No. 4
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. Januar
1859
neunundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1859 Nr. 4 Seite 1]

- Niemand glaubt an die Möglichkeit eines Krieges, niemand wünscht den Krieg, aber kriegerisch genug sieht es aus. Aus Paris heißt es: daß der Friede jetzt bedroht sei, ist nur eine vage Befürchtung; eine bestimmte Angelegenheit, von welcher politische Differenzen zu erwarten wären, besteht für den Augenblick nicht. - Der ganze Lärm hat den Leuten, die Geldpapiere haben, etwa 60 Millionen Francs gekostet.
- Die Truppensendungen nach Italien haben einstweilen aufgehört. Im lombardisch=venetianischen Königreich stehen gegenwärtig 4 östreichische Armeecorps, eine Kriegsmacht von mehr als 120,000 Mann. Die östreichische Armee beträgt im Ganzen etwa 550,000 Mann, von denen bei gegenwärtigen Verhältnissen an 400,000 Mann gegen äußere Feinde verwendbar gemacht werden können. (Im Jahr 1813 betrug die ganze östreich. Armee nur 265,000 Mann.)
- Im Hofburgtheater zu Wien wurde am 9. Götz von Berlichingen aufgeführt. Alles was auf die politische Lage der Gegenwart als Anspielung zu verwenden war, nahm das Publikum in der erregtesten Stimmung auf. Die Bewegung steigerte sich zum Enthusiasmus, als der Kaiser erschien. Der Applaus bei Stellen, die man zu Kundgebungen geeignet hielt, wiederholte sich unablässig. Der Kaiser und die Mitglieder des Kaiserhauses in den Logen hielten bei diesen Kundgebungen aus, welchen auch von keiner andern Seite ein Hinderniß entgegengestellt wurde. Auch in München fanden im Theater Demonstrationen im deutschen Sinne gegen französische Gelüste statt, ebenso in Prag.
- Um einen Stein des Anstoßes aus dem Wege zu räumen, hat Oestreich erklärt, es denke nicht daran, ohne Vereinbarung mit den Großmächten in Serbien einzuschreiten.
- Der König von Neapel hat sein ganzes Reich in Belagerungszustand gesetzt, weniger wegen der vergangenen Dinge, als solcher, die da kommen könnten.
- Prinz Napoleon hat sich mit der piemontesischen 16jährigen Königstochter Clotilde verlobt. Lange vergebens hat der Prinz um deutsche Prinzessinnen geworben. Die Verbindung des 36jährigen Prinzen mit dem blutjungen Königskinde bedeutet wohl eher große Politik und weit gehende Pläne, als große Herzensneigung.
- Die Königin Victoria hat ihren Leibarzt Sir James Clarc nach Berlin gesandt, wo er im Palast des Prinzen Friedrich Wilhelm wohnt. Auch hat sie ihrer Tochter die Hebamme geschickt, die bei der Geburt ihrer Tochter thätig war, und die Amme ist eine westphälische Bäuerin aus der Gegend von Minden. Wenn in Berlin die Kanonen losgehen sollten, so bedeuten 101 Schüsse einen Prinzen, 98 eine Prinzessin.
- Auf den Fitschi=Inseln giebt es noch immer Menschenfresser. Sie haben ein kleines Schiff überfallen und die Mannschaft ermordet, gekocht und aufgefressen. In Folge davon ward mit der amerikanischen Fregatte Vandalia eine Expedition gegen sie abgesandt, welche ihre Stadt erstürmte und vollständig verbrannte. Sie haben einen Preußen, Louis Brauer und einen Bürger aus Newyork, Henry Hower, verzehrt.
- Im Orient ist der Winter in diesem Jahr sehr streng; der Schnee, in Smyrna sonst eine fast unbekannte Erscheinung liegt auf Stadt und Landschaft. Die Orangen= und Citronenbäume senken ihre erfrornen Zweige. Die Mehrzahl der Häuser, wo man bisher keine Oefen kannte, sind kaum noch bewohnbar. Jetzt dagegen hat Oefen, wer sie bezahlen kann, und die Jugend lacht die Alten aus, wenn sie erzählen, wie sie zu ihrer guten Zeit um Weihnacht in seidnen Strümpfen und dünnen Kleidern einhergingen.
- Bei mehreren kürzlich in Mecklenburg vorgekommenen Güterverkäufen hat sich ein Preis von 50= bis 60,000 Thaler für die ritterschaftliche Hufe (zu 600 Scheffel Aussaat) herausgestellt. Zeugen diese Preise von einem noch immer steigenden Werthe des Grundbesitzes, so beweist nicht minder die Höhe der Meistgebote bei den letzten Domainenverpachtungen das trotz Minderertrags in den letzten Jahren und anhaltender Trockenheit nicht verminderte Vertrauen der Landwirthe.
- Nach altherkömmlichem Brauche feierte einer der bekanntesten Industriellen in Paris am 6. Januar das Dreikönigs=Fest. Unter seinen Gästen waren 11 Herren, von denen 9 um halb 12 aufbrachen; drei derselben gingen nach London, von denen der eine sich dort nach Newyork, der zweite nach Brasilien und der dritte nach China einschiffte. Ein vierter ging nach Rom, wo er in Garnison stand. Der fünfte nach Aegypten; Moskau, Belgien, Venedig waren das Reiseziel dreier Anderen, und der Letzte ging nach Cherbourg, um dort seine Reise=Instruction zu empfangen. Ein solches Zusammentreffen hätte vor 40 Jahren als ein Wunder gegolten.
- Unlängst wurde zu Speier ein neuer Wilhelm Tell verurtheilt. Ein Leinweber, der sich als ein ausgezeichneter Schütze rühmte, suchte endlich seiner Meisterschaft die Krone aufzusetzen, indem er sich mit seinem 12jährigen Sohne in den Garten begiebt; er befiehlt dem Knaben, eine Kartoffel sich auf den Kopf zu legen und ihn in einer Entfer=

