No. 55
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 10. Juli
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 55 Seite 1]

- Die am 5. Juli in Berlin veröffentlichten amtlichen Nachrichten vom Kriegsschauplatze lauten: Am 3. Juli Morgens 7 Uhr stießen zwischen Horzitz und Königsgrätz die preußischem Armeen unter persönlicher Führung des Königs mit dem österreichisch=sächsischen Heere unter Führung des höchstcommandirenden General=Feldzeugmeisters Benedek zusammen. Hieraus entwickelte sich eine zwölf Stunden hindurch im heißen Kampfe fortgeführte Schlacht, in welcher von österreichischer Seite die starke Position hinter der Bistritz mit großer Hartnäckigkeit sechs Stunden lang behauptet wurde. Den preußischen, zum Theil aus weiter Entfernung pünktlich auf dem Schlachtfelde eintreffenden Colonnen gelang es endlich, die feindliche Stellung um 2 Uhr Mittags mit Sturm zu nehmen. Von nun an ist der Feind in schneller Folge aus allen seinen Positionen geworfen worden. Abends 7 Uhr befanden sich die Reste der geschlagenen österreichischen Armee im vollen Rückzuge nach Süden. Der unter den Augen des Königs von den preußischen Waffen erfochtene Sieg ist ein vollständiger, wenn auch mit schweren Opfern erkauft. Die Verluste des Feindes sind beträchtlich größer; seine Niederlage ist vollständig. Nach den amtlichen Ermittlungen ist bisher festgestellt, daß 18-20,000 Gefangene, 120 Geschütze und drei Fahnen in den Händen der Preußen sind und noch immer Gefangene in großer Anzahl eingebracht werden. Die ganze feindliche Armee stand im Kampfe gegen die preußischen Colonnen; Gefangene von allen österreichischen Corps geben Zeugniß dafür. General=Feldzeugmeister Benedek, welcher seinerseits einen Angriff an diesem Tage vorbereitet hatte, führte selbst an Ort und Stelle den Oberbefehl über das österreichische Heer. Als gegen zwei Uhr Nachmittags von den Preußen die feindliche, äußerst starke Stellung hinter der Bistritz erstürmt und die österreichische Armee zum Rückzuge genöthigt war, setzte der König selbst sich an die Spitze der verfolgenden Cavallerie; dadurch gestaltete der Rückzug des Feindes sich zu einer eiligen Flucht. Unter den verwundeten österreichischen Befehlshabern nennt man die Erzherzöge Wilhelm und Joseph, sowie die Corps=Commandanten Graf Thun und Graf Festics. General Fürst Windischgrätz ist verwundet und gefangen; auch der Fürst Lichtenstein soll gefangen sein. Die Generalstabs=Chefs, Obersten Binder und Catty, sind todt.
- Nach der für Preußen so siegreichen Schlacht bei Königsgrätz traf der österreichische FML. Gablenz im preußischen Hauptquartier als Parlamentär ein, einen Waffenstillstand zu erbitten, den der König von Preußen jedoch nicht gewähren will.
- Gleichzeitig hat sich Oesterreich an Napoleon gewandt, gegen Abtretung Venetiens den Frieden mit Italien zu bewerkstelligen, bei Preußen aber die Abschließung eines Waffenstillstands zu befürworten. Oesterreich hofft dadurch Zeit zu gewinnen, seine durch die wiederholten Niederlagen entmuthigte Armee zu kräftigen, namentlich aber die nach dem Friedensschluß mit Italien gegen dieses dann entbehrliche Südarmee mit der geschlagenen Nordarmee vereinigt Preußen gegenüber zu stellen. In Oesterreich findet dieser Plan, wenngleich er durch die Abtretung Venetiens theuer erkauft werden muß, vielen Anklang, gilt er doch dem verhaßten Preußen! - Wird Oesterreich damit etwas gegen Preußen ausrichten?
- Napoleon hat in Berlin wegen des Waffenstillstands, in Florenz wegen des definitiven Friedensschlusses Schritte gethan. Beide Cabinette wollen dieselbe in Erwägung nehmen. Die Italiener sind erbittert darüber, daß Venetien von Oesterreich an Napoleon abgetreten wird; sie meinen, ein Zwischenhändler sei eine neue Demüthigung gegen sie.
- Mit größter Entrüstung hat man in Deutschland diesen neuen Schritt aufgenommen. Das stolze Oesterreich demüthigt sich zum zweitenmale vor dem Kaiser von Frankreich; von Preußen zu Boden gestreckt, schreit es nach Paris um Hülfe, giebt lieber Venetien auf und wirft sich in die Arme Napoleons, um nur seinem deutschen Nebenbuhler die Früchte seiner Siege zu entziehen. Oesterreich ruft Napoleon zum Schiedsrichter in einer deutschen Angelegenheit an!
- Auch in Mitteldeutschland kommen die Dinge in Fluß. Bei Dermbach, in der Nähe von Eisenach, fand ein heftiges Gefecht zwischen Preußen und Baiern am 5. Juli statt, in dem die Preußen zurückweichen mußten und es viele Verwundete gab.
- Die neue preuß. Zeitung enthält folgende Bitte: In den Lazarethen zu Nachod und Skalitz herrscht so großer Mangel an Erfrischungen, Wäsche u. s. w., daß wer davon irgend etwas abzugeben hat, dringend gebeten wird, seine Gaben auf dem kürzesten und schnellsten Wege dorthin zu senden.
- Hier in Schönberg hat sich ein Comite zur Entgegennahme von Lazareth=Bedürfnissen für die verwundeten preußischen Krieger gebildet. In einer durch Extrablatt zu den Anzeigen am Sonntag veröffentlichten Ansprache an die Ratzeburger fordert dasselbe auf: Geld, Lebensmittel, Wein, Erfrischungen, Kleidungsstücke, Leinwand, Charpie, Binden, Papier= und Feder=Betten, Matratzen, Decken oder sonstige zur Krankenpflege erforderliche Gegenstände baldmöglichst ihm zur Weiterbeförderung an das Centralcomite in Berlin einzusenden. Ein reichlicher Zufluß von den erbetenen Gegenständen wird dem Comite sicher nicht fehlen. Haben doch gerade die Ratzeburger nie eine Gelegenheit vorübergehen lassen, ihre den Bedrängten und Hilfsbedürftigen stets zugewandte Theilnahme zu beweisen; im gegenwärtigen Falle werden sie dies um so mehr, da bei den mehrfachen Berührungen, in denen die Ratzeburger in den letzten Jahren mit

