No. 35
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 29. August
1862
zweiunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1862 Nr. 35 Seite 1]

          Alle im Jahre 1841, und zwar vom 1. Januar bis 31. December, beide Tage einschließlich, geborenen jungen Leute männlichen Geschlechts werden, um Zwecks der bevorstehenden Militair=Aushebung angeschrieben zu werden, hiermit geladen, am Sonnabend

den 13. September, Morgens 9 Uhr,

vor Großherzoglicher Landvogtei allhier zu erscheinen, zugleich auch angewiesen, unfehlbar ihre Taufscheine mitzubringen.
               Für diejenigen jungen Leute, welche auf Wanderung oder sonst behindert sind, am gedachten Tage persönlich zu erscheinen, muß einer der Angehörigen, oder der Vormund sich einfinden und den Taufschein produciren.
                Schönberg, den 26. August 1862.

                          Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.       C. L. v. Oertzen.       F. Boccius.


- Der zweite Act in dem neuen italienischen Drama hat begonnen, Garibaldi ist in der Nacht vom Sonntag auf Montag dieser Woche auf dem italienischen Festlande in Calabrien gelandet und zwar vorerst mit einigen Personen aus seinem Generalstabe. Ob seine beiden anscheinenden Gegner, Napoleon und Victor Emanuel, dies Spiel hintertreiben können und werden, müssen wir abwarten. Doch gewinnt es immer an Wahrscheinlichkeit, daß Napoleon mit seinen Truppen wohl den Papst nicht im Stiche lassen wird, wenigstens versichert er dies, wo er kann. Der "Moniteur" erinnert die Welt sogar daran, sie werde doch wohl wissen, daß Frankreich in der Gefahr Diejenigen nicht verläßt, die es unter seinen Schutz genommen hat.
- Es ist aber dennoch unzweifelhaft, daß Napoleon der weltlichen Macht des Papstes ein Ende setzen möchte; es ist aber auch ebenso unzweifelhaft, daß er den strategisch und politisch wichtigen Posten im Kirchenstaate nicht aufgeben will. Aber hiezu wäre er gezwungen, sobald der Papst sein Land verläßt, und hiezu ist Pius IX. entschlossen. Cardinal Antonelli hat in officieller Weise erklärt, daß der Papst abreisen würde, wenn ein piemontesischer Soldat mit Genehmigung Napoleons sein Gebiet beträte.
- Entrüstet über das Manifest Victor Emanuels gegen Garibaldi, worin jener den Eroberungszug gegen Rom mißbilligt, hat nun der demokratische Centralverein in Mailand, dessen Haupt Mazzini ist, ein Manifest gegen Victor Emanuel erlassen. Alle Bande, welche diesen bisher an das italienische Volk knüpften, werden darin als zerrissen angesehen. Er selbst als ein feiger Herrscher bezeichnet, der vergessen habe, daß das italienische Volk ihm sein Reich schenkte. Feierlich sagt das italienische Volk sich von Victor Emanuel los. Garibaldi wird darin als das glänzende Vorbild eines Mannes hingestellt, der der ganzen Sache den Impuls verleihe.
- Jaroszinski, der auf den Großfürsten Constantin in Warschau schoß und ihn verwundete, hat nun sein Urtheil empfangen, es lautet auf "Tod durch den Strang" und ist am 21. d. vor der Citadelle zu Warschau vollzogen. Nicht besser ging es den andern beiden Verbrechern Rzonca und Ryll, ihr Richterspruch lautet ebenfalls auf "Tod durch den Strang" und wurde am 26. vollzogen. - Diese verblendeten Polen machen den Mord zum politischen Handwerk. Rzonka, der gefangen genommen wurde, als er mit dem Dolche nach dem Fürsten Wielopolski stieß, hat gestanden, er kenne den Mann kaum, er sei aber durch's Loos bestimmt, den Fürsten zu ermorden; er habe das 3. Loos gezogen, Jaroszinski und Ryll das 1. und 2.
- In Warschau sind seit Kurzem die Cylinderhüte (Angströhren) wieder zu Ehren gekommen. Alle Civilbeamten sind von ihren Chefs angewiesen worden (wenn sie nicht in Uniform sind) nur Cylinderhüte zu tragen, da jede andere Kopfbedeckung als Demonstration gegen die Regierung angesehen werden wird.
- Auf die Tage vom 5.-8. Septbr. ist nach Weimar hin ein allgemeiner deutscher Handwerkertag ausgeschrieben, zu dem aus allen Gegenden des deutschen Landes schon zahlreiche Anmeldungen eingetroffen sind. Die Aufgabe, welche der Handwerkertag sich stellt, ist: die conservativen Interessen des Handwerks zu wahren, und namentlich die Mittel zu berathen, die das Handwerk vor den drohenden Schäden der allgemeinen Gewerbefreiheit schützen können - ein sehr lobenswerther Schritt um die Selbständigkeit des Handwerks zu erhalten, damit sein goldener Boden nicht ganz untergraben werde.
- Die Schweizer antworten dem italienischen General Bixio, den kürzlich Annectirungs=Gelüste auf den schweizerischen Canton Tessin anwandelten, kurz und schlagend, wie folgt:
                          Kommt der Bixio,
                          Bekommt er Wixio.