[ => Original lesen: 1859 Nr. 4 Seite 2]

nung von 15 Schritt aufstellte. Mit der größten Kaltblütigkeit macht sich der Vater schußfertig, legt an, feuert und der Knabe lebt! Die Kartoffel war mitten durchgeschossen. Später wiederholte er das Experiment mit demselben Erfolg. Inzwischen wurde die That in weiterm Kreise ruchbar, der neue Tell gerichtlich belangt und wegen seiner Narrheit zu einer Geldstrafe und fünf Tage Gefängniß verurtheilt.
- In einem der ärmsten Viertel Londons ist einmal wieder eine arme Frau Hungers gestorben, wörtlich und ohne Uebertreibung verhungert. Das hat der untersuchende Arzt und die Jury ausdrücklich bestätigt. Und das ist nur ein einzelner, zufällig bekannt gewordener Fall unter Hunderten in diesem endlosen Durcheinander von unbegränztem Reichthum und unbeschreiblichem Elend.
- Ein kaum 16jähriges Mädchen in Paris, ausgezeichnet durch seltene Schönheit, hat sich aus unüberwindlichem Lebensüberdruß das Leben genommen. Sie war der Gegenstand der Liebe und zärtlichsten Sorgfalt einer ehrenwerthen im Wohlstande lebenden Familie, und in Folge einer mit Romanlectüre genährten überspannten Phantasie, im weißen Anzuge auf einem Ruhebett ausgestreckt, einen Roman in der Hand und ein ausgebranntes Kohlenbecken neben ihr, entseelt gefunden.
- Im Glas ertrinken noch immer mehr Leute, als im Meere. Nach den jüngsten großen Unglücksfällen zur See könnte man dies wohl bestreiten. Und doch ertrinken weniger Menschen im Weltmeer, als im Wein= und Branntweinglase. Denn viele vertrinken darin, ohne es selbst zu merken, nicht bloß Kraft und Gesundheit, sondern auch Geld und Gut, Kunden und Verdienst, Verstand und Einsicht, ja selbst Ehre und Gewissen. Deshalb ist das Weltmeer manchem nicht so gefährlich wie das kleine Branntweinglas.
- Die Anlage eines vereinigten Hamburg=Altonaischen Ochsenmarkts wird beabsichtigt. Der Platz dazu soll in unmittelbarer Nähe des Altonaischen Ochsenmarktes, in der neuen angelegten Jägerstraße zu St. Pauli, bereits angewiesen sein.


Geschick bringt Glück.
[Erzählung]
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1859 Nr. 4 Seite 3]


Geschick bringt Glück.
[Erzählung]
(Schluß.)


