No. 57
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 16. Juli
1867
siebenunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1867 Nr. 57 Seite 1]

- Die Meckl. Anz. kommen noch einmal auf die Frage wegen des Zeitpunkts des Eintritts Mecklenburgs in das gemeinsame deutsche Zollgebiete zurück, und bemerken darüber, nach nochmaliger Hervorhebung des in dem französischen Handelsvertrage liegenden Hindernisses und Wiederholung der Versicherung, daß über den jetzigen Stand der Verhandlungen zwischen Preußen und Frankreich dem Blatte nichts bekannt sei: "Was die Eventualität des Beitritts der mecklenburgischen Großherzogthümer zum Zollverein betrifft, so scheint sich so viel bei unbefangener Prüfung von selbst zu ergeben, daß auch, wenn jene Verhandlungen den erwünschten Abschluß finden sollten, der Beitritt immer noch eine Reihe von Vorverhandlungen und Vorbereitungen voraussetzen würde, derselbe daher selbst für diesen Fall als nahe bevorstehend nicht angesehen werden kann. Andererseits ist es keineswegs undenkbar, daß Mecklenburg einstweilen noch außerhalb des Zollvereins verbleiben könnte, und wird gerade für diesen Fall mit Preußen über ein Zoll=Cartel verhandelt worden sein, welches den vorläufigen Ausschluß Mecklenburgs vom Zollverein zur Voraussetzung hat. - Unter diesen Umständen kann unseren Landsleuten, und insbesondere den Kauf= und Handelsleuten nur anempfohlen werden, in ihren Speculationen auf den Eintritt in den Zollverein die größte Vorsicht zu beobachten."
- Marschall Bazaine hat Paris wahrscheinlich auf lange Zeit verlassen, um im Dunkeln seine Schande zu tragen. Er war der Oberbefehlshaber der Franzosen in Mexico und der roheste und brutalste Scherge Napoleons. Den unglücklichen Befehl, daß die gefangenen republikanischen Offiziere erschossen würden, hat er dem Kaiser Max durch tausend Drohungen und Quälereien entrissen, er rühmte sich dieser That in seinen bekannt gewordenen Briefen. Oeffentlich warf man ihm vor, daß er schon früher den Kaiser Max um Geld habe verrathen wollen und daß der Verrath nur an der Ehrenhaftigkeit der Gegner gescheitert sei; er konnte sich nicht dagegen vertheidigen. General Lopez, der den Verrath fortgesetzt und vollendet hat, ist Bazaine's Onkel. Bazaine hatte die Nichte Lopez's in Mexiko geheirathet und ihm den Orden der Ehrenlegion verschafft. Dieser Orden ist dem Verräther jetzt aberkannt worden. In Paris erklärte sich alles gegen den Marschall, die öffentliche Meinung, die Officiere, die unter ihm gedient, die Senatoren, seine Collegen, alles wies mit Fingern auf ihn; dennoch hatte er die Stirn zu bleiben, bis ihm ein kaiserlicher Wink zukam, zu verschwinden. Napoleon fühlte die Nothwendigkeit, der öffentlichen Meinung ein Zugeständniß zu machen.
- Man erschrickt über Oesterreichs Schuldenlast. Der amtliche Bericht der Reichstags=Commission an den Kaiser gibt sie auf mehr als 3 Milliarden Gulden an und die jährliche Verzinsung derselben auf 130 Millionen. Der Bericht lautet sehr ernst. 130 Millionen Gulden müssen Oesterreichs Völker jährlich aufbringen, nur um die Zinsen der Reichsschuld zu decken!
