No. 38
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 16. Mai
1876
sechsundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1876 Nr. 38 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Se. Maj. der Kaiser von Rußland ist, wie es vorher bestimmt war, am 11. Mai in Berlin angekommen. Derselbe wurde von unserm Kaiser auf dem Bahnhofe auf's Herzlichste begrüßt und unter den Freudenrufen unabsehbarer Volksmassen zu seiner Wohnung im russischen Botschafthotel begleitet. Der Kaiser Alexander hat am Sonnabend Abend Berlin wieder verlassen, um sich zu längerem Aufenthalt nach Ems zu begeben, wohin demselben der Fürst Gortschakoff wahrscheinlich vorgestern gefolgt ist.
Die Augen von ganz Europa sind in der vorigen Woche nach Berlin gerichtet gewesen, wo neben den beiden mächtigsten Fürsten Europas die leitenden Staatsmänner Deutschlands, Rußlands und Oesterreichs über die so überaus wichtige und schwierige s. g. orientalische Frage berathen haben, die seit vielen Jahren und eben jetzt in besonderem Maße Europa bewegt und beunruhigt. Der diplomatische Verkehr zwischen den in Berlin weilenden politischen Personen ist ein überaus reger gewesen; und das Resultat der Verhandlungen wird sich ja nicht mehr lange der Oeffentlichkeit entziehen können. Was bisher darüber von Zeitungen geredet wurde, ist bloße Erfindung. Der türkische Botschafter hat schon am Tage nach seiner Ankunft sein Beglaubigungsschreiben in feierlicher Audienz bei Sr. Maj. dem Kaiser überreichen dürfen. Unterdeß jagen sich die Nachrichten aus der Türkei förmlich. Kaum war die Kunde von dem jähen Aufflackern des wilden türkischen Fanatismus in Salonichi nach Deutschland gekommen, als am 11. Mai der Telegraph aus Konstantinopel die Nachricht brachte, daß der Großvezir Mahmud Pascha und der Scheich ül Islam abgesetzt sind; und wenn man auch bisher schon gewohnt war, daß die Türkei alle paar Tage ihre Minister wechselte, so scheint doch dieser letzte Wechsel von ganz besonders politischer Bedeutung zu sein, denn der Großvezir Mahmud Pascha soll bisher der Vertreter der friedlichen Tendenzen im Innern der Türkei gewesen sein. Es scheint dort eben alles aus den Fugen zu gehen, und der Türken soll sich überall ein ungeheuerlicher Fanatismus bemächtigt haben, der noch fortwährend geschürt wird und nicht nur die christlichen Bewohner des Landes, sondern auch der Hauptstadt selbst mit der dringendsten Gefahr einer Niedermetzelung bedroht. Täglich verlassen die Fremden, denen es irgend möglich ist, Konstantinopel und die Türkei, um ihr Leben und ihr Eigenthum in Sicherheit zu bringen. Die drei Kaisermächte haben durch ihre bisherigen gemeinsamen Handlungen der Türkei und besonders den christlichen Bewohnern der selben gegenüber eine schwer wiegende Verantwortung übernommen, deren sich dieselben gewiß bewußt sind; und hoffentlich hat man sich diese Tage in Berlin nicht damit begnügt, nur halbe Maßregeln zu beschließen; und besonders dürften die eben besprochenen Nachrichten sowie der abscheuliche Doppelmord von Salonichi, dem allen Tessalonich, auf die Verhandlungen von ernstem Einflusse gewesen sein. Jedenfalls hat jener Mord nun auch Deutschland gezwungen, aus seiner bisherigen reservirten Haltung herauszutreten.
Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat das Gesetz über die Verwaltung des Diözesanvermögens im wesentlichen nach der von der Kommission nur unbedeutend geänderten Regierungsvorlage angenommen.
Mit großer Bestimmtheit tritt immer wieder das Gerücht auf, daß der Finanzminister Camphausen in nächster Zeit seinen Gesinnungsgenossen Delbrück folgen und Entlassung erhalten werde. Die "Dresd. Pr." nennt sogar ganz bestimmt eine Frist von sechs Wochen. Allerdings stehen dem noch immer offiziöse Dementis gegenüber.
Lippe=Detmold. Trotz aller gegentheiligen Nachrichten, die offenbar aus den lebhaften Wünschen liberaler und demokratischer Zeitungsschreiber entsprungen sind, ist nun doch der Landtag zu Stande gekommen und am 10. d. M. eröffnet worden. Nur vier Abgeordnete, worunter der bekannte Syndikus Hausmann, haben den verfassungsmäßigen Eid verweigert und in demonstrativer Weise den Landtag verlassen, während die übrigen 17 den Eid geleistet haben; und darunter sind mehrere, die bisher der Partei Hausmann zugezählt worden sind. Das ist wieder ein erfreuliches Zeichen dafür, daß sich soeben ein tiefgehender Umschwung in den Ansichten unseres deutschen Volkes vollzieht, und daß die liberalen Parteien von Tag zu Tage mehr ihren Boden im Volke verlieren. Sie haben auch bereits genug Unheil angerichtet und unserm Volke sind durch die über dasselbe hereingebrochene Noth die Augen geöffnet worden, sodaß man nun nicht mehr so blindlings jedem Schreier, der ihm goldene Berge verheißt, Glauben schenkt.
Frankreich. Der Minister des Innern, Ricard, ist plötzlich an einem Herzleiden gestorben.
Großbritannien. Der Prinz von Wales ist am 11. Mai an Bord des "Serapis" in Portsmouth angekommen und hat seine Reise sogleich nach London fortgesetzt, wo derselbe von der britischen Königsfamilie sowie von der Kaiserin Augusta begrüßt wurde.
Das von James wegen Proklamirung des Kaisertitels beantragte Tadelsvotum wurde im Unterhause mit 334 gegen 226 Stimmen abgelehnt.
Das Urtheil des britischen Admiralitätsgerichtes über den Zusammenstoß der deutschen "Frankonia" mit dem englischen "Strathclyde" ist am 10. d. M. publizirt worden und spricht die Frankonia allein schuldig. Wir erinnern daran, daß ein englischer Lootse das Schiff führte, und daß sich zugleich ein französischer Lootse darauf befunden hat.
Niederlande. Die zweite Kammer hat das neue Münzgesetz genehmigt, durch welches die reine Goldwährung eingeführt wird.
Spanien. Die Cortes haben den elften Artikel der Konstitution, welcher die Religionsfreiheit betrifft, mit 220 gegen 84 Stimmen angenommen.