Anzeigen.


Verkaufsanzeigen.

Das zum Nachlasse der hieselbst verstorbenen Schneiderwittwe Grewsmühl, Anna Margaretha geborenen Ladendorf, gehörige, am hiesigen Kirchhofe belegene Moor soll antragsmäßig öffentlich meistbietend verkauft werden.
Es ist zu dem Ende Termin auf

Freitag den 4ten Februar 1859,
Morgens 11 Uhr,

vor unterzeichnetem Justizamte anberaumt, wozu Kaufliebhaber hiermit geladen werden. Die Bedingungen können 14 Tage vor dem Termine in hiesiger Gerichts=Registratur eingesehen werden. Es in auch die Besichtigung des Grundstücks, nach vorgängiger Meldung bei dem Schornsteinfegermeister Kunau hieselbst, verstattet.
Schönberg den 3. Januar 1859.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
(L. S.)                                                     Reinhardt.


Hausverkauf.

Der Unterzeichnete beabsichtigt sein hiesiges Anwesen, auf welchem er das Geschäft der Böterei zwischen hier und Lübeck mit reichlicher Kundschaft und gutem Erfolg bisher betrieben, Zwecks Veränderung des Wohnorts, öffentlich meistbietend oder unter der Hand, zu verkaufen, als:

1) ein Wohnhaus, sub Nr. 162. am Ende der Wasserstraße hieselbst belegen, enthaltend:
a. unten, 3 geräumige Stuben, 2 Kammern, eine geräumige Diele, Küche und 2 Keller.
b. oben, 3 geräumige Stuben, Vorplatz, 2 Kammern, Küche, Speisekammer und Bodenraum. - Fast sämmtliche Zimmer des Hauses sind neu tapezirt, die Fußböden gemalt, die untere

[ => Original lesen: 1859 Nr. 4 Seite 4]

Diele und Küche mit Sandsteinfliesen ausgelegt; und sämmtliche Stuben mit guten Oefen versehen.
c. einen geräumigen Hofplatz mit Einfahrt, nebst einem Pferde= und 3 andern Ställen.
2) ein Nebenhaus, enthaltend: 1 Stube mit Alkoven, Küche, Speisekammer und Bodenraum; dabei ein kleiner Hofplatz mit Schweinstall;
3) der halbe Antheil an einem Waarenspeicher am See belegen;
4) der halbe Antheil an ein noch neues, 8 Last tragendes Boot, nebst Zubehör, als Mast, Segel, Tauwerk etc.
Zum öffentlich meistbietenden Verkauf, vorbehältlich meiner Genehmigung, hat auf meinen desfallsigen Antrag der wohllöbliche Magistrat hiesiger Stadt einen einzigsten Termin auf

den 24sten Februar d. J.

zu Rathhause hieselbst angesetzt, wo zuerst Wohn= und Nebenhaus einzeln oder zusammen, und sodann Boot und Speicher verkauft werden sollen.
Kaufliebhaber können die Gebäude etc. jederzeit in Augenschein nehmen; sowie die Verkaufsbedingungen bei mir oder dem Herrn Stadtsecretair hieselbst einsehen.
Ratzeburg, im Januar 1859.

                                                    L. Röper, Böter.


Am Donnerstag, den 10. Februar d. J., Morgens 10 Uhr, sollen die zum Nachlasse des verstorbenen Gerichtsraths Reinhold gehörenden Bücher öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung im Reinhold'schen Hause hieselbst verkauft werden. Schönberg, den 27. Januar 1859.

                                                    Dr. Wittmütz,
                                                    als Vormund resp. Bevollmächtigter
                                                    Reinhold'scher Erben.


Bekanntmachung.

Die Bewohner des Schönberger Armendistricts werden aufgefordert, die Armensteuer zum vollen Betrag an die resp. Vorsteher: Tischlermeister W. Stüve, Kürschner Garz und Stellmacher Badstein in Schönberg, und in den Dörfern an die Hauswirthe: Bohnhof in Großen Siemz, Spehr in Retelsdorf, Roxin in Grieben und Joachim Voß in Wahlsdorf, zu bezahlen.
Schönberg den 13. Januar 1859.

                                                    Die Armenbehörde.


Vermischte Anzeigen.