[ => Original lesen: 1862 Nr. 35 Seite 2]

- In Sibirien wird der Branntwein billig werden, und ist Säufern von Profession zu empfehlen, dorthin auszuwandern. Durch kaiserliches Decret ist jedem Privatmanne gestattet, sowohl auf Kron= wie auf Gemeindegütern Branntweinbrennereien zu errichten. Lieb wäre es sicher den Bewohnern Sibiriens, wenn aus Schnee und Eis Branntwein zu brennen wäre.
- Die verdienstvollsten Leute in Bayern sind die neu ernannten Notare. Die Gebühren, die ihnen gesetzlich zugebilligt wurden, sind so hoch, daß den meisten nachgerechnet wird, sie müßten sich jährlich auf 30 bis 50,000n Gulden stehen. Die öffentliche Stimme in Bayern verlangt daher Herabsetzung der Gebühren und Vermehrung der Notariate.
- Nach einem von Hamburg ausgehenden Projecte soll von den Hansestädten eine "Norddeutsche Union" mit gleicher (schwarz=roth=goldener) Flagge für ihre Schiffe und gemeinschaftlicher diplomatischer Vertretung angebahnt werden. Der Beitritt zu dieser Vereinigung soll auch anderen Bundesstaaten freistehen.
- Ein allerliebstes kleines Vögelchen, das weder ißt noch trinkt, und doch so schön singt, wie der beste Canarienvogel, erfreute die Besucher der Londoner Ausstellung. Dies kleine Wunderthier ist von einem Schweizer ausgestellt; jeder Besucher kann es singen hören, der einen kleinen Beitrag zum Unterstützungsfonds der Arbeiter in Lancashire gab. Aber der Andrang hierzu war so groß, daß der Wochenertrag dieser Beiträge die Summe von 5-600 Thaler erreichte. Seit Kurzem nun ist der kleine Sänger verstummt, seine Nachbaren, die Schaukästen der andern Schweizer Aussteller, liefen Gefahr durch den großen Andrang der Zuhörer erdrückt zu werden.


Schönberg, d. 21. Aug. Seitdem 1. Aug. d. J. ist die auf Gegenseitigkeit gegründete und von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge Allerhöchst bestätigte Vieh=Versicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg in's Leben getreten. - Es ist eigentlich zu bewundern, daß ein solches Institut hier zu Lande nicht schon seit lange besteht. Versichert doch der Landmann seine Gebäude und Mobiliar vor Brandschaden, seine Felder gegen Hagelschlag! - warum denn nicht das Vieh, in welchem doch sein Hauptreichthum mitbesteht und zwischen welchem verhältnißmäßig und naturgemäß doch die meisten Verluste vorkommen?
Das Bedürfniß der Vieh=Versicherung hat sich auch hier im Fürstenthum schon seit lange herausgestellt, wie die vielen sogenannten Viehgilden hiesigen Landes und die theilweise Betheiligung an auswärtigen Vieh=Versicherungs=Assekuranzen beweisen. Allein die hiesigen Viehgilden, so unzweifelhaft segensreich sie in den betreffenden Kreisen auch wirken, sind doch dem größeren Viehbesitzer unzugänglich, und was die auswärtigen Versicherungs=Gesellschaften anbetrifft, so fordern sie für unsere klimatisch so günstig gelegene Gegend und bei der durchschnittlich verhältnißmäßig so guten Behandlung des Viehes eine viel zu hohe Prämie, ganz abgesehen von den Schwierigkeiten und Abzügen, die sie bei Schadensfällen dem hiesigen Versicherten gegenüber erheben. So mußte, um nur ein Beispiel anzuführen, der Hauswirth L. zu M. hiesigen Fürstenthums für die Versicherung seines Viehstapels von 6 Pferden und 20 Kühen eine jährliche Prämie von 65 Taler (Mecklenburg), sage fünf und sechzig Thaler Pr. Crt., an die Magdeburger Vieh=Versicherungs=Gesellschaft (seligen Andenkens!) bezahlen und wäre bei eingetretenem Schadensfall vielleicht unbefriedigt geblieben, da die Gesellschaft bald darauf trotz der enormen Prämieneinnahme, durch die bedeutenden Verluste aus den Fabrikdistricten Mitteldeutschlands ihre Insolvenz erklären mußte.
Bei Zugrundelegung eines solchen Prämientarifs müßte im hiesigen Fürstenthume alljährlich mindestens ein Viehverlust von über 50,000 Taler (Mecklenburg) vorkommen, ungerechnet den natürlichen Abgang durch Alter etc.
Wie unendlich vortheilhaft muß dagegen nicht die auf Gegenseitigkeit begründete Vieh=Versicherung für das Fürstenthum Ratzeburg jedem Viehbesitzer erscheinen! Sie giebt vor Allem ihren Interessenten eine Sicherheit, wie das keine auswärtige, am allerwenigsten eine Aktien=Gesellschaft zu bieten vermag; denn das unbegränzte Grundkapital steckt in den Taschen der fast durchgängig wohlhabenden Viehbesitzer. - Dadurch, daß, laut Directorialbeschluß, nur Viehbesitzer von weniger als 8 Last Ackerwirthschaft aufgenommen werden sollen und Post=, Omnibus=, Fracht=, Ziegelei= und Lohnfuhr=Pferde ausgeschlossen sind, hat der hiesige Vieh=Versicherungs=Verein sich vor größeren Verlusten zu schützen gesucht und somit die bei weitem größte Zahl seiner Interessenten auf hiesige Hauswirthe beschränkt, welche bekanntlich ihrem Vieh fast durchgängig eine gleichmäßige Behandlung bei gleichmäßiger Benutzung und Anstrengung angedeihen lassen. Auch ist die, mancher Gesellschaft schon so gefährlich gewordene Lungenseuche des Rindviehs - da bereits ein Verein für solche Eventualität hieselbst besteht - ausgeschlossen. Durch die statutenmäßige Bestimmung, daß die Versicherung nicht zum Gewinn führen soll, und von dem ermittelten Taxwerth eines jeden Stücks 10 Procent abgezogen und die dann sich ergebende Summe erst die zulässige Versicherungssumme bildet, ist auch der Vorwurf, als wäre durch eine solche Versicherung einem unreell Denkenden Gelegenheit gegeben, sein Vieh hoch über den Werth zu versichern und dann zu Tode zu treiben, vollkommen beseitigt. Ferner tritt die Versicherung erst mit dem 12ten Tage, Mittags 12 Uhr, nach der Aufnahme in Kraft, so daß ein in dieser Zeit erkranktes Stück Vieh bis zur völligen Wiederherstellung von der Versicherung ausgeschlossen bleibt und für ein in dieser Zeit gestorbenes Thier noch keine Entschädigung geleistet wird. Auch wird alljährlich eine Revision des versicherten Viehs vorgenommen, wobei ein durch Alter oder durch sonstige Umstände im Werthe gesunkenes Thier sofort in seiner Versicherungssumme heruntergesetzt werden muß. - Das Eintrittsgeld - 1 Schilling (Mecklenburg) für jedes Stück Vieh - und die nach der Versicherungssumme sich richtende Taxgebühr, ist so niedrig, wie bei keinem ähnlichen Vereine berechnet. Die Entschädigungssumme wird zu voll - ohne jeden Abzug - bezahlt und den Mitgliedern bei stattgehabten Verlusten alle Weitläufigkeiten erspart. Und endlich liegt die Leitung des Vereins - unter Oberaufsicht der Großherzogl. Landvogtei - in den Händen von Aelterleuten, die sich warm für das Gedeihen desselben interessiren, wie denn, genau genommen, bei der jedem Mitgliede zu jeder Zeit freistehenden Einsicht der Lagerbücher und Rechnungen und bei der nicht ausbleibenden Controle, die im eigenen Interesse ein Viehbesitzer über den ändern führen wird, fast jedes Vereinsmitglied die Stelle eines Aeltermanns bekleidet. - Die Erhebung der nöthig gewordenen Beiträge geschieht, ähnlich wie bei der hiesigen Feuerassecuranz (welcher Gesellschaft, beiläufig gesagt, auch wir aus naheliegenden Gründen den Vorzug vor allen auswärtigen Aktiengesellschaften geben müssen) nach der Höhe der auf je 100 Taler (Mecklenburg) Versicherungssumme repartirten Schäden, jedoch ohne Ansammlung eines Hülfsfonds, da wir für gegenwärtigen Zweck kein besser und sicherer angelegtes Grundkapital, wie das in den Taschen der Interessenten kennen.
Wenngleich uns genauere statistische Nachweisungen über die Höhe der durchschnittlich vorkommenden Viehverluste im hiesigen Fürstenthum fehlen, so können wir doch die ängstliche Besorgniß Derjenigen nicht theilen, welche da glauben, die Versicherung werde , der vielen Schäden wegen, mit einer unverhältnißmäßigen Prämienzahlung verbunden sein. Bis zum heutigen Tage - also 34 Tage nach der resp. Aufnahme - ist bei einer Viehzahl von über 2700 Stück erst eine einzige Kuh krepirt und dadurch der Gesellschaft bei einer Versicherungssumme von etwa 165,000 Taler (Mecklenburg) ein Schaden von nur 35 Taler (Mecklenburg) erwachsen.
Die hin und wieder von einem Gleichgültigen gemachte Bemerkung: "es habe bisher auch ohne

