No. 51
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 07. Juli
1865
fünfunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1865 Nr. 51 Seite 1]

- In seiner neuesten Depesche sagt Oesterreich, daß nur eine politische Lösung der Herzogthümerfrage möglich sei und zwar dadurch, daß Preußen und Oesterreich die ihnen übertragenen Rechte einem Bewerber um die Krone zur Verstärkung seiner Rechte abtreten. Oesterreich wünsche auch jetzt noch seine Rechte dem von den Herzogthümern und Deutschland gewünschten, auf der Londoner Conferenz als bestberechtigsten proclamirten Augustenburger zu übertragen. Sollte Preußen aber den Großherzog von Oldenburg vorziehen, so werde Oesterreich den dafür geltend zu machenden Gründen die ernsteste Erwägung nicht versagen.
- Die jetzt veröffentlichte Unterhaltung des preuß. Ministerpräsidenten v. Bismarck mit dem Erbprinzen von Augustenburg am 1. Juni d. J., von der so viel in den Zeitungen zu lesen war, wird jetzt veröffentlicht, da sie auf Befehl des Königs sofort nach stattgehabter Unterhaltung von ersterem niedergeschrieben wurde, und zeigt, wie schroff der Erbprinz sich Preußen gegenüber stellt und mit welcher Undankbarkeit er die Aufopferung Preußens an Blut und Gut zurückweist. Zugeständnisse auf die preußischen Forderungen will er garnicht machen; Schulden für Kriegskosten übernehmen und Landabtretungen, mit solchem System könne er nicht vor den Landtag und vor das Volk treten; die Herzogthümer hätten Preußen nicht gerufen; ohne sie würde der deutsche Bund die Befreiung der Herzogthümer mit mehr Leichtigkeit und unter weniger lästigen Bedingungen bewirkt haben.
- Die Einschiffung des transatlantischen Kabels ist vollendet, der Great Eastern wird in den nächsten Tagen von London abgehen, um mit der Legung zu beginnen. Seine Mannschaft beträgt 200 Personen und ferneren 100 Mann, die nur die Legung des Drathes zu besorgen haben. Alle Morgen wird von dem Great Eastern nach London telegraphirt und trifft einst keine Depesche ein, so weiß man, daß nicht alles ist, wie es sein soll. Man hofft, noch vor Ende dieses Monats mit der Legung fertig zu sein und dann in der Minute 8 Worte von Amerika nach London telegraphiren zu können. Der Preis einer Depesche nach England von 20 Worten oder 100 Buchstaben soll 135 Thlr. betragen, für jedes fernere Wort von 5 Buchstaben 7 Thlr. Nach Deutschland kosten 20 Worte 7 Thlr. mehr wie nach England.
- Die Hauptstadt der Provinz Wermeland in Schweden, Karlstad, mit 5000 Einwohnern, ist am 2. Juli abgebrannt; der Schade beträgt 6 Mill. Thlr.
- Von den beiden kürzlich aus dem Lübecker Zuchthause entsprungenen Sträflingen, ist Köpke im Arfrader District verhaftet und nach Lübeck eingeliefert worden.
- In Kairo und Alexandrien wüthet die Cholera. Am 29. Juni kamen in Kairo 93 Erkrankungsfälle, in Alexandrien 209, am 30. 197 Cholerafälle vor.
- Die Ausgrabungen in Pompeji haben jüngst einen Junotempel zu Tage gefördert, in welchem sich gegen 300 Leichname vorfanden. Der Tempel enthielt viele Statuen von Marmor, Bronce und Terracotta, welche an den Händen und Füßen Bänder von Edelsteinen trugen. Die Straßen, die rings um dem Tempel führen, sind wunderbar erhalten und haben prachtvolle Seitenwege.
- Der Bürgermeister eines Städtchens in Oberösterreich, welcher der reichste Grundbesitzer des Kronlandes sein soll, feierte vorigen Sonntag seine Hochzeit mit einer Pracht, die in diesen Kreisen unerhört ist. Außer seiner und der Braut Verwandtschaft wurden sämmtliche Bewohner der Gemeinde glänzend bewirthet und es sind bei dieser Gelegenheit 48 Ochsen, 46 Schweine und Schafe u. 67 Kälber geschlachtet worden, wozu noch andere Eßwaaren und mehre hundert Eimer Wein und Bier aufgetischt wurden. Das Hochzeitsfest dauerte drei volle Tage.
- Ueber den Seiltänzer Blondin, der jetzt in Berlin sein halsbrecherisches Handwerk treibt, lesen wir in verschiedenen Blättern folgende Geschichte: Als Blondin vor vier Jahren zum ersten Male im Krystallpalaste in London vor einem Zuschauerkreise von 40,000 Personen auftrat, herrschte während und nach der Vorstellung, in der Blondin die haarsträubenden Exercitien auf dem dünnen Seile ausführte, eine unbeschreibliche Aufregung, und zahllose Wetten wurden auf das Leben und den Tod des Helden des Niagara aufgenommen. So schreibt eine französische Zeitung, daß, als Blondin in seiner zweiten Vorstellung mit einer Geige auf dem Seile erschien und, einen Tanz aufspielend, sich zu verschiedenen Malen überschlug, ohne auch nur einen Augenblick sein Geigenspiel zu unterbrechen, ein reicher Lord die Behauptung aufstellte, daß Blondin unbedingt binnen fünf Jahren den Hals gebrochen haben würde. Ein anwesender Franzose, von der Sicherheit Blondin's überzeugt, behauptete das Gegentheil, und so entstand eine Wette, die eine kleine Summe von 10,000 Pfund Sterling repräsentirte und in aller Form Rechtens abgeschlossen wurde. Seit jener Zeit ist unser Engländer der stete Begleiter Blondin's; er verfolgt ihn von Land zu Land, von Stadt zu Stadt, ist stets der erste im Zuschauerraum und geräth jedesmal in Verzweiflung, wenn Blondin nach der Vorstellung wohlbehalten wieder die Erde betritt. Nur einmal - es war im October des Jahres 1863 - als Blondin seine Vorstellungen in Madrid gab, schien unserem Lord auf einige Augenblicke das Glück zu lächeln. An jenem Abende überschritt Blondin das Seil bei bengalischer Beleuchtung. Am Schluß der Vorstellung stand derselbe mit einem Schiebkarren auf dem Seile, die Balancierstange auf die Handhaben des Karrens gelegt, und brannte in diesem Momente Feuerwerkskörper, Raketen etc. ab, welche er im Karren mit sich führte. Unmittelbar darauf

