No. 29
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 16. Juli
1858
achtundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1858 Nr. 29 Seite 1]

- Als gewiß wird aus Paris gemeldet, daß die Königin von England und deren Prinz Gemahl sich am 4. August zu einem großen Flottenmanöver nach Cherbourg begeben werden, um daselbst dem Kaiser Napoleon und der Kaiserin einen Besuch abzustatten. Die Freundschaft zwischen England und Frankreich ist demnach vollkommen wieder hergestellt. Dagegen soll der Erzherzog Max von Oestreich die Einladung nach Cherbourg nicht angenommen haben. Es heißt, die preuß. Marine wird durch die Schrauben=Dampf=Yacht "Grille" gleichfalls bei dem Seemanöver vertreten sein. Die dortigen Festlichkeiten werden an großartiger und verschwenderischer Pracht alles, was unter der pompliebenden Regierung Napoleons bisher gesehen wurde, weit in Schatten stellen.
- In Wien will man wissen, daß man bereits die Truppen bestimmt habe, welche eintretenden Falls die Execution gegen Dänemark vollziehen sollen. Man würde nicht österreichische oder preußische, sondern thüringische und sächsische oder wohl gar die des zehnten Armeecorps nehmen, zu welchen das holsteinische Bundescontingent gehört.
- Die Regierungen von Oestreich und Frankreich haben vorläufig Frieden mit einander geschlossen, d. h. sie haben erklärt, daß der Zeitungskrieg, welcher in letzter Zeit zwischen beiden Ländern herrschte, nicht fortgesetzt werden solle. Die französischen Zeitungen haben bereits Weisungen erhalten, ihre Sprache Oestreich gegenüber zu mäßigen, und in Wien wird nun wohl ein Gleiches geschehen.
- Das Lager des 10. Armeecorps zu Nordstemmen, an dem bekanntlich auch die Contingente beider Mecklenburg Theil nehmen, wird für die Landleute der dortigen Gegend eine sehr unwillkommene Episode bilden. Aus dem Stift Hildesheim schreibt man, daß man gegenwärtig einen Centner gutes Heu mit 4 Thalern bezahle und durch die Ankäufe für das Herbstlager die ohnehin schon so hohen Preise außerordentlich gesteigert werden. Die Landwirthe wissen nicht, was sie beginnen sollen, wenn die Wiesen keinen Ertrag liefern, die wenigen noch vorhandenen Vorräthe für die Truppen aufgekauft werden und überdies noch eine starke Cavallerie=Einquartierung für den Winter in Aussicht steht.
- Zu Jeddah an der arabischen Küste des Rothen Meeres ist der französische und der engl. Viceconsul nebst zwanzig Christen von den Türken ermordet; beide Consulate wurden geplündert und 26 Christen retteten sich auf ein im Hafen liegendes franz. Schiff.
- In Alexandrien ist die Pest ausgebrochen. - Die Pocken herrschen in Berlin noch fortwährend, jedoch ist die Krankheit im Abnehmen. Unter den daran Gestorbenen sind mehr die geimpft waren als ungeimpfte.
- In Lübeck ist das seit 1856 bestandene Verbot des Rindvieh=Transports aus Holstein jetzt wieder aufgehoben, da die Lungenseuche in Holstein als vollständig erloschen zu betrachten.
- Der Nordd. Corr. theilt aus Mecklenburg mit, daß bei Auctionen zu Lansen und Schwarzhof das Vieh zu fabelhaft billigen Preisen verkauft werden mußte. So z. B. gut genährte Schafe das Stück zu 1/2 Taler (Mecklenburg), Kühe zu 6-8 Taler (Mecklenburg).
- Während noch bis vor kurzer Zeit von allen Seiten her nur Klagen über den schlechten Stand der Feldfrüchte, hervorgerufen durch Mangel an Regen und übergroße Hitze, laut wurden, stellt sich nunmehr heraus, nachdem Regen überall und an den meisten Orten reichlich gefallen, daß noch eine ziemlich gute Mittelernte zu erwarten ist. Für Sommerkorn und die Vormatt ist Regen zu spät eingetreten, dagegen aber für Winterkorn und die Nachmatt immer noch zeitig genug. - Im Westen von Amerika hat es seither nicht an Regen gefehlt, im Gegenteil es ist ein solcher Ueberfluß vorhanden gewesen, daß die Flüsse ausgetreten sind und die Ländereien überschwemmt haben. - Auf dem Missiissippi sprang der Kessel eines Dampfschiffes, das Schiff gerieth in Brand und 250 Personen kamen dabei um's Leben.
- Bei den jetzt vielfach eingeführten Dachpappe=Dächern möcht es von Interesse sein, daß in der Asphalt und Dachsteinpappe=Fabrik der Herren Stolle und Süß in Berlin ein Cementfirniß als Ueberzug zu diesen Dächern angefertigt wird, welcher sich als sehr dauerhaft bewährt hat, er soll nicht wiederholt zu werden brauchen, und besitzt die Eigenschaften, daß er durch die Sonnenhitze weder weich wird und abliefe noch bei seiner Festigkeit irgend spröde würde, wie solches bei dem bisher angewendeten Pech= und Theer=Ueberzügen gewöhnlich der Fall, und was den Dächern nur nachtheilig war; von besonderer Wichtigkeit ist noch, daß er feuerfest ist und dem Feuer vollständigen Widerstand hält. Derselbe ist von den Königl. preuß. Regierungs=Baubeamten sowohl zu diesem Zweck, wie auch seiner Bestandtheile wegen für Holzwerke gegen Fäulniß und Schwammentwickelung bei Unterlagen und Schwellen empfohlen und vielfach angewandt worden.
- Ein jetzt in Rio de Janeiro ansässiger Graf Herzberg, früher Officier in der preuß. Garde, hat im Auftrage der brasilianischen Regierung in Mecklenburg 12 Vollbluthengste angekauft, die in diesen Tagen zur Einschiffung nach Hamburg transportirt wurden.

