No. 15
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 21. Februar
1871
einundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1871 Nr. 15 Seite 1]

Nachdem die Wahlen zum Reichslage auf den 3. März d. J. ausgeschrieben worden, werden hiedurch die Wahlbezirke, die Namen der Wahlvorsteher und Stellvertreter, wie endlich die Locale, in welchen die Wahl vorzunehmen, zur öffentlichen Kenntniß gebracht.

1. Wahlbezirk: Stadt Schönberg, Ziegelei auf der Stadtfeldmark:

Wahlvorsteher: Hr. Apotheker Saß zu Schönberg.
Stellvertreter: Hr. Buchdrucker Bicker hieselbst.
Wahllocal: bei Wittwe Boye hier.
2. Wahlbezirk: Amt und Amtsfreiheit, Mühle, Bauhof, Bahnhof, Feldziegelei, Kleinfeld, Mahlzow, Gr. Bünsdorf, Kl. Bünsdorf.
Wahlvorsteher: Hr. Amtmann Drevs zu Bauhof-Schönberg.
Stellvertreter: Hr. Inspector Oldörp daselbst.
Wahllocal: beim Gastwirth Köster hier.
3. Wahlbezirk: Sülsdorf, Teschow, Hof und Dorf Zarnewenz, Schwanbeck, Siechenhaus.
Wahlvorsteher: Hr. Pensionair Drevs in Zarnewenz.
Stellvertreter: Hauswirth Peter Grevismühl in Sülsdorf.
Wahllocal: Krug in Zarnewenz.
4. Wahlbezirk: Hof und Dorf Menzendorf mit Menzenberg, Rottensdorf, Lübseerhagen, Grieben, Blüssen, Rüschenbeck, Rodenberg, Papenhusen.
Wahlvorsteher: Hr. Pens. Langermann zu Menzendorf.
Stellvertreter: Schulze Wigger zu Rüschenbeck.
Wahllocal: Schulzenhaus in Menzendorf.
5. Wahlbezirk: Rabensdorf, Hof und Dorf, Retelsdorf, Sabow, Falkenhagen mit dem rothen Hause.
Wahlvorsteher: Hr. Pens. Burmeister zu Rabensdorf.
Stellvertreter: Schulze Boye daselbst.
Wahllocal: Krug in Rabensdorf.
6. Wahlbezirk: Selmsdorf, Hof und Dorf, Bardowiek, Hohemeile.
Wahlvorsteher: Hr. Pens. Breuel zu Selmsdorf.
Stellvertreter: Schulze Faasch daselbst.
Wahllocal: Krug ebendort.
7. Wahlbezirk: Gr. Siemz, Kl. Siemz, Lindow, Törpt.
Wahlvorsteher: Schulze Kähler zu Kl. Siemz.
Stellvertreter: Schulze Burmeister zu Gr. Siemz.
Wahllocal: Schulzenhaus in Kl. Siemz.
8. Wahlbezirk: Bechelsdorf, Ollndorf mit dem Kruge an der Chaussee, Niendorf, Boitin-Resdorf, Kl. Mist.
Wahlvorsteher: Lehrer Koopmann zu Niendorf.
Stellvertreter: Schulzen-Anerbe Ollrogge ebendort.
Wahllocal: Ollndorfer Krug an der Chaussee.
9. Wahlbezirk: Hof und Dorf Lockwisch mit Westerbeck, Lockwischer Mühle, Hof Wahrsow mit Lenschow, Petersberg, Rupensdorf, Wahlsdorf.
Wahlvorsteher: Hr. Pens. von Hobe zu Hof Lockwisch.
Stellvertreter: Hr. Pens. Hörcher zu Hof Wahrsow.
Wahllocal: Krug in Petersberg.
10. Wahlbezirk: Herrnburg, Pahlingen. Lauen, Duvennest, Lüdersdorf, Dorf Wahrsow.
Wahlvorsteher: Hr. Rentier Schön zu Lauen.
Stellvertreter: Krämer Mett zu Herrnburg.
Wahllocal: beim Hauswirth Grube ebendort.
11. Wahlbezirk: Hof und Dorf Demern, Schaddingsdorf, Röggeliner Ziegelei, Gr. Rünz, Kl. Rünz.
Wahlvorsteher: Hr. Amtmann Wicke zu Demern.
Stellvertreter: Dreiviertelhüfner Joh. Robrahn daselbst.
Wahllocal: Krug ebendort.
12. Wahlbezirk: Carlow, Cronscamp, Pogez, Sahmkow, Klocksdorf, Kuhlrade, Hof und Dorf Stove mit der Mühle, Röggelin, Neschow und Maurine-Mühle.

