No. 34
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Mai
1876
sechsundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1876 Nr. 34 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Die Beschlüsse der Justiz=Kommission des Reichstags zu den Entwürfen eines Gerichtsverfassungs=Gesetzes, einer Strafprozeß=Ordnung und einer Zivilprozeß=Ordnung haben bereits dem Bundesrathe zur Verhandlung vorgelegen; und, wie versichert wird, hat derselbe den Anträgen seines Ausschusses für Justizwesen, die von den Beschlüssen der Reichstags=Kommission beträchtlich abweichen, zugestimmt.
Ueber die Entlassung des Präsidenten des Reichskanzler=Amts, Dr. Delbrück, hat sich nunmehr auch der Reichskanzler Fürst v. Bismarck selber im preußischen Abgeordnetenhause ausgesprochen. Derselbe hat auf's Bestimmteste erklärt, daß das Ausscheiden Delbrück's durchaus nicht mit irgend einer politischen oder sachlichen Frage in Verbindung stehe; und wer anders davon rede, der sage entweder eine bewußte Unwahrheit, oder er beschuldige ihn, die Unwahrheit gesagt zu haben. Wenn diese Erklärung nicht noch irgend einen Haken hat, so muß man's ja wohl glauben, was alle offiziösen und nationalliberalen Blätter zu behaupten sich so sehr angelegen sein lassen, daß nämlich Dr. Delbrück einzig und allein aus Gesundheitsrücksichten seine Entlassung erbeten habe. Allerdings wird man sich nicht verhehlen können, daß dabei manches unerklärt bleibt. Es wird versichert, daß die ganze Sache in zwei Tagen abgemacht worden sei, und daß Dr. Delbrück bereits am Tage nachdem er seine Entlassung erbeten, dieselbe in Händen gehabt habe. Auch versteht man nicht, warum denn die Sache so geheim betrieben worden ist, daß nur die "K. Z." wenige Tage zuvor ganz dunkle geheimnißvolle Andeutungen machen konnte und daß sonst alle Welt wie durch einen Blitzstrahl aus heiterem Himmel überrascht worden ist. Der Reichskanzleramts=Präsident soll selber noch kurz vor der Katastrophe nur von einem längeren Urlaub gesprochen und sich nach keiner Seite hin über die Gründe seines Rücktritts ausgelassen haben. Doch wie dem allen auch sei, das wichtigste an der ganzen Sache ist, daß nach der Erklärung des Reichskanzlers ein Systemwechsel nicht mehr erwartet werden kann. Als Nachfolger Delbrücks wird jetzt ganz bestimmt der hessische Ministerpräsident Hofmann bezeichnet. Treffend schreibt die "Schles. Ztg.": "Wir müssen schon froh sein, daß wenigstens jenen Anbetern des goldenen Kalbes, die während der Gründer=Aera im Fluge Millionen errungen haben, die hohen Aemter in Reich und Staat unzugänglich bleiben." Von liberaler Seite war der bekannte Führer der nationalliberalen Partei Miquel mit aller Bestimmtheit als Nachfolger Delbrück's bezeichnet worden. Uebrigens scheint es, daß es im Werke ist, den bisherigen Geschäftskreis, welchen Delbrück mit seiner ungewöhnlichen Arbeitskraft bewältigte, zu theilen; und als Kandidat für eine entleitende Stelle im Reichskanzleramte wird der jetzige Oberpräsident der Provinz Hannover, Graf zu Eulenburg, genannt.
In der Untersuchungssache gegen den deutschen Botschafter z. D. Grafen Harry v. Arnim hat die Kaiserliche Reichs=Disziplinar=Kammer zu Potsdam in contumaciam verfahren und auf Dienstentlassung und Tragung der Kosten erkannt. Ein Prozeß wegen Landesverraths ist bekanntlich außerdem noch im Gange.
Eine sehr bemerkenswerthe Thatsache ist es, daß selbst liberale Blätter ihre Augen nicht mehr schließen können gegen die durch den Liberalismus herbeigeführten Zustände auf dem wirthschaftlichen wie auch besonders auf dem religiösen Gebiete; und gewiß ist es anerkennenswerth, daß manche derselben diese ihre Erkenntniß auch aussprechen. So bespricht die nationalliberale Wochenschrift "Im neuen Reich" unter dem Titel: "Dunkle Wolken" die gegenwärtigen Zustände in Deutschland und rechnet zu den schwierigsten Problemen, deren Lösung nothwendig sei, die religiösen Fragen. Dieselbe führt aus: die niederen Schichten des Volkes seien dem Unglauben anheimgefallen. Für sie gebe es keine Ideale mehr; der engherzigste Unglaube halte sie gefangen. Das sei ein entsetzlicher Zustand und kein Preis sei zu hoch, um die Kluft zu überbrücken. Dabei hätten sich die Gegensätze zwischen den Armen und den besitzenden "Gebildeten" gerade in Deutschland am meisten zugespitzt; und die Gährung eines beträchtlichen Theiles der unteren Volksklassen habe den höchsten Grad erreicht. Diesen erschrecklichen Thatsachen gegenüber fragt das Blatt nach Mitteln zur Abhilfe und meint, geholfen könne hier werden durch "neue Ideale", die man diesen Volksklassen mittheilen müsse; und dazu sei nothwendig, daß "in den berufenen Kreisen" die Pflege der Ideale nach wie vor betrieben werde. Da sei nur zu häufig der alte Eifer erlahmt, das alte Feuer begeisterter Hingebung erloschen. Das sei die dunkelste Wolke am deutschen Horizonte. - Es ist gut, daß der Liberalismus neben so klarer Erkenntniß der schlimmsten und tiefsten Schäden unseres Volkslebens zugleich auch seine eigene Impotenz erklärt, dieselben zu heilen; denn daß er selber im Stande wäre, solche nothwendige "neue Ideale" zu erfinden, wird sich derselbe ja nicht einbilden. Allerdings müssen neue "Ideale" gefunden werden, wenn jenen ärmsten Volksklassen in Wahrheit geholfen werden soll, denen der Liberalismus durch seine "Aufklärung" den Glauben geraubt hat. Aber diese heilenden Ideale können eben nur die alten und immer neuen Ideale des Christenthums sein, das allein wahre Ideale bietet. Erst wenn unser Volk sich wieder von Herzen zum Herrn bekehrt haben wird, wird ihm in Wahrheit geholfen sein. Möge der Liberalismus in seiner Erkenntniß noch einen Schritt weiter geführt werden, um auch das zu erkennen!
Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat in der vorigen Woche die erste Lesung der Eisenbahnvorlage beendigt und wird die zweite Lesung gleichfalls im Plenum vornehmen. Die nationalliberale Majorität hatte sich bekanntlich schon zuvor aus politischen Gründen für die Vorlage erklärt, ohne auf die wirthschaftlichen Fragen näher einzugehen, wie die "Nat.=Ztg." selber sagt; und diesem Standpunkte ist dieselbe auch bei den Verhandlungen im Abgeordnetenhause treu geblieben. Allerdings ist dies Verhalten für die Partei ein höchst karakte=

