No. 31
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. Juli
1858
achtundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1858 Nr. 31 Seite 1]

Von dem Senat der freien und Hansestadt Hamburg ist nachfolgende, die nunmehrige freie Einfuhr von Rindvieh nach Hamburg betreffende Bekanntmachung erlassen:

Da, eingezogenen Nachrichten zufolge, die Lungenseuche unter dem Rindviehe in den Nachbarländern als erloschen anzusehen ist, wird, unter Aufhebung der zur Abwendung einer Einschleppung dieser Krankheit mittelst Verordnung vom 23. März 1857 getroffenen Maaßregeln, die freie Einfuhr von Rindvieh hiedurch wiederum gestattet.
                          Zugleich wird es zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die von Seiten der Königl. Hannoverschen Regierung unter'm 3. April 1857 in Beziehung auf die Lungenseuche getroffenen und der Zeit hieselbst bekannt gemachten Anordnungen gleichfalls aufgehoben sind, und daß die freie Einfuhr von Rindvieh über die Nordgrenze des Königreichs, wie solche früher stattgefunden, wieder gestattet worden ist.
                          Gegeben in Unserer Raths=Versammlung, Hamburg den 7. Juli 1858.
Auf Befehl Hoher Großherzoglicher Landesregierung wird dies zur öffentlichen Kenntniß hiedurch gebracht.
          Schönberg, den 26. Juli 1858.

                          Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.       C. L. v. Oertzen.


- Die französische Flotte, welche in Cherbourg angekommen ist, besteht aus 7 Linienschiffen und 1 Fregatte, zwei andere befanden sich bereits dort. Die englische Flotte, welche daselbst mit der Königin Victoria erwartet wird, besteht aus 6 Linienschiffen, 6 Fregatten und 7 königlichen Yachten. Außerdem werden 117 englische Privat=Yachten nach Cherbourg kommen. Ein spanisches Linienschiff, so wie einige preußische und holländische Kriegsschiffe sollen dort ebenfalls eintreffen. Die Engländer in Paris wollen noch immer nicht glauben, daß ihre Königin nach Cherbourg kommen werde, und die Franzosen können sich nicht in dem Gedanken finden, daß die Königin, die die Einladung einmal angenommen, nicht auch dem Feste beiwohnen will. - Die Königin beabsichtigt zum 10. Aug. eine Reise nach Deutschland, um ihre Tochter, die Prinzessin Friedrich Wilhelm, in Potsdam zu besuchen.
- Die englische Regierung hat der Pforte in Folge der Mordscenen in Jeddah vorgestellt, daß sie auf sofortige Bestrafung der Rädelsführer dringe und die Stadt zu bombardiren, wofern nicht die vollständigste Genugthuung gewährt würde. Die Pforte weiß nicht genug Versicherungen zu geben, was sie Alles zur Bestrafung der Schuldigen thun wolle. Daher hat sie auch sofort einen General mit Truppen nach Jeddah geschickt, der Gewalt über Leben und Tod hat und unverzüglich eine öffentliche Hinrichtung der Mörder vornehmen soll. - Obgleich es bisher noch ganz ruhig in Aegypten ist, doch gährt es überall, und in Alexandrien, Kairo und Suez hat man die Spuren einer weitverzweigten gegen die Christen gerichteten Verschwörung entdeckt.
- Die piemontesische Polizei ist von französischer Seite benachrichtigt worden, daß von England nach Italien und vorzugsweise nach Piemont Bomben und Granaten von jener Masse spedirt werden, wie sie an den Wurfgeschossen beim letzten Attentat zu Paris beobachtet wurden. Diese Wurfgeschosse sind mit Leder bedeckt und sollen unter der Benennung "Geräthschaften für Gymnastiker" an verschiedenen Punkten des Mittel= und adriatischen Meeres eingeschmuggelt werden, um dann nach dem Innern Italiens, theils nach der Grenze Frankreichs befördert zu werden. - Die Flüchtlinge in England betrachten noch immer ihr Asyl als einen Heerd der Revolution, wo man ungescheut und ungestraft Mordpläne fassen und ausführen könne. Die Stadtzeitungen erzählen jetzt offen, was man schon länger als Geheimniß wußte, daß in England eine unglaubliche Zahl von Handgranaten und Bomben angefertigt worden sei, um sie in den Residenzen des Continents in Anwendung zu bringen.
- Die verbündeten Engländer und Franzosen haben in China die mit 138 Kanonen stark befestigten Forts an der Peiho=Mündung ohne bedeutenden Verlust ihrerseits genommen. Der Peiho ist die eigentliche Straße nach der Hauptstadt China's, Nanking, die zum Transport von Waaren und Lebensmitteln benutzt wird, da die Communication zu Lande äußerst beschwerlich ist; daher seine große Bedeutung für die Hauptstadt Chinas. Er ist an sich ein kleiner und seichter Fluß, an dessen Mündung eine Reihe von Sandbänken liegt.
- Der Graf von Paris und der Herzog von Chartres sind mit dem Großherzoge von Mecklenburg=Schwerin nach Doberan gereist, verweilten