[ => Original lesen: 1862 Nr. 35 Seite 3]

Viehversicherung gegangen" und "wer Vieh habe, dem stürze etwas" bedarf keiner Wiederlegung. Denn auch zugegeben, daß der Verlust eines oder mehrerer Stücke Vieh von manchem Viehbesitzer nicht allzusehr empfunden wird, so kann dieser Verlust doch (wie wir davon Beispiele haben) eine Höhe erreichen, daß auch bei dem Begütersten die Gemüthlichkeit aufhört; jedenfalls können Hunderte von Interessenten einen Verlust leicht tragen, welcher den Einzelnen erdrücken müßte. Ueberdies ist es Pflicht jedes Familienvaters sich möglichst vor Schaden zu schützen und Pflicht jedes Gutdenkenden ein gemeinnütziges Unternehmen nach Kräften zu unterstützen.


Anzeigen.


Es wird hiermit bekannt gemacht, daß der über die Maurin=Mühle führende Weg von Raddingsdorf, resp. Ollndorf nach Pogez wegen Neubaues der Mühlenbrücke vom Montag, dem 1. September, ab bis auf Weiteres gesperrt ist.
Schönberg, den 27. August 1862.

                          Großherzoglich Meckl. Domainen=Amt.
                          F. Graf Eyben.


Vorladungen.

Antragsmäßig soll über die, dem Hauswirth Matthias Retelsdorf zu Herrnburg gehörende Vollstelle c. pert. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an dieser Vollstelle zu haben vermeinen und deren Eintragung in das anzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 7. October d. J.,
Morgens 11 Uhr,
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an der proclamirten Vollstelle sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel richtig und vollständig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 24. Juli 1862.

                          Großherz. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Verkaufsanzeigen.

Holzverkauf.

Am Dienstag den 2. Septbr. sollen unter den bekannten Bedingungen im Röggeliner Holze

8 Faden eichen Kluft=, Knüppel= und Olmholz und
1. Faden tannen Knüppelholz
meistbietend verkauft werden und wollen Kaufliebhaber sich Morgens 9 Uhr beim Schlagbaum am Wege von Klocksdorf nach Röggelin einfinden.
Schönberg den 28. August 1862.