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preußischen Truppen kamen, so manches, wenn auch nur kurzes Freundschafts=Verhältniß entstand. Gilt es doch, dies Verhältniß durch Liebesgaben zu erneuen. Aber ein's ist dabei noch besonders zu beherzigen: Rasche Hülfe, doppelte Hülfe!
- Der Zusammentritt des preußischen Landtags wird diesmal nur behufs der Geldbewilligung zum Kriege erfolgen. Die Bewilligung der von der Regierung zu stellenden Forderung hält man übrigens zur Zeit schon für gesichert, da sich ein Umschwung in den Wahlen, und zwar zu Gunsten der Regierung gezeigt hat. Die Summe, welche die Regierung fordern wird, gibt man auf 60 Millionen Thaler an.
- Der preuß. Staatsanzeiger schreibt: Wie es ehemals dem gesammten Deutschland zu Gute kam, was Preußen errungen hatte, so begründet auch jetzt Preußen Deutschlands Wiedergeburt auf den Wahlstätten in Böhmen. Die Ueberzeugung wird in Norddeutschland immer stärker, daß Preußen nicht aus Selbstsucht, sondern für die Existenz und Sicherung der nationalen Güter das Schwert ergriff. Die Einsicht, daß die nationalen Hoffnungen mit Preußen stehen und fallen, führte die norddeutschen Staaten auf die Seite Preußens, welches nie vergessen wird, daß jene Staaten in einer Zeit schwerer Prüfung zu ihm standen.
- Am 8. Juli hat in Berlin ein Dankgottesdienst für den letzten großen Sieg der Preußen stattgefunden.
- In Prag herrscht große Bestürzung über das bevorstehende Einrücken der Preußen, an deren Möglichkeit man vor Ausbruch des Krieges nicht gedacht. Die dort etablirt gewesenen Behörden sind verlegt und die öffentlichen Kassen etc. nach Wien geschafft.
- Auch in Baiern ist man in größter Aufregung, da dort flüchtige Familien aus Prag eintreffen. Ueber die Unthätigkeit der baierischen Armee herrscht der größte Unwille.
- Es ist in Hannover jetzt amtlich bekannt gemacht, daß das hannoversche Kriegsmaterial königlich preußisches Staats=Eigenthum geworden ist, jeder also, der im Besitze von Pferden, Waffen oder sonstigem Kriegsmaterial, welcher Art es sei, sich befindet, dasselbe sofort an seine Ortsbehörde bei Vermeidung schwerer Strafen abzugeben hat.
- Die Mannschaften der aufgelösten hannöverschen Armee sind, mit Ausnahme der bei Langensalza Verwundeten, nunmehr sämmtlich nach Hannover zurückgekehrt. Die Mannschaften werden vor ihrem Auseinandergehen vollständig abgelohnt und auf unbestimmte Zeit ohne Sold beurlaubt.
- König Johann von Sachsen soll an einer diplomatischen Ausgleichung zwischen Preußen und Oesterreich eifrig arbeiten.
- Für die preußische Armee sind bei der Schuhmacher=Innung in Berlin 120,000 Paar neue Stiefeln bestellt worden.
- Den gefangenen österreichischen Offizieren, die mit dem letzten Transporte in Stettin ankamen, hat man ihre Seitengewehre gelassen; auch gehen sie frei in der Festung einher. Mit Ausnahme der Posten hat ihnen jeder Soldat die einem Offizier zukommenden Honneurs zu bezeigen.
- Die preußischen Soldaten loben die österreichische Artillerie und lachen über die berühmte Cavallerie. Die Berliner Dragoner haben, eingeschlossen von drei feindlichen Regimentern, sich nicht nur durchgehauen, sondern die Gegner in die Flucht geschlagen. Eben so verächtlich sprechen sie von der Infanterie: "Wenn wir Attaque machen, werfen sie die Gewehre weg!"
- Napoleons "Moniteur" erklärt, daß der strategische Plan der Preußen von großer Geschicklichkeit und Kühnheit zeuge. Der wahrscheinliche Zweck des doppelten Einmarsches sei: längs der beiden Eisenbahnlinien bis Josephstadt vorzudringen. Wenn es ihnen dann gelänge, Parduwitz zu erreichen, so könnten sie die große Eisenbahnlinie durchschneiden und die Armee Benedeks rechts und links auseinander halten. Es müsse wohl nicht im Plane Benedeks gelegen sein, die Gebirgspässe zu vertheidigen, allein er habe nunmehr keinen Augenblick zu verlieren. Auf der andern Seite begreift der "Moniteur" nicht, wie die hannoverschen Truppen, deren Ausdauer und Tapferkeit er rühmt, von den nahen bayerischen und andern deutschen Truppen keine Hülfe erhalten haben.