Auf der Station Schönberg werden zur allgemeinen Benutzung für die Dauer der diesjährigen Deckzeit vom 6. Februar ab folgende Großherzogliche Landbeschäler aufgestellt:

Solimann, dunkelbrauner Hengst,
Norfolk, brauner Hengst,
Alba, Schimmel=Hengst,
Schuffler, dunkelbrauner Hengst,
Schönberg, den 27. Januar 1859.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


Alle Gewerbtreibenden des hiesigen Fürstenthums, welche sich an der für den nächsten Sommer projectirten Gewerbeausstellung durch Lieferung von ihnen verfertigter Arbeiten noch zu betheiligen wünschen, werden hiedurch aufgefordert, sich innerhalb 8 Tagen bei mir zu melden.
Die Berücksichtigung späterer Meldungen kann nicht bestimmt verheißen werden.
Schönberg, 27. Januar 1859.

                                                    F. Boccius,
                                                    als Secretair des landw. Vereins für das Fürstth. Ratzeburg.


Der Potsdamer
Vieh-Versicherungs=Verein,

seit 1849 auf Gegenseitigkeit bestehend, versichert Pferde gegen 3 1/3 %, Lohnfuhrpferde 5 % des Taxwerthes, und Schweine und Ziegen gegen 24 Sgr. = 39 Schilling (Mecklenburg) Pr. Cour. pro Stück.
Die Entschädigung wird nicht nur im Fall des Todes, derselbe mag naturgemäß oder durch momentane Unfälle, als Beinbruch, Feuersbrunst, Blitzschlag etc. entstehen, sondern auch dann geleistet, wenn ein Thier in Folge einer Krankheit oder eines Unfalls lebend zu jedem Gebrauch unfähig wird.
Durch den Concurs der Magdeburger Actien=Vieh=Versicherungs=Gesellschaft ist wohl genügend bewiesen, daß nur Gegenseitigkeit wahrhafte Sicherstellung der Entschädigung bei Vieh=Verlusten bietet, und sind Statuten obigen Vereins bei Unterzeichnetem, der zur Vermittelung von Versicherungs=Anträgen und sonst erwünschter Auskunft stets gerne bereit ist, gratis zu haben.

Schönberg.                                                     C. Egert, Agent.


Mit Bauholz, Brettern, Mauersteinen, Drains, Portland Cement, Gottländischem und Lüneburger Kron=Kalk, schwedischen Nägeln und Theer
empfehlen sich bestens

                                                    Moritz Stein & Bartels.

Ratzeburg, Januar 1859.


Beste weiße Talglichte
à Pfund 10 Schilling (Mecklenburg), in LPfund billiger,

bei                                                    Fr. C. Schlebusch.


Verloren am Montag Abend auf dem Wege von Selmsdorf nach Schönberg ein gelb seidenes Taschentuch mit schwarzen Ranken, gezeichnet J. G. Der ehrliche Finder wird gebeten, dasselbe gegen eine Belohnung in der Expedition der Anzeigen abzugeben.


2 Thaler Belohnung

gebe ich demjenigen, der mir den Thäter zur gerichtlichen Bestrafung namhaft machen kann, der von den auf meinem Acker gepflanzten jungen Weiden die Ruthen abschneidet. Ferner mache ich bekannt, daß alle, die ich unbefugterweise auf meinem Acker treffe, zur gerichtlichen Bestrafung angezeigt werden.
Schönberg den 20. Januar 1858.

                                                    Ackerbürger Boye.


Hiemit zeige ich an, daß alles Gehen über meine Koppeln längs des Klocksdorfer Sees verboten ist; ich werde alle, die ich darauf betreffe, zur gerichtlichen Bestrafung anzeigen.

                                                    Schulze Arndt in Klocksdorf.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.
In der Woche vom 20.-27. Januar

Geboren: Den 22. dem Arbtsm. Maak in Resdorf eine T. Den 26. dem Arbtsm. Köster in Rabensdorf ein S. dem Schusterm. Schmöcker in Schönberg ein S. - 2 uneheliche Kinder.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 26. Jan. 1859.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 8-16 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 28-36 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 44-47 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 32-38 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 37-39 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 24-25 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 32-37 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 19-20 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 6-12 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, d. Faß 3 Schilling (Mecklenburg).
Fette Schweine, 100 Pfund 30 Mark.


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD