No. 60
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. Juli
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 60 Seite 1]

Steckbrief.

Der Knecht Johann Laudi, genannt Kessin, aus Selmsdorf, 42 Jahre alt, 5 Fuß 4 1/2 Zoll groß, mit braunen Haaren und bekleidet mit grauwollener Hose, schwarzenglischledernem Rock und schwarzer breitdeckliger Pelzmütze, sowie mit dem besonderen Kennzeichen einer scheinbar unheilbaren Wunde am rechten Schienbein, welcher bereits wegen Herumtreibens, wegen wiederholter Diebstähle und Brandstiftung bestraft, am 23. Januar c. aus der Strafanstalt Dreibergen entlassen und bei seinem Eintreffen hier in einen Dienst gewiesen wurde, hat diesen Dienst jetzt heimlich verlassen und sich so der polizeilichen Aufsicht entzogen.
Wir ersuchen daher alle Behörden, auf den Kessin vigiliren und denselben im Betretungs=Falle uns zuführen zu lassen.
Schönberg, den 19. Juli 1866.

Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


- Die 5tägige Waffenruhe datirt vom 22. d. M. an. Von der Waffenruhe zum Frieden ist Ein Schritt, aber ein gewaltiger und Oesterreich soll ihn gethan haben. Oesterreich hat auf den Vorschlag Frankreichs eingewilligt, aus dem deutschen Bunde auszutreten und eine Neubildung desselben ohne seine Theilnahme anzuerkennen. So berichten Telegramme aus Paris. Es ist dies eine Nachricht von der größten Wichtigkeit für Deutschland und für Oestreich und wohl das höchste Ziel der Siege Preußens. Es ist wohl kein Zweifel, die Ausschließung Oesterreichs aus Deutschland war wohl der Zweck und das Ziel des Krieges.
- Amtliche Nachrichten vom Kriegsschauplatze melden: Das Hauptquartier S. Maj. des Königs von Preußen befindet sich in Nicolsburg. Am 22. d. M. Nachmittags 6 Uhr waren in Nicolsburg der frühere österr. Kriegsminister General v. Degenfeld, der frühere Gesandte Oesterreichs am preuß. Hofe, Graf Karolyi, Herr v. Brenner und Graf Kuefstein eingetroffen, um über die Grundzüge des Friedens zu verhandeln.
- Die preußischen Armeen haben sich immer enger nach Wien hin zusammengezogen. Die erste und zweite Armee stehen in enger Verbindung am rechten March=Ufer. Ein Theil der Armee des Prinzen Friedrich Karl hat sogar schon die March überschritten und operirt bereits auf ungarischem Boden gegen Preßburg hin, während sich das Hauptcorps auf dem Marsch nach Wien befindet. Die Armee des Generals Herwarth ist nach Wiener Blättern schon dicht an der Donau, ungefähr Tuln gegenüber. Nach derselben Quelle soll auch General v. d. Mülbe über Prag und Budweis mit einem starken Corps auf Linz marschiren. In ganz kurzer Zeit könnte nun der Uebergang über die Donau stattfinden, wenn eben nicht die Waffenruhe dazwischen gekommen wäre. Die Soldaten fragen in jedem Dorfe: wie weit ist's noch nach Wien?
- Die Transporte schwerer preußischer Belagerungs=Geschütze nach Böhmen sind jetzt fast beendet. Den zur Operation gegen die böhmischen Festungen gebildeten Berennungs=Corps ist ein furchtbarer Belagerungs=Park zur Verfügung gestellt.
- Am 22. d. M. trafen die 7. und 8. Division (Fransecky und Horn) bei Preßburg (also auf ungarischem Boden) auf etwa 35,000 Oesterreicher. Das Gefecht nahm einen so glücklichen Gang, daß die Besetzung Preßburgs durch die Preußen wahrscheinlich eine Folge desselben gewesen wäre; es mußte aber wegen eingetretener Waffenruhe abgebrochen werden. Die preußischen Truppen blieben bis zum 23. Früh auf dem Schlachtfelde und wurden dann bis Stampfen (etwas über zwei Meilen nordöstlich von Preßburg, zwischen der March und den kleinen Karpathen) zurückgeführt. Die Verluste der Preußen waren gering, die der Oesterreicher bedeutender.
- Die Avantgarde des zweiten preußischen Reserve=Corps hat am 23. d. Mittags Hof erreicht und dort 60 Gefangene gemacht. Die Herstellung der zerstörten Eisenbahn ist im Werke. Die fünftägige Waffenruhe erstreckt sich demnach nicht auf die mit Oesterreich verbündeten Mächte.
- Aus Leipzig wird dem Ndd. C. berichtet: S. K. H. der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin hat am 21. Juli früh mit seinem Generalstabe die hiesige Stadt mittelst Extrazuges verlassen. Der Herzog von Altenburg, welcher zu dessen Begrüßung gestern früh hier eingetroffen war, ist bereits gestern Abend nach Altenburg zurückgereist. Die beiden ältesten Söhne Sr. K. H. des Großherzogs trafen zum Besuch ihres Vaters gestern Abend um 9 Uhr hier ein und haben sich heute früh nach Schwerin zurückbegeben. - Die Mecklenburger haben sich die Herzen der Leipziger dadurch sehr bald erobert, daß ihr prächtiges Musikchor sofort nach seiner Ankunft