- Benedek, heißt es aus Berlin, soll vom Oberbefehl der Nordarmee entbunden und mehrere österreichische Generäle zur Verantwortung vor ein Kriegsgericht gerufen sein.
- Noch am Schluß der vorigen Woche dürfte eine Aktion von Seite der Preußen gegen die Festung Königstein in Sachsen begonnen haben, deren Commandant, General v. Nostiz, sowohl jede Capitulation als Neutralitätserklärung abgelehnt hat und sogar dabei beharrt, Lazarethschiffe und Eisenbahnzüge mit Verwundeten nicht an der Festung vorbeipassiren lassen zu wollen. Die Landes=Commission hat in dieser Angelegenheit nichts thun können, da der Commandant unter dem direkten Befehl des Königs steht. Die Festung hat bisher für uneinnehmbar gegolten. In den Napoleonischen Feldzügen ist sie wegen ihrer damaligen geringen strategischen Wichtigkeit meist unbeachtet geblieben. Heute ist sie insofern wenigstens von Bedeutung, als sie die bequeme Fahrt auf der Elbe und der böhmischen Bahn hindert. Sowohl ältere sächsische Offiziere als auch die in Dresden anwesenden preußischen Genie=Offiziere sprechen sich indeß einstimmig dahin aus, daß bei den heutigen Fortschritten der Artillerie, trotzdem, daß die gegenüberliegenden Felsen, der Quirl und Lilienstein, von der Garnison abgeholzt worden sind und daher vom Königstein aus bestrichen werden können, ein dauernder Widerstand nicht möglich sei, vielmehr die Festung sehr rasch zur Capitulation gezwungen werden dürfte.
- Bei Anwesenheit des letzten großen Gefangenen=Transportes in Görlitz ging die Wohlthätigkeit der dortigen Einwohner so weit, daß sie die Gefangenen nicht nur mit allen möglichen Lebensmitteln und Cigarren, sondern auch mit Delicatessen regalirten. Die Folge davon war, daß die in der Frauenkirche untergebrachten das ihnen reglementsmäßig gelieferte Commißbrod unter die Bänke geworfen und mit Füßen getreten haben.
- Es fällt auf, daß die öffentlichen Kassen in Preußen, besonders die Postkassen, in blanken neugeprägten harten Thalern alle Zahlungen leisten. Diese Erscheinung mitten in einem großen Kriege, der ohne Anleihe - wenigstens ohne eine öffentlich abgeschlossene - geführt wird, ist wohl noch kaum irgendwo dagewesen. Dabei arbeitet die Münze tapfer weiter, jeden Tag liefert sie 200,000 Stück neuer Thaler ab an das Finanzministerium. Innerhalb der letzten vier Wochen sind theils von Köln, theils von Hamburg, wie Sachkundige versichern, gegen dreißig Millionen in Silberbarren gekommen, die muthmaßlich in die Münze zur Ausprägung von Thalerstücken gegangen sind.
- Die mehrfachen Berichte über vorgekommene Vergiftungen preußischen Truppen durch die Böhmen sind leider keine Erfindungen. In Skalitz ist drei Soldaten von einem Weibe, das sie um einen Trunk Milch angesprochen hatten, eine so starke Quantität Arsenik beigebracht, daß sie den Genuß der gehofften Erquickung nur kurze Zeit überlebten. Die erbitterten Kameraden machten mit der Mörderin kurzen Proceß, und hingen sie am nächsten Baume auf. Ueberhaupt zeigt sich der tückische und grausame Charakter der Czechen in zahlreichen Zügen. Die armen Verwundeten werden auf den Schlachtfeldern bis auf's Hemde ausgeplündert, und die elenden Räuber achten nicht auf die Schmerzen, die sie durch ihre Rohheit dem Leidenden zufügen, nicht auf die flehentlichen Bitten, durch die er sich ein theures Andenken an seine Lieben zu erhalten sucht. Auch in Nachod haben sich Vergiftungssymptome gezeigt, denen durch Genuß von lauer Milch, auf welche Erbrechen erfolgte, in den schlimmeren Folgen vorgebeugt wurde. Welche Greuel mit Gefangenen verübt sein sollen, kann nicht niedergeschrieben werden, weil sich jedes mensch=