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jedoch nicht lange dort und haben sich am Montag nach Eisenach begeben, von wo sie nach etwa 14 Tagen Aufenthalt nach England zurückkehren.
- Die Erstarkung des Königs von Preußen in Tegernsee ist nunmehr so glücklich erfolgt, daß Besuche angenommen werden können. Zunächst wird die verwittwete Kaiserin von Rußland erwartet, dann erwartet man den Kaiser von Oestreich und baiersche Prinzen.
- Man erwartet in Wien in diesen Tagen die Entbindung der Kaiserin. Im Falle der Geburt einen Prinzen werden 101 Kanonenschüsse, bei der einer Prinzessin 21 Kanonenschüsse gelöst werden.
- In Folge des vereinten Münzgesetzes von 1857 werden in Preußen folgende Münzsorten geprägt und in Umlauf gesetzt. In Silber: Das Zwei=Vereins=Thalerstück, das Ein=Vereins=Thalerstück, der Bergsegens=Thaler, das Einsechstel=Thalerstück, das 2 1/2 Silbergroschen= oder Einzwölftel=Thalerstück, das Ein=Silbergroschenstück, das halbe Silbergroschenstück. In Kupfer: das Vierpfenningstück, das Drei= und das Zwei=Pfenningstück. In Gold: die Krone, die halbe Krone. Eindrittel=Thalerstücke fallen ganz weg, und an Stelle der Friedrichsd'or treten die Kronen.
- Der Leviathan ist nicht flott zu machen. Es fehlen noch 280,000 Pfund Sterling. Die Actionäre wollen oder können nichts mehr hergeben und haben der engl. Regierung das Seeungeheuer zum Kauf angeboten; diese indeß hat den Antrag zurückgewiesen.
- Der Sturm am Sonntag und Montag hat sich über ganz Norddeutschland erstreckt, indem von vielen Seiten Nachrichten über Beschädigungen gemeldet werden, die er verursacht hat. Auch andere auffallende Witterungserscheinungen, wie die Bildung von Wasser= und Windhosen sind an vielen Stellen beobachtet worden. In Hamm zeigte in voriger Woche eine Windhose von bedeutender Größe eine solche Gewalt, daß sie nicht nur viele Zerstörungen an Gebäuden etc. verursachte, sondern auf der westphälischen Bahn auch zwei leere Güterwagen in die Höhe hob und 20 Ellen weit fortführte. Aus Hamburg wird gemeldet, daß 4 Schiffe bei dem Sturm, davon 2 als total, verloren gegangen sind. Von einem andern waren zwei Mann der Besatzung von den Wellen über Bord gerissen.
- Nach dem hannov. Tagblatt wurde eine Dame, die durch ihre umfangreiche Crinoline das Trottoir vor ihrer Wohnung in Besitz genommen und dadurch die Passage gehemmt hatte, vom Gericht mit zwölf Groschen Geldbuße gestraft. In Wien fängt man an, die Reifröcke abzuschaffen und statt derselben Crinolinen von Flaumfedern zu tragen. Sie sollen das Gute haben, daß sie nicht zerdrückt und beschädigt werden und daß man sie als Schlafkissen benutzen kann.


Aus dem Fuchsleben.

Thau frisch dämmert ein Septemberfrühmorgen herauf. Nur im Osten deutet ein leichter Schein am wolkenlosen Himmel an, daß die Sonne bereits im Kommen ist. Schon wird es heller und heller und von fern hört man es in den Wipfeln des Waldes rauschen, bis uns der leichte Morgenwind Augen und Schläfe kühlt. Weiter gen Westen eilt der frische, luftige Vorbote der aufgehenden Sonne, im Fluge all' die Büsche, Gräser und die blauen Glockenblümchen auf duftender Waldblöße anflüsternd, um sie aus nächtlichem Schlummer zu erwecken; aber neigend und nickend begrüßen ihn die bereits Erwachten. Auch die alten Tannen am Saume des Gehaues werden durchrauscht und wie ein Halleluja tönt's durch die ehrwürdigen Häupter weithin in die blaue Ferne des Waldes. Es verhallt, lautlose Stille herrscht wieder. Die Nebel ziehen über die blüthengeschmückten Blößen dahin und hängen sich, Perle um Perle, an Halm und Zweig, wie an das kunstvolle Zirkelnetz verschiedener Spinnen oder an das ausgebreitete Gespinnst, das im Herbste weite Strecken überzieht, um später, von der Sonne gelöst und emporgezogen, in langen Fäden, wie geheimnißvolle Zauber wirkend, dahinzuschweben. Um Halm und Nadel und leichtes Gewebe funkeln und blitzen in wunderbarer Farbenpracht die reinen Tropfen, die von der nun im reinsten Aether glänzenden Sonne beleuchtet werden. Summende Bienchen und einzelne brummende Hummeln durchstreifen ebenfalls bereits die blühende Haide und der unermüdliche Gesang der zirpenden Grille umspinnt gleichsam, soweit das Ohr reicht, die Natur mit seinem Einerlei. Dies ist der Schauplatz, auf dem wir unsere Beobachtungen beginnen, und siehe, wir haben nicht lange zu warten.
Aus einem Graben, der auf das Gehau mündet, kommt jetzt der Schlaukopf gezogen, den wir suchen - ein alter Fuchs. Er macht Halt, äugt überall herum, ob's auch geheuer, eh' er es wagen darf, über die vor ihm liegende Fläche zu wandeln. Der Sprung eines Grashüpfers, den er mit scharfem Lauscher gehört, läßt ihn sich blitzschnell im Graben niederducken, denn nie läßt er die äußerste Vorsicht außer Acht, wäre sie auch einmal unnöthig. Langsam sich wieder erhebend, scheint er nun so weit sicher, daß nichts Verdächtiges in der Nähe sei. Mit einer gewissen Sorglosigkeit gibt er sich dem Genusse hin, im schönen warmen Sonnenschein, der ihm nach der Morgenfrische doppelt wohl thut, dahin zu schlendern. Bald nimmt er eine Wildfährte an, der er mit seiner Spitzbubennase eine Weile folgt; dann springt er plötzlich ab, um ein unkluges Mäuslein zu haschen, das er als Nachfrühstück zu sich nimmt, da er, bereits vom Felde heimgekehrt, dort einen halbwüchsigen Hasen verspeist hat. Er ist deshalb auch in bester Laune. Hätte er Arme, um sie auf den Rücken zu legen, er würde es jetzt thun, mit solcher Behaglichkeit bewegt er sich vorwärts. Kein Mausloch entgeht ihm dabei; in jedes steckt er seine raffinirte Nase hinein, um es dann aufzuscharren, daß das Erdreich hinter ihm herumstiebt. Kein Vogel fliegt dahin, dem er nicht einen giftigen, verlangenden Blick nachsendete. Jetzt hüpft er wie im Muthwillen auf einen alten Stock, der im Gehau steht, und bleibt ein Weilchen sitzen, um nach Allem, was sich um ihn regt, sei es ein Bienchen, ein Käfer oder Schmetterling, zu schnappen. Nachdem er sich in dieser Weise hinlänglich vergnügt, geht's wieder fort. Bald trabt er, bald schleicht er ein Stück dahin, sichert und duckt sich, und geht dann spielend weiter. Rasch aber fährt er plötzlich herum, und hinter einem Büschchen verschwindend, braucht er dasselbe als Deckung, um dem nahen Dickicht zuzueilen. Wohlbehalten erreicht er es auch, obgleich zwei schnell auf einander folgende Schüsse beweisen, daß er diesmal keiner eingebildeten Gefahr entronnen. Ein leider nicht ganz ruhiger Schütze hatte am nahen Holzrande mit pochendem Herzen all' die Manöver vom Graben her, bis fünfzig Schritt an sich heran mit angesehen und, seines Zieles nun schon gewiß, durch eine unglückliche Bewegung des Fuchses Vorsicht erregt, um das leere Nachsehen zu haben.
Aber "heute mir, morgen dir," sagt das Sprüchwort. Ein andermal muß der Schelm selbst als Jäger ein getäuschtes Gesicht machen, was ihm nicht selten bei der Jagd und namentlich mit Federwild, besonders aber mit Wassergeflügel, begegnet, obwohl er einen solchen Feldzug nicht ohne verdoppelten Aufwand von Schlauheit unternimmt. Die Gelegenheit, ihn zu belächeln, findet sich, wenn wir uns dort nach dem im Morgenscheine spiegelblank ausgebreiteten stillen Waldteiche begeben. Ein Bild der Verschmitztheit tritt unser lüsterner Patron aus dem Waldesdunkel und schleicht nach dem Wurzelstocke einer vom Sturme umgeworfenen alten Tanne, die sich mit ihrem mächtigen Gezweig halb in den Teich versenkt hat, heran, um diesen vorerst von hieraus recognosciren zu können. An den Stamm geschmiegt, hebt er den Kopf nur eben so weit empor, als sein Auge im Stande ist, zu=