                                                    Danckwarth.


Im Auftrage des Herrn Amtsverwalters Hahn hieselbst setze ich zum öffentlich meistbietenden Verkaufe seines Ackerstückes auf dem Galgenmoore vor dem Sabower Thore hinter dem Töpfermeister Ehlers'schen Gehöfte und hinter den übrigen dort neu angebauten Häusern gelegen in einzelnen Parcelen und im Ganzen Termin an

auf Mittwoch, den 24. Septbr. d. J.,
Morgens präcise 11 Uhr,

im Hause des Herrn Ackerbürgers Böckmann hieselbst; und sind die Verkaufsbedingungen vorher einzusehen.
Schönberg den 27. August 1862.

                                                    Kindler, Advokat,
                                                    als Notar.


Am Montag den 8. k. M., Vormittags 10 Uhr, soll auf dem hiesigen Pfarrgehöft das aus der alten Scheune übrig gebliebene Bauholz in öffentlicher Auction gegen sofortige Baarzahlung in pr. Crt. verkauft werden.
Carlow den 27. August 1862.

                                                    Struck, Landreiter.


        Am Mittwoch den 10. September d. Js., von 9 Uhr an, sollen im Hause der Wittwe Roloff in öffentlicher Auction gegen sofortige Baarzahlung verkauft werden:

als: Tische, Stühle, Betten, Bettstellen, ein großer Kleiderschrank, kupferne und messingene Kesseln, ein beschlagener Stuhlwagen nebst Sielengeschirr, eine Zeugrolle und sonst noch allerlei Haus= und Küchengeräthe.
          Schönberg den 26. August 1862.

                                                    F. W. Müller.


Vermischte Anzeigen.

Photographisches Atelier
von
Wilh. Heincke.

Nach Vollendung meines Glashauses empfehle ich mich zum Anfertigen von photographischen Portraits, Familiengruppen, Visitenkarten etc. etc. auf Glas, Wachstuch und Papier, bei jeder Witterung von Morgens 8 bis Abends 6 Uhr.
Goldene Medaillons mit dem Portrait des Bestellers nur 2 1/2 bis 4 Thlr.


Neueste
große Geldverloosung
von
2 Million. 400,000 Mark
in welcher nur Gewinne gezogen werden,
garantirt von der freien Stadt Hamburg.
Ein            Original-Loos kostet 2 Taler (Mecklenburg).
Ein halbes Original-Loos kostet 1 Taler (Mecklenburg).

Unter 19,700 Gewinnen befinden sich Haupttreffer von:
Mark, 200,000, 100,000, 50,000, 30,000, 20,000, 15,000, 8 mal 10,000, 2 mal 8000, 2 mal 6000, 4 mal 5000, 8 mal 4000, 18 mal 3000, 50 mal 2000, 6 mal 1500, 6 mal 1200, 106 mal 1000 106 mal 500 etc. etc. Beginn der Ziehung am 10ten September.
Die grosse Beliebtheit, welcher sich diese Staats-Einrichtungen beim Publikum fortwährend erfreuen, veranlassen die Regierung um den gesteigerten Anforderungen zu genügen, das Verloosungs-Capital bei jeder neu beginnenden Ziehung bedeutend zu vergrössern.
Unter meiner allbekannten und beliebten Geschäfts-Devise

"Gottes Segen bei Cohn"

wurde neuerdings am 2ten Mai d. J. zum 17ten mal das grosse Loos bei mir gewonnen.
Auswärtige Aufträge und Rimessen oder gegen Postvorschuss, selbst nach den entferntesten Gegenden, führe ich prompt und verschwiegen aus und sende amtliche Ziehungslisten und Gewinngelder sofort nach Entscheidung zu.

                          Laz. Sams. Cohn,
                          Banquier, Geldwechsel- & Staatspapieren-Geschäft,
Incasso, Wechsel, & Creditbriefe
                          auf alle Handelsplätze, Auszahlungsbüreau
                          aller Coupons.
                                                    Hamburg.
                                                    Zeughausmarkt 42 u. Jungfernstieg 11.


[ => Original lesen: 1862 Nr. 35 Seite 4]

200,000 Mark Hauptgewinn und Prämie,
überhaupt
19,700 Gewinne im Gesammtbetrag von 2 Millionen 400000 Mark
bietet die am 10. kommenden Monats beginnende
Große Staats=Gewinne=Verloosung,
in welcher ersten Ziehung nur Gewinne gezogen werden.
Ein               Originalloos kostet    2 Thlr.
Ein halbes Originalloos kostet    1 Thlr.
Ein viertel Originalloos kostet 1/2 Thlr.
direct durch Unterzeichnete zu beziehen gegen baar oder Postvorschuß.

Unter den 19700 Gewinnen befinden sich Haupttreffer von Mark 200,000, 100,000, 50,000, 30,000, 20,000, 15,000, 8mal 10,000, 2mal 8000, 2mal 6000, 4mal 5000, 8mal 4000, 18mal 3000, 50mal 2000, 6mal 1500, 6mal 1200, 106mal 1000, 106mal 500 etc.
Dieses Unternehmen ist keineswegs zu verwechseln mit dem in vielen Staaten verbotenen Promessenspiel auf Loose, sondern es werden hiermit effektiv die Original=Staatsloose offerirt, deren Ziehungen von der freien Stadt Hamburg garantirt sind. - Die Gewinne werden in baar durch unterzeichnetes Bankhaus, welches mit dem Verkauf der Loose beauftragt ist, in allen Städten Deutschlands ausbezahlt, welches überhaupt Ziehungslisten und Pläne gratis versendet. Man beliebe sich daher direct zu wenden an das

                                                    Haupt=Depot
                                                    bei  Stirn & Greim in Frankfurt a. M.


