No. 32
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 25. April
1876
sechsundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1876 Nr. 32 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Me. Maj. der Kaiser ist am 18. d. M. mit zahlreichem Gefolge in Coburg eingetroffen und hat gleich nach seiner Ankunft bei I. Maj. der Königin von England einen halbstündigen Besuch abgestattet. Schon am Mittwoch reiste der Kaiser wieder nach Wiesbaden ab, während Se. Kaiserl. und Königl. Hoheit der Kronprinz noch einen Tag länger dort verweilten. Die Königin von England ist unterdessen bereits wieder nach England zurückgekehrt.
Der Hamburger Dampfer "Humboldt" hat nicht so schweres Unglück erlitten, als man nach den ersten Nachrichten fürchten mußte; es ist nämlich gelungen, den Dampfer mit dem Hochwasser wieder flott zu machen und nach Yarmouth zu bugsiren.
Ueber die Helgolander Angelegenheit bringt die "Köln. Ztg." einen längeren Artikel, in welchem es heißt: England als Unterdrücker konstitutioneller Freiheiten wäre eine neue, fast komische Erscheinung in Europa. Aber aus dem Briefe eines Herrn Sedley Taylor in Cambridge gehe hervor, daß England, während es nach außen das Banner der Freiheit hoch hielt, im Stillen auf Helgoland eine arge Gewaltherrschaft über 2000 deutsche Bewohner geübt habe. Im Jahre 1864 schaffte die englische Regierung die alte Helgoländer Verfassung ab und führte ein beschränktes Vertretungssystem ein; und vier Jahre später beseitigte eine weitere Verfügung des Geheimen Staatsrathes diesen letzten Rest konstitutioneller Verfassung. - Helgoland gehörte nämlich früher zu Schleswig=Holstein und wurde 1714 von den Dänen, 1807 von den Engländern weggenommen.
Preußen. Morgen beginnt das Abgeordnetenhaus wieder seine Sitzungen; und zwar wird gleich morgen die erste Lesung der Reichseisenbahnvorlage stattfinden, wobei auch der Reichskanzler Fürst Bismarck zugegen sein wird.
Die Direktoren der Privateisenbahnen haben vor Kurzem eine Konferenz abgehalten, um das Reichseisenbahnprojekt zu besprechen. Eine in Folge dessen von denselben veröffentlichte Denkschrift spricht sich dahin aus: "daß das Reichs= und ausschließliche Staatsbahnsystem sowohl in finanzieller wie wirthschaftlicher Beziehung ein für den Staat sehr gefährliches Experiment sei, und daß alle Verbesserungen, die wir nöthig haben, durch ein gemeinsames Eisenbahngesetz zu erreichen sind."
Die "Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands" ist vor einiger Zeit in Preußen verboten worden. Ob aber dies Verbot viel nutzen wird, ist sehr fraglich, denn gegen fanatische Geistesrichtungen ist mit Polizeigewalt nichts zu machen. Das hat der "Kulturkampf" gegen die römische Kirche bewiesen; das wird auch der Kampf gegen den Sozialismus auf's Neue zeigen. Die Sozialdemokraten sind nun überall außer Preußen nur um so rühriger; und zumal für die nächsten Reichstagswahlen ist noch keine Partei so thätig, wie die Sozialdemokratie. Daß dieselbe im nächsten Reichstage durch eine weit größere Anzahl von Abgeordneten vertreten sein wird, als bisher, ist wohl so gut wie sicher und auch in Preußen ist sie mit dem Verbote noch lange nicht ausgerottet, sondern wird sich bei den nächsten Landtagswahlen bemerklich genug machen. Wohl gibt es gegen den Romanismus wie gegen den Sozialdemokratismus eine gute Waffe, die des Erfolges sicher ist, das ist das Wort Gottes; aber so lange man das nicht erkennen will, kämpft man gegen diese Geistesmächte vergebens.
Türkei. Mit der Türkenwirthschaft, die nach allen Seiten bankerott ist, scheint's nun zu Ende zu gehen. Nicht nur daß der Aufstand in der Herzegowina und in Bosnien immer weiter um sich greift und fast täglich neue Siege über die türkischen Truppen davonträgt, sondern auch das Elend, die Kopflosigkeit und Verzweiflung auf türkischer Seite soll unbeschreiblich sein. An eine Regulirung der Staatsschuld ist nicht mehr zu denken. Man spricht bereits von einer gewaltsamen Entthronung des wenig thatkräftigen Sultans. Unter den türkischen Unterthanen soll eine furchtbare Aufregung und Erbitterung herrschen. Dazu kommt, daß auch Montenegro und Serbien nicht mehr gewillt zu sein scheinen, sich durch den Druck der Großmächte von der aktiven Theilnahme am Kampfe abhalten zu lassen. Serbien hat soeben seinen Beitritt zu dem Genfer Konkordate, betreffend die Pflege verwundeter und erkrankter Soldaten, erklärt. 7000 reguläre montenegrinische Truppen sollten bereits auf dem Kampfplatze eingetroffen sein; doch scheint sich die Nachricht noch nicht zu bestätigen.
In Beziehung zu der türkischen Angelegenheit steht auch die Nachricht, daß Rußland 31 Kriegsfahrzeuge seiner Pontusflotte in Kriegsbereitschaft gesetzt und ein Kriegsgeschwader in den Piräus gesandt hat, während Oesterreich seine Grenztruppen bedeutend verstärkt, sowie die andere Zeitungsnachricht, daß gegenwärtig eine eigenthümliche Bewegung innerhalb der europäischen Diplomatie stattfinde. Alle Vertreter der Großmächte an fremden Höfen, welche jüngst Urlaub erhalten hatten, kehren auf Weisung ihrer betreffenden Kabinete noch vor Ablauf ihres Urlaubs auf ihre Posten zurück.