Anzeigen.

Daß an Stelle des Hauswirths Wigger zu Menzendorf der Schulze Carl Kähler zu Kl. Siemz hinwiederum zum Districtstaxanten für die Vogtei Schönberg ernannt und als solcher am 6. März c. beeidigt worden ist, wird den Eingesessenen der

[ => Original lesen: 1876 Nr. 38 Seite 2]

Vogtei Schönberg zur Nachricht hierdurch bekannt gemacht.
   Schönberg, den 8. Mai 1876.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Daß an Stelle des Hauswirths Retelsdorf zu Rieps der Halbhüfner Heinrich Clasen zu Schlagbrügge hinwiederum zum Districtstaxanten für die Vogtei Schlagsdorf ernannt und als solcher am 6. d. Mts. beeidigt worden ist, wird den Eingesessenen der Vogtei Schlagsdorf zur Nachricht hierdurch bekannt gemacht.
Schönberg, den 8. Mai 1876.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Zur Beachtung.

Den vielen Anmeldungen gegenüber, welche auf Kauftorf zur "vollen Taxe" für die herschaftlichen Mööre des Fürstenthums eingegangen sind, sieht sich Unterzeichneter zu der Erklärung veranlaßt, daß keine Garantie für Lieferung des angemeldeten Torfes geleistet werden kann, da in Folge ungünstiger Witterungsverhältnisse in diesem Jahre kaum das erforderliche Quantum Torf für die Berechtigten zu beschaffen sein wird.
Schönberg, den 14. Mai 1876.

Der Oberförster.
C. Hottelet.


Zur geneigten Abnahme empfiehlt zu billigen Preisen unter Garantie

Nähmaschinen
neuester Construktion

für Schuhmacher "Elastic=Cylinder=" (Schützensystem), "Singer=Cylinder=" u. "Säulen=,"
für Herren= und Damenschneider "Grover & Baker Nr. 1, 1c und 19."
für Familienbedarf "Singer", "Perfecta," "Union" und "Fortuna,"

Hand=Nähmaschinen,
Doppelsteppstich,

"Saxonia," "Hove," "Union" und "Fortuna," sowie alle Reparaturen an Nähmaschinen werden prompt und billigst ausgeführt.

Schönberg.                           Rud. Schrep, Schlossermeister.


Carl Zuber, Messerschmied
aus Wismar,
empfiehlt sich zum Schönberger Markt mit einer
großen Auswahl Messerarbeiten.
Stand am Thorweg des Herrn Viehhändlers Ladendorf.


Wegen hoher Preise der Lebensbedürfnisse sehen wir uns genöthigt, unsern Lohn per Tag um 40 Pfennige zu erhöhen.
Schönberg, den 15. Mai 1876.

Die vereinigten
Maurer= und Zimmergesellen.


Für Boitzenburg
erhielt ich ferner von Herrn L. B. hierselbst 1,50 M.
Weitere Gaben nimmt gerne entgegen
Schönberg.                           Fr. W. Konow.


Am Sonntag den 21. Mai c., Nachmittags, werden beim Gastwirth Herrn J. Michaelsen in Selmsdorf die von mir zu verloosenden Gegenstände ausgespielt.

M. Staat Wittwe.     


Erlanger Bier
auf Gebinden und Flaschen, sowie
Grevesmühler u. andere Bayrische Biere
empfiehlt zu bekannten niedrigen Preisen.
Schönberg.                           H. Duve.


Milchsatten,

prima Waare, sowie sämmtliche

Koch= und Kücheneinrichtungen, Petroleum=Kochapparate u. s. w.
empfehle bestens.                          H. C. Weinrebe.

Schönberg 1876.


Geschäfts=Eröffnung.

Dem geehrten Publikum, sowie meinen Freunden und Bekannten die ergebene Anzeige, daß ich am heutigen Tage in der Mühlenstraße ein

Uhren=Geschäft

eröffnet habe. Ich werde bemüht sein, durch reelle und prompte Bedienung mir das Wohlwollen des verehrlichen Publikums zu erwerben und zu erhalten.
Rehna, den 12. Mai 1876.