[ => Original lesen: 1871 Nr. 15 Seite 2]

Wahlvorsteher: Herr Amtmann Kaiser zu Stove.
Stellvertreter: Hr. Mühlenpächter Wieschendorf daselbst.
Wahllocal: Krug in Carlow.
13. Wahlbezirk: Domhof
Wahlvorsteher: Hr. Maurermeister Spolert zu Domhof.
Stellvertreter: Hr. Apotheker Schlüter daselbst.
Wahllocal: beim Maurermeister Spolert.
14. Wahlbezirk: Mechow, Hof und Dorf, Wietingsbeck, Ziethen, Lankow, Bäk mit den Mühlen, Römnitz und Kalkhütte.
Wahlvorsteher: Hr. Oberamtmann Stamer zu Mechow.
Stellvertreter: Hr. Mühlenmeister Penkow zur Pfaffenmühle.
Wahllocal: Krug in Mechow.
15. Wahlbezirk: Gr. Molzahn, Kl. Molzahn, Schlagresdorf mit Perückenkrug, Schlagbrügge.
Wahlvorsteher: Schulze Oldenburg zu Schlagbrügge.
Stellvertreter: Schulze Parbs zu Kl. Molzahn.
Wahllocal: Krug in Schlagresdorf.
16. Wahlbezirk: Raddingsdorf, Rieps, Wendorf, Gr. Mist. Schlag-Sülsdorf.
Wahlvorsteher: Hauswirth Retelsdorf zu Gr. Mist.
Stellvertreter: Schulze Borchert zu Raddingsdorf.
Wahllocal: Krug in Rieps.
17. Wahlbezirk: Schlagsdorf, Hof und Dorf, mit Heilige Land, Neuhof, Campow mit Hoheleuchte, Thandorf.
Wahlvorsteher: Gastwirth Siebenmarck zu Schlagsdorf.
Stellvertreter: Schulze Ollmann daselbst.
Wahllocal: Krug ebendort.
18. Wahlbezirk: Mannhagen, Hammer mit den Mühlen, Panten, Walksfelde.
Wahlvorsteher: Freischulze Hennings zu Mannhagen.
Stellvertreter: Bauervogt Brüggemann zu Walksfelde.
Wahllocal: Krug in Mannhagen.
Die Wahlhandlung beginnt in Gemäßheit des § 9 des Wahlreglements um 10 Uhr Vormittags und wird um 6 Uhr Nachmittags geschlossen.
Sämmtliche Gemeindevorstände haben nach § 8 des Reglements in ihren Ortschaften den Namen des Wahlvorstehers ihres Bezirks und dessen Stellvertreters, das Wahllocal, sowie Tag und Stunde der Wahl spätestens bis zum 22. d. M. in ortsüblicher Weise bekannt zu machen.
Die Wahlvorsteher und deren Stellvertreter werden auf die genaue Befolgung der Bestimmungen des Wahlgesetzes für den Reichstag vom 31. Mai 1869 und des Wahlreglements vom 28. Mai 1870 aufmerksam gemacht und noch besonders darauf hingewiesen, daß der Wahlvorsteher nach § 10 des Reglements den Protocollführer und die Beisitzer mindestens zwei Tage vor dem Wahltermine zum zeitigen Erscheinen an diesem Tage einzuladen hat.
Schließlich wird bemerkt, daß die vorstehende Bekanntmachung der Wahlbezirke, Wahlvorsteher, Stellvertreter und Wahllocale den jedesmaligen Gemeindevorständen Zwecks ortsüblicher Notification noch besonders zugehen wird.
Schönberg, den 15. Februar 1870.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben. C. L. v. Oertzen. C. v. Oertzen.


Mit der heutigen Nummer wird Nr. 6, Inhaltsverzeichnis und Sachregister pro 1870 des Bundesgesetzblattes versandt.


Anzeigen.

Holz-Auction.
Freitag den 24. Februar d. J. sollen im Strohkircher Holze, Vitenser Forste, meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden:

Eichhester zu Nutz- und Pfahlholz tauglich,
buchen Drümme,
buchen 3.7.7' Fadenholz,
buchen Fuderholz,
eichen Durchforstungs-Fuderholz.
Die Auction beginnt des Morgens 10 Uhr und wollen Käufer sich im Strohkircher Ho!ze im Fadenholzhau einfinden.
Vitense, den 20. Februar 1871.
Wiegandt, Förster.


Vermischte Anzeigen.

In einer vielfach verbreiteten, von dem Herrn Th. A. Richter im Namen der vereinigten liberalen Wahl-Committen erlassenen Ansprache an die Mecklenburg-Strelitzer, de dato Friedland den 12. Februar d. J., heißt es unter Anderem: "Der Candidat aller Freisinnigen in Mecklenburg-Strelitz ist der Gutsbesitzer Pogge auf Blankenhof, der für unser Land seit Gründung des Norddeutschen Bundes unser bewährter Vertreter im Reichstage gewesen ist, mit Ausnahme der einen Session, in welcher wir durch die unglückseligen Rechenfehler im Feldberger Amte um unsere rechtliche Vertretung gekommen waren, der unser volles Vertrauen besitzt und der sich bereit erklärt hat, auch im neuen deutschen Reichstage uns zu Vertreten." Ich halte mich zur Steuer der Wahrheit für verpflichtet, hierdurch zu constatiren, daß die obige Angabe, es sei bei einer früherem Reichstagswahl "durch die unglückseligen Rechenfehler im Feldberger Amte" ein der Kandidatur des Herrn Gutsbesitzers Pogge auf Blankenhof schädliches Resultat herbeigeführt worden, völlig unwahr und aus der Luft gegriffen ist. Es ist allerdings bei jener Wahl das ursprüngliche Wahlresultat durch Beschluß des Reichstages berichtigt worden, das Amt Feldberg ist jedoch dabei gänzlich und durchaus unbetheiligt gewesen. Jedermann wird erkennen, zu welchen Zwecken der Herr Th. A. Richter das "Feldberger Amt" in seine Ansprache hineingezogen und darin anzugreifen gesucht hat. Er würde seiner Sache besser gedient haben, wenn er sich strenge bei der Wahrheit gehalten hätte.
Feldberg, den 16. Februar 1871.
von Oertzen, Drost.