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vörderst die entferntest liegenden Ränder des schilfbewachsenen Wassers zu überstreichen, und sich für den weitern Gang zu orientiren. Dann läßt er unmerklich sein edles Haupt höher und höher auftauchen, um die ihm zur Seite liegenden Ufer zu durchspähen, bis endlich sein Blick unmittelbar unter seinem Versteck das Terrain zu sondiren vermag. Nichts hat sich für den augenblicklichen Fang gezeigt; nur ein paar Enten rudern in der Mitte des Teiches dem Schilfrande zu, lange silberne Furchen durch die spiegelblanke Blanke ziehend. Aber außerdem hat der Schelm hinter einem bemoosten Steine in der Nähe etwas plätschern gehört und gleichzeitig davon Wind bekommen, und da ihm das Terrain zum Anschleichen günstig erscheint, richtet er sein Augenmerk dorthin.
Leicht und leise verschwindet er rückwärts hinter der Wurzelwand und schnürt sich am Holzrande seitwärts nach gedachtem Steine zu. Leise, Schritt für Schritt, schleicht er heran, und je näher er kommt, je mehr schmiegt er sich, so daß er zuletzt völlig kriechend am Ziele anlangt. Wieder schiebt er sich gleich einer Schlange vorwärts, bis er das Wasser übersehen kann. Seine vor Verlangen glitzernden Augen entdecken immer noch nichts, als unmittelbar unter dem Steine die plätschernden, kreisenden Schwingungen des Wassers, die so eben der Sprung eines Frosches verursacht hat. Ein paar Federchen aber, die sich auf den immer größer werdenden Wasserringen schaukeln, scheinen ihm zu mancherlei Betrachtungen Anlaß zu geben, die in einem höchst verdrießlichen "Zu spät!" zusammenlaufen. In scharfen Zügen steht es auf seinem Gesicht geschrieben, während dicht neben ihm aus dem Schilfe eine Ente aufsteigt, so daß der Geprellte unwillkürlich noch mit halbem Oberkörper emporfährt, ohne jedoch den Sprung nach dem ersehnten Ziele zu wagen: denn er hat nicht Lust, noch dazu ohne Aussicht auf Erfolg in's Wasser zu plumpen. Er übersieht wohl einmal einen nassen Fuß, wenn es gilt, aber sich bis über den Kopf in's Wasser zu stürzen, das würde der wasserscheue Patron nicht um zehntausend Enten thun. Ein Blick in dem Sehnsucht, Aerger und Beschämung, einen so nahe gehabten guten Bissen sich an der Nase vorüberfliegen zu sehen, mischen, verräth des Gauners innere Stimmung, deren er jedoch sehr bald Herr zu werden versteht.
Nachdem er noch so lange der ihm entgangenen Ente nachgeschaut, bis sie am jenseitigen Teichrande im Schilfe verschwunden ist, trabt er am Holzrande des Teiches hin, als habe er niemals in seinem Leben an Enten gedacht. Mit ganz absonderlicher Laune, wie es scheint, geht er hier so dicht an einem Stamm vorüber, als wäre dies der einzige Weg, sein Leben zu retten. Er geht so stracks auf einen Gegenstand los, sei es Baum, Strauch, Stein, oder sonst etwas, als wolle er mitten hindurch; aber in der unmittelbaren Nähe biegt er auf einmal mit einer Nonchalance herum, als wäre der Gegenstand für ihn gar nicht da. Auf diese Weise umkreist er ziemlich schnell den Teich bis ungefähr zu der Stelle, wo vorhin die entwischte Ente wieder einfiel. Nun fängt er jedoch wieder an zu kriechen. Jeden Büschel Gras benutzt er, um sich an das Schilf heran zu schleichen, und dabei scheut er auch ein nasses Haar nicht. Mit ungeahnter Behutsamkeit im Gras und Schilf kriechend, hat er bereits das Wasser erreicht. Jetzt ist er mit kaum bemerkbarer Bewegung bis an die Kaupe herangerückt, um die herum er die spitze Nase steckt - plötzlich springt er vorwärts. Der quakende Laut, so wie der heftige Flügelschlag in's Wasser beweisen, daß er diesmal nicht fehl speculirt und seine Beute erfaßt hat. Ob das Opfer die nämliche Ente ist, die ihm am jenseitigen Ufer entgangen war? Immerhin darf man's glauben und annehmen, daß der Erzgauch zugleich eine kleine Privatrache ausgeübt. Seine Physiognomie wenigstens hat einen so dämonisch hämischen und dabei so grinsend freundlichen Ausdruck bekommen, wie er nur jemals einem rachsüchtigen Schurkengesichte aufgeprägt war.
Behend eilt er nun an das sonnige, warme Ufer, wo er den nassen, triefenden Balg abschüttelt und die bereits gewürgte Ente niederlegt, um sie aber alsbald wieder zu packen und nach einem nahen sonnigen Haidehange, der ringsum von Dickicht eingeschlossen ist, in Sicherheit zu bringen. Hier verzehrt er auf Haide und trockenem Moos, von der Herbstmorgensonne behaglich erwärmt, in aller Ruhe sein delicates Mahl. Oftmals arbeitet ihm zu einem solchen - und nach Wassergeflügel leckert es ihm immer mit ganz vorzüglichem Appetit - der Mensch selbst in die Hände oder vielmehr in den Rachen, indem eine Ente, wie dem Jäger bekannt ist, leichter zu schießen, als ohne guten Hund aus dem Wasser zu bekommen ist, solche aber nach dem Verenden vom Winde an's Ufer getrieben wird, wo sie Meister Reinecke beim Pirschgange als bequeme Beute findet. Das sind denn so kleine gelegentliche Glücksfälle, die er sich zur Entschädigung für manche Täuschung zu nutze macht.
Unser Lungerer versteht sich auf alle Vortheile und Fertigkeiten des edlen Waidwerks, das er als der gewandteste von allen Wilddieben ausübt und bei seinem lebhaften Naturell besitzt er zugleich die größte Besonnenheit und Ruhe. Er weiß zur rechten Zeit seine Leidenschaften zu beherrschen, um ihrer Befriedigung desto sicherer zu sein. Das zeigt sich insbesondere auch, wenn er auf dem Anstand steht oder, richtiger gesagt, kauert. Er ist z. B. an einem Feldrande, wo er geduckt, fast an den Boden geschmiegt, im dürren Grase verborgen, mit gespitzten Ohren und funkelnden Augen dem harmlosen Hasen aufpaßt. Wohl hat der Schelm sich einen sichern Platz ausgesucht, denn nicht lange hat er gelauert, da kommt das Opfer daher gehoppelt. Wär's möglich, so schmiegte sich der Rothpelz noch tiefer an den Boden, und doppelt feurig werden die grünen Augen, trotzdem daß er sie zusammenzwinkert, um sie nicht zu Verräthern werden zu lassen. Leise zuckt er mit seiner unvergleichlichen Spürnase, wie im Vorgefühl des gewissen Genusses. Inzwischen nähert sich, hier ein Kleeblättchen, dort ein anderes saftiges Kräutlein naschend, der unglückliche Lampe. Ein leises Beben der weißen Spitze an dem Schwanze Reinecke's läßt erkennen, daß er sich fertig zu machen anfängt. Das Hintertheil kaum merklich emporrichtend, rüstet er sich zum Sprunge, und genau hat er es abgepaßt, bis der Hase für ihn erreichbar ist; - ein einziger langer Satz, und er hat sein Schlachtopfer gefaßt das er jetzt unbarmherzig niederwürgt. Nach echter Wilddiebsart, verschwindet er augenblicklich mit seiner Beute vom Orte seiner That, um unberufener Neugier, die den Klageruf des Unbescholtenen etwa gehört, aus dem Wege zu gehen, und seinen Braten zu verschmausen, der nach Reinecke's Kochbuch durchaus keiner Zuthat bedarf. Vorkommenden Falles überhebt er sich auch wohl der Mühwaltung, irgend ein schmackhaftes Thier erst todt zu beißen, und zieht vor, es bei lebendigem Leibe anzufressen.
Glaube man jedoch nicht, daß er sich mit der kleinen Jagd begnügt, obwohl er dieselbe gern betreibt; o nein, - sein Sinn steht höher! Auch die mittle und selbst die hohe Jagd übt er aus, indem er nicht nur Rehkälbchen - im Winter sogar alte Rehe - sondern auch Hirschkälbchen erlegt und hierin der Wildbahn am gefährlichsten wird. Ebenso verhält es sich mit dem ihm vorzugsweise schmackhaften Federwildpret, dem er gleichfalls von Klein= bis Hochwild hinan nachjagt. Uebrigens hält er, wie bei einem durchtriebenen Pfifficus vorauszusetzen, eine alte Klugheitsregel: "wer das Kleine verachtet, erhält das Große nicht," in Ehren, namentlich, wenn das Kleine werth ist, den Gaumen zu reizen. Darum sieht man den Gourmand, wenn der Morgen graut, öfter den Dohnensteg passiren und die Krammetsvögel, die sich etwa gefangen haben, aus den Schlingen nehmen, notabene, wenn sie nicht zu hoch hängen, und er sie noch im Sprunge erreichen kann.