[ => Original lesen: 1876 Nr. 34 Seite 2]

ristisches, denn wir sollten doch meinen, daß in dieser Sache gerade die wirthschaftlichen Fragen und Bedenken den Ausschlag geben müßten!
Die Königin von England hat den Titel "Kaiserin von Indien" angenommen; und das amtliche Blatt veröffentlicht eine betreffende Proklamation.
In Dänemark sind die Neuwahlen zum Folkething für die Regierung entschieden ungünstig ausgefallen. Der dänische Reichstag ist auf den 15. Mai zu einer außerordentlichen Session einberufen worden.


- Generalfeldmarschall Graf Moltke, den englische Zeitungen in Folge eines fehlerhaften Telegrammes in Rom vor Kurzem bereits hatten sterben lassen, denkt, wie Nachrichten aus Rom besagen, obgleich ziemlich leidend, durchaus nicht daran, von seiner Stellung als oberster Chef des großen Generalstabs zurück und ins Privatleben zu treten, da er der Ansicht ist, daß eine längere Erholung im südlichen Klima ihn bald wieder so weit stärken werde, um seine Geschäfte wieder aufnehmen zu können. Auch jetzt führt der Graf die Oberleitung des großen Generalstabswerkes über den französischen Krieg fort.
- Serbien hat eben seinen Beitritt zu der Genfer Uebereinkunft, betreffend die Pflege verwundeter und erkrankter Soldaten, erklärt.
- Am 4. d. M. wird das Denkmal des Philosophen Herbart in Oldenburg, seiner Vaterstadt, feierlich enthüllt.
- Die Universität Tübingen feiert am 9. August ihr 400jähriges Jubiläum.
- Die Lattenstrafe soll in Preußen künftig auch nicht mehr gegen Arbeitshaus=Gefangene in Anwendung gebracht werden.
- An den königl. Bühnen in Berlin haben die Tantiemen, d. h. der Antheil am Ertrag ihrer Stücke, den Dichtern und Componisten im ersten Vierteljahr d. J. 21,000 Mark eingetragen.
- Aus Olympia ist das erfreuliche Telegramm vom 20. v. M. eingegangen, daß bei den dortigen Ausgrabungen Herkules mit den Aepfeln der Hesperiden und zwei Figuren, alle Köpfe gut erhalten, aufgefunden worden sind.
- In Florenz wird am 4. Mai das Jubiläum des Erfinders des Pianoforte Bartolomeo Christofori gefeiert. Es wird sich voraussichtlich diese Feier zu einer wahrhaft internationalen gestalten und werden an derselben außer den ersten Pianisten Italiens auch Repräsentanten des Klavierspiels aus fast allen Welttheilen theilnehmen.
- Am 2. d. M. traute der evangelische Pfarrer zu Landsberg in Ostpreußen in der Kirche ein Brautpaar. Mitten während der Handlung sank er am Altare nieder und war todt.


Anzeigen.

Der unten signalisirte Schustergeselle Carl Schneider aus Naumburg a. d. Saale hat sich am 25. März cr. von hier entfernt, und zwar mit Zurücklassung eines Theils seiner Effecten in seiner Miethswohnung. Derselbe ist der Unterschlagung (§ 246 des St.=G.=B.) dringend verdächtig, und bitten wir daher alle s. t. Behörden, auf ihn zu vigiliren, ihn im Betretungsfalle zu verhaften und an uns einzuliefern.
Schönberg, den 26. April 1876.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     

Signalement:

Größe: circa 5 Fuß.
Alter: circa 27 Jahre.
Haare: lang und dunkelblond.
Stirn: gewöhnlich.
Augen: blau.
Augenbrauen: stark und dunkelblond.
Nase: gewöhnlich.
Mund: do.
Zähne: gesund.
Bart: Backenbart und kleiner dunkelblonder Schnurbart.
Statur: gedrungen.
Gesicht: rund.
Kinn: do.
Bei seiner Entfernung war etc. Schneider bekleidet mit einem schwarzen breitkrämpigen Hut, einem bräunlichen Winterüberzieher, einer hellgrauen Hose und einem Paar Stiefeln, deren Absätze schon ziemlich weggetreten waren.