Nach langem Leiden entschlief am 18. d. M., Morgens 7 Uhr, unser geliebter Sohn und Bruder Kurt Wittmütz zu einem bessern Erwachen.
Um Stille Theilnahme bitten die tiefbetrübten Hinterbliebenen.
Schönberg den 21. Februar 1871.


[ => Original lesen: 1871 Nr. 15 Seite 3]

Der Unterzeichner beehrt sich, hiedurch bekannt zu machen, daß die allgemeine Hauscollecte zum Besten verwundeter und im Felde erkrankter Krieger im Fürstenthume Ratzeburg die Gesammtsumme von

2050 Thalern

eingebracht hat.
Nachdem bereits unter dem 28. Januar c. 1550 Thaler dem Herrn Landes-Delegirten übermittelt worden, worüber seiner Zeit die bezügliche Quittung mitgetheilt wurde, sind am gestrigen Tage 500 Thl. nach Feldberg gesandt und wird die Empfangs-Bescheinigung wiederum zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden.
Nachstehend erfolgt das Verzeichniß der aus den einzelnen Ortschaften eingegangenen Gaben:

A. Aus den Vogteien.
I. Vogtei Schönberg.
1. Bardowick 11 Thlr. 10 ßl.
2. Blüssen 8 " 28 "
3. Gr. Bünsdorf 19 " 4 "
4. Kl. Bünsdorf 5 " - "
5. Falkenhagen 32 " 28 "
6. Grieben 28 " 16 "
7. Hohe Meile 2 " 16 "
8. Kleinfeldt 25 " 40 "
9. Lindow 14 " 36 "
10. Lübseerhagen 10 " 42 "
11. Mahlzow 22 " 28 "
12. Dorf Menzendorf 17 " 16 "
13. Hof Menzendorf 10 " 8 "
14. Papenhusen 7 " - "
15. Dorf Rabensdorf 6 " 28 "
16. Hof Rabensdorf 17 " 12 "
17. Retelsdorf 21 " 4 "
18. Rodenberg 14 " - "
19. Rottensdorf 9 " 8 "
20. Rüschenbeck 10 " - "
21. Sabow 14 " 4 "
22. Bauhof Schönberg 9 " 12 "
23. Schwanbeck 28 " 26 "
24. Dorf Selmsdorf 73 " 33 "
25. Hof Selmsdorf 12 " 44 "
26. Gr. Siemz 12 " 24 "
27. Kl. Siemz 13 " - "
28. Sülsdorf 50 " 36 "
29. Teschow 23 " 4 "
30. Törpt 10 " - "
31. Dorf Zarnewenz 15 " 28 "
32. Hof Zarnewenz 4 " 28 "
----------------------------
Summa 561 Thlr. 35 ßl.

II. Vogtei Rupensdorf.
1. Bechelsdorf 12 Thlr. - ßl.
2. Boitin-Resdorf 20 " 16 "
3. Duvennest 17 " 8 "
4. Herrnburg 37 " 35 "
5. Lauen 8 " 40 "
6. Lenschow 2 " 12 "
7. Dorf Lockwisch 24 " 8 "
8. Hof Lockwisch mit Westerbeck 24 " 36 "
9. Lüdersdorf 16 " 26 "
10. Kl. Mist 17 " 24 "
11. Niendorf 16 " 40 "
12. Ollndorf 6 " 22 "
13. Palingen 31 " 13 "
14. Petersberg 17 " 24 "
15. Rupensdorf 22 " 16 "
16. Wahlsdorf 5 " 12 "
17. Dorf Wahrsow 11 " 12 "
18. Hof Wahrsow 7 " 40 "
----------------------------
Summa 295 Thlr. 12 ßl.
 
III. Vogtei Stove.
1. Carlow 63 Thlr. 8 ßl.
2. Cronskamp 22 " 40 "
3. Hof und Dorf Demern 66 " 32 "
4. Klocksdorf 19 " 24 "
5. Kuhlrade 5 " 24 "
6. Neschow 1 " 44 "
7. Pogez 15 " 24 "
8. Gr. Rünz 17 " 20 "
9. Kl. Siemz 10 " 36 "
10. Samkow 15 " 8 "
11. Schaddingsdorf 10 " 32 "
12. Dorf und Hof Stove 11 " 12 "
----------------------------
Summa 273 Thlr. 16 ßl.