J. P. Meyer.     


An beiden Markttagen
Erlanger Bier vom Faß.
Schönberg.                           Aug. Spehr.


Brodzucker,
durch Zufall billig gekauft,

empfehle ich:

Raffinade à Pfd. 44 Pfg.,
f. Raffinade à Pfd. 46 Pfg.,
ff. do. à Pfd. 48 Pfd., sowie
Colonial=Melis, vorzüglich zum Einkochen, à Pfd. 50 Pfg.,
Würfelzucker à Pfd. 55 Pfg.

Schönberg.                           Aug. Spehr.


Zu dem bevorstehenden Jahrmarkte empfehle ich mich dem geehrten Publikum Schönbergs und dessen Umgegend mit:

allen Sorten Kuchen und Pfeffernüssen, Macronen, Par. Pflastersteinen, gebrannten Mandeln und Lübecker Marzipanen,
sowie verschiedenen
Frucht= und Chocoladen=Plätzchen,
und allen in dieser Branche vorkommenden Artikeln bestens.
Hochachtungsvoll
Heinrich Rogge,
Wilhelm Prahl's Nachfolger in Lübeck.

Stand meiner mit der Firma versehenen Bude Ecke der Marienstraße.


Den geehrten Bewohnern Schönbergs und Umgegend empfehle ich mich zu dem diesjährigen Jahrmarkte mit einer reichhaltigen Auswahl

aller Sorten Fußzeug,

und bitte um geneigten Zuspruch.

Carl Kindt     
aus Rehna.     

Mein Stand ist wie gewöhnlich vor dem Hause des Hrn. Kaufmann Duve. Meine Bude ist mit meiner Firma versehen.


Einem geehrten Publikum Schönbergs und Umgegend die ergebenste Anzeige, daß ich den bevorstehenden Jahrmarkt mit meinen bekannten

Schuhmacher=Arbeiten

als: alle Sorten Damenstiefel in Zeug und Leder, Herren=Stiefel, Stiefeletten in Lack und Leder, Kinderstiefel aller Größen, besuchen werde. Mein Stand ist vor der Stadt=Apotheke und mit meiner Firma versehen.

J. Schleuß,
Schuhmachermeister aus Lübeck, früher Rehna.


Segelschiff     Täglich frischen Kalk
und echt englischen
Portl.=Cement
bei
W. J. Heymanson,
Lübeck.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 38 Seite 3]

Industrie-Ausstellung
am Thierschautage den 23. Mai 1876 zu Schönberg.

Mit der am Tage der Thierschau zu Schönberg stattfindenden Industrie=Ausstellung soll mit Erlaubniß der Großherzoglichen Landvogtei eine Verloosung von daselbst angekauften Industrie=Gegenständen verbunden werden.
Es werden daher alle Diejenigen, welche Erzeugnisse der einheimischen Industrie zur Ausstellung liefern wollen, ersucht, solche am 22. Juni Abends oder spätestens am 23. Juni bis 9 Uhr Morgens bei unterzeichnetem Comite einzuliefern und zwar in das eigens zu diesem Zwecke aufgestellte Zelt auf dem Baubrink.
Jeder Aussteller hat seine Ausstellungs=Gegenstände mit seinem Namen zu versehen und den Preis dabei zu notiren, wofür es käuflich.
Jeder Aussteller muß seine Ausstellungs=Gegenstände selbst beaufsichtigen oder durch sichere Personen beaufsichtigen lassen, da das Comite in keiner Beziehung eine Garantie übernehmen kann, wiewohl ein zuverlässiger Wächter im Zelte angestellt ist.
Jeder Aussteller muß sich den Anordnungen der Mitglieder des Industrie=Comite's hinsichtlich der Ausstellung fügen.
Loose zur Industrie=Ausstellung à 1 M. (25 Stück 24 M.) sind bei den unterzeichneten Mitgliedern des Comite's fortwährend zu haben, wie auch am Tage der Thierschau im Comite=Zelte.
Alle Aussteller werden gebeten, zum Zwecke der Gewinnung von Platz möglichst früh die Ausstellungs=Gegenstände bei dem Herrn Rentier J. Greiff in Schönberg anzumelden, wo sie dann zugleich eine Karte zum freien Eintritt in die Ausstellungsräume entgegennehmen können.
Die Gewinnliste wird am Freitag den 26. Mai durch die hiesigen "Wöchentlichem Anzeigen" publicirt werden.
Schönberg, den 8. Mai 1876.

G. W. Wicke.L. Bicker.            J. Greiff.     


Agenten

werden für ein überall gangbares respectables Geschäft gesucht. Dasselbe bedarf keiner besonderen kaufmännischen Kenntnisse, ist für Jeden als Nebengeschäft leicht zu führen und wirft sehr gute Provision ab. Reflectanten belieben ihre Adresse in der Exped. d. Bl. unter den Buchstaben A. B. schleunigst abzugeben.


Neue
Tapeten, Borden und Rouleaux
empfiehlt                           C. Schwedt in Schönberg.


Am Donnerstag und Freitag,
den 18. und 19. Mai,
findet bei mir ein
Scheibenschießen nach Gewinnen

statt, wozu ich meine geehrten Gönner ergebenst einlade.
Büchsen und Schießbedarf werden von mir gehalten und kostet der Satz von 3 Schüssen - worauf aber nur l Gewinn fallen kann, 1 M.

Gastwirth Kaven
in Pogetz.