Concursmäßiger Verkauf
eines Grundstücks.

Das zur Concursmasse des Brinksitzers Gastwirth Hans Meincke in Einhaus gehörende Brinksitzer= und Schankgewese c. p. soll zum öffentlich meistbietenden Verkauf gebracht werden.
Zu dem Ende wird

1ster Termin
auf den 12. Mai 1876, Vorm. 11 Uhr,
2ter Termin
auf den 9. Juni 1876, Vorm. 11 Uhr,
3ter und letzter Termin
auf den 7. Juli 1876, Vorm. 11 Uhr,

im Sitzungssaal des unterzeichneten Gerichts angesetzt.
Ratzeburg, den 17. April 1876.

Königlich herzogliches Amtsgericht.
Sachau. H.0928b.                          Bodmer.


Holzverkauf.

Am Dienstag den 9. Mai, Morgens 9 Uhr, sollen im Kruge zu Schlagsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

1) aus dem Schlagbrügger Holze

    3 Rmtr. eichen Knüppel,
    4 Fuder eichen Durchforstungsholz I. Cl.,
  86 Rmtr. buchen Kluft, Olm und Knüppel,
  10 Fuder buchen Zweigholz III. Cl.,
    1 Rmtr. aspen Kluft,
  49 do. fichten Kluft und Knüppel;

2) aus dem Lanckower Holze

    3 Rmtr. buchen Olm und Knüppel,
  18 do. kiefern Kluft;

3) aus dem Bahlen

    1 Rmtr. buchen Olm,
188 do. kiefern Kluft und Knüppel,
  22 do. ellern do.

4) aus dem Garnsee

  25 Stück eichen Wagendeichsel,
    8 Fuder do. Durchforstungsholz I. Cl.,
  42 Rmtr. buchen Kluft, Olm und Knüppel,
  11 do. kiefern Kluft und Knüppel;

5) beim Forsthof Schlagbrügge

    2 Stück eichen Blöcke.
Die Bedingungen werden vor der Auction bekannt gemacht.
Schönberg, den 1. Mai 1876.

Der Oberförster.
C. Hottelet.


Auctionsabkündigung.

Die auf Donnerstag den 4. Mai cr. beim Gastwirth Duve hierselbst angesetzte Auction findet nicht statt.

Schönberg.                           Staffeldt, Landreiter.


Kampfgenossen=Verein 1870/71.
Am Sonntag, den 14. Mai d. Js.,
Nachmittags 3 Uhr,
Versammlung
im Vereinslokale.
Neuwahl des Vorstandes.
Schönberg.                           Der Vorstand.

Am Mittwoch, den 10. Mai d. J., Abends 8 Uhr, Vorversammlung der Vorstandsmitglieder.


Aecht russisches

Saatlein

halte zu gefälliger Abnahme billigst empfohlen.

J. F. Eckmann.      


[ => Original lesen: 1876 Nr. 34 Seite 3]

Die Lübecker Bank vergütet für bei ihr belegte Gelder bis auf Weiteres
4 1/2 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
4 % bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 1/2 % bei dreimonatlicher Kündigung

Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als M. 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1876.

Lübecker Bank.   


Der unten signalisirte Schustergeselle Carl Schneider aus Naumburg a. d. Saale hat sich am 25. März cr. von hier entfernt, und zwar mit Zurücklassung eines Theils seiner Effecten in seiner Miethswohnung. Derselbe ist der Unterschlagung (§ 246 des St.=G.=B.) dringend verdächtig, und bitten wir daher alle s. t. Behörden, auf ihn zu vigiliren, ihn im Betretungsfalle zu verhaften und an uns einzuliefern.
Schönberg, den 26. April 1876.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     

Signalement:

Größe: circa 5 Fuß.
Alter: circa 27 Jahre.
Haare: lang und dunkelblond.
Stirn: gewöhnlich.
Augen: blau.
Augenbrauen: stark und dunkelblond.
Nase: gewöhnlich.
Mund: do.
Zähne: gesund.
Bart: Backenbart und kleiner dunkelblonder Schnurbart.
Statur: gedrungen.
Gesicht: rund.
Kinn: do.
Bei seiner Entfernung war etc. Schneider bekleidet mit einem schwarzen breitkrämpigen Hut, einem bräunlichen Winterüberzieher, einer hellgrauen Hose und einem Paar Stiefeln, deren Absätze schon ziemlich weggetreten waren.


Mit vorzüglich schönen

Holz=Kohlen

empfiehlt sich bestens

W. Holldorff,
Schönberg i. M.


Drains

von Nr. 1 bis 6 sind wieder aus der Ziegelei des Herrn A. Capell=Hammer eingetroffen und empfiehlt solche

W. Holldorff,       
Schönberg i. M.     


Hiermit mache ich die Anzeige, daß ich von jetzt an

Blumenkohl,
Sommer= und Winterkohl,
                          später
diverse Blumenpflanzen,
Porro,
Sellerie, Kohlrabi,
rothen Kohl, Rosenkohl,
Wirsingkohl,
braunen Kohl,
Rothebeth und
Runkelrübenpflanzen
verkaufe.

H. Brüchmann      
in Schönberg.       


Schwarze Seidenzeuge
echte Lyoner Waare

in solch' prachtvoller Qualität und Farbe, daß jedes andere Fabrikat diesem nicht zur Seite gestellt werden kann, empfehlen angelegentlichst

Gebr. Burchard.     
Schönberg.         


Gardinen
in Mull, Zwirn und Tüll

in großer Auswahl sehr billig bei

Gebr. Burchard.     
Schönberg.         