IV. Vogtei Mannhagen.
1. Bäk 12 Thlr. - ßl.
2. Campow mit hohe Leuchte 19 " 36 "
3. Heil. Land 4 " 16 "
4. Lankow 7 " 8 "
5. Dorf und Hof Mechow mit Wietingsbeck 30 " 8 "
6. Gr. Mist 32 " 22 "
7. Gr. Molzahn 16 " 2 "
8. Kl. Molzahn 16 " 34 "
9. Neuhof 18 " 32 "
10. Raddingsdorf 11 " 8 "
11. Rieps 24 " 20 "
12. Römnitz 8 " - "
13. Schlagbrügge 21 " 8 "
14. Schlag-Resdorf 7 " 16 "
15. Dorf Schlagsdorf 58 " 16 "
16. Hof Schlagsdorf 6 " 46 "
17. Schlag-Sülsdorf 15 " 44 "
18. Thandorf 34 " 42 "
19. Wendorf 13 " 8 "
20. Ziethen 48 " 7 "
----------------------------
Summa 406 Thlr. 37 ßl.

V. Vogtei Mannhagen.
1. Hammer 9 Thlr. 20 ßl.
2. Mannhagen 25 " - "
3. Panten 7 " 24 "
4. Walksfelde 24 " 24 "
----------------------------
Summa 66 Thlr. 20 ßl.

B. Aus den Städten.
1. Schönberg mit Amt, Mühle, Bahnhof, Feldziegelei 327 Thlr. 18 ßl.
2. Domhof mit Palmberg 58 " 16 "
Summa 385 Thlr. 34 ßl.

C. Aus den Allodialgütern.
1. Dodow 17 Thlr. 20 ßl.
2. Alt- und Neu-Horst 33 " 2 "
3. Torriesdorf 10 " 16 "
Summa 60 Thlr. 38 ßl.

Recapitalatio:
Aus den Vogteien 1603 Thlr. 24 ßl.
Aus den Städten 385 Thlr. 34 ßl.
Aus den Allod.-Gütern 60 Thlr. 38 ßl.
Gesammtsumme 2050 Thlr. - ßl.

Hiermit hätte die Ratzeburgische Hauscollecte ihren Abschluß erreicht, doch bringt der Unterzeichnete mit Bezugnahme auf seine Bekanntmachung vom 29. Januar d. J. in Erinnerung, daß er zur Annahme der monatlichen Gaben jederzeit bereit ist. Auch über diese wird er später das betreffende Verzeichniß mittheilen.
Schließlich fühlt er sich gedrungen, den Spendern dieser reichen Gaben seinen aufrichtigen und tiefempfundenen Dank hierdurch auszusprechen. Das Resultat der Sammlung hat seine Erwartungen weit überstiegen und ist ihm die von Neuem an den Tag gelegte Opferwilligkeit der Ratzeburger ein beredtes Zeugniß dafür, daß die hiesige Bevölkerung gerne große Opfer bringt, sobald es sich um eine allgemeine, wahrhaft nationale Sache handelt. Jeder, der an diesem Liebeswerke sich betheiligt, hat das schöne und trostreiche Bewußtsein, daß durch die Opfer, die er brachte, die Leiden des Nächsten gelindert und die Drangsale eines blutigen Krieges erträglicher gemacht wurden.
Schönberg 19, Februar 1871.
Der Delegirte für die freiwillige Krankenpflege im Fürstenthum Ratzeburg.
C. v. Oertzen.


Es liegt so nah, anzunehmen, daß die Mehrzahl der Bewohner des Fürstenthums Ratzeburg, noch nicht wisse: wem sie bei der bevorstehenden Wahl eines Reichstagsabgeordneten ihre Stimme geben will, und um so leichter wird es einer gewissen, den Conservativen entgegen stehenden Partei, mit ihrem Vorschlage durchzudringen, wenn sie demnächst, wie in früheren Jahren, auf geheim gehaltenen, aber dennoch nicht ganz unbekannt gebliebenen Wegen bei ihren Anhängern mit ihrem Candidaten hervortritt.
Wir halten deshalb uns verpflichtet: alle diejenigen wahlberechtigten Einwohner dieses Landes denen darum zu thun ist, und daran gelegen sein muß, den Beweis zu liefern, daß die von jedem

[ => Original lesen: 1871 Nr. 15 Seite 4]

Ratzeburger echten Schrot und Korns schon mit der Muttermilch eingesogene conservative Gesinnung trotz aller Zersplitterung der Ansichten hier im Lande noch immer die überwiegende sei, öffentlich hiemit aufzufordern:
Mit uns den bereits von der conservativen Partei im Großherzogthum Mecklenburg-Strelitz in Vorschlag gebrachten Drost von Oertzen in Feldberg zum Reichstagsabgeordneten zu wählen.
Wir lernten diesen Mann kennen, als er vor kurzer Zeit von hoher Großherzoglicher Landes-Regierung nach Schönberg delegirt war, und hatten Gelegenheit in seiner Persönlichkeit das bestätigt zu finden, was der ihm vorangegangene Ruf uns bekundet hatte.
Daher tragen wir denn auch kein Bedenken, öffentlich es auszusprechen: daß der Drost von Oertzen-Feldberg ein sehr unterrichteter, umsichtiger, biederer und offener Ehrenmann ist, dessen Willenskraft und Redegabe uns dafür bürgt, daß er nicht wie andere, frühere Abgeordnete, sich scheuen werde, eine jede, auch im Reichstage ihm gebotene Gelegenheit zu benutzen, für das Wohl und das Beste des Landes, welches er vertritt, nach Kräften zu wirken. So wählet denn, Ihr Ratzeburger, dem Urtheile mehrerer Mitbewohner dieses Landes vertrauend, die hier keinen andern Zweck vor Augen haben, als Euch auf einen durchaus befähigten Mann für die Wahl hinzuweisen, Alle zum Reichstagsabgeordneten den Drost v. Oertzen in Feldberg.
Mehrere conservative Bewohner des Fürstenthums Ratzeburg.