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liche Gefühl gegen die Annahme einer solchen Möglichkeit sträubt.
- Dem Befehle des preußischen Militär=Commando's folgend, lieferten die Einwohner von Dresden am 2. Juli ihre Waffen auf den dazu bezeichneten Plätzen ab. Die Mehrzahl der Waffen war verpackt, doch sah man auch viele offen tragen, die mitunter einen ganz curiosen Anblick gewährten und manche Gewehre wie Säbel verdienten besser einen Platz in einem Raritäten=Cabinet. Bei so manchem Waffenstück mußte man daran denken, daß es der Gegner recht ungeschickt anfangen müsse, wenn er hiervon eine Wunde davontragen wollte. Vogel=, Doppel= und Communalgarden=Flinten, stumpfe Säbel, verrostete Hirschfänger, Feuerschlösser ohne Steine, Percussionsgewehre mit zerbrochenem Hahne, so waren die meisten der offen getragenen Hieb=, Stoß= und Schußwaffen. Offenbar legten hierbei die Besitzer keinen großen Werth auf deren Aufbewahrung. Andererseits sind auch viele ganz vorzüglich schön gearbeitete Gewehre, Büchsen und Jagdflinten, sowie Pistolen, Revolver, Degen, Hirschfänger, Dolche etc. abgeliefert worden. Die Waffenfabrikanten und Büchsenmacher, die vielen Jagdliebhaber und Schützen Dresden's führen eine gute Klinge und gar Manchem mag es sauer angekommen sein, seine blanke Waffenfreude einzusargen.
- Stettin wurde am 3. Juli durch Generalmarsch, welcher sämmtliche Truppen unter Waffen rief, in große Aufregung versetzt. In der breiten Straße hatte der Sohn des Kaufmanns Kratz einen Landwehrmann bei einem Streite, weil der Letztere einen Schnaps nicht bezahlen wollte, erstochen. In Folge dessen wurde das Haus erstürmt und zum Theil demolirt und da die Polizei und die Wachen dem Unfug nicht steuern konnten, wurde die ganze Garnison unter Waffen gerufen.
- Es wird erzählt: Als bei Langensalza die hannoversche Truppen durch einen Fluß gingen, kam ein Soldat in Gefahr zu ertrinken. Ein am Ufer verwundet liegender preußischer Soldat reichte dem mit dem Tode Ringenden sein Gewehr, wodurch es dem Hannoveraner gelang, glücklich das Ufer zu erreichen, während der Preuße dabei in den Fluß gerissen wurde. Da gab sich nun seinerseits der Hannoveraner die größte Mühe, seinen Retter vom drohenden Tode zu retten.
- In Stettin sollen mehrere gefährlich an der Cholera Erkrankte dadurch gerettet worden sein, daß man ihnen zwei Metzen gekochte und zerdrückte Kartoffeln in einem Beutel möglichst heiß auf Brust und Bauch gelegt hat. - Die Krankheit soll auch durch preußische Truppen von Stettin nach Leipzig geschleppt worden sein.
- In München fallen die Fleischpreise wegen Mangel an Ausfuhr.
- Im Höllengebirge bei Ischl ist in der Nacht zum 18. Juni viel Schnee gefallen.
- Cardinal Antonelli ist der reichste Mann im Kirchenstaat, man schätzt sein Vermögen auf zwanzig Millionen. In der letzten Zeit hat er zwei Millionen durch den Bankerott einiger englischer Häuser verloren, macht sich aber nichts daraus, da er doch nur lachende Erben hat.
- Ein württemberger Hauptmann hielt seiner Compagnie zum Fahneneid folgende Rede: "Jetzt will i au e paar Wort zu meine Leut' rede; mir Schwabe brüste uns net, mir glaube au net, daß mir die Welt auffresse - aber nei haue thue mir mit unsere Fäuscht, so viel als mir könne." - "Ja, das thue mir!" antwortete die Compagnie.