Großes Concert
in meinem Locale, ausgeführt von der Singspiel=Gesellschaft Steiniger aus Hamburg,
bestehend aus 6 Personen, 4 Damen und 2 Herren, unter Mitwirkung des Komikers Herrn Drescher vom Urania=Theater in Hamburg, sowie des Pianisten Herrn Steiniger.
Entree à Person 30 Pfennige,
wofür Getränke verabfolgt werden.
Echt Erlanger Bier vom Faß, vorzügliche Roth= und Weiß=Weine in 1/4 Gläser und auf Flaschen, kalte und warme Speisen, besetztes Büffet.
Wozu ergebenst einladet
Schönberg den 8. Mai 1876.                           H. Duve.


Durch Regierungsdecret genehmigt.
Eine wichtige Erfindung der Neuzeit sind die von mir erfundenen Gichtketten mit Flußableitung.

Meine Ketten werden nur des Nachts getragen, am Tage entleert sich die Gichtkette des aufgenommenen rheumatischen Stoffes. Das Ziehen ist wohlthuend und angenehm, man verspürt nach 10 Minuten Linderung bis der Schmerz verschwunden ist. Meine Ketten sind nicht mit den früheren zu verwechseln, weil noch nie ein Flußableiter erfunden war, und haben eine 10 mal größere Heilkraft als eine Electrisir=Maschine, und sind daher gegen Gicht, Rheumatismus, heftige Kopfschmerzen, Zahnschmerz, Krämpfe, rheumatische Augenentzündung, Magendruck von unfehlbarer Wirkung. 100 von Anerkennungsschreiben gehen wöchentlich ein.
Preis pro Gichtkette mit Gebrauchsanweisung 12 Mark.

Adolf Winter,
alleiniger Erfinder der neuen Fußableitungs=Gichtketten,
Gollnow, Pommern (Preußen).


Schmiedebälge, prima Qualität,

liefert in allen Dimensionen unter Garantie die Fabrik von

                          J. G. Dietz in Kleinschmalkalden.
Wiederverkäufer erhalten Rabatt.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 38 Seite 4]

Anzeige.

Meldungen und Anzeigen für das Standesamt Schlagsdorf werden nur an Wochentagen in den Frühstunden von 8-12 Uhr entgegengenommen.


Heinrich Kock,
Uhren= Gold= und Silberwaaren Handlung
in Schönberg,
empfiehlt: goldene und silberne Taschen=Uhren, Regulateure, Pariser Pendulen, Rahmen= und amerikanische Wanduhren, Talmi=, Nickel=, vergoldete und stählerne Westenketten, sowie eine reichhaltige Auswahl feiner goldener Herrn= und Damenketten, Brochen und Ohrringe, Armbänder, Kreuze, Medaillons, Trau= und Siegelringe, silberne Frucht= und Zuckerschaalen, Menagen, Theesiebe, Serviettenringe, Fisch= und Kuchenheber, Potage=, Eß= und Theelöfel.

Reparaturen an Uhren und Goldwaaren werden gut und möglichst billig von mir ausgeführt.


Man biete dem Glücke die Hand!
375,000 R.-Mark

Haupt-Gewinn im günstigen Falle bietet die allerneueste grosse Geldverloosung, welche von der hohen Regierung genehmigt und garantirt ist.
Die vortheilhafte Einrichtung des neuen Planes ist derart, dass im Laufe von wenigen Monaten durch 7 Verloosungen 43,400 Gewinne zur sichern Entscheidung kommen, darunter befinden sich Haupttreffer von eventuell R.-M. 375,000, speciell aber
1 Gewinn à M. 250,000,
1 Gewinn à M. 125,000,
1 Gewinn à M. 80,000,
1 Gewinn à M. 60,000,
1 Gewinn à M. 50,000,
1 Gewinn à M. 40,000,
l Gewinn à M. 36,000,
3 Gewinne à M. 30,000,
1 Gewinn à M. 25,000,
5 Gewinne à M. 20,000,
6 Gewinne à M. 15,000,
7 Gewinne à M. 12,000,
11 Gewinne à M. 10,000,
26 Gewinne à M. 6000,
55 Gewinne à M. 4000,
200 Gewinne à M. 2400,
412 Gewinne à M. 1200,
621 Gewinne à M. 500,
700 Gewinne à M. 250,
21,350 Gewinne à M. 138
etc. etc.
Die Gewinnziehungen sind planmässig amtlich festgestellt.
Zur nächsten ersten Gewinnziehung dieser grossen vom Staate garantirten Geldverloosung kostet

1 ganzes Original=Loos nur Mark 6,
1 halbes Original=Loos nur Mark 3,
1 viertel Original=Loos nur Mark 1 1/2
Alle Aufträge werden sofort gegen Einsendung, Posteinzahlung oder Nachnahme des Betrages mit der grössten Sorgfalt ausgeführt und erhält Jedermann von uns die mit dem Staatswappen versehenen Original-Loose selbst in Händen.
Den Bestellungen werden die erforderlichen amtlichen Pläne gratis beigefügt und nach jeder Ziehung senden wir unseren Interessenten unaufgefordert amtliche Listen.
Die Auszahlung der Gewinne erfolgt stets prompt unter Staats-Garantie und kann durch directe Zusendungen oder auf Verlangen der Interessenten durch unsere Verbindungen an allen grösseren Plätzen Deutschlands veranlasst werden.
Unsere Collecte war stets vom Glücke begünstigt und hatte sich dieselbe unter vielen anderen bedeutenden Gewinnen oftmals der erste Haupttreffer zu erfreuen, die den betreffenden Interessenten direct ausbezahlt wurden.
Voraussichtlich kann bei einem solchen auf der soliden Basis gegründeten Unternehmen überall auf eine sehr rege Betheiligung mit Bestimmtheit gerechnet werden, und bitten wir daher, um alle Aufträge ausführen zu können, uns die Bestellungen baldigst und jedenfalls vor dem 31. Mai d. J. zukommen zu lassen.