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ihr sehr besuchtes Concert zum Besten der Verwundeten veranstaltet hat.
- Es wäre sehr schwierig, die Aufregung, welche gegenwärtig die Bewohner der österreichischen Hauptstadt beherrscht, nur annäherungsweise zu schildern. Bestürzung und Rathlosigkeit gewinnen immer mehr die Oberhand und die gänzliche Ungewißheit über die Gestaltung der allernächsten Zukunft vermehrt das Peinliche der Lage. Eine sehr große Menge Einwohner flüchtet aus der Stadt, während eine vielleicht noch größere Zahl aus der Umgebung gerade in Wien eine sichere Zuflucht sucht. Zudem stocken alle Geschäfte und Gewerbe, mit Ausnahme jener, welche Erfordernisse für die Armee zu besorgen haben, und durch Einstellung fast aller Straßen=Verbindungen steigen die Preise der Lebensmittel derart, daß viele Gattungen derselben seit einigen Tagen mehr als die doppelte Höhe erreicht haben. Indessen sind die Friedens=Unterhandlungen im vollen Gange und die Aussichten auf ein Zustandekommen sehr im Steigen, da die Bedingnisse für Oesterreich weniger drückend sein sollen, als anfänglich verlautete. Mittlerweile kommen die Preußen der Hauptstadt immer näher. Die Befestigung der Donaulinie ist aber von den Oesterreichern so hergestellt, daß auf allen Punkten ein feindlicher Uebergang äußerst erschwert wird. Besonders sind die Vertheidigungs=Anstalten in der Nähe Wiens wahrhaft großartig. Die Zahl der um die Stadt stehenden Truppen wird bereits auf 150,000 geschätzt, welche mit 300 Geschützen versehen sind und fortwährend frischen Zuzug aus den östlichen Provinzen, besonders aber aus dem Süden erhalten. Marschall Erzherzog Albrecht soll auch ganz vertrauensvoll sein.
- Vom Stephans=Thurme in Wien aus kann man ganz deutlich das preußische Lager sehen.
- Die preußische Avantgarde steht dicht vor den Verschanzungen von Florisdorf. Die Einwohnerschaft Wiens sieht den Horizont von preußischen Wachtfeuern beleuchtet. Die Eisenbahn=Abtheilung ist unausgesetzt thätig, die zerstörten Bahnstrecken wieder herzustellen.
- Die "Corresp. Stern" schreibt: "Es steht fest, daß die Contribution von 25 Millionen Gulden, welche der "vormals freien" Stadt Frankfurt auferlegt worden ist, um nichts ermäßigt werden wird. Man hat berechnet, daß bei einer Einwohnerzahl Frankfurts von 87,000 Seelen 356 Gulden auf den Kopf und, wenn die ganze Summe verzinst werden sollte, 18 Gulden auf den Kopf kommen würden. Die Stadt ist übrigens so wohlhabend, daß sie durch diese Abgabe nicht ruinirt wird. Sollten Zwangsmaßregeln nothwendig werden, so dürften sie sich auf die Einbehaltung der Zolleinkünfte oder auf die Beschlagnahme und den Verkauf von der Stadt gehörigen Gütern ausdehnen. Der Senat hat Bittgesuche nach London und Paris gerichtet, um Fürsprache bei Preußen zu erhalten; doch sind diese Schritte, wie vorauszusehen war, erfolglos geblieben."
- Am 23. Juli Abends war der der Stadt Frankfurt gestellte Termin zur Zahlung der weiteren Contribution von 25 Mill. Gulden abgelaufen. Da die Summe nicht gezahlt war, so wurden Zwangsmaßregeln angeordnet, die zunächst darin bestanden, daß die Senatoren und anderen Mitglieder der städtischen Behörde mit Einquartierungen belegt wurden, die bei jedem Einzelnen nicht unter 50 Mann bestand.
- Am 23. d. sind von Berlin vier Beamte der königlichen Bank zur Empfangnahme weiterer Millionen nach Frankfurt abgegangen.
- Der "Moniteur" vom 24. Juli meldet, daß Italien seinen Beitritt zum Waffenstillstand zur Kenntniß der französischen Regierung gebracht hat.
- Baiern hatte sich beim Könige von Preußen um Einstellung der Feindseligkeiten in Deutschland verwandt, worauf der König jedoch nicht einging.
- In den bedeutenderen Städten und den meisten Landbezirken Ostfrieslands werden Adressen für die Vereinigung des Landes mit Preußen vorbereitet.