- Kaiserin Augusta hat eine Einladung der Königin Victoria zum Besuch in Windsor angenommen und wird Anfangs Mai die Reise nach England antreten.
- Wie der deutsche Dichter Victor Scheffel zu seinem 50. Geburtstage mit Geschenken aller Art überhäuft wurde, so der österreichische Dichter Anastasius Grün zu seinem 70. Geburtstage. Victor Scheffel ließ sein Geburtstagszimmer mit allen Geschenken photographiren und schickte das Bild seinem österreichischen Kollegen mit der Unterschrift:
"So sah es bei mir am Fünfzigsten aus. So füll' sich am Siebzigsten auch Dir das Haus!" Anastasius Grün (Graf Auersperg) ließ sofort auch seine Geschenke schon gruppiren und photographiren und schickte das Bild Victor Scheffel als Gegengeschenk mit der Inschrift: "Sieh' also erfüllte Dein Festwunsch sich. - Doch bin ich noch reicher, ich habe auch Dich."

[ => Original lesen: 1876 Nr. 32 Seite 2]

- Der Lieutenant Freiherr v. Ertel in Wien, der geheime Staatspapiere an Rußland verkauft hat, ist vom Kriegsgericht zur Kassation, zum Adelsverlust und zu 10jährigem Kerker verurtheilt worden.
- In Eisleben hat sich ein Tertianer des Gymnasiums, aus Heldrungen, erschossen, weil er nicht nach Secunda versetzt worden war.
- In Hof hat sich der Direktor der mechanischen Weberei, Weidner, vergiftet. Anlaß ein Deficit von 600,000 Mark in der Geschäfts=Kasse.
- In Dresden findet vom 3.-6. Juni eine Ausstellung von Racehunden aller Art statt. Die schönsten Thiere erhalten Geldprämien, Medaillen und Ehrendiplome (hoffentlich in der Hundesprache!). Preisrichter sind der Thiermaler Guido Hammer, Direktor Schöpf, Professor Dr. Freytag, Thiermaler Leutemann u. s. w. Anmeldungen bis spätestens 15. Mai bei Herrn Grundig, Jakobstraße Nr. 15 in Dresden.
- Vor einigen Tagen ist in Constantinopel ein Mann von hohem Ansehen, der erste Eunuche des kaiserlichen Harems, mit Hinterlassung eines Vermögens von 220,000 türkischen Livres (2,220,000 Gulden Oe. W.) gestorben. Da er keine Erben hatte, so ist der Sultan in der traurigen Lage, als Herr und Gebieter dieses ganze Vermögen einzustreichen. Leider ist die erledigte Stelle schon wieder besetzt, die dem Nachfolger einen Jahresgehalt von 600 türk. Livres (6000 Gulden Oe. W) einbringt und einen Rang, der gleich nach dem des Großveziers kommt.
- Im Dunkeln geriethen drei Militärsträflinge in der Festung Oberhaus bei Passau hart aneinander, und als man draußen endlich etwas hörte und Licht brachte, lag einer der Kämpfenden als ein todter Mann am Boden, der andere war halbtodt. Der Dritte konnte nur sagen, daß er überfallen worden und mit einem Messer sich seiner Haut gewehrt habe.


Anzeigen.

Nachdem zum Verkauf der dem Maurergesellen Johann Westphal hieselbst, welcher unter Curatel des Handschuhmachers Emil Jannicke allhier steht, gehörigen, zu Schönberg zwischen dem Kalten=Damm und dem Maurineflusse, hinter dem Wohnhause Nr. 9, belegenen Grundstücke, als:

a) einer Scheune, deren Grundfläche angeblich 47,60 []M. groß ist;
b) eines Gartenstücks von angeblich 152,25 []M. Größe;
c) eines Gartenstücks von angeblich 126,35 []M. Größe;
d) einer Wiese von angeblich 1341,10 []M. Größe,
die Genehmigung von Seiten der Obercuratelbehörde ertheilt worden, ist nach Anzeige des Curators Jannicke für die bezeichneten Grundstücke ein Gebot von 1200 M. unter der Hand erfolgt.
Zum Ueberbot ist nun ein Termin auf

Sonnabend den 29. April c.,
Vormittags 11 Uhr,

anberaumt worden, zu welchem alle Diejenigen, welche ein über 1200 M. hinausgehendes Gebot abzugeben gesonnen sind, mit dem Bemerken hiemit geladen werden, daß die Verkaufsbedingungen 8 Tage vor dem Termine auf der Gerichts=Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Schönberg, den 11. April 1876.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Zum Verkaufe des zum Nachlasse des Produktenhändlers Neumann gehörenden Wohnhauses Nr. 36 am Triangel hieselbst ist ein Termin auf Dienstag, den 23. Mai dieses Jahres, Vormittags 11 1/2 Uhr, anberaumt, wozu Kaufliebhaber mit dem Bemerken eingeladen werden, daß die Tradition des qu. Hauses Michaelis d. Js. geschehen soll und daß die sonstigen Verkaufsbedingungen auf dem Rathhause eingesehen werden können.
Rehna, den 30. März 1876.

Bürgermeister und Rath.


Lohverkauf.