Die zwischen der Rottensdorfer Chaussee und der Schlauentrifft, vor dem Hause des Ackerbürgers Pet. Burmeister belegene Wasserkuhle, ist, als zur früheren Gemeindefreiheit gehörend, Eigenthum der Ackerbesitzer Schönbergs, resp. der städtischen Wege=Commission. Wir beabsichtigen nun im Gemeininteresse diese Wasserkuhle öffentlich zu verkaufen, da ein Ausfüllen und Planiren derselben Zwecks demnächstiger Verpachtung als Gartenland für unsere Kasse zu kostspielig erscheint.
Sollte indeß Einer oder der Andere unserer ackerbesitzenden Mitbürger gegen solchen Verkauf etwas einzuwenden haben, so bitten wir, binnen 8 Wochen von heute an, die etwanigen Bedenken einem der Unterschriebenen mitzutheilen, da wir im anderen Falle später den Verkauf sofort beginnen werden. Schönberg, den 18ten August 1862.

Die Städtische Wege=Commission.
  P. H. Grevsmühl.
Aug. Kniep.
A. Wigger.
J. Schleuß.
W. Bockmann.
Wilh. Heincke.


Kartoffelschälmaschinen, auch zweckmäßig zum Kartoffelmehlmachen, Dachrinnen von Zink und Blech empfiehlt zu billigen Preisen

Schönberg.                                                     F. Hülsemann, Klempner.


Eine bisher gefahrene bequeme Halbchaise mit Rücksitz, die stark gebaut ist, dennoch sehr leicht fährt und mit geringen Kosten reparirt werden kann, steht, nebst einem Paar schwarzer noch dauerhafter Kummetsielen, billig zu verkaufen. Wo? erfährt man in der Expedition dieses Blattes.


Zu Michaelis d. J. habe ich für eine einzelne Person oder auch für Schüler, welche die hiesige Schule besuchen sollen, eine Wohnung frei und wollen sich Reflectanten gefälligst baldigst bei mir melden.

                                                    J. Bohnhof, Sattlermeister.


Gesucht werden

rechtschaffene Handwerker, kleine Kaufleute etc. als Agenten zum Verkauf verschiedener couranter und leicht abzusetzender Artikel. Adressen erbittet man franco unter X. Y. Z. Nr. 1. durch die Expedition dieses Blattes innerhalb acht Tagen.


Gesucht wird zu Michaelis für einen kleinen Hausstand in Schönberg: ein ordentliches Mädchen gegen guten Lohn. Näheres in der Expedition der Anzeigen.


Verloren auf dem Wege von Rottenstorf nach Schönberg: ein Damenstiefel. Der ehrliche Finder wird gebeten, ihn gegen Belohnung in der Expedition dieses Blattes abzugeben.


Am 6. September wird ein Transport

dänischer Säugefüllen

bei mir eintreffen, die ich zum Ankauf den geehrten Landleuten bestens empfehle.

Schönberg.                                                     Aug. Kniep.


Meine beiden Ziegenböcke decken fremde Ziegen bis sie tragend werden.

Schönberg.                                                     Zimmergesell Wienck.


Am Montage und Dienstage, den 15. und 16. Sept., beide Tage Nachmittags, findet bei mir

Scheibenschießen

nach folgenden Gewinnen statt.

1) 1 silbern. Potagelöffel.
2) 1 Tischuhr.
3) 1 silb. Eßlöffel.
          4) 1 silbern. Eßlöffel.
5) 1 kupf. Theekessel.
6) 1 Reitdecke.
7) 8) 9) und 10) je ein Rohrstuhl.
11) und 12) je ein messingener Leuchter.

Jeder Satz von 3 Schüssen, worauf nur 1 Gewinn fallen kann, kostet 16 Schilling (Mecklenburg). Büchsen, Pulver u. Blei werden von mir gehalten.

                          Krüger Holst zur neuen Welt.


Am Montage und Dienstage, den 8. und 9. Septbr., an beiden Tagen Nachmittags, findet bei mir

Scheibenschießen

nach Gewinnen statt, zu welchem ich Freunde und Schießliebhaber bestens einlade.

                          Krüger Wittfoth in Duvennest.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.
In der Woche vom 21. bis 28. August

Geboren: 25. Dem Arbeitsm. Maaß vor Schönberg eine T.- 27. Dem Tischlermeister Dettmann in Schönberg ein S. - Eine unehel. Tochter.
Proklamirt: Hans Johann Christian Sievers, Bürger und Buchdruckereifaktor zu Meerane im Königreich Sachsen, und Jungfrau Emilie Wilhelmine Schmidt, daselbst.


Getreide und Markt=Preise in Lübeck
am 27. August 1862.

Weitzen 1 Taler (Mecklenburg) 28-36 Schilling (Mecklenburg),     Wicken  - Taler (Mecklenburg)   -    - Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg)   4-10 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 40-46 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg)   2-4 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 26-28 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 42-48 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 24-27 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   8-24 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 20-21 Mark (Lübeck)
Butter 10 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, pr. Faß 5- 6 Schilling (Mecklenburg).


(Nebst Beilage.)


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


[ => Original lesen: 1862 Nr. 35 Seite 5]

Beilage
zu den Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 29. August 1862.


Wohl und Wehe einer Luftfahrt.