- Auch aus Nassau wird eine Adresse an den König von Preußen vorbereitet, die um Vereinigung mit Preußen bittet.
- Wie es heißt, beabsichtigen die von Preußen im gegenwärtigen Kriege außer Besitz gestellten Fürsten die Zustandebringung eines Congresses, muthmaßlich in Wien, um sich über Wahrung ihrer Interessen zu berathen.
- Alle vom Kriegsschauplatze in Böhmen zurückkehrenden Reisenden sind voll des Lobes über die große Schonung, welche die preußischen Truppen auf ihrem Marsche den Feldern und Bäumen zu Theil werden lassen. Die Spuren der preußischen Armee sind, ausgenommen an den Orten, wo Treffen und Schlachten stattgefunden haben, nur ungefähr acht Fuß breite niedergetretene Striche an den linken Seiten der Chausseen. Die Bivouak=Stellen sind mit sorglicher Schonung der Felder, so weit das möglich war, ausgesucht; die Bäume an den Straßen unverletzt. Dagegen haben die Oesterreicher, wo sie bivouakirt haben, sehr großen Schaden angerichtet, besonders durch das Abhauen der Obstbäume und Abbrechen der Zweige, die sie zur Errichtung der Bivouak=Hütten für ihre Offiziere gebraucht haben. Auf lange Strecken sind die kräftigsten Obstbäume völlig ruinirt. Ueberhaupt hört man in Böhmen viele Klagen über das Benehmen der österreichischen Soldaten, die theilweise sehr schlimm gewirthschaftet haben müssen, und das mag es auch erklären, daß die böhmische Bevölkerung sich so theilnahmslos gegen die Verwundeten, auch gegen die ihrer eigenen Nationalität verhält. Auf den Höhen von Chlum und Lippa, wo große Verschanzungen aufgeworfen waren, sollen schon Wochen vor der Schlacht bei Königsgrätz die umfassendsten Vorbereitungen zur Befestigung dieser Punkte getroffen worden sein und die Oesterreicher auf ihren sieg und die völlige Vernichtung der preußischen Armee mit solcher Bestimmtheit gerechnet haben, daß sie die Gegend von Horzitz das "Preußen=Grab" tauften.
- Das Aufziehen der schwarz=weißen Fahne auf dem Hradschin in Prag hat den Stolz der Böhmen tief gedemüthigt. Der Cardinal=Erzbischof von Prag, Fürst Schwarzenberg, mit ein Haupt=Beförderer des bekannten Concordats=Abschlusses und Bruder des österreichischen Minister=Präsidenten Fürsten Felix Schwarzenberg, der im Jahre 1850 Preußen bei Olmütz so tief demüthigte und dessen Hauptbestreben dahin ging, solches wo möglich zu dem Range eines deutschen Mittelstaates wieder herabzudrücken, hat den preußischen Commandanten, General v. Rosenberg=Gruszczynski, sogar persönlich gebeten, sein Quartier wo anders als auf dem Hradschin zu nehmen und seine Fahne nicht gerade dort aufzupflanzen. Dieser hat aber die Bitte sehr höflich aber bestimmt dahin beantwortet, daß er bedaure, solche abschlagen zu müssen, denn es sei ein alter preußischer Kriegsgebrauch, daß der höchste Offizier auch sein Quartier in dem vornehmsten Schlosse einer besetzten feindlichen Stadt aufschlage und er könne daher auch jetzt nicht von dieser Sitte abgehen.
- Am 20. d. ward durch die Militär=Behörde unter Trommelschlag der Belagerungs=Zustand für die Festung Mainz nebst Castel und die Ortschaften Weisenau, Mombach, Gosenheim, Bretzenheim verkündigt.
- Nach dem Einzuge der Preußen in Brünn machte der dortige Bürgermeister Dr. Giskra dem Grafen Bismarck seine Aufwartung, die von Letzterem andern Tags erwiedert wurde. Bei dieser Gelegenheit kam das Gespräch auch, wie begreiflich, auf die brennenden Tagesfragen. Graf Bismarck äußerte sich dahin, daß der Frieden in zwei Stunden zu Stande gebracht werden könnte, wenn sich Oesterreich, statt bei der Fortführung der kriegerischen Politik zu verharren, sich mit Friedensvorschlägen direkt an den König von Preußen wenden würde. Au die Frage Giskra's nach den Grundlagen des Friedens entwickelte der preußische Premier seine Anschauungen, aus denen wir folgende maßgebende Punkte hervorheben: "Mit Ausschluß Venetiens soll