Fried. Matz.
Lübeck,
Breitestrasse 804.
Lager von Tapeten, Borden, Goldleisten Rouleaux & Teppichen.


Allen Denen, die meinen lieben Manu zur letzten Ruhestätte begleiteten, meinen herzlichsten Dank!

C. Wolgast Wwe.     

Für die Hülfe und rege Theilnahme aller Freunde und Bekannten meines verstorbenen Mannes während seines langen Leidens dankt herzlichst

Die Obige.         


Für Boitzenburg

sind mir bisher im Ganzen 307,50 M. übergeben worden und wer noch sonst zur Linderung der großen Noth der Ueberschwemmten durch seine Gabe beitragen will, möge es bald thun, damit die Sammlung geschlossen werden kann.

Fr. W. Konow.     


Aufforderung.

Sämmtliche Maurer der hiesigen Krankenkasse müssen am

Sonntag den 7. Mai

als am 2. Ladentag, Nachmittags 2 Uhr, persönlich erscheinen.
Schönberg, Mai 1876.

Die Altgesellen und Vorstand.     


Wasserglasseife empfiehlt J. L. D. Petersen.


Segelschiff     Täglich frischen Kalk
und echt englischen
Portl.=Cement
bei
W. J. Heymanson,
Lübeck.


Heinrich Kock,
Uhren= Gold= und Silberwaaren Handlung
in Schönberg,
empfiehlt: goldene und silberne Taschen=Uhren, Regulateure, Pariser Pendulen, Rahmen= und amerikanische Wanduhren, Talmi=, Nickel=, vergoldete und stählerne Westenketten, sowie eine reichhaltige Auswahl feiner goldener Herrn= und Damenketten, Brochen und Ohrringe, Armbänder, Kreuze, Medaillons, Trau= und Siegelringe, silberne Frucht= und Zuckerschaalen, Menagen, Theesiebe, Serviettenringe, Fisch= und Kuchenheber, Potage=, Eß= und Theelöfel.

Reparaturen an Uhren und Goldwaaren werden gut und möglichst billig von mir ausgeführt.


H. W. Dittmer in Lübeck,
Delicatessen=Handlung,
Trave bei der Holsterbrücke 372.

Auswärtige Aufträge auf Wild, Geflügel, Fische und Gemüse werden prompt ausgeführt.


Ich mache hierdurch bekannt, daß ich von heute an meine

Krügerei

eingehen lasse.
Palingen, den 27. April 1876.

Hauswirth P. Mette.


Von heute an wohne ich in der Siemzer Straße im Hause des Herrn Kaufmanns F. C. Wolgast.

E. Wohlfahrt,        
Advocat und Notar.     

Schönberg, den 25. April 1876.


Den geehrten Bewohnern Schönbergs und Umgegend erlaube ich mir ergebenst anzuzeigen, daß ich mein Geschäft als Todtenfrau fortsetze; auch werden bei mir alle Sorten Kleider und Stickereien gewaschen und geplättet. Meine Wohnung befindet sich jetzt beim Herrn Baer am Markt.
Schönberg, den 1. Mai 1876.

Marie Peters,
verwittwet gewesene Bockwoldt, geb. Greve.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 34 Seite 4]

Der Selmsdorfer Armenbehörde ist aufgegeben worden, den aus seiner bisherigen Wohnung ausgewiesenen und nun obdachlos gewordenen Arbeitsmann H. Wegner in Selmsdorf wieder unterzubringen. Alle Bemühungen, diesen Auftrag zu erfüllen, sind ganz erfolglos geblieben. Daher richte ich an diejenigen Hausbesitzer unseres Fürstenthums, welche dem H. Wegner Obdach gewähren können und wollen, öffentlich die dringende Bitte, mir dies baldigst mitzutheilen und zugleich den dafür zu zahlenden Preis zu bezeichnen.

Im Namen der Selmsdorfer Armenbehörde
H. Ohl, Pastor.

Selmsdorf, 30. April 1876.


Aachener und Münchener Feuer=Versicherungs=Gesellschaft.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Der Geschäftsstand der Gesellschaft ergiebt sich aus den nachstehenden Resultaten des Rechnungsabschlusses für das Jahr 1875:
Grundkapital M. 9,000,000. -
Prämien= und Zinsen=Einnahmen für 1875 M. 7,424,281. 40
Prämien=Ueberträge M. 10,138,912. 40
[Summe] M. 26,563,193. 80
Versicherungen in Kraft am Schlusse des Jahres 1875 M. 4,152,310,565. -
Schönberg, den 1. Mai 1876.

J. H. Meyer, Organist.     
Agent der Gesellschaft.     


Man biete dem Glücke die Hand!
375,000 R.-Mark

Haupt-Gewinn im günstigen Falle bietet die allerneueste grosse Geldverloosung, welche von der hohen Regierung genehmigt und garantirt ist.
Die vortheilhafte Einrichtung des neuen Planes ist derart, dass im Laufe von wenigen Monaten durch 7 Verloosungen 43,400 Gewinne zur sichern Entscheidung kommen, darunter befinden sich Haupttreffer von eventuell R.-M. 375,000, speciell aber
1 Gewinn à M. 250,000,
1 Gewinn à M. 125,000,
1 Gewinn à M. 80,000,
1 Gewinn à M. 60,000,
1 Gewinn à M. 50,000,
1 Gewinn à M. 40,000,
l Gewinn à M. 36,000,
3 Gewinne à M. 30,000,
1 Gewinn à M. 25,000,
5 Gewinne à M. 20,000,
6 Gewinne à M. 15,000,
7 Gewinne à M. 12,000,
11 Gewinne à M. 10,000,
26 Gewinne à M. 6000,
55 Gewinne à M. 4000,
200 Gewinne à M. 2400,
412 Gewinne à M. 1200,
621 Gewinne à M. 500,
700 Gewinne à M. 250,
21,350 Gewinne à M. 138
etc. etc.
Die Gewinnziehungen sind planmässig amtlich festgestellt.
Zur nächsten ersten Gewinnziehung dieser grossen vom Staate garantirten Geldverloosung kostet