(Beschluß folgt.)


[ => Original lesen: 1858 Nr. 31 Seite 4]

Anzeigen.


Der bisher vom Demern'schen Hoffelde quer durch den Pfarracker und das Dorffeld nach dem Woitendorfer Holze führende Fußsteig, bekannt unter dem Namen "Thurower Fischersteig," ist aufgehoben, und gehet derselbe von jetzt an längs des Fahrweges durch das Dorf Demern nach dem Woitendorfer Holze, und dann auf der in grader Richtung durch das Holz führenden Schneese bis zur Thurower Grenze. - Solches wird hiedurch zur Nachachtung bekannt gemacht.
Schönberg, den 26. Juli 1858.

                          Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt des Fürstenthums Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.


      Die

Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebens=, Leibrenten= und Sterbekassen=Versicherungen, Zeitrenten=, Darlehns=, Einlage= und sonstige Geldgeschäfte ab, und verzinst alle Kapital=Einlagen von mindestens 50 Taler (Mecklenburg) mit 3 1/4 Procent für's Jahr, durch die unterzeichneten Agenturen.

Agentur Schönberg und Dassow.

J. P. Bade,
Buchbinder.
                                J. P. Oldörp,
Schul= und Siechenmeister.


Den 31. August
Ziehung des Großherzoglich Badischen Eisenbahn=Anlehens
vom Jahr 1845.