Am Sonnabend den 29. April, Morgens 11 Uhr, soll im Köster'schen Hotel zu Schönberg die Eichen=Lohrinde einer Partie Eichen im Rüntzer und Carlower Holze unter vor der Auction bekannt zu machenden Bedingungen meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden. Die Looseintheilung ist beim Herrn Förster Joachimi zu Carlow einzusehen und wird derselbe auf Wunsch die Eichen an Ort und Stelle vorzeigen.
Schönberg, den 20. April 1876.

Der Oberförster.     
C. Hottelet.        


Auction.
Am Donnerstag den 27. d. M.,
Vormittags 10 Uhr,

sollen in der Behausung des Hauswirths Mustin in Campow in öffentlicher Auction gegen gleich baare Bezahlung meistbietend verkauft werden:

ein eisenachsener Bauwagen, 1 Stuhlwagen und 1 Pferd (Schimmel),

Nachmittags 2 Uhr,

bei der Hauswirthin J. P. Oldenburg in Herrnburg desgl. 2 Kühe; ferner

am Sonnabend den 29. d. M.,
Nachmittags 2 Uhr,

auf der Hofstelle der Hauswirthin verehel. Woisin in Kleinfeld 1 Pferd, 3jähriger brauner Wallach.
Schönberg.

Staack,             
Cammer=Executor.     


Auction.
Am Dienstag, den 2. Mai cr.,
von Morgens 9 Uhr an,

werde ich im Hause des Gastwirth Duve in Schönberg

20 mille Cigarren, 6 Dtzd. Milchschalen, 1 Sopha, 1 Tisch, 6 Polsterstühle, 1 großen Spiegel, 1 Sophatisch, 2 Eckschränke, 1 Commode und 2 Stand Betten
in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung versteigern.
Schönberg.

Staffeldt, Landreiter.     


Auction.
Am Donnerstag, den 4. Mai d. J.,
von Morgens 9 Uhr an,

werde ich im Hause des Gastwirth Duve in Schönberg

3 Commoden, 3 Spiegel, 1 Nähtisch, 1 Korbstuhl, verschiedene Lampen, 6 Rohrstühle, 2 Kleiderschränke, 4 Waschtische, 1 runden Tisch sowie eine große Parthie Leinenzeug
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung versteigern.
Schönberg.

Staffeldt, Landreiter.     


Die auf Montag, den 10. d. M. angekündigte Auction findet am

Donnerstag, den 27. d. Mts.,
Morgens 10 Uhr,

statt; ferner werden noch 1 Sopha, 1 Brenneisen, Leinenzeug und was sich sonst noch vorfindet zum öffentlichem Verkaufe kommen.
Schönberg, April 1876.

J. Schäper,          
Baumwollenweber.     


Bekanntmachung.

Die abermalige Hebung einer Armensteuer zum vollen Beitrage ist erforderlich; es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert, ihre Beiträge fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, den 24. April 1876.

Die Armenbehörde.     


Den heute Vormittag erfolgten sanften Tod meiner lieben Frau zeige ich hiemit statt aller besonderen Meldung an.
Schönberg, den 24. April 1876.

Kindler, Advocat,
für sich und die übrigen Leidtragenden.


Statt besonderer Meldung.

Durch die glückliche Geburt einer gesunden Tochter wurden erfreut

C. Hagen und Frau geb. Kruse.     

Rupensdorf, den 22. April 1876.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 32 Seite 3]

Die
Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt
in Schönberg

ist an jedem Mittwoch von 8 - 12 Uhr Vormittags geöffnet.

Das Directorium.


Bekanntmachung.

Der diesjährige Frühjahrsbeitrag der Mitglieder des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins der Landbewohner ist in der Zeit vom 15. bis 31. Mai d. J. mit Drei Zehntel des einfachen Ansatzes (3/10 Simplum) auf dem hiesigen Büreau zu entrichten.
Lübeck, den 7. April 1876.

Die Direction des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins für Landbewohner.

Namens derselben      
Bruhn,              
Secretair.            


Dem geschätzten hiesigen sowie auswärtigen Publikum bringen hierdurch unser

Möbel- & Sarg-Magazin
beim Kaufmann Wieschendorff

in freundliche Erinnerung. Dasselbe ist in letzter Zeit durch geschmackvoll und dauerhaft gearbeitete Möbel jeder Art vollständig completirt. Bestellungen werden prompt besorgt.
Schönberg, März 1876.

Die vereinigten Tischlermeister.


Mähmaschinen.
Champion - Little Champinon - Leader - Little Chieftain - Bucky - Burdik - Kriby - Johnston'sche - Wood'sche

empfehle zur diesjährigen Erndte und bitte um baldige Bestellung.

(H. 0646b)     

Verschiedene construirte Säemaschinen und Häckselmaschinen, Holz= und auch Eisengestell, in 10 verschiedenen Größen, von 72 M. an, habe auf Lager

Ludw. Warncke, Mölln i. L.


Meinen geehrten Kunden im Fürstenthum Ratzeburg die ergebene Anzeige, daß ich von jetzt an Herrenstraße Nr. 16 wohne.
Ratzeburg, den 23. April 1876.

D. Böttcher,     
Schuhmacher.     


Wegen Verheirathung des jetzigen Mädchens wird zum 1. Mai d. J. auf einem Hof bei Dassow ein

erstes Stubenmädchen

gesucht, welches gut nähen und plätten kann, gegen hohen Lohn. Näheres zu erfragen in der Expedition der Anzeigen zu Schönberg.


H. W. Dittmer in Lübeck,
Delicatessen=Handlung,
Trave bei der Holsterbrücke 372.

Auswärtige Aufträge auf Wild, Geflügel, Fische und Gemüse werden prompt ausgeführt.