1 ganzes Original=Loos nur Mark 6,
1 halbes Original=Loos nur Mark 3,
1 viertel Original=Loos nur Mark 1 1/2
Alle Aufträge werden sofort gegen Einsendung, Posteinzahlung oder Nachnahme des Betrages mit der grössten Sorgfalt ausgeführt und erhält Jedermann von uns die mit dem Staatswappen versehenen Original-Loose selbst in Händen.
Den Bestellungen werden die erforderlichen amtlichen Pläne gratis beigefügt und nach jeder Ziehung senden wir unseren Interessenten unaufgefordert amtliche Listen.
Die Auszahlung der Gewinne erfolgt stets prompt unter Staats-Garantie und kann durch directe Zusendungen oder auf Verlangen der Interessenten durch unsere Verbindungen an allen grösseren Plätzen Deutschlands veranlasst werden.
Unsere Collecte war stets vom Glücke begünstigt und hatte sich dieselbe unter vielen anderen bedeutenden Gewinnen oftmals der erste Haupttreffer zu erfreuen, die den betreffenden Interessenten direct ausbezahlt wurden.
Voraussichtlich kann bei einem solchen auf der soliden Basis gegründeten Unternehmen überall auf eine sehr rege Betheiligung mit Bestimmtheit gerechnet werden, und bitten wir daher, um alle Aufträge ausführen zu können, uns die Bestellungen baldigst und jedenfalls vor dem 15. Mai d. J. zukommen zu lassen.

Kaufmann & Simon,
Bank- u. Wechsel-Geschäft in Hamburg

Ein- und Verkauf aller Arten Staatsobligationen, Eisenbahn-Actien und Anlehensloose.

P. S. Wir danken hierdurch für das uns seither geschenkte Vertrauen und indem wir bei Beginn der neuen Verloosung zur Betheiligung einladen, werden wir uns auch fernerhin besteben, durch stets prompte und reelle Bedienung die volle Zufriedenheit unserer geehrten Interessenten zu erlangen.

D. O.     


Ratzeburger Actien-Brauerei.

Die Niederlage von unserem

Lagerbier und Erlanger Exportbier

auf Flaschen haben wir Herrn H. Siebenmark für Schlagsdorf und Umgegend übergeben.

Die Direction.     

-------------

Bezugnehmend auf obige Anzeige empfehle die Flaschenbiere der Ratzeburger Actien=Brauerei in bekannter vorzüglicher Qualität bestens.

H. Siebenmark=Schlagsdorf.


Agenten

werden für ein überall gangbares respectables Geschäft gesucht. Dasselbe bedarf keiner besonderen kaufmännischen Kenntnisse, ist für Jeden als Nebengeschäft leicht zu führen und wirft sehr gute Provision ab. Reflectanten belieben ihre Adresse in der Exped. d. Bl. unter den Buchstaben A. B. schleunigst abzugeben.


Am Dienstag, den 18. April sind auf dem Wege vom Schönberger Bahnhofe bis Dassow 2 Ferkel verloren gegangen und wird der ehrliche Finder hiemit gebeten, dieselben gegen gute Belohnung sowie Erstattung der Futterkosten sich zu wenden an den Bäckermeister Herrn

J. Robrahn in Dassow.     


Ueber meine Koppel, genannt "Haushof," ist seit einiger Zeit ein Schleichsteich angelegt, der nach der Windmühle führt; ich verbiete denselben hiermit bei Strafe gerichtlicher Ahndung für Alle, die unbefugt darauf betroffen werden.

Hauswirthin Niemann     
in Schlagsdorf.          


Den vom Sahmkower Zuschlag über meinen Acker nach Lindow führenden Fußsteig verbiete ich hiermit, namentlich auch alles Karren, Fahren, Reiten und Viehtreiben, bei Strafe gerichtlicher Ahndung.

Hausw. Wienck     
in Sahmkow.       


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen17 M -Pfennig  bis 21 M 50Pfennig.
Roggen16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Hafer16 M 50Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen14 M -Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,30 .
Hühner d. St. M1,50 .
Tauben d. St. M0,50 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,05 .
Eier 7 St. für M0,30 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 34 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 34 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 2. Mai 1876.