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die Gesammtheit Oesterreichs vollständig gewahrt bleiben; Preußen verlangt keine Abtretung österreichischen Gebiets, sondern wünscht nur, und zwar aus administrativen Rücksichten, einige Grenzveränderungen, wobei österreichisches Gebiet gegen preußisches ausgetauscht werden solle; ferner müsse durch den Frieden die Mainlinie gezogen werden."
- In den Gewehr=Fabriken zu Sömmerda, Danzig, Spandau und Erfurt herrscht seit Beginn des Krieges eine so große Rührigkeit, daß es möglich geworden ist, die gesammte Landwehr zweiten Aufgebots, welche zum Theil bisher noch auf die Minié=Gewehre angewiesen war, mit Zündnadel=Gewehren zu bewaffnen.
- Der preuß. Landtag ist auf den 30. Juli nach Berlin einberufen. Derselbe wird weder vom Könige in Person, noch vom Grafen Bismarck eröffnet, da die Gegenwart beider wegen der Friedensverhandlungen im Feldlager vor Wien nothwendig ist. Die Eröffnungsrede wird der Finanzminister v. d. Heydt halten. - Die Nachricht, daß Graf Bismarck, namentlich an Podagra, leidend sei, bestätigt sich nicht.
- Auf eine recht vernünftige und wahrhaft patriotische Art und Weise unterstützen die Arbeiter der Maschinen=Fabrik von Borsig in Berlin ihre zu den Fahnen einberufenen Collegen. Die Männer mit der schwieligen Faust und dem redlichen Herzen haben nämlich unter sich und unter Leitung aus ihrer Mitte gewählter Vertrauensmänner die Einrichtung getroffen, daß jeder Arbeiter allwöchentlich einen bestimmten Beitrag gibt. Aus dieser Sammlung erhält jeder Mitarbeiter, der sich unter den Fahnen befindet, monatlich 1 Thaler, jede Frau wöchentlich 1 Thaler und jedes Kind wöchentlich 10 Sgr., gleichviel, ob die zu Unterstützenden mehr oder minder bedürftig sind. Man geht von dem sehr richtigen und beherzigungswerthen Grundsatz aus: "Jede Frau, jedes Kind, deren Gatte oder Vater dem Vaterlande die heiligste Pflicht darbringt, indem er sein Leben nöthigenfalls dem Gemeinwohl weiht, hat ein gleiches Recht auf Unterstützung. Da dieselbe von Seite des Staats und der Commune nicht hinreichend gewährt wird, so legen sich die Braven für ihre Mitarbeiter diese Opfer auf.
- Wir entnahmen einem längeren Bericht über den Marsch der preußischen Armee nach Brünn folgende Schilderung, in welcher sich das schon früher der preußischen Cavallerie gespendete Lob wiederum bestätigt: "Die Einförmigkeit des Marsches wurde durch ein lebhaftes Cavallerie=Scharmützel in der kleinen Stadt Saar unterbrochen, welche etwa anderthalb Meilen westlich von Neustädtl liegt. Am Abend des 9. Juli hielten die österreichischen Husaren vom Regiment Hessen=Cassel Saar besetzt. Die preußische Cavallerie sollte am 10. Juli bis Jammy, eine Viertelstunde diesseits Saar, vorrücken, die Uhlanen vom 11. Regiment bildeten deren Avantgarde. Die Oesterreicher beabsichtigten, sich nach Brünn zurückzuziehen und die Husaren waren gerade im Begriff, sich zur Inspektion vor dem Abmarsche zu versammeln, als die ersten Patrouillen der preußischen Uhlanen rasselnd in die Stadt sprengten. Die Oesterreicher kamen eben aus den verschiedenen Häusern und Scheunen hervor, ritten nach dem Marktplatze oder führten ihre Pferde am Zügeln als sie durch irgend einen Fehler ihrer Vorposten überrascht wurden. Auf dem Marktplatze begann ein lebhaftes Gefecht. Die berühmte österreichische Cavallerie wurde von den etwas ermatteten preußischen Reitern angegriffen und die Lanze kam in offenen Kampf mit dem Säbel. Die zuerst in die Stadt eingerittenen Soldaten waren zu schwach an Zahl, um anzugreifen; die Verzögerung hatte den Husaren Zeit gegeben, sich zu sammeln, und als die Uhlanen ihre Verstärkungen herangezogen hatten, waren die Husaren bereits geformt. Die Uhlanen bildeten eine Linie quer über die Straße, gingen eine kurze Strecke im Schritt vor, dann im Trab, die Lanzen mit den schwarz=weißen Fähnchen hoch im Winde flatternd; aber wo sich die Straße zum