Kaufmann & Simon,
Bank- u. Wechsel-Geschäft in Hamburg

Ein- und Verkauf aller Arten Staatsobligationen, Eisenbahn-Actien und Anlehensloose.

P. S. Wir danken hierdurch für das uns seither geschenkte Vertrauen und indem wir bei Beginn der neuen Verloosung zur Betheiligung einladen, werden wir uns auch fernerhin besteben, durch stets prompte und reelle Bedienung die volle Zufriedenheit unserer geehrten Interessenten zu erlangen.

D. O.     


W. Kolls,
Juwelen-, Gold- u. Silber-Waaren-Handlung Lübeck, Sandstrasse 1006.
Bestellungen werden billig und prompt ausgeführt.
Sonntag, 14. Mai.


10 Mark Belohnung.

Es sind mir in der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag schandhafter Weise meine Pfähle an der Begrenzung meines Fußsteiges abgebrochen und weggeworfen, ebenfalls in derselben sind mir frevelhafter Weise meine Eggen über meines Nachbars Hecke geworfen und haben auf dessen Feldmark gelegen. Wer mir den ruchlosen Thäter so namhaft macht, daß ich ihn gerichtlich belangen kann, erhält obige Belohnung.

Hauswirth J. Robrahn.     
Klocksdorf.                


Am Dienstag den 16. d. Mts.,
als am 1sten Markttage,
Abends 8 Uhr,
wird in meinem Lokale ein
Tanzvergnügen
stattfinden, wozu ich freundlichst einlade.
Entree à Person 50 Pfennig
Schönberg.                           A. Schwiesow.


Fried. Matz.
Lübeck,
Breitestrasse 804.
Lager von Tapeten, Borden, Goldleisten Rouleaux & Teppichen.


Ratzeburger Actien-Brauerei.

Die Niederlage von unserem

Lagerbier und Erlanger Exportbier

auf Flaschen haben wir Herrn H. Siebenmark für Schlagsdorf und Umgegend übergeben.

Die Direction.     

-------------

Bezugnehmend auf obige Anzeige empfehle die Flaschenbiere der Ratzeburger Actien=Brauerei in bekannter vorzüglicher Qualität bestens.

H. Siebenmark=Schlagsdorf.


Wasserglasseife empfiehlt J. L. D. Petersen.


Ich erlaube mir hiermit die Anzeige zu machen, daß ich mein

Friseur-Geschäft

unverändert fortsetze. Bestellungen werden bei meiner Mutter, der Hebamme Söhlbrandt, wohnhaft bei der Conditorwittwe Greiff in der Siemzerstraße entgegen genommen.
Schönberg, April 1876.

Marie Sparkuhl.     


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen17 M 50Pfennig  bis 21 M 50Pfennig.
Roggen16 M 50Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Gerste16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer16 M 50Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,10 .
Hühner d. St. M1,50 .
Tauben d. St. M0,50 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,05 .
Eier 7 St. für M0,30 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 38 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 38 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 16. Mai 1876.