- Die Amerikaner sind darüber, einen sehr dummen Streich zu machen, sie wollen ihrem Präsidenten den Brodkorb höher hängen und ihm künftig nur 25,000 statt 50,000 Dollars jährlich geben. Bekanntlich hängen die vielerlei Betrügereien und Unterschlagungen der höchsten Beamten in dem sündtheuren Washington mit den schlechten Gehalten zusammen, der regelmäßige Gehalt reichte kaum für die seidenen Kleider und die Visiten der Madame und man schaffte sich Taschen= und Trinkgelder auf bösem Wege. Die Franzosen, die jetzt doch auch Republikaner sind, handeln anders. Ihr Präsident Mac Mahon bezog bis jetzt eine Civilliste von 600,000 Franks und eine Entschädigung von 300,000 Franks für Fest= und Ehrenausgaben; nächstens aber soll er das Doppelte bekommen.
- In Wien ist der Bankier Baron v. Sina gestorben, der nicht blos Geld, sondern auch Geist hatte und von beidem sein Leben lang einen guten Gebrauch machte. Söhne hinterläßt er nicht, aber vier Töchter, die alle Männer bekommen haben und sich nun in die Hinterlassenschaft von wenigstens 50 Millionen theilen. Die Wittwe Sina erhält eine Million baar, einen Palast in Wien, eine Villa in Penzing, den Abwurf der großen Herrschaft Rappoltenkirchen und jährlich 30,000 Gulden. Nahrungssorgen hat sie also nicht.
- Die Lebens=Versicherungs=Actien=Gesellschaft "Germania" in Stettin hat nach ihrem jetzt festgestellten Geschäftsabschlusse im Jahre 1875 günstige Erfolge und eine wesentliche Steigerung ihres Geschäftes erzielt. In Folge des sehr bedeutenden Zuganges von neuen Versicherungen verblieb nach Abzug aller durch Tod und aus anderen Ursachen erloschenen Versicherungen Ende 1875 für die Versicherungen von Kapitalien ein Bestand von Mark 207,843,446. Unter diesem Bestande waren Mark 48,788,707 gegen eine Jahresprämie von Mark 1,641,790,42 mit Anspruch auf Dividenden versichert. Die Prämien=Einnahme erreichte 1875 Mark 6,568,108,54 stieg also gegen 1874 um Mark 349,733,81. An Zinsen wurden vereinnahmt Mark 1,149,942,15, also Mark 147,254,50 mehr als im vorhergehenden Jahre. Für Sterbefälle des Jahres 1875 wurden gezahlt Mark 2,616,639,64 und als Schäden=Reserve zurückgestellt Mark 154,959,05. Die Sterblichkeit unter den Versicherten war für die Gesellschaft weniger günstig als im vorhergehenden Jahre; die Ausgaben für Sterbefälle haben 1875 die zu diesem Zwecke vorhandenen rechnungsmäßigen Deckungsmittel um einen, allerdings nicht erheblichen Betrag überstiegen. Die Prämien=Ueberträge und Prämien=Reserven stiegen 1875 um Mark 2,690,902,83, so daß Ende 1875 mit Einschluß der Prämien=Reserve der Rückversicherungs=Gesellschaften Mark 24,237,266,69 zurückgestellt waren. Aus dem nach Deckung aller Ausgaben und Verbindlichkeiten und nach Bewirkung der erforderlichen Abschreibungen verbleibenden Ueberschuß erhalten, nachdem die Kapital=Reserve mit dem statutenmäßigen Betrage von Mark 65,615,40 dotirt und hierdurch auf die Summe von Mark 388,587,88 erhöht ist, in Gemäßheit der statutarischen Bestimmungen die Actionäre eine Dividende von 10 % ihrer auf die Actien geleisteten Einzahlungen mit Mark 180,000 und die mit Anspruch auf Theilnahme am Gewinne des Geschäftes Versicherten 22 % Ihrer 1875 gezahlten Prämien mit Mark 361,193,89 als Dividende, welche ihnen im Jahre 1877 durch Abrechnung auf die von ihnen zu zahlenden Prämien vergütet wird. Die Prämien=Reserve, die Kapital=Reserve und die Extra=Reserve zusammen beliefen sich Ende 1875 auf Mark 24,642,382,38. Die gesammten Activa der Gesellschaft betragen Ende 1875 Mark 34,755,117,08. Unter den Activen sind die mit Festhaltung pupillarischer Sicherheit bewirkten Ausleihungen in Hypotheken um Mark 3,083,232 im Jahre 1875 gestiegen auf Mark 22,094,161. Der ausführliche Rechenschaftsbericht wird erst nach der Ende Mai cr. stattfindenden General=Versammlung erscheinen können.
- Aus London wird über eine neue Mitrailleuse berichtet, welche bessere Dienste leisten soll als die im französisch=deutschen Kriege zur Verwendung gelangte. Der Erfinder des neuen Mordwerkzeuges ist ein Schwede. Das Geschütz wurde auf sein Ansuchen vor wenigen Tagen im Beisein des gesammten Offizierkorps des Kriegsschiffes "Excellent" von dem Herzog von Edinburg geprüft und soll die Prüfung glänzend bestanden haben. (?) Es besteht aus acht seitlich nebeneinander gelegten Röhren. Abgefeuert und zugleich aufs Neue geladen wird die Maschine durch die Umdrehung einer Kurbel, welche keinerlei Anstrengung verursacht. Der Schütze sitzt hinter dem Geschütz, richtet es nach Belieben und braucht während der Bedienung von seinem Sitze nicht aufzustehen. Um die Leistungen seines Geschützes im Schnellfeuer zu zeigen, drehte der Erfinder nicht ganz zwei Minuten im raschesten Tempo und schoß in dieser Zeit 800 Kugeln ab.
- In den australischen Colonien wurde unlängst der Plan angeregt, gemeinschaftlich eine Südpolexpedition auszurüsten, um so ein Gegenstück zu der Nordpolexpedition des Mutterlandes zu liefern. Es ist Aussicht vorhanden, daß der Plan zur Ausführung gelangen wird.
- Ersparung im Haushalte. Manche Hausfrau, der die Vorzüge der Liebig'schen Fleischextracts zur Genüge bekannt und welcher dasselbe schon fast unentbehrlich geworden, wird eine wiederholte Empfehlung dieses vorzüglichen Fabrikates, das sich überall bewährt, wo es richtig angewandt, für ganz unnöthig halten. Dennoch ist es Thatsache, daß ein großer Theil der mittleren Volksklassen, für welche das Extract in Anbetracht der hohen Fleischpreise doch recht eigentlich vorhanden, immer noch den Werth desselben ganz unterschätzt. Das Liebig'sche Fleischextract giebt mit geringen Zuthaten eine vortreffliche Fleischbrühe, verschafft uns den Vortheil des nicht oder nur wenig ausgekochten Fleisches und ist, richtig angewandt, von großer Oekonomie im Haushalte. Wir meinen, daß vor Allem die erzielte Ersparung im Haushalte mehr noch eine ausgedehnte Verwendung zur Folge haben sollte. In dem bei Wieder=Verkäufern erhältlichen Prospekte ist in Zahlen dargethan, wie bei regelmäßiger Anwendung des Extracts, im Laufe des Jahres eine wesentliche Summe erspart wird.
- Nach den neuesten Untersuchungen des verdienten Arztes und Professors Pettenkofer in München athmet der Mensch von der in 24 Stunden verbrauchten Luftmenge bei Tage 31 Proc. Sauerstoff ein und 69. Proc. Kohlensäure aus, bei Nacht 69 Proc. Sauerstoff ein und 31 Proc. Kohlensäure aus. Bei Nacht nimmt man also durch das Athmen einen Vorrath von Sauerstoff (Lebensluft) in sich auf, den man erst am folgenden Tage bei der Arbeit verbraucht, und man bedarf Nachts einer an Sauerstoff reicheren Luft als bei Tage. Deshalb soll man zum Schlafen die größten und bestgelegenen Zimmer wählen.
- In einer Versammlung der Friedensrichter der Grafschaft Middlessex, zu welcher auch der größere Theil Londons gehört, kam die Rede auf die überhandnehmende Trunksucht der englischen Frauen, und die Klage darüber scheint in der That nicht grundlos, wie sich aus den vorgelegten Listen der Strafanstalt für weibliche Personen in Westminster ergibt, welche den Stand und die Beschäftigung der im Jahre 1875 wegen dieses Vergehens bestraften Frauen nachweisen. Darunter befinden sich 850 Scheuerfrauen, 797 Näherinnen, 1333