Marktplatze ausbreitet, erschallte ein kurzes, scharfes Commandowort, ein helles Trompeten=Signal, die Lanzenspitzen senkten sich und die Pferde setzten sich in Galopp, die Reiter die Zügelhand tief, herabgebeugt auf die Pferde, die Lanzenschäfte in fester Hand, die Spitzen mit den flackernden Fähnchen in der Fronte hervorstarrend. Sowie die Preußen im Galopp ansetzten, waren die Oesterreicher auch in Bewegung. Mit mehr lockerem Schluß und in rascherer Bewegung jagten sie heran, die blauen, gelbgestickten Pelze von der linken Schulter fliegend. Die Säbel hoch, bereit zum Hiebe, die kleinen, sehnigen Gäule scharf im Schluß, kamen sie näher, gewandt und leicht, und stürzten sich auf die Preußen, als wollten sie über die Lanzenspitzen wegspringen. Die Uhlanen wogten schwer zurück vor dem Anpralle, aber sie hielten ihn aus. Die Gegner parirten mit dem Säbel wohl die Lanze, konnten aber den Reiter nicht erreichen, bald auch war der Boden bedeckt mit niedergerittenen Pferden und Reitern, welche sich wieder zu erheben versuchten. Die Uhlanen=Linie blieb ungebrochen, aber die Husaren waren bald zerstreut; sie waren gegen die festere preußische Linie angeritten, wie eine Welle, die gegen eine Klippe brandet und wie eine solche zerstäubt. In dem kurzen Momente, wo die Linien zusammenstießen, war das Gedränge so dicht, daß Säbel und Lanze kaum gebraucht werden konnten. Die Preußen, stärkere und größere Männer auf schwereren Pferden, brachten die kleinen Husaren und ihre leichteren Pferde durch die bloße Wucht und körperliche Kraft zum Weichen und aus dem Sattel. Die Oesterreicher, welche noch im Sattel geblieben waren, konnten die preußischen Uhlanen nicht mehr zurückhalten. Letztere erhielten dann Verstärkung und brachten die Husaren zum Retiriren, verfolgten sie aber nur bis zum Ausgange der Stadt. Ein österreichischer Offizier und 22 Mann wurden gefangen, 40 Pferde erbeutet. Einige der Gefangenen waren verwundet; mehrere Husaren und auch drei Preußen blieben todt auf dem Platze."
- Der Marstall des Herzogs von Nassau ist nach Straßburg und das badische Kriegsmaterial nach Rastatt gebracht worden.
- Die badische Regierung hat die Verlängerung der Spielpacht in Baden=Baden bis 1870 genehmigt.
- Auf dem Titel des Amtsblattes der freien Stadt Frankfurt ist das "frei" jetzt verschwunden.
- Am Mittwoch gab der "biedere" Steiermärker Knebelsberger das erste seiner drei angekündigten Conzerte im Garten von Kösters Hotel zu Schönberg. Im kleidsamen Kostüm trug die Gesellschaft mehrere ihrer Nationallieder recht wirkungsvoll vor. Daneben trat Herr Knebelsberger als Virtuose auf dem Holz= und Stroh=Instrument mit großer Fertigkeit auf, wie er auch zwei andere Musik=Instrumente, die Philomele und die Zither, dem Publikum vorführte, die zu hören bei uns zu den Seltenheiten gehört.
- Vor einigen Tagen wurde der Kaufmann und Lotterie=Collecteur S. Marcus in Schwerin, als er eben in sein Haus in der Schmiedestraße eintreten wollte, von einem vor einem Dorfwagen gespannten Pferde in das Gelenk zwischen Schulter und Arm gebissen. Trotz aller ärztlichen Hülfe schlug der kalte Brand dazu; da eine Amputation bei dem Alter des Verwundeten nicht zulässig war, mußte der arme Mann sterben.
(R. C.)
- Dasselbe Blatt berichtet: Vor Kurzem fand man auf dem Gute Gr. bei Grevesmühlen eines Morgens sechs Pferde und Füllen in der Weidekoppel in der Art verstümmelt, daß ihnen sämmtlich die Mähnen und Schwanzhaare kurz abgeschnitten waren. Jedermann war über diesen Frevel empört, am meisten natürlich die Gutsherrschaft, die ungesäumt die Polizei in Wismar und Grevesmühlen von dieser Thatsache in Kenntniß setzte, und zugleich die Sattler an diesen Orten ersuchen ließ, bei dem Angebot von abgeschnittenen Pferdehaaren ein wachsames Auge zu haben und verdächtige Verkäufer festzuhalten. Inzwischen verschwand plötzlich eines Nachts der Knecht eines Hauswirths in dem bei Gr. nahe gelegenen Dorfe