[ => Original lesen: 1865 Nr. 51 Seite 2]

wollte er den Karren auf die Plattform rollen. Ein Gehilfe stand daselbst bereit, das Rad des Schiebkarrens vom Seile auf die Plattform zu heben, damit Blonde diese letztere besteigen könne. Der Gehilfe griff zu, aber jedenfalls in unvorsichtiger Weise, so daß er den Künstler völlig aus dem Gleichgewicht brachte. Im Nu schlug die aus der Handhabe des Karrees ruhende Balancierstange um und schmetterte auf den Fußboden nieder; Blondin aber selber ward kopfüber vom seile herabgeschleudert. Ein furchtbares Angstgeschrei durchzitterte den Zuschauerraum: mitten durch dasselbe hörte man das Frohlocken des Engländers, das sich aber nur zu bald in laute Flüche verwandelte, als man Blondin mit den Kniekehlen am Seile hängen sah. Derselbe hatte sich auf diese Weise mit fabelhafter Geistesgegenwart vor dem grauenhaften Sturze gerettet. Unserem Engländer blieb nichts übrig, als seine Reise mit Blondin fortzusetzen, und da schon im nächsten Jahre die 5 Jahre abgelaufen sind, so wird der edle Lord wohl schwerlich das Schauspiel erleben, Blondin den Hals brechen zu sehen, vielmehr gezwungen sein, dem Franzosen am verabredeten Tage in London die verwetteten 10,000 Pfund Sterling auszuzahlen.


Zwei Silvesterabende.
[Erzählung]
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1865 Nr. 51 Seite 3]

Zwei Silvesterabende.
[Erzählung]
[Fortsetzung.]


Verkaufsanzeigen.

Am Sonntag, den 9. d. Mts., Nachmittags von 2 Uhr an, sollen im hiesigen Kruge in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

2 tann. Bettstellen, 2 Koffer, 1 Eßschrank, 1 Uhr, 1 Küben, 2 große Kessel, 1 aufgemachtes Bett, Bettlaken, Leinen, Flachs, 24 Säcke, Speck, Holz, Frauenkleidungsstücke und allerlei Haus= und Küchengeräthe.
Carlow, den 2. Juli 1865.
Struck, Landreiter.