[ => Original lesen: 1876 Nr. 34 Seite 6]

Waschfrauen und Büglerinnen, 166 Dienstboten, 35 Nähe=Maschinistinnen, 30 Buchfalzerinnen, 28 Blumenmacherinnen, 1796 hatten gar keine Beschäftigung und 100 waren verheirathete Frauen in besseren Verhältnissen und Frauen in unabhängiger Stellung. Im Ganzen wurden nicht weniger als 5131 Personen weiblichen Geschlechts wegen Trunkenheit mit Gefängniß bestraft, von denen 3811 rückfällig waren. Und hierbei sind natürlich nur die Frauen gezählt, welche der Polizei oder Justiz in die Hände fielen, nicht aber die, welche sich in häuslicher Zurückgezogenheit mit Affenzucht abgeben.
- Am 22. April kamen mit der Ostbahn 4 Waggons 4. Kl. mit französischen Fabrikarbeitern aus der Champagne durch Schneidemühl, um sich nach Königsberg zu begeben, wo sie angeblich in einer Maschinenfabrik Beschäftigung finden. Ist es nicht bedauerlich, daß bei der großen Nothlage des deutschen Arbeiterstandes jetzt noch fremde Arbeitskräfte herbeigezogen werden müssen, die den deutschen Arbeitern das Brot wegnehmen? Es wird hohe Zeit, daß die letzteren einsehen lernen, wo es ihnen fehlt, und das leisten, was von ihnen verlangt wird.
- Der Papst hält auf eine einfache, aber sehr anständige Garderobe, welcher man das Gefängniß und Strohlager nicht ansieht. Alle seine Gewänder bestehen entweder aus weißem oder aus rothem Tuche. Pius IX. braucht im Jahre fünf weiße Soutanen, denn als leidenschaftlicher Schnupfer macht er sein Oberkleid sehr rasch schmutzig. Jede Soutane kostet 400 Francs. Sein rother Mantel, den er alle Jahre nur einmal wechselt, kostet 800 Francs. Die seidenen Strümpfe liefert Sr. Heiligkeit ein Belgisches Haus um 80 Fr. das Paar; dagegen liefert ihm die Pantoffeln, welche ein Gegenstand der Beachtung für die ganze Christenheit sind, eine Römische Firma. Die Pantoffeln wechselt Se. Heiligkeit jeden Monat ein Mal. Man schätzt ein gewöhnliches Paar mit gesticktem Kreuze auf 120 Fr. Es gibt aber auch solche mit eingelegten Brillantkreuzen im Werthe von 100,000 Fr. Die alten abgelegten Kleider und Beschuhungen des Papstes werden von den gläubigen Pilgern sehr theuer bezahlt. Es kommt aber auch vor, daß eine fromme Besucherin Sr. Heiligkeit das Käppchen, das er eben trägt, gegen ein neues, das sie mitbringt, eintauschen will. Früher bewilligte der Papst solche Wünsche gern; in neuerer Zeit soll er aber einmal gegen solche stürmische Besucher geäußert haben: "Holla, die guten Leutchen wollen mir Kammerdiener ersparen und mich wo möglich ganz und gar entkleiden!"
- Einen seiner vergnügtesten Abende in Rom feierte der alte Moltke unter den deutschen Künstlern. Der Frack, die offiziellen Trinksprüche etc. waren auf ausdrücklichen Wunsch des Ehrengastes verbannt, an deren Stelle traten lustige Spiele und Kneiplieder. Sehr angenehm wurde Moltke von einer scherzhaften Erinnerung an seinen längeren Aufenthalt im Orient, wo er einen Theil der türkischen Armee instruirte, überrascht. Ein talentvoller Künstler, Köhler, trat als alter Schuhflicker auf und sang unter emsigem Besohlen und Ristern folgendes Lied ab nach der Melodie: Prinz Eugen, der edle Ritter. Der Vorfall bezieht sich auf das Jahr 1839 und das Lied ist von einem Frankfurter Künstler Lori.

