe Leiche.
- Ein schreckliches Abenteuer bestand dieser Tage in London ein Greis von 85 Jahren, Namens James John. Derselbe ein Pensionär des Arbeitshauses von St. Paucras, hatte die Erlaubniß zum Ausgehen erlangt, und als er Abends heimkehrte, benutzte er dazu die Metropolitan=Eisenbahn, welche einen Theil von London in einem Tunnel durchschneidet, der nur bei den einzelnen Stationen Ausgänge nach oben hat. Während der Fahrt wurde der Greis von einem andern Reisenden nach seinem Endziel befragt und dahin belehrt, daß er schon auf der Station, welche man soeben passirt, hätte aus=

[ => Original lesen: 1876 Nr. 100 Seite 8]

steigen müssen. James John beschloß nun, die Strecke zu Fuß wieder zurückzulegen und machte sich, nachdem der Zug gehalten hatte, wirklich auf den Weg. "Immer rechts" sagte ihm sein Gefährte, allem Anscheine nach ein brutaler Schurke, der es auf das Verderben des armen Mannes abgesehen hatte, denn der diesem bezeichnete Weg war der falsche und führte ohne nahen Ausgang auf eine andere unterirdische Bahn, deren Züge sich alle drei Minuten folgen. Der Tunnel ist außerordentlich schmal, die Waggons streiften fast die Mauer und man kann sich vorstellen, in welche schreckliche Lage der unglückliche Wanderer gerieth. Ihm wurde seine fürchterliche Situation nur zu deutlich klar, als mit donnerndem Rollen der erste Zug daherbrauste. John hatte kaum noch Zeit, sich an die Mauer zu drücken, aber die Gefahr ging glücklich vorüber. Diesem folgte ein zweiter, ein dritter etc., immer weiter marschirte der erschöpfte Greis und immer wieder rasselte das Ungeheuer mit den feurigen Augen heran. "Dennoch," so erzählte später John, "verlor ich nicht den Muth, denn ich stärkte meine Seele, indem ich mit lauter Stimme meine Gebete sprach. Bei jedem Zuge mußte ich still stehen und mich gegen die Mauer drücken, und hin und wieder fühlte ich, wie von den Trittbrettern ein Fetzen meiner Kleidung abgerissen wurde." Drei volle Stunden dauerte die schreckliche Wanderung, da endlich stieß der Aermste auf ein kleines Wachthaus, in welchem sich ein Beamter befand, der den halb Ohnmächtigen aufnahm. Es war die höchste Zeit gewesen. Der Unglückliche zitterte am ganzen Körper, kalter Schweiß überrieselte ihn und er war unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen. Das glückliche Gefühl, nunmehr gerettet zu sein, übermannte ihn und jetzt erst verließen ihn seine Kräfte.

Hinrichtung Francesconi's.