- Die Diplomaten haben keine Angst, daß ihnen der Stoff einmal ausgehen könne, sie haben ein ganzes Schubfach voll Fragen in Vorrath und brauchen nur hineinzugreifen; denn da ist die orientalische, die skandinavische, die polnische, die deutsche Frage u. s. w. u. s. w. Der russische Kanzler Gortschakoff hat sogar noch eine neue Frage auf's Tapet gebracht, die irländische. Weil die Engländer immer über die Unterdrückung der Polen lamentiren, hat er den Spieß umgekehrt und gesagt und geschrieben: Ihr Herren Engländer, ihr sonderbaren Heiligen, kehrt einmal vor eurer eigenen Thüre! Eure Polen sind die Irländer, die ihr ihrer Nationalität beraubt habt, die ihr peinigt und unterdrückt und zu Millionen zur Auswanderung zwingt. Gebt doch euren Irländern ihre Freiheit und Selbständigkeit wieder und dann jammert über Andere. Nächstens werden die Russen die irländische Frage auf den großen europäischen Markt bringen.
- Die 102 armen Bergleute in Lugau schlafen den Todesschlaf, ihre Rettung ist unmöglich und bereits aufgegeben, denn der Schacht ist 360 Ellen von unten herauf vollständig gefüllt und ein Durcharbeiten soll innerhalb Jahresfrist unmöglich sein. Oben aber erheben sich entsetzliche Anklagen. Der Schacht soll sich schon seit längerer Zeit in liederlichem Zustand befunden haben und rechtzeitige Ausbesserung unterblieben sein. Der Director erhielt von jeder zu Tage geförderten Tonne Kohlen 5 Pfennige, der Steiger 2 Pfennige; der Steiger (der mit zu den Verunglückten gehört) soll immer die Ausbesserung widerrathen haben, weil sonst die Gewinnung der Kohlen unterbrochen worden wäre. Als am Unglückstage die Bergleute Unrath merkten, weil es krachte, hielt er sie mit Strafandrohungen zurück, sich zu retten. Der Director des Schachts ist in Haft und Untersuchung.
- In Rom wird eine Denkschrift verbreitet, welche der Welt die Nothwendigkeit des Fortbestandes der weltlichen Macht des Papstes beweisen soll. Den europäischen Regierungen wird darin ihr eigener Untergang angedroht, wenn sie das Papstthum, die Quelle ihrer Macht und Hoheit zerstören sollten. Die Schrift soll von sämmtlichen in Rom anwesenden Geistlichen unterschrieben werden; die Geistlichen verpflichten sich, die Lehre von der weltlichen Macht, sowie das von der unbefleckten Empfängniß zu predigen.
- Der weiße Arsenik soll im Hause des Bäckers Sauer in Würzburg von einer alten Magd in einem Topfe gefunden und von ihr den Gesellen übergeben worden sein, weil sie ihn für Mehl hielt. Die Gesellen sollen ihn zum Bestreuen des feinen Backwerks benutzt haben.
- In England ausgeführte Untersuchungen haben gezeigt, daß die Temperatur des drainirten Bodens zeitweise 1-1 1/2 Grad, regelmäßig aber 2/3 Grad über derjenigen des nicht drainirten Bodens steht. Der Vortheil der Drainage besteht also in dieser Beziehung darin, daß das Land gleichsam 30 Meilen weiter nach Süden versetzt wird.