      Mohammet=Ali von Aegypten
Ließ marschieren seine Truppen
Gegen Sultan und Stambul;
Und der Türk' konnte nicht vertragen.
Denn Mohammet hat geschlagen
Ihn aus Rock und Kamisul!

      Prinz Ybrahim kommandirte
Und die Truppen dirigirte
Soliman Pascha, der Franzos -
Haffuß=Pascha an der Spitze
Seiner Türken, bei die Hitze
Ging auf die Aegypter los!

      Als sie nun bei Nezzib stehen
Kampfbereit, da ist zu sehen,
Wie ein fremder Offizier
Ein Giaur aus Preußens Gauen,
Dem Haffuß giebt anzuschauen
Einen Schlachtplan auf Papier!

      "Also mußt du dirigiren,
Willst du nicht die Schlacht verlieren,"
Sagt der Preuße zu Haffuß!
"Yock Effendim" schreit der Tärke,
Stolzbewußt ob seiner Stärke,
"Ich weiß besser, was ich muß!"

      Haffaß=Pascha ward geschlagen,
Und das hat sich zugetragen
Achtzehnhundertdreißigneun;
Hätt er so gemaneuwriret,
Wie der Preuße proponiret,
Hätt er müssen Sieger sein!

      "Aber Bomben und Mitraille!
Heute schwöre ich uff Taille!"
Rief der fremde Offizier.
So was soll mir nie passiren,
Keine Schlacht werd ich verlieren,
Wenn ich jemals kommandir!"

      Hat's gelobt und hat's gehalten,
Hat, wenn Kriegstrompeten schallten,
Triumphiret überall -
Deutschlands unbesiegter Streiter,
Deutschlands Ruhm und Waffenleiter,
Moltke, Deutschlands Feldmarschall ! ! !
Der alte Moltke wurde während der Verse immer aufmerksamer und freundlicher; er hatte den Vorfall, der sich auf das Jahr 1839 bezieht wohl selber vergessen und war sehr überrascht, daß Andere ihn kannten. Er war damals Jahre lang in der Türkei und instruirte einen Theil der türkischen Armee. Moltke stand auf und drückte dem Dichter und Sänger dankend die Hand.
- Wegen Maulwurfsschaden. Will man den Maulwurf, ohne dieses so nützliche Thier zu tödten, von Saat=, Blumen= oder Gemüsebeeten fernhalten, so tauche man einen bleistiftdicken Strick in Theer ein und lege ihn in eine 12 Centimeter tiefe Furche, welche man um das Beet zieht.
- Wir müssen den Leser an den Mann mit der verschluckten Gabel erinnern. Diese Geschichte, die vor zwei Jahren ihren Anfang genommen, ist kürzlich glücklich beendigt worden. Der junge Mann, ein Commis, in Paris, gab am 4. Mai 1874 seinen Tischgenossen, wie öfter, ein Kunststück zum Besten; er nahm eine Gabel von seinem Gedeck, steckte sie tief in den Hals hinunter, daß man sie kaum mehr sehen konnte und hielt sie nur durch einen leichten Druck der Mundhöhle fest. Ein Kamerad brachte ihn damals zum Lachen und die Gabel fuhr im Nu hinunter in den Magen. Ein Jahr lang genirte sie ihn wenig, dann aber desto mehr, er wurde kränklich, melancholisch und endlich ging er zum besten Operateur, Dr. Labbé, und fragte, wie er zu helfen? Der Doctor untersuchte ihn, fand, daß die Spitzen der Gabel in der Magenwand fest saßen, und beschloß, sie herauszuziehen. Er berieth sich, wie er der Akademie dieser Tage berichtet hat, mit seinen früheren Lehrern, den DDr. Gosselin und Larrey, über das geeignetste Verfahren, und man gab schließlich der Operation durch Aetzmittel vor der Operation mit dem Messer den Vorzug. Am 9. April wurde der Patient in Gegenwart der beiden genannten und zwei anderer Aerzte mit Chloroform eingeschläfert. Als die Aetzmittel nicht genügend wirkten, half ihnen Dr. Labbé mit einem Schnitt in den Unterleib nach, machte eine Oeffnung von einem Centimeter in den Magen und steckte den Zeigefinger der linken Hand hinein, bis er auf die Gabel traf. Jetzt kam die Reihe an eine dem Zweck entsprechende Sonde, diese faßte die Gabel leicht an, ließ sie im Innern des Organs eine Schwenkung ausführen und vor der gähnenden Höhlung erschienen die fünf Zähne. Noch ein Ruck und das ganze Geräth war zu Tage gefördert. Heute bleibt von der ganzen Operation nur noch eine kleine, im Heilen begriffene Magenfistel übrig; der Gabelmann befindet sich ganz wohl, ißt und trinkt und ist guter Dinge. Die Gastrotomie hat bei dieser ungewöhnlichen Gelegenheit eine Erfahrung gemacht, die ihr für viele ordinäre Fälle, wenn es nämlich gilt, erschöpften Kranken Nahrungsmittel direct in den Magen einzuführen, zu Gute kommen wird. Die Gabel ist von Neusilber und im Magen ganz schwarz geworden.


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