Seifenstein & Chlorkalk
ist in bekannter vorzüglichster Güte frisch zu haben bei
Schönberg.                           J. F. Eckmann.


Wohnungsveränderung.

Ich wohne jetzt in der Neuenwallstraße beim Arbeitsmanne Freitag und bitte mir das bisher geschenkte Vertrauen auch ferner zu erhalten.

H. Meyer,         
Cigarrenfabrikant.     

Schönberg.


Für Boitzenburg
erhielt ich ferner von Herrn S. hierselbst 2 M.
Weitere Gaben nimmt gern entgegen

Fr. W. Konow.     


Auf dem Cavalier wird sogleich ein ganzes oder halbes

Ackerstück

zu pachten gesucht. Näheres in der Expedition der Anzeigen zu Schönberg.


Am
Freitag den 28. d. M.
findet Abends im Saale der Frau Gastwirthin Boye zu Schönberg
zum Besten der Ueberschwemmten
ein
Großes Vocal=
und
Instrument.=Concert
statt, ausgeführt von dem früheren Männergesangverein, der Liederkrone, und den Vereinsmusikern.
Entree à Person 50 Pf.
- ohne der Wohlthätigkeit Schranken zu setzen. -
Anfang 8 Uhr.

Die Committe.             


In Folge der hohen Holzpreise, sowie der fortwährenden Steigerung der Arbeitslöhne sehen sich die Unterzeichneten genöthigt, auch ihrerseits eine Preiserhöhung der von ihnen angefertigten Arbeiten eintreten zu lassen. Ein Preis=Courant über die zu bestellenden Arbeiten liegt für das betreffende Publikum bei jedem der Unterzeichneten zur Einsicht bereit.
Rehna, den 24. April 1876.

Sämmtliche Rademacher von Rehna und Umgegend.


Wegen Wegzuges von Rehna beabsichtige ich, am Freitag, den 28. ds. Mts., Nachmittags 2 Uhr, in meiner Wohnung, Gletzowerstraße, eine bedeutende Quantität verfertigter

Korbmacher=Arbeiten

meistbietend gegen Baarzahlung beim Zuschlag zu verkaufen.
Rehna, den 24. April 1876.

Schaumburg,     
Korbmacher.     


Eß= und Pflanzkartoffel,
das Faß 30 und 25 Pfennige, zu haben bei

J. Voss,
Hinterstraße 75.

Schönberg.


Lager von
Tapete, Borden u. Rouleaux, geschweiften Gardinenleisten u. Rosetten, Spiegeln und Photographie-Rahmen
empfiehlt
H. E. Peters,
Glasermeister.

Schönberg.


Russisches und hiesiges                          
Säeleinsaat
empfiehlt                           J. L. D. Petersen. Schönberg.


Ich erlaube mir hiermit die Anzeige zu machen, daß ich mein

Friseur-Geschäft

unverändert fortsetze. Bestellungen werden bei meiner Mutter, der Hebamme Söhlbrandt, wohnhaft bei der Conditorwittwe Greiff in der Siemzerstraße entgegen genommen.
Schönberg, April 1876.

Marie Sparkuhl.     


[ => Original lesen: 1876 Nr. 32 Seite 4]

Der landwirthschaftliche Verein für das Fürstenthum Ratzeburg wird am

Dienstag den 23. Mai d. J.
eine
Thierschau
verbunden mit
Gewerbeausstellung

zu Schönberg veranstalten.

Namens des Vorstandes:     
C. Burmeister,       
z. Z. Sekretair.       


Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,

empfehlen Molkereimaschinen der berühmten Fabrik von Lefeldt & Lentsch zu Fabrikpreisen und stehen Preiscourante franco zur Verfügung. Diese Fabrik hat seit 1866 31 Medaillen und erste Preise errungen und sind seit diesem Jahre beinahe 13000 Stück Maschinen verkauft.


Eichler & Bosselmann,
Schwerin i. M.,

empfehlen ihre Kornsäcke, 110 Kilo haltend, angelegentlichst, als die billigsten. Nr. 1 à Dtz. 24 M. Nr. 2 à Dtz. 21 M. Nr. 3 100 Kilo haltend 18 M. à Dtz., Nr. 4 110 Kilo haltend à Dtz 15 M., Nr. 5 à Dtz. 11 M. ab Schwerin, ferner Erntewagenlaken zu 15 Thlrn. und Rappslaken zu 40 Thlrn. Die Laken sind von dem schwersten Stoffe.


Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,

empfehlen geaichte Decimalwaagen mit Garantie franco Magdeburg 4 Ctr. Tragkraft 30 M., 5 Ctr. 35 M. 6 Ctr. 40 M. 8 Ctr. 50 M, 10 Ctr. 63 M., 15 Ctr. 76 M., 20 Ctr. 96 M., 25 Ctr. 112 M., 30 Ctr. 137 M., 40 Ctr. 172 M., 50 Ctr. 207 M., Viehwaage, geaicht, 15 Ctr. Tragkraft, 180 M., 30 Ctr. 195 M.


Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,

empfehlen Knochenkohle pr. Sack à 2 Ctr. zu 13,50 M., Estremadura pr. Sack à 2 Ctr. zu 15 M., Mejillones 2 Ctr. zu 19 M., Buenos=Ayres Knochenmehl 2 Ctr. zu 16 M., Phosphor=Guano 2 Ctr. 24,50 M., Fisch=Guano 2 Ctr. 25 M., Chilisalpeter 3 Ctr. 40 50 M. franco Hamburger Bahnhöfe und garantiren für höchstes angegebenes Gehalt.


