No. 7
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 15. Februar
1861
einunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1861 Nr. 7 Seite 1]

- Es giebt mancherlei Anzeichen, daß die fürstlichen Besuche in Warschau und Teplitz doch nicht ohne Frucht für die Erhaltung des Friedens vorüber gegangen sind. Es giebt Worte und Handlungen und Unterlassungen, die auf bestimmte Verabredungen deuten. Der Mann in Paris muß sie auch mehr oder weniger kennen, denn er hält sich mehr oder weniger zurück, z. B. in Italien. Den Polen tritt Rußland mit Massen von Soldaten und Preußen mit entschiedensten Abweisungen entgegen.
- Zur Eröffnung der gesetzgebenden Versammlung in Paris hat Kaiser Napoleon eine lange Rede gehalten. Die Thaten, die er gethan hat, nehmen sich alle vortrefflich in dieser Rede aus; für die Zukunft kann man aber nichts mit Sicherheit aus ihr entnehmen, denn über diesen Punkt giebt der Kaiser vieldeutige Orakelsprüche. "Sie wissen es, meine Herren, schloß er seine Rede, in der Politik glaubt man selten an einen ganz uneigennützigen Schritt."
- Der Zustand im Königreich Neapel hat sich nicht wesentlich verändert; über Gaeta dauert die alte Unklarheit fort; die Uebertreibung auf der einen und das Zurückbleiben der vollen Wahrheit auf der andern Seite machen es unmöglich, die Wahrheit klar zu erkennen. Doch scheint es, als ob die Belagerer in der letzten Zeit entschiedenen Fortschritt gemacht hätten. Die ganze sardinische Besatzung von Neapel hat die Hauptstadt verlassen, um zu dem Heere zu stoßen, das Gaeta belagert. Es scheint ein Sturm bevorzustehen. Der Zustand in den Provinzen für den rechtmäßigen König dauert noch ungeschwächt fort. Die Erbitterung der Partheien wird immer größer; man schimpft und schlägt sich an öffentlichen Orten und beschuldigt sich mit roher Gemeinheit.
- In Holstein fehlt es an kriegerischen Vorbereitungen nicht, wenigstens nicht an solchen, welche darauf hindeuten, daß die Regierung ihre Maßregeln trifft, falls es wirklich zur Bundes=Execution kommen sollte. Mannschaften und Pferde der Cavallerie und Artillerie sind einberufen; das zweite Dragoner=Regiment, welches sich aus Holstein und Lauenburg recrutirt, hat Befehl zur Marschbereitschaft erhalten.
- Der Eisgang auf dem Rheine hat auch in diesem Jahre furchtbare Auftritte veranlaßt. Die Gewalt des Wassers und des Eises hat mächtige Dämme zerrissen, große Ortschaften unter Wasser gesetzt und Häuser und Menschenleben in der Fluth begraben. Aus Offenbach heißt es: Ein Naturschauspiel, wunderbarer, ja geradezu unerhörter Art, zieht eben große Menschenschaaren nach den Gemarken östlich unserer Stadt. Weit über Manneshöhe ist da ein unübersehbares Eismeer aufgeschichtet, ein Meer, das im heftigsten Wogenschlag erstarrt scheint! Wer sich plötzlich hierher versetzt sähe, der müßte sich erstaunt fragen, welche Naturgewalt diese unermeßliche Menge gigantischer, über einander gethürmter Eisblöcke an diese Stelle, abseits des Mainstroms, verschlagen. Die Veranlassung ist seltsam genug! Als der Strom seine Eisdecke sprengte, staute sich die kaum in Fluß gerathene Eismasse alsbald wieder bei der Frankfurt Sachsenhäuser Brücke. Dieser Umstand ward für die Gegend zwischen Rumpenheim und Offenbach verhängnißvoll. Die in ihrem Gang aufgehaltene Eismasse brach nämlich bei ersterem Orte durch und bahnte sich mit rasender Schnelligkeit einen Weg durch die Niederung des offenen Landes, die ganze, fast eine Stunde lange Strecke in gewaltiger Breite mit einem Meere riesiger Eisschollen übersäend. Der Ueberblick über diese Hunderttausende von Eisblöcken ist von wahrhaft erschütternder Großartigkeit! Leider ist zu erwarten, daß das ganze weite Feld unter der unbeschreiblichen Gewalt dieser darüber hin fegenden Eiskolosse bis auf den Grund zerstört ist, so zwar, daß die Grenzsteine der einzelnen Feldstücke vertilgt sind und die ganze Ackerfläche noch einmal vermessen werden muß. Man fürchtet, daß erst der Hochsommer dieses Eismeer völlig wegschmelzen, und dann erst nochmals die ganze Gegend unter Wasser setzen wird! Menschenhand wenigstens vermag Nichts gegen diese Massen! Aber Jeder, der nur irgend Gelegenheit hat, sollte sich den Anblick dieses in unseren Gegenden noch nie dagewesenen Schauspiels verschaffen. Man glaubt die Wunder der Polarwelt vor sich aufgeschlossen.
- Die Fürsorge, welche der König von Holland seinen nothleidenden Unterthanen gegenüber an den Tag legt, erwirbt auf's Neue ihm Aller Liebe und Dankbarkeit. Als er bei Leeuwen hülfeleistend zur Hand ging, näherten sich Greise und Männer, die kurz zuvor das Glück ihrer Familien hatten untergehen sehen, um ihm zu danken. "Ich werde," sagte der Fürst, "für euch Alle zu sorgen trachten, und seid versichert, daß ich nimmer ruhen werde, bis Glück und Weltstand in eure Lande zurückgekehrt sind". Abgesehen von diesen persönlichen Hülfeleistungen, hat er sofort 75,000 Gulden aus seinem Privatschatze zur Verfügung gestellt und in der großen Lotterie, welche im Haag zu Gunsten der Ueberschwemmten veranstaltet wird, tausend Loose genommen, ohne Anspruch auf einen Gewinn zu machen. Der Umfang der Verwüstungen ist übrigens so ungeheuer groß, daß man kaum erwarten darf, die Mildthätigkeit werde den Schaden auch nur zum Theil decken können. Der starke Wind, welcher viel Bewegung ins Wasser brachte, hat die

[ => Original lesen: 1861 Nr. 7 Seite 2]

Häuser in den überschwemmten Gegenden zu ganzen Reihen eingestürzt. Die Berichte aus den überschwemmten Gegenden der Maas und Waal lauten wahrhaft herzbrechend. Man erzählt von einem Bauer in Leeuwen, der sein Haus einstürzen, dabei seine Frau, sammt seinen Kindern und 91 Stück Vieh umkommen sah, nur er allein konnte sich durch Schwimmen nach dem Deiche retten. Ein anderer brachte vier seiner Kinder zu einem Freunde, weil er sie dort am sichersten glaubte, doch gerade dessen Haus war das erste, welches gänzlich zu Grunde ging. Ein Floß, worauf sich 18 Personen befanden, landete erst nach 30 Stunden, es waren aber nur noch drei am Leben, darunter ein Irrsinniger, und die Uebrigen alle ertrunken.
- Durch einen Deichbruch der Elbe sind die Dörfer Kirchwärder und namentlich Ochsenwärder zum größeren Theil bis auf die höher gelegenen Stellen unter Wasser gesetzt; das Wasser der Elbe war noch nicht genug gefallen, um dem weitern Zufluß des Wassers ein Ende zu setzen.
- Nach der im Herbst 1860 vorgenommenen Zählung hat Mecklenburg=Schwerin 546,639 Einwohner, 5244 mehr wie im Jahr vorher. Davon 266,870 männlich, 279,769 weiblich. Auf jede der 244 Quadratmeilen kommen etwas über 2240 Einwohner. An jedem Tage des zurückgelegten Kirchenjahrs von 371 Tagen wurden fast 71 Kinder geboren und etwas mehr als 27 Seelen in die Ewigkeit abgerufen. Unter den 18,490 Gebornen waren 14,679 eheliche und 3812 uneheliche, also ein uneheliches Kind auf noch nicht völlig 4 eheliche. Im hohen Alter starben 901 zwischen 70 und 80 Jahren, 388 zw. 80 u. 90, 44 zw. 90 u. 100, 4 über 100 Jahre, nämlich einer 104 Jahr alt, zwei 103 J. und eine Wittwe 101 Jahr alt.
- Die Direction der Schillerlotterie hat angeordnet, daß vom Monat März an täglich 1200 Gewinne abgegeben werden sollen, so daß auf die Woche 7200 und auf den Monat 30,000 kommen. Es werden daher zur Aushändigung der 660,000 Gewinne zwei Jahre Zeit erforderlich sein.
- Die Engländer verfolgen die gegenwärtig begonnene Trennung der südlichen von den nördlichen Staaten der Union in Nordamerika mit ängstlichen Blicken. Nicht etwa, weil sie den gräflichen Folgen eines Bürgerkrieges mit Grauen entgegen sehen, sondern weil sie die Nachwirkungen für ihren Handel fürchten. Wenn in den südlichen Staaten der Union die Kriegsfurie einmal los ist, so kann sie leicht einen Sklavenaufstand im Gefolge haben, und rebelliren die Sklaven, so geht die Baumwollen=Ernte verloren und damit der Hauptindustriezweig Englands. Die Zahl der Menschen, welche in England bezüglich ihres täglichen Brotes von der Baumwollen=Industrie abhängen, beträgt an 4 Millionen, d. h. ungefähr ein Sechstel der ganzen Bevölkerung Großbritanniens.