[ => Original lesen: 1858 Nr. 29 Seite 2]

- Der Herzog Max in Baiern ist ein ausgezeichneter Citherspieler und liebt es, wenn er im Sommer auf dem Lande lebt, unerkannt und in schlichter Kleidung in den Gebirgen umher zu wandern, wobei er meistens die Cither mitnimmt. Im vorigen Herbst setzte er sich eines Tages auf einen Baumstamm, um zu spielen. Er glaubte sich unbeachtet, allein mehrere Bauern, die im Gebirge waren, lauschten den wundervollen Tönen des Spiels. Als der Herzog mit dem Spiel zu Ende war und sein Instrument über die Schulter hing, trat ein Bauer auf ihn zu. "Du, sagte er zu dem hohen Herrn, den er nicht kannte, du kannst es gar zu schön, komm mit uns, dort unten ist ein Wirthshaus, spiel uns ein paar Tänz' auf, wir zahlen dir so viel Bier, als du trinken magst." - "Ich habe keinen Durst, ich will aber doch mit euch gehen." Die Bauern führten ihn in ihr Wirthshaus. Der Wirth erkannte den Herzog, aber dieser winkte ihm, sein Incognito nicht zu verrathen. Nun mußte Herzog Max spielen. Die Bauern waren vor Entzücken außer sich, als sie die liebliche Musik hörten. Sie sangen, sie sprangen, sie jauchzten und verlangten immer neue Tänze. Nachdem der Herzog über eine Stunde musicirt hatte, wollte er aufbrechen. "Kinder, laßt mich nun nach Hause gehen, ich habe noch weit und der Abend bricht heran." - "Ei was, sagte einer der Bauern, du spielst uns noch den Tanz von Herzog Max, der ist der schönste; dafür kriegst du ein 24Kreuzerstück und versprichst uns, daß du den nächsten Sonntag wiederkommst." Der Herzog versprach wieder zu kommen, steckte das 24Kreuzerstück ein und spielte noch den Tanz des Herzog Max. Die Bauern jubelten neuerdings, dann ließen sie den herrlichen Zitherspieler ziehen. Als der Herzog fort war, trat der Wirth herzu. "Um Gotteswillen, sagte er, wie toll und roh war't ihr! Wißt ihr, wer das war, den ihr so keck behandelt? Das war der Herzog Max selbst! Ist es euch denn nicht eingefallen, daß kein Mensch in unsern Bergen die Zither so spielen kann wie er?" Die Bauern erschraken. "Laufen wir ihm nach, sagte einer, und bitten ihn um Verzeihung!"- "Ja, ja!" schrieen die Andern, und es dauerte nicht lange, so hatten sie den Herzog eingeholt. Sie baten ganz demüthig um Verzeihung. Der Herzog lachte. "Ihr habt mir mehr Freude gemacht, als ich euch, erwiderte er. Ich werde auch ganz gewiß am nächsten Sonntag wieder kommen und euch die heitersten Tänze aufspielen; wenn ihr aber meint, daß ich euch das 24Kreuzerstück zurückgebe, das ihr mir bezahlt, so seid ihr im Irrthum; dieses Geld behalte ich, denn es ist das erste Geld, das ich mir mit der Zither verdient habe."