Heinrich Kock,
Uhren= Gold= und Silberwaaren Handlung
in Schönberg,
empfiehlt: goldene und silberne Taschen=Uhren, Regulateure, Pariser Pendulen, Rahmen= und amerikanische Wanduhren, Talmi=, Nickel=, vergoldete und stählerne Westenketten, sowie eine reichhaltige Auswahl feiner goldener Herrn= und Damenketten, Brochen und Ohrringe, Armbänder, Kreuze, Medaillons, Trau= und Siegelringe, silberne Frucht= und Zuckerschaalen, Menagen, Theesiebe, Serviettenringe, Fisch= und Kuchenheber, Potage=, Eß= und Theelöfel.

Reparaturen an Uhren und Goldwaaren werden gut und möglichst billig von mir ausgeführt.


Ratzeburger Actien-Brauerei.

Die Niederlage von unserem

Lagerbier und Erlanger Exportbier

auf Flaschen haben wir Herrn H. Siebenmark für Schlagsdorf und Umgegend übergeben.

Die Direction.     

-------------

Bezugnehmend auf obige Anzeige empfehle die Flaschenbiere der Ratzeburger Actien=Brauerei in bekannter vorzüglicher Qualität bestens.

H. Siebenmark=Schlagsdorf.


Schwedische Dienstboten.

Vollknechte, Halbknechte, Hofgänger, Landjungens empfiehlt zum 1. Mai und später

C. Stuht, Lübeck,       
Gesindecommissionär,     
Hundestraße 127.       


Ein Bursche, 15-16 Jahre,

für alle häuslichen Arbeiten gegen hohen Lohn sofort gesucht nach dem Lande. - Näheres bei Stammer in Lübeck, an der Mauer 538 bei der Krähenstraße.

(Hc0903b.)     


Ein kräftiger junger Mensch als Knecht
in einer Brauerei gesucht.
Näheres Lübeck, Engelswisch 580.                           H0899b


Segelschiff     Täglich frischen Kalk
und echt englischen
Portl.=Cement
bei
W. J. Heymanson,
Lübeck.


Ueber meine Koppel, genannt "Haushof," ist seit einiger Zeit ein Schleichsteich angelegt, der nach der Windmühle führt; ich verbiete denselben hiermit bei Strafe gerichtlicher Ahndung für Alle, die unbefugt darauf betroffen werden.

Hauswirthin Niemann     
in Schlagsdorf.          


Fried. Matz.
Lübeck,
Breitestrasse 804.
Lager von Tapeten, Borden, Goldleisten Rouleaux & Teppichen.


Zum socialen Abend
mit
Vorträgen und Tanzkränzchen
am Montag den 1. Mai,
Abends 9 1/2 Uhr,

laden wir Vereinsmitglieder von Rehna freundlichst ein. Jungen Leuten, die keinem Verein angehören, ist der Eintritt nicht gestattet.
Turner zahlen für Tanz 75 Pfennig. Nichtturner 1. M..

Der Vorstand
des Rehnaer Männerturnvereins.


Von Ostern an wohne ich nicht beim Kaufmann Wieschendorf, sondern gegenüber bei der Conditorwittwe Greiff in der Siemzerstraße.

Schönberg.                           Hebamme Söhlbrandt.


Herzlichen Dank

allen Denen, welche meinem verstorbenen Manne, dem Uhrmacher Straßmann, die letzte Ehre erwiesen und ihn zu seiner Ruhestätte begleitet.

Marie Straßmann.
Schönberg.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M -Pfennig  bis 21 M 50Pfennig.
Roggen16 M -Pfennig  bis 16 M 70Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen14 M -Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,30 .
Hühner d. St. M1,50 .
Tauben d. St. M0,50 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,05 .
Eier 6 St. für M0,30 .


(Hierzu Offiz. Anz. Nr. 11 und eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 32 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 32 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 25. April 1876.