Die Beute.
[Erzählung.]

[ => Original lesen: 1861 Nr. 7 Seite 3]

Die Beute.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]


Anzeigen.


Verkaufsanzeigen.

Zwecks Theilung unter den Erbinteressenten soll die zu dem Nachlasse des wailand Claus Peter Kock gehörende, in Neuvorwerk belegene Häuslerei öffentlich meistbietend verkauft werden, und anbe=

[ => Original lesen: 1861 Nr. 7 Seite 4]

rahmen wir dieserhalb einen Verkaufstermin auf

Sonnabend den 2. März d. J.

und einen Ueberbotstermin auf

Sonnabend den 23. März d. J.

beide Male Vormittags 11 Uhr und laden Kaufliebhaber ein, sich zur festgesetzten Zeit einzufinden.
Patrimonialgericht Lütgenhof zu Dassow, den 5. Februar 1861.


Holzverkauf.

Unter den bekannten Bedingungen sollen gegen baare Zahlung meistbietend verkauft werden:

1) am Montag den 18. Februar,
im Rupensdorfer Holze:

46 Faden buchen Kluft=, Knüppel= u. Olmholz,
     3/4 Faden Eichenholz und
  1 1/2 Ellernholz,
und wollen sich Käufer Morgens 9 Uhr bei der hiesigen Ziegelei einfinden.

2) am Mittwoch den 20. Februar,
im Garnsee:

72 Faden buchen Knüppel= und Olmholz,
  3 1/2 Faden birken Kluft= und Knüppelholz,
12 Faden Tannenholz,
zu welcher Auction sich die Kaufliebhaber Morgens 9 1/2 Uhr am Schlagbaum des Holzes beim Schleschenberge versammeln wollen.
Schönberg den 13. Febr. 1861.

                                                    Danckwarth.


Vermischte Anzeigen.

Landwirthschaftlicher Club
am Mittwoch den 20. Febr. 1861.
bei                                                    Aug. Spehr.


Meine durch neue Einkäufe bedeutend completirte Stickereihandlung halte einem geehrten Publikum bestens empfohlen. Meine Auswahl von Stick= und Häkelmustern ist, um allen Anforderungen genügen zu können, vergrößert, ebenso die Auswahl der Farben in Seide, Castor= und Zephir=Wolle vermehrt, Mooswolle habe neu zugelegt. An Weißstickereien ist die Auswahl ebenfalls vergrößert; auch halte jetzt Blaubögen zum Durchzeichnen vorräthig. Für Putzmacherinnen empfehle die jetzt so beliebten Gold= und Silberverzierungen, sowie fertige Netze von Brillantgarn, Seide und Chenillen in verschiedenen Farben und Coiffüren.

                                                    Carl Bade.