Folgender Zug erinnert an die Tapferkeit des Alterthums. Ein Hauptmann erhielt bei Trautenau zwei Schüsse, einen in die Brust und einen in den Unterleib. Er wurde in ein Haus gebracht und schrieb während des Verbandes einen Brief an seine Braut, in der er ihr von seiner Verwundung Nachricht gab und aussprach, daß er sie wohl schwerlich wiedersehen werde. Kaum war der Brief beendet und dem behandelnden Arzt übergeben, als die Nachricht anlangte, die Preußen zögen sich zurück und die Oesterreicher besetzten bereits wieder Trautenau. Als der auf den Tod verwundete Offizier das hörte, sprang er auf, ergriff seinen Degen und stürzte auf die Straße. Hier traf er auf zurückweichende Preußen, brachte sie durch seinen Zuruf und sein Vorgehen zum Stehen und stürzte gleich darauf todt zu Boden.
- Ein französischer Hauptmann, welcher die Belagerung von Sebastopol mitgemacht, erzählt in einem französischen Blatte von einem Tauschhandel, welcher damals stark im Schwunge gewesen. Es hatte sich nämlich zwischen den französischen und russischen Vorposten das stillschweigende Uebereinkommen gebildet, zu bestimmten Stunden diejenigen Gegenstände, an welchen auf der einen Seite Ueberfluß, auf der andern Mangel war, auszutauschen. Vorzüglich vermittelte man Tabak und Brod, so zwar, daß die russischen Vorposten ihre Vorräthe von dem narkotischen Kraute vor den Augen der feindlichen Tirailleurs niederlegten und sich zurückzogen, worauf die Franzosen das Gebotene gegen eine entsprechende Quantität Brod austauschten. War dieß geschehen und die Russen in den Besitz des Aequivalents gelangt, so begannen die Feindseligkeiten augenblicklich aufs Neue.
- Man schreibt unter'm 29. Juni aus Murten (Schweiz): Gestern Abend gab der amerikanische Circus eine Vorstellung. Derselbe besitzt zwei kolossale Elephanten, die ganz frei in der Stadt umhergingen, nur von ihrem Führer, einem bildhübschen Mann, begleitet. Heute Morgens 2 Uhr wollte die Truppe aufbrechen. Der Führer dieser beiden Thiere wollte sie für die Reise aneinander ketten, als ihn das Männchen ergreift und zweimal in die Luft schleudert, mit Füßen tritt und ihn so zu sagen in Stücke zerreißt. Das Thier, einmal wild, konnte nicht mehr gebändigt werden; Alles, was sich in dessen Weg befand, Fuhrwerke etc., wurde über den Haufen geworfen, und so dauerte es beinahe 2 1/2 Stunden. Alle Scharfschützen, Landjäger, Militärs, Feuerspritzen, Alles mußte Posto fassen. Die Straße wurde mit 11 großen Fudern Heu gesperrt; doch der Oberamtmann gab nicht zu, daß die Schützen die Jagd unternahmen. Sofort wurde eine sechspfünder Kanone von Freiburg reclamirt, die diesen Mittag anlangte und aufgestellt wurde. Beim ersten Schuß derselben sank das Thier zusammen. Die Kugel ging ihm durch die Brust und zerschlug noch die Treppe des Gasthofs zum Adler. Das Weibchen wurde dann gleichwohl ganz frei abgeführt. Das todte Männchen war bedeutend größer als das Weibchen, viel schöner und hatte 3 1/2 Fuß lange Stoßzähne.