Vermischte Anzeigen.

Allen denen, welche meinem verstorbenen Manne das letzte Geleite gegeben, sage ich meinen tiefgefühlten innigsten Dank.
Schönberg, den 4. Juli 1865.
Elise Zimmermann, geb. Rusch.


Unser diesjähriger Königschuß
wird am 10. und 11. Juli stattfinden, und vorbinden wir hiemit noch die Anzeige, daß um vielfachen Wünschen entgegen zu kommen, nach den Silbergewinnen auch mit eignen Büchsen geschossen werden darf, zu welchem Zwecke ein eigner Scheibenstand hergerichtet wird, und daß dies Gewinnschießen ebenfalls am 10. beginnt.
Die Tombola wird am 11. Juli Nachmittags gezogen.
Freunde des geselligen Vergnügens und namentlich unsere Landleute bitten wir um recht zahlreichen Besuch.
Der Vorstand.


Ein sehr guter Hof, 370 Morgen, oder ca. 7 1/2 Last Waizenboden erster Classe mit guten Gebäuden in der berühmten Reinfeld=Lübecker Gegend, sehr günstig belegen, soll mit 8 Pferden, 33 Kühen und der Erndte für den billigen Preis von 42,000 Taler (Mecklenburg) Pr. Crt., mit einer Anzahlung von 8000 Taler (Mecklenburg) rasch durch mich verkauft werden.
W. Eschenberg in Lübeck.


So eben ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:

Nothgedrungenes Zeugniß
in einer Mecklenburgischen Sache.
Zum Schutz und Trutz gegen falsche Angriffe
von Bernhard Wendt,
Verfasser der "Kirchlichen Ethik", "Zwei Bücher von der Kirche" u. s. w.
Preis 8 Schilling (Mecklenburg).


Zu Michaelis sucht einen treuen zuverlässigen Kutscher der Oberförster Danckwarth.


Erntehandschuhe sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.


Das Königschießen, verbunden mit
zweitägigem großem Volksfest,
zu Grevesmühlen
findet in diesem Jahre statt
am Montag, den 10., und am Dienstag, den 11. Juli
sowie das Gewinnschießen um lauter Silberzeug, woran sich jeder Fremde betheiligen kann,
am Mittwoch, den 12. Juli.
Es wird auswärtiges und hiesiges Publicum freundlichst eingeladen, an diesem, jetzt zum ersten Male vereinigten Feste recht zahlreich Theil zu nehmen, und aus dem Programm vorläufig mitgetheilt, daß am ersten Tage
Abends nach dem Einmarsch der Schützenzunft großes brillantes Feuerwerk und Harmonie,
am zweiten Tage
von Nachmittags 5 Uhr an die allgemeinen Volksbelustigungen, als: Sacklaufen, Stangenklettern etc., Unterhaltungsmusik und Tanzmusik im Freien, sowie Abends große brillante Illumination und Harmonie
veranstaltet sind.
Grevesmühlen, 21. Juni.
Das Comite.


[ => Original lesen: 1865 Nr. 51 Seite 4]

Die Gewinnliste zur Tombola wird am zweiten Königschußtage bei mir und im Schützenzelte eine Stunde nach der Ziehung für 1 Schilling zu haben sein.
L. Bicker.


Die Vermittelung von Dienstgesuchen und Dienstanbietern besorgt
H. Frentz, Grevesmühlen.


Photographien der Schönberger Kirche mit dem projectirten neuen Thurme sind zu haben bei Wilh. Heincke.

Die Gesammt=Einnahme für diese Bilder ist zum Besten des Thurmbaufonds bestimmt.


Ich habe noch einige sehr schöne Wiesebäume und Leiterbalken zu Erntewagen abzugeben.
Schönberg.
Chr. Egert.


1 Gut bei Lübeck ca. 22 Last fast durchweg Waizenboden, 100 Fuder Heu, 5 Gespann Pferde, 50 Kühe, 400 feine Schaafe. Gebäude gut. Das Gut hat adelige Gerechtigkeiten, ist Abgaben frei, kann zum Verkauf nachgewiesen werden zum Preise von 140,000 Taler (Mecklenburg) Pr. Crt. bei einer Anzahlung von 50-45,000 Taler (Mecklenburg) durch W. Eschenburg, in Lübeck.