[ => Original lesen: 1867 Nr. 57 Seite 2]

- Der Königin Tabackspfeife in London ist in voller Thätigkeit. So nennt der englische Volkswitz den mächtigen fiskalischen Ofen, in welchem die geschmuggelten Gegenstände verbrannt werden. Diesmal ist's wirklich Taback, der in der Pfeife brennt; ein deutscher Handelsherr hat große Massen Cigarren einzuschmuggeln versucht und ist ertappt worden. Der Spaß kostet ihm einige Tausend Thaler Strafe.
- Im Rotthale in Bayern hat sich seit vielen Jahren zum erstenmale wieder der Weizenkönig gezeigt und große Freude angerichtet. So nennen nämlich die Bauern die Weizenähre, deren oberste Spitze noch mit einem Korne besetzt ist. Nach einem alten Glauben bedeutet dieser König eine besonders ergiebige Ernte.
- Als der schnellste Dampfer Deutschlands hat sich die Cimbria bewährt; er hat die Reise von Hamburg nach Newyork, eine Strecke von 3491 Seemeilen, in 10 Tagen 17 Stunden zurückgelegt.
- Ein hübscher Aufsatz von Zelle führt uns in die Waisenanstalt in Rummelsburg bei Berlin. Die Büreauthür geht auf, ein Schutzmann tritt ein. Sein Rapport lautet, der Junge, den er mitbringt, sei in der Nacht obdachlos auf einem Schutthaufen am Berliner Thore gefunden worden. Nun entwickelt sich folgendes Verhör: Wie heißt du? - Wilhelm. - Wie als bist du? - Weiß ich nicht. - Nicht auf die Barriere klettern; hier wird still gestanden! Du siehst aus, als wärest du 6 Jahre? - Na, wenn Sie's wissen, warum fragen Sie denn? - Was hast du denn hinter dem Ofen zu suchen! Hier bleibst du stehen! Wie heißt dein Vater! - Auch Wilhelm! - Wie weiter? - Martin. - Wo wohnt er? - Bei Mutter Grün. - Wo seid ihr denn die Nächte gewesen? - Gewöhnlich in der Hasenhaide, da ist eine große Grube hinter den Schießständen. - Wo habt ihr gegessen? - Kartoffeln ausgebuddelt und in der Haide gekocht. Auch in der Dragonerkaserne abgekrigt. - Nun bist du schon wieder auf der Aktenleiter! Was ist dein Vater? - Maurer. - Geht er denn nicht auf die Arbeit?- Nein. - Was macht er denn? - Er säuft. - Er säuft! Hat er dir denn auch abgegeben? - Nein, nicht gern, aber ich wußte, wo die Pulle stand, und habe manchmal von selber. - Der Junge Martin wurde erst ernst und bedenklich, als er vor dem Instrumente stand, welches bei Aufnahme der Kinder zuerst in Anwendung kommt. Die Badewanne imponirte ihm offenbar. Und als er gar in's Wasser hinein mußte und als dann der große Kamm seine unbarmherzige Treibjagd anstellte, da wurde er ganz still. Es zog etwas wie Nachdenken und Wehmuth über sein Gesicht. Gebadet und gekämmt und dann noch reine Kleidungsstücke! Ein letzter Blick fiel auf den alten Adam, der in Gestalt von Jacke, Hose und Hemd in der Ecke lag, ein Klümpchen grauer Lumpen, mehr Loch als Zusammenhang. Und die Wärterin sondirte dies Häuflein mit vorsichtigen Fingern und brachte die einzelnen Stücke zu Papier und reichte dies am Nachmittag zu den Akten ein mit dem Schlußsatz darunter, den sie schon tausendmal niedergeschrieben und noch öfter niederschreiben wird: wegen Ungeziefer verbrannt."


Ein seltener Geiger.
[Erzählung]
(Schluß.)

[ => Original lesen: 1867 Nr. 57 Seite 3]

Ein seltener Geiger.
[Erzählung]
[Schluß.]


Die vom verstorbenen Büdner und Böttcher Oldenburg zu Kl. Mist hinterlassene, alldort belegene Büdnerstelle c. p. soll öffentlich meistbietend verpachtet werden in dem vor dem unterzeichneten Gerichte anstehenden Termine, am Montag den 29. Juli d. J., Morgens elf Uhr.
Pachtliebhaber werden mit dem Bemerken hiemit vorgeladen, daß die Verpachtungsbedingungen auf der Registratur des unterzeichneten Gerichts einzusehen, auch auf Verlangen gegen die Gebühr in Abschrift zu bekommen sind.
Schönberg, den 11. Juli 1867.
Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
(L.S.) A. Dufft.


Vermischte Anzeigen.

Heute Abend 7 Uhr wurde mir meine theure Gattin und meiner Kinder liebevolle Mutter, Mathilde geb. Struve, nach längerem Leiden durch einen sanften Tod entrissen.
Statt jeder besonderen Meldung.
Glambeck, den 13. Juli 1867.
V. Wentzel, Oberförster.


Die Gewinnliste zur Tombola am zweiten Königschußtage wird eine Stunde nach Beendigung der Ziehung für 1 Schilling (Mecklenburg) bei mir und auf dem Festplatze zu haben sein.
L. Bicker.


Soeben empfing und empfiehlt
Neuen Berger Flohm-Häring in vorzüglicher Qualität H. Schmidt.
Ratzeburg.