Die Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt ist an jedem Mittwoch von 8 - 12 Uhr Vormittags geöffnet.
Die Ersparniß-Anstalt nimmt jederzeit Einlagen an und berechnet auf jeden eingelegte Thaler alljährlich ein und drei Viertel Schilling Zinsen. Wird die Einlage im Antoni- oder Johannistermine gemacht, so laufen die Zinsen von den betreffenden Termine an; wird sie außerhalb der Terminszeit gemacht, so beginnt die Verzinsung vom ersten des auf die Einzahlung folgenden Monats an. Die Zinsen werden dem Capitale im Hauptbuche zu Antoni und Johannis zugeschrieben und wieder verzinst, ohne das es einer Vorlegung der Einlagebücher bedarf.
Die Vorschuß-Anstalt nimmt gleichfalls jederzeit fremde Gelder zur Verzinsung an, und zahlt die Zinsen - im Gegensatz zur Ersparniß-Anstalt, bei welcher dieselben gutgeschrieben werden - in dem auf die Belegung folgenden Termine und alsdann regelmäßig zu Antoni und Johannis baar aus.
Die Vorschuß-Anstalt gewährt ferner jederzeit Darlehen in der Regel gegen 5 % Zinsen aufs Jahr gegen Wechsel und unter Bürgschaft zweier solider im hiesigen Fürstenthume wohnhafter Männer oder unter Verpfändung solider Werthpapiere.
Das Directorium der Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.
Wigger. Burmeister. W. Saß. Aug. Spehr. C. Drevs.
Secretair : R. Rackow, Adv.


Von Ostern an kann ich einen Knaben in Pension nehmen.
Schönberg, den 16. Februar 1871.
Dr. Juling, Mathematiker.


Von unserem bisherigen Reichstags-Abgeordneten, dem Herrn Gutsbesitzer Pogge auf Blankenhof, bin ich benachrichtigt, daß derselbe am nächsten Sonntag den 26. Februar, Nachmittags 3 Uhr, bei der Frau Ackerbürgerwittwe Boye hieselbst eine Versammlung abhalten wird zur Besprechung der bevorstehenden Reichstagswahl, wozu die Wähler hiedurch eingeladen werden.
Schönberg den 20. Februar 1871.
Kindler, Advocat.


Zu verkaufen ein neues Harmonium (kleine Orgel), passend für kleine Kirchen oder Schulen bei O. J. F. Soltau, Instrumentenmacher in Ratzeburg.


F. Schlüter in Ratzeburg empfiehlt zu billigsten Preisen seine Fabrikate, wie:
Selters, Sodawasser und Brauselimonade angelegentlichst.
Niederlage hält zu Fabrikpreisen Aug. Spehr in Schönberg.


400,000 Stück gut gebrannte Mauersteine, wovon Proben zur Ansicht vorliegen, sind zum soliden Preise franco Schönberg abzugeben. Näheres bei Aug. Spehr.


Zucker-Riesen-Runkel-Rüben-Saamen.
Von einem Verwandten aus Ungarn erhielt ich 500 p Zucker-Riesen-Runkel-Rüben-Saamen. Diese Rüben werden auf mildem Boden 20 bis 30 Pfd. à Stück schwer, sind sehr blätterreich, mit krausen Blättern und gelbem Fleisch. Die Blähung kann alle 6 Tage geschehen, da die Rübe sehr wurzelfest ist, liefert somit den 3fachen Nutzen der hier sonst eingeführten Rüben.
Bestellungen werden Gebrauchsanweisungen beigefügt. Das Pfd. Saamen kostet 20 Sgr. oder 32 ßl. Briefe und Gelder franco.
Schwerin.
Aug. Reich, Waisenstr. 7.


Versammlung der Schützen-Mitglieder wegen Rechnungsablage am Donnerstag den 23. Februar, Nachmittags 4 Uhr, im Hause der Frau Gastwirthin Boye.
Capitain und Aelteste der Schützenzunft.
Egert. Hagemeister. Schwedt.


Zum halben Preise empfiehlt eine Partie moderner Kleiderzeuge August Creutzfeldt.


Zahnweh Nervöses Zahnweh wird augenblicklich gestillt durch Dr. Gräfströms schwedische Zahntropfen á Flacon 7 1/2 Sgr. ächt zu haben in Schönberg bei Carl Bade.