[ => Original lesen: 1866 Nr. 60 Seite 4]

St. Der Hauswirth ließ überall nach seinem Knechte fragen und forschen und erfuhr endlich, daß derselbe eines Morgens bei einem Sattler in Wismar abgeschnittene Pferdehaare zum Verkauf angeboten habe, wegen dringenden Verdachtes von dem Sattler festgehalten und darauf von der Polizei an das betreffende Patrimonial=Gericht zur Untersuchung abgeliefert sei.


Für die verwundeten preußischen Krieger sind vom 20. bis 25. Juli eingegangen: Aus Malzow: vom Aufkäufer Busch 1 Thlr., Ungenannt 5 Thlr., von einer Hauswirthin 2 Thlr., Ungenannt 1 Thlr. - Aus Schönberg: vom Ackerbürger Joch. Fick 1 Thlr., vom Schneidermeister Schnoor 8 Sch., Ungenannt 1 Thlr., vom Maurermeister Joh. Schleuß 2 Thlr. - Aus Raddingsdorf: vom Hauswirth Joch. Oldenburg 1 Thlr. - Aus Zarnewenz: vom Hauswirth Oldenburg 1 Thlr., Hausw. Boye 1 Thlr. und von der Hausw.=Wittwe Sterley 1 Thlr. - Aus Menzendorf: vom Büdner Bruhn 1 Thlr. - Aus Rabensdorf: von der Meierin 12 Sch., vom Stubenmädchen 8 Sch. , von der Köchin 8 Sch., vom Holländerei=Mädchen 8 Sch. - Summa 18 Thlr. 44 Sch.
Kämpffer.


Anzeigen.

Holzverkauf.
Unter den bekannten Bedingungen sollen am Montag den 30. Juli im Zuschlag Mühlenbruch bei Sabow 7 1/4 Faden eichen Kluftholz meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden und wollen sich Kaufsliebhaber Morgens 8 Uhr im Mühlenbruch einfinden.
Schönberg, den 26. Juli 1866.
Danckwarth.


Vermischte Anzeigen.