Anzeigen.

Vorladung.

Antragsmäßig soll über die dem Zimmergesellen Johann Woehlert auf der Baeck belegene Büdnerstelle c. pert. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das anzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf Dienstag den 17. Juli d. J, Morgens 11 Uhr, peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel richtig und vollständig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 19. April 1866.
Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
O. Reinhardt.


[ => Original lesen: 1866 Nr. 55 Seite 4]

Bekanntmachung.

Unser diesjähriges Missionsfest wird zum Andenken an den h. Ansverus, der vor 800 Jahren, am 15. Juli 1066, auf dem St. Georgsberge bei Ratzeburg den Märtyrertodt erduldet hat, am Mittwoch, den 11. Juli, zu Ratzeburg gefeiert werden und zwar gemeinschaftlich mit den Gemeinden des Herzogthums Lauenburg, Vormittags in der Stadtkirche zu Ratzeburg, Nachmittags in der Domkirche. Der Gottesdienst beginnt Vormittags um 11 Uhr, Nachmittags um 3 Uhr.
In der Zwischenzeit wird für sämmtliche Festgenossen auf dem "Großen Keller" in Ratzeburg ein einfaches Mittagsessen (à Person 12 ßl.) bereitet sein.
Der Vorstand des Missionsvereins im Fürstenthum Ratzeburg.