Möbel-Magazin.
Das Möbel-Magazin im Hause des Kaufmanns Wieschendorf empfiehlt den geehrten Landbewohnern und einem geschätzten Publicum Schönbergs eine Auswahl modern und dauerhaft gearbeiteter Tischler- und Stuhlmacher-Arbeiten zu möglichst billigen und festen Preisen, auch nimmt das Magazin Bestellungen auf Aussteuern und einzelne Arbeiten jeder Art an, welche prompt und reell ausgeführt werden.
Schönberg, 1871.
Die vereinigten Tischlermeister.


W. Kolls, Juwelen-, Gold- u. Silber-Waaren-Handlung Lübeck, Sandstrasse 1006.
Bestellungen werden billig und prompt ausgeführt.


Hiezu Officieller Anzeiger Nr. 12; ferner eine Beilage und ein Saamen-Verzeichnis des Kunst- und Handelsgärtners Carl Sörensen zu Schönberg.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1871 Nr. 15 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 15 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 21. Februar 1871.


Für Confirmanden schwarze und couleurte Kleiderzeuge - neue Sachen - Umschlagtücher, weiße abgepaßte Unterrockszeuge, schwarzes Seidenzeug - in schöner Qualität - schwarzes Tuch und Buckskin, halbwollene Rocks- und Hosenzeuge u. s. w. empfiehlt zu äußerst billigen Preisen August Creutzfeldt.


Kalidünger und Viehsalz empfiehlt H. L. Haukohl, Lübeck.


Wegen Aufgabe meines Manufacturwaaren-Geschäfts werden sämmtliche Sachen zu Einkaufspreisen gegen baare Zahlung verkauft.
Ratzeburg.
Moritz Stein.


Joh. H. Habich & Co., Celle, Mitglieder der Habich'schen Familie, in deren alleinigem Besitze sich die Fabrik-Geheimnisse der eingegangenen alten Firma: J. H. Habich's Sohn befinden, setzen die Fabrikation von Kau-, Rauch-, Schnupftaback und Cigarren unter der Firma: Joh. Hr. Habich & Co. fort. Die Fabrikate von der alten renommirten Qualität, von den bewährtsten Werkmeistern der früheren Firma angefertigt, werden bestens empfohlen und können sofort geliefert werden.
Aufträge werden brieflich erbeten.
Celle, Jan. 1871.


Club im Hause des Herrn Aug. Spehr am Mittwoch den 22. Februar. Mittagessen um 3 Uhr.


Gesucht wird zu Ostern ein fleißiges, ordentliches Mädchen, am liebsten vom Lande, gegen guten Lohn. Näheres in der Exped. d. Bl.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pf.12 - 12 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Holst. d. Pf.13 - 14Schilling (Mecklenburg),
Hasen d. St.36 - 48 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.30 - 32 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.20 - 22 Schilling (Mecklenburg),
Küken d. St.12 - 14 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.5 - 6 Schilling (Mecklenburg),
Spickgans d. St.28 - 36 Schilling (Mecklenburg),
Flickgans d. St.24 - 30 Schilling (Mecklenburg),
Schinken d. Pf.10 Schilling (Mecklenburg),
Schweinskopf d. Pf.6 Schilling (Mecklenburg),
Wurst d. Pf.11 Schilling (Mecklenburg),
Eier 4 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln d. Faß.5 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(Alles per 200 Pfund in Lüb. Cour.)
Weizen17 1/2 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Roggen12 1/2 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 1/4 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer11 - 11Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Erbsen12 - 13Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Wicken12 - 14Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 18Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)


- Die lange belagerte Festung Belfort hat am 16. Februar capituliert, die 12,000 Mann starke Besatzung zieht in Anbetracht ihrer tapferen Vertheidigung mit Ehren frei ab.
- Der Waffenstillstand ist um fünf Tage, bis zum 24. Februar, verlängert.
- Der Friede ist anscheinend mit Sicherheit zuerwarten. Sämmtliche Generale der französischen Ost- und Westarmeen, einschließlich Garibaldi, haben die Fortsetzung des Krieges für unmöglich erklärt. Die betreffenden Verhandlungen mit Bismarck werden von Favre, Thiers und Chaudordy geführt.
-Der deutsche Kaiser soll kürzlich als die rein militairisch hervorragendsten Waffenthaten die Schlacht von Mars la Tour, die Gefechte der 17. Division (Mecklenburger und Hanseaten) bei Orleans und die Vertheidigung Werders gegen Bourbaki bezeichnet haben.
- Pariser Zeitungen, die für den Frieden sind, veröffentlichen eine wahrheitsgemäße Darstellung der augenblicklichen militärischen Lage Frankreichs. Die Truppen der französischen Nordarmee unter Faidherbe werden auf ca. 40000 Mann geschätzt. Man gesteht jedoch, daß sie in Lille erst wieder organisirt werden müßten, denn sie seien zum Theil, in Auflösung und hätten eine große Menge von Kranken. Der Bericht giebt zu, daß diese Truppen gegen die Armee des Generals von Goeben nichts ausrichten könnten, selbst wenn sie die Besatzung von Havre, berechnet auf höchstens 12,000 Mann, an sich heranzögen. In Cherbourg steht General Briand mit dem 19. Corps. Derselbe sollte eigentlich nach der Affaire von Le Mans dem General Chanzy zu Hülfe kommen, was aber durch die Flankenbewegung von Truppentheilen der Armee Prinz Friedrich Carls verhindert wurde. Die Armee, die zum Concentrationspunkt Laval hat, mag im Ganzen nach französischer Schätzung 70-80000 Mann stark sein. Aber es wird hinzugefügt, daß der schlechte Gesundheitszustand den moralischen Halt auch dieser Truppe erschüttert habe. Zu ihrer Rekrutirung könnten diese Armeen, da Bourbakis Heer von französischem Boden verschwunden ist, nur noch derjenigen Contingente sich bedienen, die im Lager von St. Omer stehen, die aber nur 10-12,000 Mann zählen, und deren Ausrüstung als höchst elend geschildert wird.
- Im deutschen Hauptquartier macht es einen angenehmen Eindruck, daß Menotti Garibaldi aus freiem Antrieb dem General v. Manteuffel ein artiges Schreiben gesandt hat, in welchem er anzeigt, daß die als vermißt bezeichnete Fahne des 61. preußischen Infanterieregiments auf dem Schlachtfelde unter einem Haufen von Todten und Verwundeten gefunden worden ist. Es geht aus dieser Angabe des Feindes unzweideutig hervor, daß das Regi-