- Kaiserin Augusta wurde in England mit der Wacht am Rhein empfangen. Mit diesem Liede macht man jetzt draußen den Deutschen die Honneurs. Die Fremden erkennen an, daß sich die Deutschen dieses Nationallied mit Blut und Ehren erworben haben und so ist es allmälig an die Stelle anderer Lieder getreten. Arndt's prächtiges Vaterlandslied mit seinen unbeantworteten Fragen war früher für Gäste und Wirthe eher eine Verlegenheit als eine Ehre und Freude, durfte es doch lange Zeit im eigenen Vaterlande nicht gespielt und gesungen werden, und jetzt paßt es nicht mehr ganz; Haydn's "Gott erhalte unsern" u. s. w. war kein deutsches Nationallied, sondern ursprünglich ein österreichisches und dann ein Allerweltslied und das stolze: "Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben?" - war eben nur Preußenlied.
- Folgendes sind die Streitkräfte der vier großen europäischen Militärstaaten nach amtlichen Aufstellungen. Rußland braucht 31 Proc. seiner Staatseinnahmen für Militärzwecke, d. h. ungefähr 600 Millionen Mark bei einer Gesammteinnahme von 2 Milliarden. Sodann folgt Frankreich mit 25 Proc. oder mit 552 Mill. M. auf 2 1/2 Milliarde, in dritter Linie steht Deutschland mit 22 6/10 Proc. resp. 390 Mill. M. auf ungefähr 1729 Mill. M. und an letzter Stelle steht Oesterreich=Ungarn mit 18 1/5 Proc. oder mit 196 Mill. M. auf 1270 Mill. M. Was nun die Kopfzahl der Armee der genannten Staaten anlangt, so steht auch in dieser Hinsicht Rußland mit 663,000 Mann obenan; dann folgen Frankreich mit 460,000, Deutschland mit 438,000 und Oesterreich=Ungarn mit 247,000 Mann. In Ansehung der artilleristischen Stärke ändert sich indessen insofern die bisher angegebene Reihenfolge, als unmittelbar hinter Rußland mit einer Stückzahl von 2768, Deutschland mit 2472, Frankreich mit 1796 und Oesterreich=Ungarn mit 1616 folgen. Hingegen steht Frankreich - und dies ist wohl zu beachten - hinsichtlich seiner für Militärzwecke disponiblen Pferde mit 99,300 in erster Reihe; es folgen sodann Deutschland mir 96,800, Rußland mit 88,200 und Oesterreich=Ungarn mit 46,000. Aktive Generale weist die russische Armee 336, die französische 325, deutsche 296 und Oesterreich=Ungarn 206 auf. An aktiven Offizieren zählt Rußland 25,652, Frankreich 25,103, Deutschland 18,887, Oesterreich=Ungarn 13,644.
- Die deutsche Auswanderung nach Nord=Amerika vertritt ein ungeheures Capital an Kraft, Arbeit und Geld. Friedrich Kapp, ein gründlicher Kenner dieser Dinge, nimmt an, daß jeder deutsche Auswanderer durchschnittlich an Geld und Geldeswerth 450 Mark mitnimmt und den durchschnittlichen Capitalwerth jedes Auswanderers, welcher der Heimath verloren geht, schlägt er auf wenigstens 1800 Mark an. Wie ungeheuer bei dieser niedrigen Schätzung der Verlust ist, den Deutschland durch die Auswanderung erlitten hat, ergiebt sich daraus, daß vom 1. October 1819 bis zum 1. October 1870, also in 51 Jahren, allein nach Amerika 2,358,709 Deutsche ausgewandert sind. Unter Zugrundlegung der betr. Berechnung haben diese Amerika 1,061,419,050 M. baar und 3,538,053,500 M. an Capitalwerth zugeführt. In runder Summe, sagt Kapp, giebt Europa täglich 1 Million Dollars (= 4 Mill. Mark) an die Vereinigten Staaten ab. Der Gewinn, den dieselben aus der Einwanderung beziehen, ist aber ein noch viel größerer, wenn man den dadurch erlangten Zuwachs an Bevölkerung und die damit Hand in Hand gehende Vermehrung des nationalen Wohlstandes und der Staatseinkünfte in Betracht zieht.
- Die Militär=Stiefel=Fabrik in Berlin hat eine amerikanische Maschine in Gebrauch, mittelst deren 35 Arbeiter täglich 137 Paar Stiefeln fertigen, also jeder 5 Paar Stiefeln. Durch Verbesserungen hofft mans noch weiter zu bringen und so weit, daß eine Maschine ausreicht, um je ein Armeecorps mit Stiefeln zu versehen. Besondere Militär=Gerbereien, an die man gedacht, sollen nicht angelegt werden, doch solls bei dem alten guten Gebrauch bleiben, daß jeder deutsche Soldat im Kriege ein guter Gerber ist. Bei den Pferden der Artillerie und des Fuhrwesens werden die Pferdeschoner eingeführt, die ein Mecklenburger Ingenieur Fehrmann erfunden hat. Sie bestehen aus einem mit Kautschukringen gefüllten Eisen=Cylinder und erleichtern durch ihre Einfügung zwischen den Strängen und dem Zugscheit das Anziehen, und mildern die Rückwirkung der Stöße. Die Pferde werden dadurch um 20 Proc. erleichtert.
- König Ludwig hat sich wieder einmal ein neues Schauspiel Janne d'Arc (Jungfrau von Orleans) im Hoftheater ganz allein vorspielen lassen.
- In Frauenberg in Steiermark ist ein Beamter Schupanetz im Alter von 113 Jahren gestorben, ohne von den Schwächen des Alters bis in die letzten Wochen viel verspürt zu haben.
- Der alte wohlbekannte General v. Pfuel erklärte oft, er glaube nicht daran, daß alle Menschen sterben müßten; bis jetzt seien sie zwar alle gestorben, aber ein Beweis sei das nicht. Er wurde zwar 90 und einige Jahre alt, machte aber keine Ausnahme.
- Im Schwarzwald ist am 3. Mai starker Schnee gefallen, in Elberfeld ein junger Leopard aus einer Menagerie entsprungen.
- Eine neue amerikanische Erfindung ist die elektrische Schreibmaschine, die auf folgende Weise hergestellt ist: Ein Griffel von Stahl steht mit einer elektrischen Batterie in Verbindung, vermöge welcher durch sinnige Vorrichtung eine feine Nadel in der Spitze sich auf und ab bewegt. Mit diesem Stift schreibt man auf gewöhnliches Papier, welches die Schriftzüge fein durchlöchert zeigt und alsdann als Schablone für Tausende von Abdrücken dienen kann. Jede gewöhnliche Größe von Papier kann darauf gedruckt werden und ist das Verfahren so einfach, daß es ein intelligenter Knabe in einer Stunde erlernen, und dabei so reinlich, daß es in dem elegantesten Comptoir vorgenommen werden kann. Der Preis ist 35 Dollar.
- Die Prager Küche ist vortrefflich, aber die Speisekarte der Gasthöfe ist einem Norddeutschen das reine Sanskrit. Man muß wissen, daß "Gren" Meerrettig, "Karfiol" Blumenkohl ist und daß "Fisolen" Bohnen, "Ribisel" Johannisbeeren und "Hetschen=Petschen" Hagebutten sind. Dann haut man tapfer ein und es geht einem nicht wie einem Landsman in Paris, der acht Tage lang hinter einander les pommes de terre, Erdäpfel und nichts als Erdäpfel aß, weil er die anderen Speisen auf der Karte weder lesen noch aussprechen konnte und noch weniger wußte, was sie bedeuteten.
- Am 4. Mai fand der Hausknecht des Hotels zum Prinzregenten in Duisburg auf einem Orte, welchen "selbst die höchsten Herrschaften höchsteigenhändig zu Fuß besuchen", in höchst gefährlicher Lage eine Geldtasche, in welcher sich außer Anderm auch 400 Mark in Papier befanden. Der Verlierer, der den Verlust am Abend, als er von einem Ausgang zurückkehrte, noch nicht bemerkt hatte, war höchst erfreut, griff in die Tasche und gab dem braven, ehrlichen Finder die fürstliche Belohnung von 100 - nicht Mark, sondern Pfennigen. Leider befand sich hierunter noch ein Fünfgroschenstück, welches unter dem Namen "Pollack" nicht ganz coursfähig ist. Der verlierende Reisende "macht in Schnaps", allerdings soll der Wein, wenn er rein ist, die edlen Charakterzüge mehr fördern als das Feuerwasser.
- Eine launige Tischrede über's Tischreden gab kürzlich Dr. Löwenstein, einer der Gelehrten des