- König Ludwig von Bayern hat seine eigene Art, die Ostertage zu feiern. Wie schon in früheren Jahren waren auch diesmal wieder am zweiten Festtage 1000 arme alte Leute aus allen Stadttheilen Münchens von ihm als Gäste zu einem reichen Mittagsmahl geladen, das in 11 Gasthäusern für sie bereit stand. Die Absicht des hohen Wirthes, ein Freudenfest zu veranstalten, ging vollständig in Erfüllung; denn es war eine Freude und ein Fest nicht blos für die Geladenen, sondern auch für diejenigen, welche Gelegenheit hatten, Zeuge zu sein der Fröhlichkeit und Dankbarkeit, mit der diese Stiefkinder des Glückes den Dingen zusprachen, die ihr ärmlicher Tisch sonst nicht zu bieten pflegt. Armenpfleger, Geistliche, Beamte und Bürger wirkten einträchtig und eifrig zusammen zur Ausführung des königl. Festes. Außer der Festmahlzeit erhielten die geladenen Mannspersonen je 1 1/2 Liter Bier und Cigarren und die Frauen 1 Liter Bier und Kaffee. Fürwahr, dies war ein warmer Frühlingstag in der winterlichen Osterwitterung Münchens, die auch darin einen Maßstab findet, daß 1876 versetzte Winterüberzieher wieder aus dem Leihhause zurückgeholt wurden.
- Der Prinz von Wales hat die Empfangsfeierlichkeiten in Malta glücklich überstanden und sieht jetzt (vielleicht mit guter Miene zürn bösen Spiel) einer Erneuerung derselben in Gibraltar entgegen, wo er unter dem Donner der Begrüßungsschüsse am 15. April bei herrlichem Wetter gelandet ist. Der Gouverneur weiß, was sich gehört, und läßt sich's nicht nehmen, dem Prinzen zu Ehren Gala=Diners, Bälle und eine Beleuchtung der Stadt zu veranstalten. Die Rückkehr nach England soll erst Mitte Mai erfolgen, da die Aerzte zur Vermittelung des Ueberganges aus der brennenden Sonne Indiens in ein rauheres Klima einen kurzen Aufenthalt in Spanien und Portugal angerathen haben.
- Die "Magdeb. Ztg." enthält eine Mittheilung über die häusliche Thätigkeit und Pünktlichkeit des Kaisers. Darin heißt es u. a.: "So beantwortet der Kaiser alle an ihn gelangenden Briefe und Zuschriften seiner Hausbeamten etc. stets sofort und jedenfalls noch an demselben Tage oder, wenn sie spät Abend eingehen, am nächsten Morgen. Um hierbei möglichst wenig Schreibarbeit zu haben, benutzt der Kaiser zur Beantwortung stets das Couvert und die Adresse der eingegangenen Briefe. Die letztere lautet natürlich: "An Se. Majestät den Kaiser." Hier streicht der hohe Herr das Wort "An" aus und verwandelt es in "Von". Da sämmtliche Adressen auch den Namen des Absenders tragen, z. B. "Von dem Hofrath N.", so wird hier umgekehrt das Wörtchen "Von" in "An" verwandelt und die neue Adresse ist mit zwei Worten hergestellt."
- Die Stadt Bayreuth fängt an, sich zum Empfang der Wagnerschen Nibelungengäste zu rüsten. In Privatwohnungen stehen 2000 Betten zur Verfügung. Die am 1. Juni dorthin kommenden Musiker werden frei einquartiert, die Quartiergeber haben dafür freien Eintritt bei einer der Aufführungen. Am 1. Juni beginnen die Proben und dauern bis zum 4. August. Vom 6. -9. August sind Generalproben, vom 13.-16. ist die erste, vom 20.-23. die zweite und vom 27.-30. die dritte Aufführung. Der deutsche Kaiser hat seinen Besuch in sichere Aussicht gestellt, außer ihm werden der König von Bayern und 8 bis 10 Fürsten erwartet. Man rechnet auf einen Besuch von 10,000 Fremden. Die Zahl der Musiker, Sänger, Sängerinnen und sonst Mitwirkenden beträgt 300.
- Der General=Feldmarschall Graf Wrangel hat kürzlich das 93. Lebensjahr erreicht und der im Herrenhause "Civil=Wrangel" genannte Wirkliche Geheime Rath Chef=Präsident v. Frankenberg=Ludwigsdorf feiert am 29. April seinen 92. Geburtstag.
- Zur Arbeitslosigkeit in Berlin schreibt das N. Tageblatt: "In allen Fächern ist mehr Angebot als Nachfrage von Arbeit. Recht deutlich zeigt sich das vor den Ausgabestellen des "Intelligenzblattes", wo sich täglich förmliche Arbeiter=Börsen bilden. Hunderte stehen Nachmittags von 4-5 Uhr vor diesem Bureaux. 5-6 Arbeitslose erstehen zusammen ein Exemplar lesen die Spalten des Arbeitsmarktes, schreiben die Adressen auf und laufen fort, um die Ersten zu sein, welche am genannten Orte ihre Dienste anbieten. Oft ist ihnen jedoch ein Anderer schon zuvorgekommen. Die Zahl der Arbeitsuchenden wächst jetzt mit jedem Tage, weil der Zuzug von außerhalb gerade im Frühling besonders stark ist. Die Presse in der Provinz würde sich den Dank Vieler erwerben, wenn sie Beschäftigungslose aller Art warnte, ohne Stellung auf gut Glück nach Berlin zu gehen; denn es gibt hier bereits Viele, die seit Monaten auf eine geringfügige Anstellung vergeblich warten."
- Der zoologische Garten in London hat in den letzten Tagen werthvollen Zuwachs erhalten. Nicht allein hat Lieutenant Cameron aus Afrika einige interessante Exemplare mitgebracht und der Zoologischen Gesellschaft für ihren Garten überwiesen, sondern auch von den indischen Thieren des Prinzen von Wales wird ein großer Theil in demselben Unterkunft finden. Die indischen Thiere langten am 12. d. in London an. Die zahmen gehen nach Sandringham weiter. Darunter befinden sich als wichtigste Stücke zwei kastanienbraune Manipuri=Ponies, zwei Kühe aus Reval und drei Brahminenkühe, deren zugedachter Ehegemahl auf der Reise verstorben ist. Die in London verbleibenden Thiere werden erst am 12. Mai dem Publikum gezeigt. Lieutenant Cameron erhielt am 12. April von der zoologischen Gesellschaft ein Dankschreiben für seine Gaben. Was er mitgebracht, ist nicht allein Geschenk seiner selbst. Die Herren Dr. Amzalak und H. C. Tait in Loanda haben sich mit einigen Gaben angeschlossen. Die afrikanische Sammlung enthält neben mehreren seltenen Affen auch einen Marabustorch, den größten storchartigen Vogel, der bisher aufgefunden worden.
- Respekt vor einem sonst namenlosen Mann in Posen, der als ein Original lebte und starb. Man wußte nicht recht, wer und was er war, er lebte sehr eingezogen und sparsam und öffentlich sah man ihn selten und nie anders, als mit einem eigenthümlich gebauten Handwagen. Als er starb, fand man in seiner Wohnung kein anderes Möbel als jenen Handwagen, der so eingerichtet war, daß er ihm als Stuhl, Tisch und Bett diente, aber die Wände waren angefüllt mit Bücherbrettern und diese waren gefüllt mit guten Büchern im Werthe von 3000 Mark. Das finden die Leute am alleroriginellsten.
- Von glaubhafter Seite wird uns ein Zug der einfachen Lebensweise und Erziehung der kronprinzlichen Kinder mitgetheilt. Prinz Waldemar, ein Sohn des Kronprinzen, hielt mit seinem Wagen an einem Tage der vergangenen Woche vor einem bekannten Colonialwaarengeschäft Unter den Linden in Berlin. Er stieg aus, trat an den Verkaufstisch heran und hat um ein Pfund Kaffee für seine "Mama," aber "von der von ihr gewöhnlich bezogenen Sorte." - "Wer ist Ihre Mama?" frug der ihn bedienende Verkäufer, "Meine Frau Mama ist die Frau Kronprinzessin," erwiderte der junge Prinz. Der Kaffee war abgewogen, der diensteifrige Commis frug, ob noch andere Aufträge Ihrer kaiserlich königlichen Hoheit zu effectuiren wären und wollte durchaus "königliche Hoheit" nicht mit dem Packet belästigen, sondern es in das Palais senden. Der Prinz aber dankte höflichst, nahm das Pfund Kaffee und trug es in seinen Wagen. Sein Erzieher, der den Laden mit ihm betreten hatten freute sich sicht=