[ => Original lesen: 1867 Nr. 57 Seite 4]

Am Donnerstag und Freitag, den 18. und 19. Juli wird unser diesjähriger
Königschuß,
die Ausloosung der Tombola am 19., Nachmittags 4 Uhr, stattfinden und laden wir ein geehrtes Publikum, sowie namentlich unsere Land= und Hauswirthe hierzu freundlichst ein.
Gleichzeitig erlauben wir uns, vielfach ausgesprochenen Wünschen gerne entgegen kommend, hiermit die herzliche Bitte auszusprechen, daß sich beim Aus= und Einmarsche auch außer den Mitgliedern der Schützenzunft zunächst die Ehrenmitglieder, unsere Ratzeburger Hauswirthe, überhaupt anständiges Publikum jeglichen Ranges und Standes im einfachen Civil=Anzuge recht zahlreich betheiligen möge, damit unser im Ganzen so beliebter und gemüthlicher Königschuß immer mehr ein allgemeines Ratzeburger Volksfest werde.
Die Aeltesten der Schützenzunft.


Am Mittwoch den 17. Juli, Abends von 8 bis 10 Uhr
Harmonie-Musik
im großen Krüger'schen Zelte auf dem Schützenplatze.
Um 10 Uhr Zapfenstreich vom Festplatze aus durch die Stadt.
Wozu freundlichst einladen
Die Vereins-Musiker.


Honig,
pr. Pfund 10 Schilling (Mecklenburg), verkauft
J. Wegner in Schönberg.


Zum 1. und 2. Königschußtage, Nachmittags, empfehle ich sehr schmackhaften Crême und Frucht-Eis.
Conditor Greiff Wwe.


Gußstahl=Sensen in vorzüglicher Güte bei J. F. Eckmann.


Den geehrten Schützen Schönbergs zur gefälligen Nachricht, daß ich jetzt billige und dabei gute weiße
waschlederne Handschuhe vorräthig halte zur geneigten Abnahme.
Achtungsvoll Emil Jannicke, Handschuhmacher.


Am Sonntag, den 7. Juli, Abends, sind von einem ruchlosen Menschen meine Kühe von ihrer Weide fort und in mein Sommerkorn getrieben. Ich sichere demjenigen, der mir den Thäter zur gerichtlichen Bestrafung nachweist, 10 Thaler Belohnung zu.
Schulze in Wahlsdorf.


Da die Kaffeepreise in den letzten 14 Tagen bedeutend niedriger gegangen sind und ich gerade diesen Zeitpunkt zum billigen Einkauf benutzte, so bin ich im Stande, feinschmeckende kräft. Kaffee zu außergewöhnlich billigen Preisen zu liefern, so daß gewiß Keiner in dortiger Gegend nur annähernd mit mir concurriren kann. Ich liefere franco Schönberg pro Pfund 9 und 10 Schilling (Mecklenburg) meckl. Court.
Allerdings habe ich auch Sorten zu 7 bis 8 Schilling (Mecklenburg) auf Lager, jedoch für diese Qualitäten kann ich nicht garantiren.
Hamburg, im Juli 1867.
H. Hein, Cremon 29.
Da jetzt der Zollanschluß Mecklenburgs aller Wahrscheinlichkeit nach nahe bevorsteht, so wird es jetzt rathsam sein, sich mit obigem Artikel zu versehen.
D. O.


Meteorologische Beobachtungen.
1867
Juli
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
12.
13.
14.
15.
36.61
36.09
35.11
36.01
10.3
10.2
12.0
11.0
18.5
20.0
16.8
18.2
NNO
ONO
S
SW
1
1
0
1
zieml. heiter.
-
trübe.
zieml. heiter.

Am 14. Nachmittags 1 Uhr und 4 Uhr Gewitter; 99 Kubikzoll Regen auf 1 []'.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund11 - 11 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund11 1/2 - 12 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.14 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken, d. St.8 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund9 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund10 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfund5 Schilling (Mecklenburg).
Häringe, - St.- Schilling (Mecklenburg).
Eier 7 - 8 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Alte Kartoffeln, d. Faß7 - 8 Schilling (Mecklenburg).
neue12 Schilling (Mecklenburg).
Hamburger Blumenkohl, d. Kopf8 Schilling (Mecklenburg).
Hamb. Kirschen, d. Pfund3 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen26 - 27Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Roggen17 1/2 - 18Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Gerste14 - 15Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer10 3/4 - 11Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen14 - 15Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
W.=Rapsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wint.=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat20 - 21Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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