Mein Omnibus fährt des Königschußes wegen nicht am Dienstag, sondern am Mittwoch nächster Woche, den 12. Juli, nach Lübeck.
F. Fick.


Das steigende Interesse, welches sich der Nähmaschinen=Manufactur zuwendet, und besonders um Gelegenheit zu finden, die beiden bisher bewährtesten amerikanischen Constructionen der Singer und Wheeler & Wilson's Manufactoring Company nebeneinander kennen zu lernen und vergleichen zu können, veranlaßte uns, noch die Vertretung der Letzteren zu übernehmen.
Durch die Verwendung beider Maschinen in unserer Fabrik und in Folge der dadurch gesammelten Erfahrungen, hatten wir Gelegenheit, die Vorzüge jeder einzelnen Construction kennen zu lernen, so daß wir bei Anschaffung einer Maschine, sei es für den Familien=Gebrauch, oder für einen besondern Arbeitszweck, die Anleitung zur richtigen Wahl der betreffenden Construction geben könnten.
Wir empfehlen demnach diese beiden Maschinen unter vollkommener Garante für deren Leistungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit.

Näh-Maschinen
für den
Familien=Gebrauch.
Zum Nähen
in
Tuch, Buckskin, Doublestoffen,
Weißzeug,
sowie
Kleiderstoffen
in
Seide, Wolle, Baumwolle,
als auch
Mull, Gaze
etc.
Familien-Nähmaschine von Singer Zum
Steppen,
Litzeneinnähen,
Litzenaufnähen,
Faltennähen,
Einfassen,
Säumen,
Kräuseln
etc.
Wheeler & Wilson's
Manufacturing Company.
New-York.
Fabrik=Preise.
   The Singer
Manufacturing Company.
New-York.
Fabrik=Preise.
Maschine zum Familien=Gebrauch und Weiß=
näherei Taler (Mecklenburg) 55.
Dieselbe besonders ausgestattet Taler (Mecklenburg) 60.
Maschine für Schneider Taler (Mecklenburg) 65.
   Littera A. Familien=Maschine. Taler (Mecklenburg) 70.
Kleine Maschine für Schneider Taler (Mecklenburg) 70.
Große do. für do. Taler (Mecklenburg) 105
Maschine für Schuhmacher Taler (Mecklenburg) 108.

Maschinen mit Deckel, sowie mit auseinanderzulegendem Kasten, mehr oder weniger verziert, kosten entsprechend mehr.
Die gründlichste Anweisung im Nähen auf beiden Maschinen wird Reflectirenden gratis ertheilt.
Böning & Oldermann, Lübeck, Schüsselbuden Nr. 200.


Backtafel für die Stadt Schönberg
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Schönberg, den 5. Juli 1865.
Bürgermeister und Rath.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Sonntag, den 9. Juli.
Frühkirche: Pastor Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Meteorologische Beobachtungen in Schönberg.
1865
Juli.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
4.
5.
6.
37.52
37.91
38.13
8.0
9.2
11.0
18.4
19.5
20.5
WNW
W
WNW
1
0
0
zieml. heit.
trübe.*)
zieml. heit.

*) 2 Kubz. Regen auf 1 Quadratfuß.


Getreide= und Markt=Preise in Lübeck
Weitzen-Taler (Mecklenburg)52 - 66Schilling (Mecklenburg)
Roggen-Taler (Mecklenburg)50 - 54Schilling (Mecklenburg)
Gerste-Taler (Mecklenburg)34 - 38Schilling (Mecklenburg)
Hafer Taler (Mecklenburg)32 - 36Schilling (Mecklenburg)
ErbsenTaler (Mecklenburg)44 - 48Schilling (Mecklenburg)
WickenTaler (Mecklenburg)40 - 46Schilling (Mecklenburg)
BuchweizenTaler (Mecklenburg)40 - 46Schilling (Mecklenburg)
Winter=RapsaatTaler (Mecklenburg)19 20Mark (Lübeck)
RübsenTaler (Mecklenburg)19 20Mark (Lübeck)
SchlagleinsaatTaler (Mecklenburg)17 - 18Mark (Lübeck)


(Hiezu: Officieller Anzeiger Nr. 9.)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD