No. 12
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 21. Februar
1865
fünfunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1865 Nr. 12 Seite 1]

- Am 15. Februar wurden in Paris die Kammern eröffnet und Napoleon hat seine Thronrede gehalten. Er ist mit der Welt ziemlich zufrieden. In dem Streit zwischen Deutschland und Dänemark, sagte er, habe er sich streng neutral gehalten, indem er das Princip der Nationalität und das Recht der Bevölkerungen, gefragt zu werden, geltend machte. - Dem Ueberblick über Italien, Mexiko, Japan, Afrika etc. widmete er den Ausspruch, daß alle Expeditionen ihrem Ende zu gingen und schloß mit den Worten: "Widmen wir uns ohne Sorgen den Friedens=Arbeiten." - Der katholischen Geistlichkeit ruft er zu, mehr Achtung vor den Grundgesetzen des Staats zu zeigen. "Dem öffentlichen Unterricht soll alle Sorgfalt zugewendet werden; denn im Lande des allgemeinen Stimmrechts soll Jeder lesen und schreiben können."
- Prinz Napoleon, der geschworene Feind Roms, gab in voriger Woche einen Ball. 2000 Gäste tanzten in 22 Sälen des Palais Royal und alles war geladen, was auf Rom nicht gut zu sprechen ist; sogar Kaiserin Eugenie, die ihr Gemahl vorsichtig am Arme führte, mußte ein freundliches Gesicht machen. Das heimliche Stichwort war: "Wir tanzen auf dem Vatikan!" (Wohnung des Papste). Es sollte an ein anderes berühmtes Wort erinnern, das in demselben Palaste kurz vor der 1830er Revolution gefallen und in Erfüllung gegangen war: wir tanzen auf einem Vulkan!
- In Rendsburg hat eine aus Schleswig u. Holstein zahlreich besuchte Versammlung und Berathung über das Verhältnis zu Preußen stattgefunden. Die Versammlung sprach sich entschieden dafür aus, daß Preußen die volle Militairhoheit zu Land und Wasser erhalten müsse und zwar bevor die innern Verhältnisse Schleswig=Holsteins geordnet würden. Das war zugleich eine Antwort an Herzog Friedrich, der eine Anzahl Patrioten zu sich nach Kiel geladen hatte, um von ihnen die Stimmung des Landes zu erfahren. - Preußen selber verlangt außer den bekannten andern Dingen 1) die Abtretung des Kieler Hafens als preußisches Besitzthum und 2) das Recht, Matrosen auszuheben.
- Tetzel geht immer noch in allerlei Gestalten um. Wer z. B. auf das klerikale Blatt "Journal de l'immaculé" abonnirt, dem verspricht das fromme Blatt auf einen ganzen Monat vollkommenen Ablaß der Sünden.
- Der jüngste ungeheuere Schneefall hat einige Gegenden in Südungarn und den Banat so sehr betroffen, daß man Ueberschwemmungen im Frühjahr, selbst ein Mißjahr.
- Die Annehmlichkeit, Eis für den Sommer aufzubewahren, kann Jeder mit nur geringer Mühe haben. Man wählt einen Platz, der im Sommer möglichst geschützt gegen Sonne und Luft ist, am besten unter Bäumen oder im Gebüsch. Der Platz wird gereinigt, in der Mitte desselben eine runde Grube gegraben, die den dritten Theil des Durchmessers vom ganzen Platze zum Durchmesser hat, drei Fuß tief ist, und nachher mit durchlöcherten Brettern wieder zugedeckt, worauf dann der Boden mit einer Strohunterlage versehen wird. Nach dieser Vorbereitung beginnt man mit der Anhäufung des Eises, welcher man mit der Holzaxt so viel wie möglich zerkleinern läßt. Ist der Haufe, welcher am besten kegelförmig und so hoch wie irgend möglich gesetzt wird, fertig, so läßt man ihn noch einige Tage offen und alle Tage 3 bis 4mal mit einer gehörigen Menge Wasser darüber ausgießen, so daß das Ganze zu einem Eisklumpen friert. Ist es kein Frostwetter, so muß man hiermit warten, nöthigenfalls den Haufen so zudecken, was aber nicht so gut ist. Jetzt deckt man denselben mit einer 1/2 Fuß dicken glatten Strohdecke zu, worauf dann eine 2 Fuß starke Decke von Waldmoos folgt, welche aber so fest wie möglich gemacht werden muß. Man kann auch den Abfall von Flachsbraken oder den sogenannten Fenn von sumpfigen Brüchen dazu nehmen; Moos ist aber vorzuziehen. Auf diese Weise ist das Eis schon Jahre lang bis in den Spätherbst aufbewahrt worden; unter günstigen Umständen erhält es sich bis zum nächsten Winter.
- Wir werden um Aufnahme des folgenden Artikels ersucht:
Schwerin. (Aus dem Thierschutzverein.) Von Vorstandswegen wird wiederholt um Beitritt zum Thierschutzverein gebeten - um Gründung von immer mehr Localvereinen für unser liebes Doppel=Mecklenburg - oder doch um Geldunterstützung zum Decken bedeutender Schulden aus vorigem Jahre, durch Anschaffung und Vertheilung von Drucksachen und Instrumenten erwachsen. Auch wird die gefällige Abforderung der verbesserten großen Anschlagbogen mit Illustrationen - für Anregung guter Transport= und Tödtungsweisen der Schlachtthiere etc. - dessen Anheftung in Gaststuben, Schmieden, Mühlen und sonst viel besuchten Localen, früher schon nachgesucht worden, wieder erbeten, da er auf's Neue in unserm Bureau (Klosterstraße N. 10) bereit gelegt ist. Mit ihm wolle man von dort aus das Schriftchen, welches unter Nr. 71 unserer kleinen Vereinsbibliothek (deren Verzeichniß dem jüngsten Jahresberichte, der sich in den Händen aller Mitglieder befindet, beigegeben ist) aufgeführt: "die Kennzeichen der Hundswuth" dem Französischen des Herrn Bautig, Professor an der Veterinairschule zu Alfort, bei Paris abfordern, da der Vorstand dieselbe in recht vielen Exemplaren herbeigeschafft, um durch sie (die sehr faßlich geschrieben) Kenntnißnahme des Uebels im weitesten Kreise zu ermöglichen.
Daß Jeder wisse, wie sich die Krankheit im Hunde - bei ihrem Beginnen - äußere, und daß Jeder mit diesem Wissen das Benehmen bei seinem Hunde beachte, kann einzig nur Schutz gewähren- einerseits gegen entsetzliches Uebel durch Biß des wirklich tollwüthigen Hundes, und andererseits ge=

[ => Original lesen: 1865 Nr. 12 Seite 2]

gen unkluges Rasen wider das ganze Hundegeschlecht.
Beim Beginn der Krankheit ist der Hund noch ungefährlich für alle andern lebenden Wesen; da er es aber im Verlaufe derselben jedenfalls wird, und eine vollkommene Heilung des befallenen Thiers noch nicht ermittelt, auch an sich für die Pfleger mit Gefahr verknüpft ist, tödte man dasselbe sogleich durch einen scharfen Schrotschuß aus möglichster Nähe hinter dem Ohr) und grabe es mehrere Fuß tief ein. Dem Uebel wird so vollkommen gewahrt, weil eben die selbständige Entwickelung der Krankheit nicht stattfindet und nur durch den Biß des afficirten Geschöpfes vervielfältigt wird - weshalb Jeder sorgen wolle: daß dies Wissen (das Erkennen der Merkmale) ein Gemeingut, das Beachten eine Volksgewohnheit werde. Dies Sorgensollen wird ein Ende nehmen, wenn alle Welt sich erst von dem entwöhnt hat, was das einzelne Thier disponirt macht, Vielen die Tollwuth einzuimpfen - von schlechter (naturwidriger) Behandlung der Thiere, vorab derjenigen, womit der Mensch am meisten und unmittelbarsten verkehrt, mit den Hunden. Hierzu zählt besonders die Vernachlässigung des Kettenhundes, abscheuliche Dressur und Gebrauchsweisen einzelner Racen des zur Jagd verwendeten Hundes, seine Verwendung als Zugthier (wenigstens bei der in Mecklenburg noch bestehenden Betriebsweise dieser Fuhrwerkler), die Störung des Verhältnisses unter seinen Geschlechtern und der stetige Maulkorb - kurz Alles, wodurch das Thier im hohen Grade geängstiget, ihm Körperweh bereitet, zum äußersten Zorn gereizt wird.
In Zeiten, wie gegenwärtig, sollten bis zu ihrem Vorübergegangensein alle Hunde ausnahmslos von der Straße bleiben.
Da in jüngererer Zeit hie und da leider auch Menschen von wuthverdächtigen Hunden gebissen sein sollen, bitten wir die Herren Aerzte um Berücksichtigung des, was wir in Nr. 9. des Nordd. Correspondenten von 1864 zur Oeffentlichkeit gebracht - die in Rußland gemachte Erfahrung über die antihydrophobische Kraft der Genista tinctoria und ihre Anwendung.


Der verhängnißvolle Schatten.
[Erzählung]
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1865 Nr. 12 Seite 3]

Der verhängnißvolle Schatten.
[Erzählung]
[Fortsetzung.]


[ => Original lesen: 1865 Nr. 12 Seite 4]

Bekanntmachung.
Der volle Beitrag zur Armensteuer ist fördersamst an die resp. Armenvorsteher, in Schönberg an den Schlachtermeister Danl. Stockfisch, Tischlermeister Heinrich Stüve und Bäckermeister Joh. Pöhls jun. und auf dem Lande an die Hauswirthe Burmeister in Rodenberg, Maas in Mahlzow, Joach. Oldörp in Boitin=Resdorf und Meyer in Falkenhagen zu bezahlen.
Schönberg den 9. Februar 1865.
Die Armenbehörde.


Künstliche Mineralwasser.
Seit Anfang dieses Jahres werden in der Dom=Apotheke zu Ratzeburg künstliche Mineralwasser fabricirt und sind Selters= und Soda=Wasser à Flasche 4 1/2 Schilling (Mecklenburg) , das Dutzend 1 Taler (Mecklenburg) stets vorräthig.
Für leere Flaschen werden 1 1/2 Schilling (Mecklenburg) vergütet.
Schlüter.


1/1 Schachtel à 16 Schilling (Mecklenburg) 1/2 Schachtel à 8 Schilling (Mecklenburg)

Des Kgl. Pr. Kreis=Physikus Dr. Koch Kräuter=Bonbons
sind vermöge ihrer reichhaltigen Bestandtheile der vorzüglichst geeigneten Kräuter= und Pflanzensäfte als ein probates Hausmittel anerkannt bei Katarrh, Heiserkeit, Rauheit im Halse, Verschleimung etc. und werden in Schönberg fortwährend nur verkauft bei
J. P. Bade.


Billige Futterstoffe
Reismehl Ct. Mark (Lübeck) 4 1/2 -5 p. 100 Pfund. p. comp. ohne Decort.
Palmkernkuchen Ct. Mark (Lübeck) 3 3/4 p. 100 Pfund. p. comp. ohne Decort.
Schrot, Gries, Kleie etc. offerirt
J. v. Bostel,
Brauerstr. 27, Hamburg.


Patti-Concerte in Lübeck im Casino
Donnertag und Freitag d. 23. und 24. Februar um 7 Uhr.
Carlotta Patti,
H. Vieuxtemps und L. Brassin, J. De Swert, P. Ferranti und Herner

werden an einem und demselben Abende auftreten. - Jede Nummer des reichhaltigen Programms wird von einem Künstler ersten Ranges vertreten, und wird auf diese Weise ein Ensemble erzielt, wie es bisher dem europäischen Publikum noch nicht vorgeführt worden ist.
Preise der Plätze: Reservirte und numerirte Sitze (vordere Reihe) 5 Mark (Lübeck). Reservirte und numerirte Sitze im Saale 3 Mark (Lübeck) 12 Schilling (Mecklenburg). Nichtnumerirte Sitze in den Logen auf der Tribüne und Stehplätze 2 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg).
Der Billetverkauf findet, von Donnerstag den 16. Februar (9 Uhr Morgens) angefangen, täglich statt in der Musikalienhandlung von
= F. W. Kaibel =
und am Concert=Abende an der Casse, welche um 6 Uhr geöffnet wird.
Während der ersten Viertelstunde (von 6-6 1/4 Uhr) werden nur die Damen mit Billets für nicht numerirte Sitze eingelassen. Von 6 1/4 Uhr an sind die Thüren für jeden Billet=Inhaber geöffnet.