[ => Original lesen: 1871 Nr. 15 Seite 6]

ment seine Fahne auf's Tapferste vertheidigt hat und daß die Sterbenden sie mit ihren Leibern beschützten.
- Labouchere schreibt: Werden die Preußen in Paris einziehen? Seit ich von Versailles fort bin, fragt mich dies jeder Franzose und ich bin fest überzeugt, diese eitle einfältige Nation sähe es lieber, wenn Kaiser Wilhelm die Kriegsentschädigung verdoppelte, als wenn er mit seinen Truppen die Rue Rivoli hinunter marschirte.
- Aus dem deutschen Hauptquartier in Versailles erging an den Kaiser Napoleon auf Wilhelmshöhe die Weisung, sich fernerer Ueberschreitungen der Rechte eines Kriegsgefangenen zu enthalten, beziehungsweise in den Gang der Ereignisse ferner weder durch Proclamationen, noch durch Proteste, noch durch sonstige öffentliche Kundgebungen eingreifen zu wollen. Zugleich wurde die krassere Ueberwachung des kaiserlichen Gefangenen angeordnet.
- Das internationale Comite in Basel veröffentlicht unter dem 6. d. seine 14. Liste, enthaltend die in Auray internirten deutschen Kriegsgefangenen. Es finden sich darin folgende Namen von Ratzeburgern: Joachim Burmeister aus Campow, Hans Drews aus Selmsdorf, Heinr. Groth aus Panten, Joh. Lender aus Schlagsdorf.
- Vom Werder'schen Corps berichtet ein Feldpostbrief: Wenn wir so dem Feinde gegenüberlagen und die Kälte uns gar zu beschwerlich wurde, da rief Einer: "Hurrah, was müssen die Franzosen da drüben frieren", und dies Stichwort erhielt uns dann wieder eine Zelt lang bei guter Laune. - Noch kräftiger übertrumpfte ein Pommer im Süd-Elsaß den Winterfrost. Als ein Eingeborener sich über die 10 Grad Kälte beklagte, sagte er stolz: so ein frostiger Land! Bei uns zu Lande thaut es noch bei solchem Wetter.
- Am 12. Februar brach vollständig unerwartet eine große Ueberschwemmung über Wien herein. Ein großer Theil der Leopoldstadt, der Landstraße und der Rossau, sogar ein Theil der innern Stadt stand unter Wasser. Kolossale Eismassen haben sich über die Ufer des Donaucanals geschoben und Tausende von Menschen mußten bei sinkender Nacht aus ihren Wohnungen flüchten.
- Die Italienische Kammer hat dem Papste eine jährliche Dotation von 3,225,000 Franks bewilligt.
- Im deutschen Hauptquartier in Versailles sind als Geschenk einer Brauerei in Coburg vier Eimer Lagerbier vom Mutterfaß angekommen, ein Eimer für den deutschen Kaiser und je ein Eimer für Bismarck, Moltke und den Herzog von Coburg. Nach einem scharfen Ritt, wie es dieser Feldzug war, schmeckt ein kühler Trunk doppelt gut.
(Lazareth-Plaudereien.) Es war auf Vorposten vor Paris, als ein ächter Spree-Athener aus der Linie zurückkam das ganze Gesicht mit Blut bedeckt. Er war bei einer Neckerei mit feindlichen Schützen am Kopfe stark verwundet worden und wollte sich verbinden lassen. Ein Lieutenant fragte mitleidig, wohin er wolle. Der Blessirte, die weiche Stimmung des Officiers benutzend, fragte lebhaft: Herr Lieutenant, haben Sie keine Cigarre? Der Officier zog sein Etui und überreichte ihm ein halbes Dutzend jener feinen Havanna-Cigarren, die bei Potsdam wachsen. - Vor Paris gab es wiederholt Zeiten, wo die deutschen Krieger unter Granatenregen 'langsamen Schritt nach Zählen' übten. Das behagte manchem Reservisten von 27 Jahren wenig und mancher Grenadier beging lieber irgend eine Dummheit, um ins Arrestlocal zu kommen. In einem behaglichen Stübchen rauchte ich gemütlich eine Pfeife Kanaster und dachte: 'Na, wenn sie mich hier nur recht lange sitzen lassen wollten, ich würde hier gern den Frieden abwarten.' - Wenn wir abgemattet und ausgehungert in's Quartier kamen, war unsere erste Frage an die Wirthsleute: 'Nix de päng? (Brot), Antwort: Non! - Nix de wäng? (Wein), Non! - Nix de frommage? (Käse), Non! - Nix de l'o? (Wasser) Wui! Wui! und die Alte brachte einen gewaltigen Kübel mit Wasser angeschleppt. Und wenn wir darauf die Kisten und Kasten öffneten und die Thüren mit den Gewehrkolben einschlugen, fanden wir Alles vor, wonach wir Appetit hatten. - Ein Offizier tritt zu einem Posten vor Paris heran und fragte, was er da mache. 