Ein Pestschiff.
[Erzählung.]
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1858 Nr. 29 Seite 3]

Ein Pestschiff.
[Erzählung.]
(Schluß.)


Anzeigen.


Aufforderung.

Nachbenannte Grenadiere des Großherzoglichen Infanterie=Bataillons:

Johann Joachim Friedrich Themann aus Podewald, Einstellung 1854;
Johann Carl Christian Wilhelms aus Ballin, Einstellung 1853;

[ => Original lesen: 1858 Nr. 29 Seite 4]

Johann Friedrich Christoph Grundmann aus Woldegk, Einstellung 1854;
Johann Friedrich Heinrich Missehl aus Voigtsdorf, Einstellung 1855;
Hermann Heine aus Mirow, Einstellung 1854;
Johann Christian David Mülling ans Cantnitz, Einstellung 1854,
deren zeitiger Aufenthaltsort nicht zu ermitteln ist, werden hierdurch aufgefordert, sich binnen sechs Wochen hierselbst zu melden, widrigenfalls gegen sie als Deserteure nach Vorschrift des Artikels 14. des Militair=Regulativs verfahren werden wird.
Neustrelitz den 23. Juni 1858.

                          v. Rosenberg=Gruszczynski,
                          Oberstlieutenant und Commandeur
                          des Großherzoglich Mecklenburg Strelitzschen Infanterie=Bataillons.


Verkaufsanzeigen.

Am Mittwoch d. 21. Juli, Morgens 9 Uhr, sollen im Hause des verstorbenen Krämers Daniel Schreep in der Siemzerstraße meistbietend verkauft werden:

Tische, Stühle, eine Schatulle, eine Wanduhr, Koffer, Bettstellen, mehrere Lichtformen, ein großer kupferner Kessel und was sich sonst noch vorfindet.

                                                    Landreiter Seegert.


Vermischte Anzeigen.

Die freundlichst und ergebenste Einladung zum

Rehnaer Königsschuß,

am 26sten und folgenden Tagen d. M., erlauben sich hiedurch

                          die Aelterleute der Schützenzunft:
                          Chr. Lau.         J. Hirsch.


Die Schlesische
Feuer-Versicherungs-Gesellschaft
in Breslau,

garantirt mit einem Grundkapital von Pr. Taler (Mecklenburg) 3,000,000.
Prämien= und Zinsen=Einnahme Taler (Mecklenburg) 528,168.
Gesammt=Reserve Taler (Mecklenburg) 105,151.
-------------------------
Gesammt=Garantie Pr. Taler (Mecklenburg) 3,633,319.

Die Gesellschaft versichert Gebäude und bewegliche Gegenstände aller Art.
Die Prämien sind fest und billig; Nachzahlungen sind nie zu leisten.
Die Unterzeichneten sind bevollmächtigt, Versicherungen fest abzuschließen und Policen anzufertigen.
Lübeck 1858.

                           H. J. Damm,
Haupt=Agent.
           F. A. Schilwe,
Agent.
                           J. Wendt,
Agent für Schönberg und Umgegend.