Programm des ersten Conzerts.

Erste Abtheilung: 1) große Sonate (Piano und Violine, Kreuzer gewidmet) (Beethoven), Louis Brassin und Henri Vieuxtemps. 2) Aria "Linda di Chamunix" (Donizetti) Mlle. Carlotta Patti. 3) Introduction und Rondo (Vieuxtemps) Henri Vieuxtemps. Zweite Abtheilung. 4) Arie aus dem Barbier von Sevilla (Rossini) P. Ferrati. 5) A. Andante (Servais). B. Mazurka fantastique (De Swert) Jules de Swert. 6) Schluß=Arie aus der Nachtwandlerin (Bellini) Carlotta Patti. 7) Tarantella (Rossini) P. Ferranti. 8) A. Variationen (Händel). B. Galopp Fantastique (Brassin) Louis Brassin. 9) la Danza (Ascher) Carlotta Patti. 10) Souvenir d'Amérique (Vieuxtemps), Henri Vieuxtemps. Accompagnateur: Herr Herner. - Concert=Flügel von Erard in Paris.

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Zweites Patti-Concert

Freitag den 24. Februar um 7 Uhr.

Carlotta Patti singt drei Mal 1) Polonaise aus den Puritanern. 2) Schatten=Arie aus Dinorah. 3) Introduction für Piano von Schulhof und den Carneval von Venedig, für Violine von Paganini, speciell für sie arrangirt von Julius Benedict in London.

Mendelsohn's trio in C-moll,
vorgetragen von Brassin, Vieuxtemps und De Swert
sammt 6 ausgewählten Solo-Vorträgen
von Vieuxtemps, Brassin, De Swert und Ferrati.


Ein Sohn rechtlicher Eltern, der Lust hat das Cigarrenmachen zu erlernen, kann Ostern in die Lehre treten bei H. Krellenberg.
Schönberg.


Unser vor dem Siemzerthore neben dem Hause des Zimmergesellen Schrep belegenes Wohnhaus, bebsichtigen wir zu verkaufen. Näheres bei
Bäckermeister J. Greif und Drechslermeister Schleuß.


Flachs, das Pfund 8-10 Schilling (Mecklenburg), und einige Scheffel Aepfel hat zu verkaufen Hein vor Schönberg.


Ein Knecht zum Füttern der Kühe und Pferde sucht zu Ostern Müller Stove.


Meteorologische Beobachtungen in Schönberg.
Febr.
1865
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
17.
18.
19.
20.
27.90
32.04
28.08
28.93
-0.8
-1.5
-1.5
-1.6
-3.6
-1.8
-2.7
-1.0
S
WNW
SSW
WNW
1
1
2
2
trübe.*)
heiter.
trübe.*)
-

*) Regen (mit Schnee), 13 u. 30 Kub.zoll auf einen Quadratfuß.


Getreide= und Markt=Preise in Lübeck
Weitzen-Taler (Mecklenburg)36 - 52Schilling (Mecklenburg)
Roggen-Taler (Mecklenburg)36 - 40Schilling (Mecklenburg)
Gerste-Taler (Mecklenburg)32 - 34Schilling (Mecklenburg)
HaferTaler (Mecklenburg)24 - 29Schilling (Mecklenburg)
ErbsenTaler (Mecklenburg)40 - 48Schilling (Mecklenburg)
WickenTaler (Mecklenburg)44 - 64Schilling (Mecklenburg)
BuchweizenTaler (Mecklenburg)40 - 44Schilling (Mecklenburg)
Winter=RapsaatTaler (Mecklenburg)19 20Mark (Lübeck)
RübsenTaler (Mecklenburg)19 20Mark (Lübeck)
SchlagleinsaatTaler (Mecklenburg)17 - 19Mark (Lübeck)
Butter13Schilling (Mecklenburg)pr.Pfund
Kartoffeln pr. Faß6Schilling (Mecklenburg).


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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