[ => Original lesen: 1876 Nr. 32 Seite 6]

lich über die Munterkeit, womit der Prinz sich seines Auftrages entledigte.
- Von der Artigkeit und großstädtischen Bildung der Berliner Spitzbuben gibt folgender Vorfall einen glänzenden Beweis: Einem jungen Kaufmann und Börsenbesucher, Herrn C . . ., wurde am Sonntag in der R.'schen Conditorei der neue Sommerpaletot gestohlen. Der Verlust war ihm um so unangenehmer, als sich in der Seitentasche sein Notizbuch mit mehren Briefen, Photographien und wichtigen Notizen befand. Am Dienstag erhielt er dasselbe per Post mit nachstehendem Schreiben zurück: "Mein Herr! Aus den in ihrem Notizbuch enthaltenen Bemerkungen, sowie dem sonstigen Inhalt desselben ersehe ich, daß Sie Engagements an der Börse haben und einer Dame huldigen. Ich beeile mich deshalb mit der Zurücksendung und empfinde eine um so größere Genugthuung, daß ich den Paletot, welcher übrigens Ihrem Geschmacke alle Ehre macht, gerade von Ihnen entlehnt habe, als ich glaube, daß wir dem gleichen Gefühl hingegeben sind. Auch ich liebe, und Sie werden deshalb meine Handlungsweise, zu der mich eine Kette von Mißgeschicken trieb, entschuldigen. Wie kann man lieben, ohne mit einem anständigen Sommerpaletot vor die Dame seines Herzens treten zu können? Sie werden diese Reflexion begreifen und entschuldigen Ihren mit wahrer Hochachtung erfüllten N. N."
- Zur Warnung für Viele wird Folgendes mitgetheilt: Ein kräftiger, gesunder junger Mann ritzte sich durch ein Versehen die Haut auf, so daß diese Stelle ein wenig blutete. Um das Blut zu stillen, klebte er ein Stückchen eines Randes von Freimarken auf die kleine Wunde. Sehr bald schwoll die Hand, dann der ganze Arm an. Der hinzugezogene Arzt stellte Blutvergiftung fest und fand bei der Untersuchung eines Stückes jenes Freimarkenrandes, daß saurer Gummi zum Bestreichen der Rückseite der Freimarken in Anwendung gebracht war, durch dessen Eindringen in die Wunde das Leiden hervorgerufen wurde. Die Geschwulst wurde durch Anwendung energischer Mittel bald gehoben, dagegen eiterte die Wunde längere Zeit.
- Die Verhältnisse auf der Welt werden immer verwickelter, so daß es oft die größte Mühe kostet, die durcheinander laufenden Fäden nicht aus dem Gesicht zu verlieren. Ein armer Schulknabe in N. liefert hierzu ein neues Beispiel, welchen ein hartes Schicksal dazu verurtheilt hat, sich als sein eigener Großvater durch's Leben zu schlagen. Dies begab sich also: Eine Wittwe wohnte mit ihrer Tochter und ein Mann mit seinem Sohne in ein und demselben Hause. Die Wittwe heirathete den Sohn und die Tochter dessen Vater. Die Wittwe wurde demnach die Mutter des Vaters ihres Mannes und folglich auch die Großmutter ihres eigenen Mannes. Aus dieser Ehe entsprang ein Sohn, dessen Mutter also auch seine Urgroßmutter war. Da nun der Sohn einer Urgroßmutter entweder Großvater oder Großoheim sein muß, so wurde dieser unschuldige Knabe schon bei der Geburt sein eigener Großvater.
- Ein sehr schnurriges Testament hat wieder einmal die letzten Lebenstage eines boshaften reichen Engländers versüßen müssen, der sich nicht wenig mit dem Gedanken an die langen Gesichter seiner hinterbliebenen Verwandten delektirt haben mag. Es kommen in demselben folgende Stellen vor: "Ich vermache 5 Schilling an meine Nichte Marg. O'Neil, welche sich Sonntags statt in die Kirche zu gehen, heimlich dem Soff ergiebt. Für besagte 5 Schilling soll sie meinen Leichenzug versäumen und sich zu Hause zu meinem Gedächtniß einen Affen kaufen. - Meinem Freunde Charles vermache ich ein Neunauge, da ich ihm keine Schlange hinterlassen kann. Dieses Neunauge soll ihm versinnbildlichen, daß ich ihn wie eine Schlange an meinem Busen genährt, damit er mich im Klub stets als den geizigsten Kerl ausschreien konnte. - John Abbot, mein treuer Diener erhält 6 Pence. Für dieselben soll er sich einen Strick kaufen, damit er, falls der Cheriff einen solchen vergessen. Sobald er (John) wegen seiner Spitzbübereien einmal gehängt wird, wenigstens des peinlichen Wartens auf zugiger Richtstätte überhoben sei. - Meine Frau Elisabeth, welche durch meine Verrücktheit meine Gattin geworden und mit anzuerkennender Energie meinen guten Namen in den Schmutz getreten, vermache ich jährlich 5 Pfund Sterling und die Abschrift des ersten, nunmehr gerichtlich anullirten Testamentes, worin ich sie zur Universalerbin meines Vermögens von L. 138,340 eingesetzt hatte. - Außer aufgeführten Legaten fällt mein Vermögen nunmehr an das städtische Krankenhaus. - Wie tief ergriffen mögen die Leidtragenden dem Sarge gefolgt sein!