Gußstahl=Gras= und Korn=Sensen,

für deren Güte und leichten Schnitt ich garantire, wie auch

Eisenwaaren,

als gute engl. Häckselmesser, engl. Zugmesser, Hobeleisen, beste Spannsägen mit Gestellen, eine gute Auswahl englischer und deutscher Taschenmesser, alle Sorten Schlösser, Feilen, Schrauben, Bohrer, Nägel, Plätteisen u. dgl. mehr, empfehle ich zu billigen Preisen.

                                                    C. Schwedt.


Gußstahl=Sensen
von vorzüglicher Güte
empfiehlt                                                     Fr. C. Schlebusch.


Hierdurch bringe ich zur Anzeige, daß ich mit einem tüchtigen Geschäftsführer das Handwerk meines sel. Mannes fortsetzen werde und bitte, das dem Verstorbenen geschenkte Vertrauen auf mich übertragen zu wollen.
Schönberg den 7. Juli 1858.

                                                    Schuhmacher=Wittwe Maaß.


Verloren auf dem Wege vom Markt bis zur Mühle: Ein großer Schlüssel mit geschweiftem Bart. Der Wiederbringer erhält eine Belohnung in der Expedition der Anzeigen.


Verloren am zweiten Königschußtage: Ein kleines goldenes Kreuz. Der Wiederbringer erhält in der Expedition dieser Blätter eine Belohnung.


Am zweiten Königschußtage ist auf der Chaussee nach Siemz ein Frauenhalstuch gefunden. Die rechtmäßige Eignerin kann dasselbe bei mir gegen Erstattung der Insertionskosten zurück erhalten.

                                                    J. Stoffers,
                                                    Maurergesell in Thandorf.


Mein Omnibus wird am nächsten Sonntage den 18. und am Montage den 19. Juli, als an den Tagen des Lübecker Allgemeinen Scheibenschießens, Morgens 8 Uhr von hier nach Lübeck fahren. Am Dienstag d. 20. d. M. ist die Stunde der Abfahrt von hier wie gewöhnlich um 7 Uhr Morgens.

                                                    F. Fick.


Während 14 Tagen, von Freitag den 16. d. M. angerechnet, wird die Passage durch unser Dorf wegen Legung eines Dammes für Fuhrwerk gesperrt sein.

                                                    Die Dorfschaft Kl. Siemz.


Den Schleichsteig über meine Koppel, genannt "Bormfeld", verbiete ich hiermit für Jedermann, und werde ich diejenigen, welche ich künftig darauf betreffe, dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen.

                                                    Hauswirth H. Mustin,
                                                    in Schlagsdorf.


Der Schleichsteig vom Rupensdorfer Stege über meine Koppel, "Jörnberg" genannt, darf künftig nicht mehr benutzt werden. Wer dennoch darauf betroffen wird, den werde ich dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen.

                                                    Hauswirth H. Dunkelgoth
                                                    in Rupensdorf.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.
Vom 8.-14. Juli

Geboren: D. 8. dem Arbeitsm. Oldörp in Lockwisch ein S. - D. 14. dem Hauswirth Badstein in Petersberg ein Sohn. - Dem Zimmergesell Clasen hieselbst ein Zwillingsknabenpaar.
Gestorben: D. 12. Margaretha Wigger, Arbeitsms.frau zu Kl. Siemz, 44 1/4 J. alt, an Lungenschwindsucht. - D. 14. dem Zimmergesell Clasen hieselbst ein Söhnlein, 1 Stunde alt.
Copulirt: D. 9. August Peter Heinrich Metscher, Schuhmachermeister hieselbst und Catharina Marie Christine Friemann hieselbst.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 14. Juli 1858.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 50-52 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 42-46 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 42-44 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 29-30 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 21-22 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   6-16 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln neue d. Faß 10 Schilling (Mecklenburg).
Dampfmehl aus Rothes Fabrike No. 0. 24 Mark (Lübeck), No. 1. 22 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg), No. 2. 16 Mark (Lübeck) für Netto 200 Pfund.
Grobe Kleie 3 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg). Rollmehl 4 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg).


(Hiezu: Officieller Anzeiger No. 5)


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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