In Nr. 34 der Anzeigen ist bereits in kurzen Sätzen der 53. Luftfahrt des Aeronauten Regenti in Berlin gedacht, die derselbe am 17. d. in Gesellschaft des Schriftstellers Hans Wachenhusen und des Gymnasiallehrers Dr. Pitschner, bekannt durch seine Besteigung des Montblanc, unternahm. Der Ballon stieg Nachmittags 6 Uhr auf dem Exercierplatze vor dem Brandenburger Thor empor und wurde von der nordwestlichen oberen Luftströmung in die Richtung nach Nauen getrieben. Hans Wachenhusen erzählt das neue Erlebniß in folgendem "Reisebrief aus den Wolken." Gern beschreibe ich die am Sonntage den 17. unternommene Reise in's Blaue. Diese Beschreibung in ihrer ganzen, grandiosen, ja unermeßlichen Schöne erfordert eine Ruhe, eine Stimmung, die ich heute, am Montag Morgen, nach einem - ich muß es so nennen - entsetzlich schönen Ende nicht besitze. Daher denn einstweilen nur eine flüchtige Skizze unserer Erlebnisse.
Während der Füllung des Ballons, etwa um 5 1/2 Uhr, sah Regenti unheildrohende Wolken gegen den hellen Sonnenschein heraufsteigen; er hätte es vorgezogen allein zu fahren, indeß er hatte uns Beiden sein Wort gegeben und hielt dies mit dem vollen Bewußtsein dessen, was er that. Gegen 6 Uhr war endlich vor einem ungeduldig wartenden, fast unübersehbaren Publikum der Ballon gefüllt, unter der thätigen Mitwirkung von Regenti's liebenswürdigen Tochter, welche dessen erste hiesige Fahrt mitmachte. Unserer Drei, in dem schwarz=weiß decorirten Korbe (der mir, aufrichtig gesprochen, ein wenig begräbnißmäßig erschien) stiegen wir um 6 Uhr auf. Die Erde versank unter uns, als habe sich ein Abgrund unter ihr aufgethan. Höher und höher stieg der Ballon, prachtvoll und unbeschreiblich großartig ward das Bild, das sich unter uns ausbreitete.
Wir trieben über Spandau und Potsdam. In der ersten halben Stunde erreichten wir nach Pitschner's Messungen eine Höhe von etwa 9500 Fuß bei 9 1/2 Grad Reaumur. Die erste Wolkenschicht lag unter uns, die erste Flasche Wein ebenfalls. Wir vernahmen in dieser Höhe ein seltsames Rasseln. "Es ist die Eisenbahn!" erklärte uns Regente, und wirklich sahen wir unter uns einen Bahnzug, aber träge und langsam, so schien es, daß ihn eine Schnecke hätte einholen können. Pitschner hatte eine Taube mitgenommen, sie wurde auf den niedern Rand des Korbes gesetzt. Zitternd saß das arme Thier da und wollte sich nicht von uns trennen. Indeß, wozu hätte die Taube Flügel, wenn sie nicht fliegen sollte. Hinaus mit ihr! Aengstlich flatterte das Thier an unsern Korb zurück, höher und höher stiegen wir, die Taube gab den Versuch auf, bei uns zu bleiben, und hinab schoß sie pfeilschnell in kurzen Kreisen, bis wir sie aus dem Gesicht verloren. - Kam die zweite Flasche Wein.
Die ausgeworfenen Papierschnitzel zeigten, daß wir immer noch stiegen, Ballast nach Ballast (wir hatten davon einen Centner) ward über Bord geworfen. - Wir stiegen. Zehntausend Fuß zeigten die Instrumente, unter uns noch immer ein ziemlich klares Panorama, überzogen mit einem Hauch, mit einer Nebelgaze.
Auch die zweite Wolkenschicht lag unter uns. Prachtvolle, feenhafte Wolkengemälde rings umher. Dort im Osten eine gelblich=grüne Wolken=Haide (ich habe keine bessere Bezeichnung dafür, denn das Bild glich einer Haide); und dort weiterhin zwei andere Wolken=Wälder, und da drüben im Nord=Westen ein Wolkenthor, durch das der helle blaue Aether strahlte. Und dort wieder ein Teich! Es schwimmt ein großer Fisch darin.
Zehntausend und fünfhundert Fuß bei 4 Grad Reaumur sind erreicht. - Eilftausend Fuß! Den Sect heraus!! Ein Opfer Dir, Zeus, da über uns! Der Sect schäumt über Bord. Der Ballast muß hinaus. Wir schwimmen über Nauen; so lange die Stadt besteht, hat's gewiß keinen Champagner dort geregnet. Es ist, als hätten wir Sonnengleiche. Tief unter uns in den Kanälen von Spandau und Potsdam gleichen die Oderkähne mit ihren Segeln ganz kleinen Pünktchen, aber plastisch, als seien sie zu greifen.
Die Temperatur sinkt auf 3 Grad. Wir fallen. Der Ballon beginnt zum ersten Male sich zu drehen. Alle drei klagen wir gleichzeitig über Ohrensausen und =Brausen; wir schreien uns an, wie Taube und sehen unsren Athem in der dünnen Luft. Auch der Ballon speit von seinem Gas auf uns herab. Regenti hat das Ventil gezogen.
Tiefer und tiefer sinken wir. Noch einmal treiben wir zurück. Halb acht zeigt die Uhr. Die Erde, die grüne, schöne Erde kommt uns entgegen, die Häuser, die Bäume wachsen schneller, als das Auge es zu fassen vermag. Der letzte Ballast über Bord, bis auf eine Kleinigkeit, die als Reserve bleibt. - Um Gotteswillen, da kommt die Erde herauf! - "Die Strickleiter gefaßt! "Jeder nehme eine der leeren Flaschen in die Hand und werfe sie auf mein Zeichen hinaus!" kommandirte Regenti. Drei Flaschen, drei Pfund schwer, als letzter Ballast, wurden hinabgeworfen. "Aufgepaßt! Festgehalten! Unter keinen Umständen die Strickleiter loslassen!" kommandirte Regenti weiter und warf die Anker aus.
In diesem Augenblick stießen wir auf. Ein entscheidender Moment! - Aber der Anker hatte nicht gefaßt, der Ballon, ein schnaubendes Ungethüm, fegte mit uns über die Koppel. Der Anker fand keinen Wiederstand! Jetzt begann eine fürchterliche Jagd. Hin über die Koppel raste der kochende und brüllende Dämon, der Ballon; wir hingen mit den Armen an der Strickleiter, mit den Beinen im Korbe. Weiter schleppte uns der Ballon. Ich, der ich unten hing, ward mit dem Rücken über die Koppel geschleift. Ein Stoß gegen die Hüfte; ein zweiter Stoß in's Rückgrat. - "Du hast genug!" dacht ich. Dennoch hing ich an der Strickleiter wie ein geschossener Reiher am Zweig. Da - Bums! schleuderte uns der dahintobende Drache gegen einen Zaun, daß es dröhnte. Wir prallten zurück und flogen hinüber. - Weiter ging die Jagd gegen einen Telegraphen, daß uns die Dräthe um die Köpfe herumschwirrten, dann wieder unmittelbar auf der Koppel dahin und noch immer fand der unselige Anker keinen Halt.
Eine halbe Stunde weit mochten wir so über die Bredower Feldmark hingeschleppt sein, unser Korb war bereits zerbrochen. - "Immer festhalten!" commandirte Regenti. - Da mit einem Male - krach! wurden wir gegen ein Telegraphen=Pfahl geschleudert. Der Moment ward schnell benutzt; Regenti und ich, die wir zunächst waren, klammerten uns an diesen Pfahl; über uns zerrte das Ungeheuer mit fürchterlicher Gewalt; der Pfahl ächzte