[ => Original lesen: 1876 Nr. 38 Seite 6]

Kladderadatsch, zum Besten. "Es giebt im Menschenleben Augenblicke, wo der Mensch, wenn er reden soll, nicht reden will, und wenn er reden will, nicht reden kann, aber - doch redet." Auf dieser Thatsache beruht der bekannte Wahrspruch: "Schweigen ist Gold, Reden ist - Blech", welchem Gedanken der berühmte Sirach eine derbere Fassung gegeben hat, indem er sagt: "Liebe Kinder, lernet das Maul halten!" . . . . . Ja es ist ein großer Moment, der die ganze Physiognomie der Gesellschaft ändert. Der Monolog beherrscht die Tafel. Das Solo verurtheilt den Chor zu einer langen Pause. Die konstitutionelle Verfassung hat sich unter der Hand in eine absolute monarchische verwandelt, wo nur Einer etwas zu sagen hat. Mißbraucht er seine Gewalt, giebt er Steine statt Brod, tyrannisirt er seine Pseudounterthanen durch die ungemessene und unangemessene Verlängerung ihres moralischen Maulkorbs, dann sehnt sich das erregte Tischvolk zurück nach den Fleischtöpfen Aegyptens und drückt diese Sehnsucht durch ein weit gestrecktes Oeffnen des Mundes aus, das nicht selten durch melancholische Augenlider in Musik gesetzt wird. Eine solche Rednerzunge gehört meist zu derjenigen Zungenspezies, von der der Dichter singt: "Wehe, wenn sie losgelassen!" Ein solcher Redner hat seinen Beruf verfehlt . . . . . Die Gerichtstafel verweist ihn unter die Si-tacuisses-Philosophen, für den man nur noch den Wunsch hat: "O, daß ihm das Ende leicht sei!" und die ernste Mahnung: "Denke, wie Du, wenn Du sprichst, wünschen wirst, gedacht zu haben!"
- In Rouen wurde in der Nacht zum 26. v. M. das dortige Theater nebst 12 in dessen Umgebung befindlichen Häusern ein Raub der Flammen. Das Feuer brach Abends 7 1/4 Uhr aus. Es sollte Hamlet gespielt werden. Fast alle Choristen und Sänger, sowie die Angestellten und die für den Dienst kommandirten Soldaten, welche im Stück figuriren sollten, befanden sich bereits im Theater, als eine Gasflamme den Vorhang anzündete. In einem Augenblick stand die ganze Bühne und der Saal in Flammen. Den Armen, die sich im Innern des Theaters befanden, blieb nur ein Weg übrig, sich zu retten. Sie mußten vom 4. und 5. Stock herabspringen. Die Leute auf den Straßen sahen mit Schaudern menschliche Gruppen, die sich an den Eisenstäben der Fenster anklammerten. Alles holte sofort Matratzen herbei und legte sie auf das Pflaster, um das Herabspringen weniger gefährlich zu machen. Es war ein schreckliches Schauspiel, wie die Choristinnen und Choristen, sowie die Soldaten, die schon Cürasse und Helme angelegt, sich auf die Straßen hinabstürzten. Die bis jetzt bekannte Zahl der Todten beträgt 8, die der Verwundeten, die zum Hospital gebracht wurden, bis zum folgenden Morgen 15. Im Innern des Theaters mögen noch Viele verbrannt oder erstickt sein. Erst Morgens um 8 Uhr wurde man des Feuers Herr.
- Anpreisung von Waaren. Bisher nahmen die Gerichte an, es liege in der Natur der Sache, daß jeder Verkäufer seine Sachen möglichst vortheilhaft anpreist. Dem gegenüber hat jüngst das Reichsoberhandelsgericht entschieden, daß jede wahrheitswidrige Anpreisung seitens des Verkäufers den Käufer berechtige, nach seinem Belieben die Auflösung des ganzen Kaufes oder doch die Herabsetzung des Preises zu verlangen, wenn erwiesen, daß die Anpreisung des Verkäufers eine Täuschung über den wahren Kaufwerth des Gegenstandes herbeizuführen geeignet war.
- In Wes[e]l sollte ein 27 jähriger Landwehrmann, ein Bierwirth seines bürgerlichen Zeichens, zu den Uebungen der Artillerie eingekleidet werden. Er wog gut seine 378 Pfund und alles lachte, als er heranwutschelte, keine Uniform paßte ihm, es war überhaupt unmöglich, ihn zu verwenden, man mußte ihn frei geben.
- Der schönen und muthigen Miß Dickinson in England hat das Attentat, das der Oberst Baker auf der Eisenbahn auf sie gemacht, Glück gebracht. Sie wurde mit Heirathsanträgen förmlich bestürmt und reichte endlich nach dem Sprüchlein: Prüfet alles und das Beste behaltet, einem wohlhabenden, wenn auch bereits etwas gesetzten Mitglied der englischen Aristokratie, Lord Walden, ihre Hand. Er ist 45, sie 20 Jahre alt.
- Der Leipziger Schneidermeister Hoyer veröffentlicht folgendes "Bulletin": Ich sehe nicht ein, was der Tanzkünstler vor dem Kleiderkünstler voraus haben soll! Meister Strauß, der Walzerkönig hat jedem Walzeropus einen vielversprechenden Namen gegeben; da die Welt nun einmal getäuscht sein will, so zeige ich hiermit an, daß auch ich fortan jedes Opus apart benennen werde. Von heute ab sind bei mir folgende Opera zuhaben: "Das Leben ein Tanz" (Ballhose), "Frisch auf Kameraden, auf's Pferd," (Reithose, frei nach Schiller), "sag' Poete, sag' Prophete, was bedeutet dieser Traum?" (Morgenröcke von persischem Muster nach Goethe's "west=östlichem Divan"), "Adelaide," (Frühlingsfrack Text von Matthison, Musik von Beethoven, Facon von F. E. Hoyer).
- Seit dem Propheten Jonas hat sich manches geändert. Er logirte noch in einem Wallfisch, heutzutage würde er nur in einem Wallfisch stecken, denn die größten Fischkenner schreiben ihn Wal=Fisch. Die Hauptsache ist, daß diese nützlichen Seeungeheuer nicht aussterben, wie die großen und kleinen Propheten; denn woher sollten sonst in der Welt der beliebte Thran kommen, die Stöcke und Schnürleiber? Bei Kickwall an der Bay vor Firth wurde neulich ein Fang gemacht, der seines Gleichen sucht. Als sich die Nachricht verbreite, daß ein großer Zug Walfische sich nähere, zogen 30 Boote zur Jagd aus und es gelang, 60 Thiere auf die Küste zu treiben. Zwei Boote wurden zwar von den Thieren zertrümmert, die Fischer aber gerettet.