'Ja, antwortet der ehrsame Preuße, 'da drüben steht ein Franzose, der immerfort auf mich schießt. Ich habe auch schon alle meine Patronen auf den Hallunken verschossen, ohne ihn zu treffen. Der Kerl bückt sich immer geschwind.' Der Officier fragt nach seinem Namen und geht fort. Der Füsilier ist in tausend Aengsten, weil er fürchtet, in Strafe zu kommen, da das Schießen verboten war; wie freudig war er aber überrascht, als er nach einigen Tagen das eiserne Kreuz erhielt. - Mir erzählte einst ein französischer Schlachter, daß ihm bei jeder Nachricht von einem Siege französischer Waffen, wie sie lügenhafter Weise im Volke verbreitet wurden, das Herz in die Hosentasche falle, weil er regelmäßig gleich darauf preußische Einquartierung bekäme. - In einem Gefecht bei Vendome bekam ein derber Rheinländer einen Franzosen beim Schlawittchen, entwaffnete und schleppte ihn als Gefangenen weg. Der Franzmann guckte seinem Sieger seltsam in die Augen und rief in gutem Deutsch: 'Ei Herrjes, bist Du nicht der Bäcker Fritz Kube?' 'Oui'' sagte der Mann vom Rhein und erkannte sofort in ihm einen ehemaligen Collegen, mit dem er in Straßburg zusammen gearbeitet hatte. - Vor Metz schoß ein Franzose auf einen Deutschen, ohne ihn zu treffen. Dieser nahm seine Mütze ab und markirte: Links vorbei. - In den Feldlazarethen wurden große Weinflaschen in Ermangelung von kleinen Flaschen zu Medicingläsern verwandt, und da es sehr häufig vorkam, daß allen Insassen einer Stube dasselbe Sammelsurium verschrieben wurde, so gab man die Flasche, aus der man einen tüchtigen Schluck that, von Bett zu Bett. Es fehlte nur noch der Rundgesang. - Am Ufer der Mosel saß ein Soldat und angelte. Eine Frau, einen Karren mit Butter, Speck und Brot führend und zu ihm herantretend sagt zu ihm: 'Da werden Sie wenig fangen!' 'O', antwortete lachend der Reservist, 'was ich nicht fang', das fängt mein Kamerad!' Inzwischen hatte sich sein Freund mit einem tüchtigen Stück Brot und Butter davon gemacht. - An unsere Compagnie kam einst der Brief einer Frau in Berlin mit der Anfrage, ob ihr Mann noch lebe, sie hätte jetzt die beste Gelegenheit, sich gut zu verheirathen. Ihr theurer Ehegemahl, der voller Sehnsucht nach seinem Ehedreiviertel war, hatte seine besondere Freude an dem Schreiben. - Einst fragte ich einen Freund, der sich anerkanntermaßen in vielen Gefechten durch Muth und Tapferkeit ausgezeichnet hatte, warum er noch keinen Orden trage, worauf der schauderhafte Mensch sagte: 1) habe er im Kugelregen hinter keinem Baum gestanden, 2) keinen Officier poussirt und 3) nicht beim Herrn Feldwebel geschrieben. Solche Redensarten sind doch grenzenlos schmählich. - Unser Zug erstürmte einmal im Gefecht ein Gehöft. Da wir ringsum Alles für sicher hielten, stellten wir die Gewehre zusammen. Mit einem Male kommen aus allen Thüren und Fenstern der Ställe und Böden eine Menge Franzosen zum Vorschein. Wir fürchteten einen Ueberfall. Doch mit einer Geschwindigkeit von 0,85 warfen sie ihre Picken weg und ergaben sich als Gefangene. - Wie oft geschah es, daß unsere Ulanen auf ihren Patrouillenritten Franzosen kaperten, sie an den Schwanz ihrer Pferde banden und dann bei uns vorüber sprengten, daß den lieben Franzmännern schwarz und grau vor den Augen wurde. Oder sie setzten zwei Fränzle auf ein Pferd und versetzten ihm einen kleinen Stoß, daß die armen Kerlchen zitterten wie Espenblätter.


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