[ => Original lesen: 1862 Nr. 35 Seite 6]

und krachte - brach er, so waren wir verloren, denn jenseits dehnte sich ein Wald aus, in dessen Aesten wir Arme und Beine hätten hängen lassen.
Mit der Riesenkraft seiner Muskeln gelang es Regenti uns an den Pfahl festzubinden; dann warf er sich zurück, mit blutendem Gesicht, auch seine Kraft war erschöpft. - Und immer wüthender zerrte der Dämon über uns; jeden Augenblick war das Letzte zu befürchten, daß der Pfahl breche.
Da kamen Leute, der Schäfer Höhne vom Bredower Vorwerk mit seiner Frau und einigen Kindern; ihnen gelang es, den Anker an einer Umzäunung zu befestigen, aber auch ihre Kraft würde nicht ausgereicht haben; der Ballon behielt auch in diesem Kampf zu unserem Entsetzen die Oberhand. Bange Minuten verstrichen, doch wir waren auf Alles gefaßt, plötzlich sah ich einen Bahnzug herandampfen; auch der Bahnwärter Mette wollte uns noch zu Hülfe eilen; auf unsern Ruf kehrte er jedoch zurück, um den Bahnzug zu hemmen (der übrigens sich schon sehr langsam näherte) denn brach der Pfahl in dem Augenblick, wo der Zug heranbrauste, so riskirten wir, gerädert zu werden. Ein halbes Dutzend Eisenbahn=Conducteure stürzten herbei, als der Zug angehalten, und mit Hülfe aller dieser Männer, Frauen und Kinder gelang es, den Ballon zu bewältigen. Wir waren gerettet, aber mit Beulen und blutigen Köpfen.
Dem Ballon, diesem Höllengeist, gelang es dennoch, als er bei schon hereingebrochener Dunkelheit auf dem Felde niedergeschnürt wurde, durch Unvorsichtigkeit einiger dabei Helfenden, aus dem Netze zu entwischen. Pfeilschnell hob er sich in die Lüfte zurück. Wir unsererseits fanden bei dem Verwalter des Guts, Herrn Werniger, eine liebenswürdige Aufnahme zur Nacht, für die wir ihm hiermit unseren herzlichen Dank sagen.
Einen ebenso aufrichtigen Dank Herrn Regenti für die so vortreffliche Führung des Ballons und für seine bewundernswerthe Unerschrockenheit während dieses letzten tragischen Actes, welchen die Ungunst des Terrains verschuldete. - Vielleicht ist Herr Regenti, der selbst aus Gesicht und Schulter blutete, auch mit seinen beiden Passagieren zufrieden, denn keiner von uns hat bei dieser tollen Jagd, trotz Beulen und Rippenstößen, die es mir heute kaum möglich machen, die Feder zu führen, auch nur einen Moment die Courage verloren.
Wo der Ballon ist, wer weiß es; er soll noch heute wiederkehren.
So weit Hans Wachenhusen.

Inzwischen hat sich herausgestellt, daß der Ballon in der Nähe von Nauen auf freiem Felde wieder nieder kam und scheint derselbe von dortigen Landleuten als gute Priese betrachtet worden zu sein. Da es gerade regnete, so schnitten sie sich aus dem Zeuge Mäntel und Pferdedecken zurecht.
Die Brieftaube des Herrn Dr. Pitschner ist bei einem Förster in der Nähe von Spandau glücklich eingetroffen.

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- Eine andere Luftfahrt, die vor Kurzem in England zu wissenschaftlichen Zwecken unternommen wurde, endete glücklicher und ist ebenfalls eines ausführlichen Berichtes werth. Der Ballon, ein Fahrzeug von imposantem Umfang, erstieg eine Höhe, die bisher wohl noch nicht erreicht worden ist, nämlich 5 englische Meilen oder 23,760 Fuß. In dieser hohen Region war die Temperatur 24 Grad Fahrenheit, das Barometer zeigte 13 Zoll, und der Thaupunkt war minus 10. Hier fingen die Hände an bläulich anzulaufen, und die Luftreisenden fühlten sich, der eine mehr, der andere weniger, von Schwindel, Kopfweh und Uebelkeiten, wie sie der Seekrankheit vorhergehen, ergriffen. Hingegen widerlegte die Erfahrung den Volksglauben, daß man eine so große Höhe nicht ohne Ohrensausen und Nasenbluten erfliegen könne, und einige Tropfen reinen Franzbranntweins erwiesen sich als ein treffliches Mittel gegen das Herzklopfen. Gleichwohl ging der Puls der Reisenden außerordentlich rasch, auch fühlten sie eine große Schärfe des Gehörsinns. In einer Höhe von drei Meilen hörten sie einen Donnerschlag, in der Höhe von einer Meile über Birmingham hörten sie eine Glocke so deutlich, als wären sie auf der Erde, und als läutete die Glocke in der nächsten Straße. Die Aus= und Fernsichten, welche die Reisenden oben genossen, waren unbeschreiblich großartig. Sie fanden sich von einem endlosen Meer blauen Himmels umgeben, worin weiße mannigfach geformte Wolken schwammen, die oft einer ganzen langsam durch den Himmel fahrenden Alpengegend ähnlich sahen. Zu andern Malen glichen sie schwimmenden Eisbergen, und im Sonnenschein schienen sie fast ebenso zu erglänzen. Während der ganzen fast 3 1/2stündigen Fahrt folgte dem Ballon eine prachtvolle weiße Wolke durch alle seine Wanderungen, die Reisenden nannten sie wegen ihrer imposannten Umrisse die Königin der Wolken. Obgleich der Riesenballon vor der Niederfahrt vier Säcke mit Ballast über Bord geworfen hatte, kam er doch außerordentlich leicht (d. h. noch wenig schwer geworden) herunter und mußte beinahe zu Boden gezogen werden. Er erreichte den Boden auf einer Wiese bei Solihull ungefähr 7 Meilen von Birmingham.
- Ueber die große Hundeausstellung in der neuen Agriculturhall zu London berichtet die "Times": Das Schauspiel, welches diese vierfüßige Versammlung dem Besucher gewährt, ist wirklich eigenthümlicher Art. Man trifft dort Hunde aller Racen, Größen, Formen, Farben und Werthe - von 5 bis 2000 Pfd. Sterl. Der Lärm ist betäubend. Jede Specialität von Hundegebell ist vertreten und concentrirt sich zu einem schrecklichen disharmonischen Hundeconcert, in dem das dumpfe, heisere Gebell des sehnigen Kettenhundes den Baß und das schrillquikende Gekläff des Dachshundes den Tenor vertritt. Hier sieht man einen selbstzufriedenen alten Hühnerhund, wie er seine Bewunderer mit dunkelblitzenden Augen anblickt und die Sehnsucht nach dem freien Felde in allen seinen Geberden zur Schau trägt, - dort einen dickköpfigen Bulldog, der eine Miene wie ein Preisboxer macht und durch die geöffnete Schnauze seinem Herrn ein Paar Reihen Zähne zeigt, die in den Waden des sensitiveren Zuschauers unwillkürlich ein nervöses Zucken verursachen. Plötzlich steht man vor einer Meute von etwa 40 prächtigen Fuchsjagdhunden, Eigenthum des Duke of Beaufort, deren herabhängende Ohren und aufwärts gewundener Schwanz das Herz jedes "noblen Jägers" höher schlagen lassen. Eine Reihe von 14 Schweißhunden bietet denjenigen, die selten Gelegenheit haben, Prachtexemplare dieses edlen, echt britischen Hundes zu sehen, einen höchst lohnenden Anblick. Die ausgestellten Stöber= und Spürhunde sind von besonderem Interesse, in Größe und Aussehen von einander sehr verschieden, und während einige verhältnißmäßig nur klein sind, sind andere wieder ganz außerordentliche Kerle mit schweren breiten Köpfen und Mäulern von gigantischen Dimensionen. Es befindet sich darunter ein brauner Hund, "Capitän" mit Namen, von solcher Größe, daß man ihn im Zwielicht für einen Bären hält; ein anderer, "Sailor" genannt, zeichnet sich durch seine Schönheit aus. Der erstere kostet 500 Pfd. Sterl., der letztere soll sogar 1000 Pfd. Stl. werth sein. Als die schärfsten Gegensätze zu den genannten repräsentiren sich dann wieder die ausgestellten seidenhaarigen Bologneser und stumpfnasigen King Charles - die Lieblinge der Damen - denen sodann die häßlichsten, die sogenannten Rattenfänger, mit ihren schwarzen Mäulern folgen, und deren Werth mit ihrer Häßlichkeit zu steigen scheint. Ferner sehen wir den edlen Neufoundländer, den kleinen Malteser, das so zerbrechlich aussehende Windspiel und Hunderte anderer Sorten. An Preisen wurden über 900 Pfd. Sterl. ertheilt.


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