Unsern Mitmeistern zur Nachricht, daß die Lederankäufe eingetroffen und beim Lagerhalter, Schuhmachermeister J. Wagner hieselbst, zur nunmehrigen Benutzung bereit stehen. Schuhmachermeister vom Lande, welche dem Verein beizutreten wünschen, wollen sich bald bei uns melden.
Schönberg im Februar 1861.

                          Der Vorstand des Vereins der Schuhmachermeister
                          zu gemeinschaftlichen Ledereinkäufen.


      Die

Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebens=, Leibrenten= und Sterbekassen=Versicherungen, Zeitrenten=, Darlehns=, Einlage= und sonstige Geldgeschäfte ab, und verzinst alle Kapital=Einlagen von mindestens 50 Taler (Mecklenburg) mit 3 1/4 Procent für's Jahr, durch die unterzeichneten Agenturen.

Agentur Schönberg und Dassow.

J. P. Bade,
Buchbinder.
                                J. P. Oldörp,
Schul= und Siechenmeister.


Als Verlobte empfehlen sich                          
Carl Köhler
Wilhelmine Kletzien.
Schönberg.                                                    Klütz.


Ein junges Mädchen in Lübeck wünscht zu Ostern eine Stelle als Erzieherin. Sie kann in den gewöhnlichen Wissenschaften, in der Handarbeit, im Französischen und Englischen, wie in der Musik gründlichen Unterricht ertheilen. Nähere Nachricht wird Herr Amtsverwalter Hahn in Schönberg geben.


Die electro=motorischen Zahnhalsbänder der Gebr. Gehrig in Berlin, welche in der Zahnperiode junger Kinder die oft mit Gefahr verbundenen Zahnkrämpfe, Fieber, Unruhe und Schlaflosigkeit in den meisten Fällen augenblicklich beseitigen und auch bei nervösen Zahnschmerzen Erwachsener die besten Dienste leisten, besorgt

                                                    Wilh. Heincke.


Ausverkauf

der zurückgesetzten Manufactur=Waaren, worunter auch Mäntel und Mantillen, zu sehr niedrigen Preisen.

                                                    U. Beermann & Co.
                                                     in Lübeck.


Verloren, am Dienstag Abend: Eine schwarze Muffe. Näheres in der Exped. d. Anzeigen.


Trockne weiße Bohnen,
das Pfund 3 Schilling (Mecklenburg),
empfiehlt                                                    Aug. Spehr.


Zu Rosenhagen bei Dassow sind ca. vierzehn Großtausend vorzüglichen Dachrohrs verkäuflich.


Einem hochgeehrten Publicum hiesiger Stadt und Umgegend erlaube ich mir hiermit die ergebene Anzeige zu machen, daß ich mich hieselbst als Sattler und Tapezier etablirt habe, und empfehle mich in allen in mein Fach einschlagenden Arbeiten. Meine Wohnung ist bei dem Conditor Matthias Greif.
Schönberg, Januar 1861.

                                                                              Tewes, Sattlermeister.


Theater=Anzeige.

Dem geehrten Theater=Publikum Schönbergs und Umgegend die Nachricht, daß die hiesigen Vorstellungen (nicht, wie es in der vorigen Nummer irrthümlich angegeben, am Sonntag, sondern) am Montag den 18. Februar mit "Frau Wirthin" Characterbild mit Gesang in 3 Abth., wieder eröffnet werden.

                                                    H. Wollrabe.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.

In der Woche vom 8. bis 14. Februar

Geboren: Den 7. dem Arbm. Joach. Busch hies. ein S. Den 8. dem Schuhmachermeister Nevermann hies. ein todtgeborner S. Den 13. dem Arbm. Busch. hies. ein S.
Copulirt: F. H. Heiden, Hsw. zu Schlagsdorf, und Cathar. Lühr zu Lockwisch.


Getreide und Markt=Preise in Lübeck
am 13. Februar 1861.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 26-32 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg)   4-16 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg)   2-  6 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 50-53 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg)   1-  4 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 22-23 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 36-40 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 21-22 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   6-16 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, pr. Faß 6 u. 7 Schilling (Mecklenburg).


(Hiezu: Officieller Anzeiger No. 3.)


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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