Zur Deckung der in letzter Zeit vorgekommenen Brandschäden und zur Unterhaltung und Anschaffung von Spritzen etc. vernothwendigt sich eine Hebung von acht Schilling pro Hundert der Versicherungs=Summe.
Die Zahlungstage werden den einzelnen Ortschaften besonders angesagt werden.
Direktion der Feuerversicherungs=Societät für das Fürstenthum Ratzeburg.
H. Boy. J. P. Bade.


Bei dem Feuer in Gr. Siemz ist ein zu den städtischen Wassertonnen gehöriger eichener, mit drei eisernen Reifen umspannter Trichter vermißt worden. Sollte derselbe, versehentlich in einen Kübel gelegt, anderswo hingekommen sein, so wird um Nachsehen gebeten und ersucht, beim Vorfinden denselben hierher liefern zu wollen.
Schönberg den 9. Juli 1866.
Magistrat.


Mit Putz= und Waschleder, sehr schön, um Fenster und Wagen zu waschen und damit nachzupoliren, ferner um Gold= und Silbersachen, Spiegel, Möbel und dergleichen zu poliren, empfiehlt sich bestens Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.


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Patent=Dach=, Schiff=, Wand=Filz,
Zinkbleche von der schlesischen Actien=Gesellschaft empfiehlt zu billigen Preisen zur gefälligen Abnahme
Arnold Riesland, Lübeck, obere Johannisstraße Nr. 6., Joh.=Quart.


Großes=Volksfest zu Grevesmühlen am Sonntag, den 15. Juli 1866.
Wir laden auswärtiges und hiesiges Publicum dazu freundlichst ein und bemerken, daß nicht nur die gewöhnlichen Belustigungen, als Stangenklettern, Sacklaufen, Feuerwerk, Illumination und Musik zur Unterhaltung beschafft sind, sondern daß auch freie Tanzmusik im Grünen veranstaltet ist.
Grevesmühlen, den 1. Juli 1866.
Das Comite.


Dr. Pattison's Gichtwatte lindert sofort und heilt schnell Gicht und Rheumatismen aller Art, als Gesichts=, Brust=, Hals= und Zahnschmerzen, Kopf=, Hand= und Kniegicht, Magen= und Unterleibsschmerz etc.
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Schönberg.


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Der von mir verlooste Lehnstuhl ist auf Nr. 19 gewonnen worden und kann der Inhaber dieses Looses denselben bei mir abfordern.
Schönberg den 8. Juli 1866.
Anna Kegel.


Im vorigen Jahre zwischen Michaelis und Neujahr hat sich bei mir ein Schaaf eingefunden, dessen Eigenthümer bisher nicht von mir ermittelt werden konnte. Ich fordere daher Denjenigen auf, der sich als Eigenthümer desselben ausweisen kann, sich bei mir zu melden.
Tischler Beckmann in Kronskamp.


Gesucht wird zu sogleich ein junges Mädchen für einen kleinen Hausstand, das zu milchen versteht. Wo? erfährt man in der Exped. d. Ztg.


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Aehnliche Anzeigen beruhen auf Anmaßung und Fälschung.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Juli
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
6.
7.
8.
9.
33.57
35.43
38.05
36.85
9.2
9.3
9.4
9.9
15.2
15.3
15.0
14.8
NW
WSW
NW
WNW
2
1
1
1
zieml. heiter.
-
-
trübe.

Am 6. fielen 24 Cubikzoll Regen auf 1 Quadratfuß.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund12 1/2 - 13 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund13 - 14 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St.16 - 20 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken d. St.6 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund7 1/2 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfund4 1/2 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 8 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß7 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Blumenkohl d. Kopf6 - 7 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Kirschen d. Pfund7 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Geräuch. Stöhr, d. Pf.8 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen18 - 19Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Roggen13 - 13Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer10 - 11 Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Rübsen.-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 20Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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