Die Hauptgewinne desselben sind: 14mal fl. 50,000, 54mal fl. 40,000, 12mal fl. 35,000, 23mal fl. 15,000, 55mal fl. 10,000, 40mal fl. 5000, 58mal fl. 4000, 366mal fl. 2000, 1944mal fl. 1000, 1770mal fl. 250.
Der geringste Preis, den mindestens jedes Obligations=Loos erzielen muß, ist fl. 45 oder Thlr. 25. 21 Sgr. Pr. Cour.
Obligations=Loose, deren Verkauf überall gesetzlich erlaubt ist, erlassen wir zum Tages=Cours, nehmen aber solche auf Verlangen sofort nach genannter Ziehung weniger Thlr. 2 Pr. Crt. oder 24 fl. 3. 30 kr. wieder zurück.
Es haben daher auch unsere resp. Abnehmer, welche jetzt schon gesonnen sind, uns Ihre Obligations=Loose nach erwähnter Ziehung wieder zu erlassen, anstatt des vollen Betrags nur den Unterschied des An= und Verkaufpreises von fl. 3. 30 kr. oder Thlr. 2 Pr. Crt. für jedes zu verlangende Obligations=Loos einzusenden. (NB. Bei Uebernahme von 13 Obligations=Loosen sind nur fl. 42. oder Thlr. 24. Pr. Crt. zu zahlen, gegen Einsendung von fl. 87. 30 kr. oder Thlr. 50 Pr. Crt. werden dagegen 30 Obligations=Loose überlassen.)
Ziehungslisten sofort franco nach der Ziehung.

                                                    Stirn & Greim,
                                                    Staats=Effekten=Handlung
                                                    in Frankfurt a./M.


Gußstahl=Sensen
von vorzüglicher Güte
empfiehlt                                                     Fr. C. Schlebusch.


Verloren am zweiten Königschußtage: Ein kleines goldenes Kreuz. Der Wiederbringer erhält in der Expedition dieser Blätter eine Belohnung.


Da das Ausschneiden der Gräben und Wasserlöcher auf meinem Felde überhand genommen hat, auch sonstige Felddiebstähle häufig vorkommen, habe ich dem Holzwärter Solvi die Beaufsichtigung übertragen und werde Jeden, der von demselben hiebei betroffen wird, gerichtlich belangen.
Mechow d. 28. Julius 1858.

                                                    H. Stamer.


Zu dem am Sonntag den 8. August, als am Schlusse meines diesjährigen Tanz=Coursus stattfindenden

Ball

für Kinder und Erwachsene im Boye'schen Saale lade ich das geehrte Publikum Schönbergs und der Umgegend ergebenst ein.

Anfang für Kinder 5 Uhr, für Erwachsene 11 Uhr.
Entree: für einzelne Personen 16 Schilling (Mecklenburg),
für Familien à Person 12 Schilling (Mecklenburg).

Sollten noch Kinder, die in diesem Jahre nicht an dem Unterricht Theil genommen haben, obigen Ball mitmachen wollen, so bitte ich die geehrten Eltern derselben, diese Kinder an den Schlußstunden in nächster Woche zur Nachübung sich betheiligen zu lassen.

                                                    Ruperti, Tanzlehrer.


Am zweiten Königschußtage ward auf dem Wege vom Schießplatze bis in die Stadt ein Porte=Monnaie, mit Außenseiten von Schildpatt, etwas kleine Münze enthaltend, verloren. Der Finder desselben wird ersucht, es gegen eine angemessene Belohnung in der Expedition dieser Blätter abzugeben.


Der Schleichsteig vom Rupensdorfer Stege über meine Koppel, "Jörnberg" genannt, darf künftig nicht mehr benutzt werden. Wer dennoch darauf betroffen wird, den werde ich dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen.

                                                    Hauswirth H. Dunkelgoth
                                                    in Rupensdorf.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.
Vom 23. - 29. Julius

Geboren: D. 24. dem Arbtsm. Möller in Petersberg ein S. - Dem Schuhmacher Wolgast in Schönberg ein S. - D. 27. eine todtgeb. unehel. S. in Torriesdorf.
Gestorben: D. 26. Joach. Heinr. Wilh. Peters, Hausw.=sohn zu Niendorf, 9 Wochen alt, Hirnschlag.

Anzeige.

Sonntag, den 1. August, fällt die Frühkirche aus.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 28. Juli 1858.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 50-53 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 42-46 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 42-46 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 28-28 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 27-27 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   6-16 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln neue d. Faß 10 Schilling (Mecklenburg).
Dampfmehl aus Rothes Fabrike No. 0. 24 Mark (Lübeck), No. 1. 22 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg), No. 2. 16 Mark (Lübeck) für Netto 200 Pfund.
Grobe Kleie 3 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg). Rollmehl 4 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg).


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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