- Potsdam, 19. April. (Die letzten Briefe eines Lebensmüden.) "Hier sprang ein Unglücklicher in die Wellen, um Friede und Ruhe für immer zu finden," so lauteten die mit fester Hand mit Bleistift geschriebenen Worte eines Unbekannten, welcher am Charfreitage, Nachmittags 6 Uhr, von der Landungsbrücke der Dampfschiffe sich in die Havel stürzte und dessen Leichnam eine halbe Stunde später mitleidig von den Wellen in nächster Nähe des ehemaligen Königlichen Forsthauses an das Land gespült wurde. Längere Zeit war der Unbekannte auf der Bank der Landungsbrücke sitzend und schreibend beobachtet worden, ohne daß darin etwas Auffallendes gefunden wurde, und erst der Sprung in die Tiefe bewies, daß er schon damals mit dem Leben abgeschlossen. Hut, Ueberzieher, Oberrock und Stiefeln lagen am Ufer, in der Rocktasche aber fanden sich zwei beschriebene Quartblätter, deren eines die Anfangs gedachten Worte enthielt, während das zweite, gleichfalls in festen Schriftzügen folgenden Inhalt hat, welcher uns die Seelenkämpfe des Unglücklichen klar erkennen läßt:
Potsdam, am Stillen Freitage 1876, 12 Uhr Mittags. Die Sonne lächelt warm mit goldenen Strahlen aus dem reinen blauem Aether heute zu dem letzten Gange an dem Todestage unseres Herrn. Bald, sehr bald werde ich frei sein von allen Fesseln dieser armen Erde, wo ja keine Freude ungetrübt, kein Palast ohne Schattenseiten dasteht, der schönste Blumenstrauß verwelken muß. Die Erde beginnt, verjüngt als Braut, sich mit dem jungen Grün des erwachenden Frühlings zu schmücken, um bald in den eisigem Armen des Winters wieder unter dem weisen Leichentuche zu sterben, doch in der schönen Hoffnung, neu verjüngt wieder zu erstehen. Ich werde sterben, um nie in menschlicher Gestalt wiederzukehren, doch vielleicht als kleines Sternenblümchen noch an Bächleins Rand für Liebchens Hand erblühen, um au ihrem Busen zum zweiten Male beseligt zu sterben. Dank, Dank Dir schöner Gedanke, noch ein Tropfen süßen Himmelsbalsams in den Wehmuthskelch der Leiden. - Im Kaiserpark zu Babelsberg nach 4 Uhr. Da wäre denn Alles besorgt, was wir hienieden noch zu wünschen hatten; die letzten Briefe auf der Post abgegeben; fort für Brod der letzte Pfennig des erbärmlichen Geldes, um welches sich der Mensch, wenn er arm ist, als Sklave quälen muß, bis in das Grab. Ja, ja, ich bin es müde, länger der traurige Sklave der Armuth zu sein. Da fließt die blaue Havel, breit, tief, unruhig. Doch hier im Kaiserpark den Sprung hinein, o nein! Sollte ich meinem Kaiser, welchen ich so sehr liebe, den Spaziergang trüben? nein, nein, schnell fort zu einer anderen einsameren Stelle, wo kein Weg den Glücklichen vorüberführt, fort, schnell fort, aus dem schönen Kaiserpark. Lebe wohl, glücklicher Kaiser, schöner Park, lebe wohl! - Gegen 6 Uhr. Endlich habe ich sie gefunden, die Stelle, einsam, an einer fast zerfallenen Landungsbrücke der Dampfer, noch einen Blick zum reinen, klaren Aether und dann rasch hinein in die vom Winde brausenden Wellen. Es wird bald geschehen sein. Wie oft sagte uns unsere Mutter: Im Arm der Lieb ruht sich's wohl, wohl auch im Schooß der Erde. O ja, im Arm der Liebe sollte ich nie wohl ruhen, desto wohler werde ich im Schooße der Erde ruhen, alles Erdenleid vergessend. Amen! - Die ersehnte Ruhe hat der Unglückliche inzwischen auf dem Friedhofe zu Nikolskoi gefunden.


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