Für die heutige Justification war der sogenannte kleine Spitalhof bestimmt. Es ist dies ein schmales, langgezogenes Dreieck, dessen Längenseiten von der Front des Inquisiten=Spitals und einer hohen Feuermauer gebildet werden, während die Basis durch die kleine Todtenkammer gegeben ist. An der Spitalsfront war ein etwa sieben Fuß hoher viereckiger Pfahl fest in die Erde gerammt. Hinter demselben befand sich ein dreistufiger Schemel. Etwa 80 Mann der Justizwache bildeten längs der Front ein Spalier zum Durchgang für den Delinquenten und umstanden in ziemlich engem Bogen den Galgen. Außerhalb des Spaliers befanden sich etwa hundert Personen, ausschließlich Männer. Es waren dies zumeist ritterliche Beamte, höhere Wachorgane, mehrere Officiere und die Berichterstatter der Journale. Vor dem Galgen stand in einfacher dunkler Kleidung den Kopf mit schwarzen Cylinderhut bedeckt, der Scharfrichter Willenbacher mit drei jungen, einfach gekleideten Gehilfen. Mit dem Glockenschlage Acht ging eine Bewegung durch die Wachen und das Publikum. Der Delinquent wurde aus seiner Zelle auf den Richtplatz geführt. Er erschien schwarz gekleidet und barhaupt, während er in den gefalteten Händen ein kleines Crucifix trug. Ihm zur Seite Schritt im schwarzen Talar der Pfarrer Koblischek mit dem Kerkermeister Kopetzov. Dann folgte in voller Amtsuniform die Executions=Commission, geführt vom Landesgerichtsrathe Hörl, ferner der Staatsanwalt Graf Lamezan und der Gerichtsarzt Dr. Schwad.
Francesconi ging ganz ruhig durch das Spalier, richtete mit tief in den Höhlen liegenden Augen einen langen Blick nach dem Galgen und wendete sich dann zur Commission. Landesgerichtsrath Hörl übergab mit wenigen Worten den Verurtheilten dem Scharfrichter und befahl ihm, amtzuhandeln. Nun trat der Pfarrer auf Francesconi zu und richtete an ihn noch ein paar Worte. Francesconi umschloß den Geistlichen mit beiden Armen und küßte ihn. Wie suchend ließ Francesconi den Blick über die Versammlung gleiten, und als er den Staatsanwalt Grafen Lamezan fand, trat er auf denselben zu mit den Worten: "Verzeihen Sie mir, kaiserlicher Rath!" "Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen sich mit Gott versönen, das haben Sie gethan. Sie werden nun einen gnädigen Richter finden." - "Ja, ich habe mich mit Gott versöhnt," entgegnete Francesconi und küßte wiederholt auch den Staatsanwalt, der sich einer tiefen Regung nicht erwehren konnte. Francesconi, der im Gerichtssaale keines Wortes fähig gewesen und nur in unarticulirten Lauten geantwortet hatte, schien in den entsetzensvollen letzten Stunden die volle Herrschaft über sich gewonnen zu haben; er sprach deutlich und so klar, daß ihn jeder der Anwesenden vernehmen konnte.
Der Scharfrichter wollte Francesconi entkleiden. Derselbe wehrte aber leicht mit beiden Händen ab und bat, dies selbst besorgen zu dürfen. Der Scharfrichter wendete sich an den Executions=Führer und fragte, ob "er diese Bitte erfüllen dürfe." Nachdem es gestattet worden, legte Francesconi das Crucifix, das er noch immer in den Händen hielt, auf den Schemel des Galgens und entkleidete sich ruhig des Rockes, der Weste und löste zuletzt sorgsam die Cravate und den Hemdkragen vom Halse. Nachdem er das Kreuz wieder aufgenommen hatte und, in der entsprechenden Weise gebunden, zum Galgen gestellt worden war, sprach er laut vernehmbar im reinsten Deutsch: "Ich will nun noch einige Worte zu den Versammelten sprechen." - Der Scharfrichter unterbrach ihn: "Ich muß leider meines Amtes walten." Während Francesconi die Schlinge um den Hals gelegt bekam, bat er nochmals: "Nur ein paar Worte" und rief dann noch während er schon in die Höhe gezogen ward: "Adieu! Mutter! Mutter! meine Mutter!" - Der letzte Ruf erstarb unter athemloser Stille - und Francesconi war gerichtet. Die ganze Procedur hatte kaum 10 Secunden gedauert. Aber der Moment war ein so aufregender, daß die meisten Anwesenden, und es waren dies keine schwachnervigen Frauen, sich entsetzt abwendeten, um nicht Zeugen des kurzen Todeskampfes zu sein.
"Er hat sein Verbrechen gesühnt, Francesconi starb reumüthig und gottergeben, deshalb lassen Sie uns ein Vaterunser für den Unglücklichen beten," mit diesen Worten leitete Pfarrer Koblitschek sein Gebet ein, in welches die Versammelten laut einstimmten, während die Wache ins Gewehr trat und die lang gezogenen Klänge der Todtenglocke erschollen. Leichter Regen rieselte nieder, aber die Gerichtscommission und die anderen Anwesenden verweilten noch nahe an drei Viertelstunden auf dem Platze, bis Dr. Schwab, der den Leichnam des Gerichteten wiederholt untersuchte, constatirte, daß bereits die Todtenstaare eintrete. Nun wurde der Körper vom Galgen genommen und von den Gehilfen des Scharfrichters in die nahe Todtenkammer getragen. Das Gesicht zeigte keine Spur einer Verzerrung, sondern nur die Ruhe des Todes. Vor dem Gebäude des Landgerichtes hatten sich schon in den frühesten Morgenstunden zahlreiche Menschengruppen angesammelt, die sich indeß bald zerstreuten, nachdem sie die Ueberzeugung gewonnen, daß ein Beiwohnen bei dem traurigen Acte unzulässig sei. - Heute wird die Leiche von Professor Heschl obducirt und Nachts in aller Stille an einer bestimmten Stelle des Central=Friedhofes begraben. Noch wäre zu erwähnen, daß während der Execution kleine gedruckte Zettel vertheilt wurden, welche das Urtheil und die ganz kurz gefaßte Darstellung des von Francesconi begangenen Verbrechens enthielten.
Ueber die letzten Stunden Francesconi's sagt man uns, daß der Unglückliche die Nacht wachend in Gesellschaft des Pfarrers verbrachte. Er war theils mit Beten, theils mit dem Schreiben von Briefen an seine Angehörigen beschäftigt. Er bewahrte ununterbrochen seine volle Ruhe. Um 5 Uhr Morgens empfing er die Communion, nachdem er schon früher die Beichte abgelegt hatte. Später wurde ihm eine Tasse Kaffee gereicht von welcher er jedoch nichts genoß.


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