Nachdem es gelungen , den Landkasten in Rostock dazu zu bestimmen, mir für Einzahlungen aus hiesigem Fürstenthume, statt seiner früheren 3 1/2 pCt., jetzt vier pro Cent zu bewilligen, bin ich soeben bevollmächtigt worden, auch nach Ablauf des jetzigen Johannis=Termins Gelder für den Landkasten in Empfang zu nehmen und dieselben vom Tage der Einzahlung an mit vier pCt. zu verzinsen. Da nun gesetzlich jeder Mecklenburg=Schwerinsche Gutsbesitzer, sowie die Großherzoglichen Domainen und städtischen Besitzungen für Zahlung der Zinsen und Rückzahlung des zu Landeshülfen, für Chaussee=, Canal= und Eisenbahnbauten verwendeten Capitals nach halbjähriger Kündigung mit ihrem gesammten Besitz zur ersten Hypothek haften; so gewähren diese Landkasten=Obligationen die allergrößte Sicherheit und werden deshalb auch vorzugsweise von hiesigen Kirchen, Vormundschaften und selbst auswärtigen Sparcassen benutzt. Landkasten=Obligationen liegen bei mir zur Ansicht bereit und Kosten sind mit den Belegungen, Zinszahlungen und Rückzahlungen überall nicht verbunden, weshalb ich jetzigen Einzahlungen oder auch nur Anmeldungen zu späteren Einzahlungen entgegensehe.
Während der jetzigen Gerichts=Ferien bin ich verreist, jedoch am Montag Nachmittag und Dienstag Früh jeder Woche hier zu sprechen.
Schönberg, den 26. Juli 1866.
Kindler, Advokat


Gußstahl=Sensen in ganz vorzüglicher Güte bei J. F. Eckmann.


Bergmann's Zahnwolle zum augenblicklichen Stillen jeder Zahnschmerzen, empfiehlt à Hülse 4 Schilling (Mecklenburg) J. F. Eckmann.


Ich mache hiemit die ergebenste Anzeige, daß ich nun mein Geschäft eröffnet habe und reines Roggen=, feines und grobes, sowie Kaffee= und Thee=Brod fortwährend zu haben ist.
Hausback Dienstags, Donnerstags und Sonnabends.
Indem ich mich einem geehrten Publikum bestens empfehle, bitte ich um geneigten Zuspruch.
Schönberg, den 23. Juli 1866.
Wolgast, Bäckermeister.


Drain=Röhren sind vom Freitag den 27. Juli an wieder in allen Weiten auf meiner Ziegelei zu haben.
Zieglermeister Tretow vor Schönberg.


Erntehandschuhe sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.


Köster's Hôtel.
Freitag den 27. Juli
Letztes Concert der Gesellschaft Knebelsberger aus Unter=Steyermark.
Anfang Abends 7 Uhr.
Entré: Herren 8 Schilling, Damen 4 Schilling.
Bei günstiger Witterung im Garten, im andern Falle im Local.


Backtafel für die Stadt Schönberg
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Schönberg, den 25. Juli 1866.
Bürgermeister und Rath.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Geboren: 15. Juli dem Schulzen Borchert zu Raddingsdorf eine Tochter. - 20. Juli dem Hauswirth Grevsmühl zu Sabow eine Tochter. - 25. Juli ein unehelicher Sohn hierselbst. - 25. Juli dem Arbeitsmann Voß zu Gr. Siemz eine Tochter.

Gestorben: 17. Juli Cath. M. E. Bade, Arbeitsmanns=Tochter hierselbst, 7 J. 5 M. alt. - 20. Juli Dorothea Magd. Cath. Kaben hierselbst, Stieftochter des Webermeisters Dierk, 24 J. alt. - N. N. Jenkel, geb. Tackmann, Arbeitsmanns=Wittwe zu Torriesdorf, 82 J. alt.

Copulirt: 18. Juli Hans Joachim Dechow, Büdnerei=Erbe aus dem Olndorfer Kruge, und Catharina M. Henriette Duwe daselbst.

Sonntag, den 29. Juli.
Frühkirche: Pastor Kämpffer.
Vormittagskirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Juli
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
24.
25.
26.
36.14
36.67
36.40
11.6
9.8
10.5
16.4
15.4
14.0
N
WNW
NNW
1
1
1
wolkig.
zieml. heiter.
wolkig.

Am 24. 5 Cubikzoll Regen auf 1 Quadratfuß.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund13 - 13 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund14 - 14 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St. - - Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken d. St.8 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund7 1/2 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfund4 1/2 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 8 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß5 - 6 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Blumenkohl d. Kopf3 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Kirschen d. Pfund2 - 3 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen18 - 19Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen13 - 13Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 - 12Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Hafer10 1/2 - 11 Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Rübsen.-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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