Wo liegt die Welt?

Ins reist dei Schaulrath noh Schönbäuken
Un wull dor mal dei Schaul besäuken.
Uns Köster Schütt, der wüßt' all lang
Un weir darüm ok gar nich bang.
Hei har dei Kinner gaud vörnahm
Un dacht bi sik: Lat em man kam'n.
Nu füng denn dat Examen an.
Uns Köster fragt, wat hei man kann,
Dei Kinner antwurt hen und her,
Doch meisttied drap't sei dat verquer.
So väl dei Kinner uk noch bäden,
Det Schaulrath is gor nich taufräden.
Tauletzt seggt hei: Nun horen Sie,
Wie steht's mit der Geographie?
Hier har uns schütt all lang up lurt
Un nimmt denn nu uck gliek dat Wurt:
"Daß wir hier Mecklenburger sind,
Das weiß natürlich jedes Kind.
Sag' du mir mal, du lütt Georg,
Worin liegt denn uns Mecklenborg?"
"In Deutschland," seggt dei lütte Bengel.
"Ganz recht." Seggt Schütt, "doch du Trin Engel,
Sag' du mir denn nun auch sogleich,
Worin liegt denn das deutsche Reich?"
"Europa," seggt die ganz geschwind.
"Hast recht," seggt Schütt, "mein liebes Kind.
Europa, das wißt ihr ja all,
Europa liegt aufm Erdenball.
Die Erd' liegt in der großen Welt,
Das hab' ich Euch ja oft vertellt."
Mit einmal wart hei still un denkt:
Dei Schaulrath het die so väl kränkt,
Nu' sast du em doch uck mal frag'n,
So kümmst du em uk mal an'n Kragen,
Un dreiht sik kort herüm und bellt:
"Herr Schaulrath, wo liegt denn die Welt?"
Dei Frag, dei käum so knall un fall,
Hei weit nich, wat hei segg'n sall.
Oll Schütt dreiht sich nu um verwagen
Un fangt dei Kinner an tau frag'n:
"Ich weiß, daß ihr es wissen thut,
Nun mit der Antwurt man herut"
Dei schiegt nu all, sei weit, dat't gelt:
"Im Arg'n, im Arg'n liegt die Welt."
                                                    D. H.


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