No. 31
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 31. Juli
1857
siebenundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1857 Nr. 31 Seite 1]

Der Grenadier, Knecht Johann Joachim Carl Fick von der Bäk (aus dem Einstellungs=Jahrgang 1853) wird befehligt, sich zur Dienstleistung bei der Fahne auf einen Monat am 9. August d. J. Abends bei der 4. Compagnie in der Caserne zu Neustrelitz zu melden.
      Schönberg, den 21. Juli 1857.

                          Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.


Neustrelitz. Se. kön. Hoheit der Großherzog ist am 23. Juli nach Sanssouci zum Besuch bei Sr. Majestät dem König von Preußen während der Anwesenheit der allerhöchsten Herrschaften von Rußland daselbst, abgereist. - Ihre kön. Hoheiten der Erbgroßherzog und die Frau Erbgroßherzogin sind am 24. Juli in erwünschten Wohlsein aus Paris hierher wieder zurückgekehrt. - Es heißt, daß das hiesige Infanterie=Bataillon an den Manövern der Schweriner Division Theil nehmen wird. Das Manöver wird vom 24. August an in der Nähe von Teterow stattfinden und sind zu diesem Zweck bereits zum 9. August Reserven aus dem Jahr 1853 einberufen. - In Altstrelitz wurden am 24. durch eine Feuersbrunst 7 Häuser an der Bohlenstraße mit den Nebengebäuden verzehrt und 2 Häuser mehr oder weniger beschädigt.
- Der Kaiser von Rußland ist am 26. am königlichen Hoflager zu Potsdam eingetroffen; wie es heißt, wird derselbe am 29. über Stettin nach Petersburg reisen; die Kaiserinmutter wird am 31. dahin folgen. Im Hafen von Stettin liegen bereits 4 russische Kriegs=Dampfschiffe, welche die russischen Herrschaften überführen sollen.
- Die Engländer sind in großer Sorge, es möchte das Gerücht, das aus Indien sich verbreitet hat, als ob die ganze indische Armee sich empört und mit den Rebellen gemeinsame Sache gemacht habe, sich bestätigen. Die neuesten Nachrichten von daher melden noch nicht den Fall von Delhi, wohl aber, daß fast alle Provinzen Bengalens und des Nordwestens in Aufruhr sind. Die eingebornen Regimenter von Calcutta sind aufgelöst; in den Präsidentschaften Madras und Bombai dagegen findet sich keine Spur des Aufstandes.
- Das englische Cabinet soll bei den continentalen Regierungen unter der Hand haben anfragen lassen, ob sie der Anwerbung einer Fremdenlegion für Indien Hindernisse entgegenstellen würden.
- Die holsteinische Ständeversammlung ist zum 15. August nach Itzehoe einberufen. - Bei einer Vorbesprechung, welche Mitglieder der Ritterschaft und Besitzer adliger Güter in Bezug auf die nächste Sitzung der Provinzialstände neulich zu Kiel abgehalten haben, ist man zu dem Entschlusse gelangt, eine etwaige Ausscheidung Holsteins aus dem Gesammtstaatsverbande abzulehnen; ebenso aber keine gesammtstaatliche Repräsentation (Reichsrath) einzugehen, es sei denn, daß die Herzogthümer eben so stark vertreten wären, als das Königreich.
- Was oft bezweifelt wurde, meldet der französische Moniteur als gewiß. Er sagt: Seit länger als einen Monat hat die Polizei Beweise von einem in London gegen das Leben des Kaisers angezettelten Komplott in Händen gehabt. Drei Italiener, welche mit der Ausführung des Plans beschäftigt waren, sind in Paris verhafte worden. Die Schuldigen haben ihre Mitverschwornen genannt, unter welchen Mazzini und Ledru=Rollin. - Die französische Regierung scheint nach dieser officiellen Erklärung dem Prozesse die möglichste Oeffentlichkeit geben zu wollen. - Die englische Presse kündigt ihnen bereits das Asyl, falls eine Betheiligung an diesem Complott sich herausstellt. - Es beginnt also ein wichtiger öffentlicher Prozeß, der wahrscheinlich ein Vorläufer dringender Gesuche an England werden wird, Mazzini und Genossen länger keine Freistatt zu gewähren. - Ledru=Rollin hat ein sehr ausführliches Schreiben an die Untersuchungsbehörden in Paris erlassen, worin er die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zurückweist.
- Die Stadt Trarbach an der Mosel, welche im Verhältniß zu ihrer Größe für eine der reichsten Städte der Rheinprovinz galt, ist am 22. und 23. d. M. bis auf 26 Häuser vollständig abgebrannt. Auch in Berncastel hat eine Feuersbrunst 40 Häuser vollständig zerstört.
- Im Hannoverschen sind die Behörden angewiesen, denjenigen Papierfabrikanten, welche der Vereinbarung wegen Preiserhöhung ihres Fabrikats in Frankfurt beigewohnt haben, keine Aufträge mehr zuzuwenden.
- In England ists nichts seltenes, daß Gläubiger das theuere Leben ihres Schuldners in Lebensversicherungsbanken versichern. Ein Graf Mornington war von seinen Gläubigern zu 207,000 Pfund Sterling oder etwa anderthalb Million Thaler versichert. Er hat ihnen jetzt den Gefallen gethan zu sterben und bei der öffentlichen Todtenschau kam es auf den Nachweis an, daß er nicht durch eigene Hand gestorben war. Der Graf muß ein arger Verschwender gewesen sein; denn seine Einkünfte betrugen früher 100,000 Pfund Sterling jährlich; in der letzten Zeit lebte er von einem Gnadengehalt von 10 Pf. St. wöchentlich, das ihm der Herzog von Wellington ausgesetzt hatte. Von seinen zwei Frauen ist eine im Armenhaus gestorben.

[ => Original lesen: 1857 Nr. 31 Seite 2]

- Als Folge der fortwährend hohen Talgpreise hat sich der Begehr nach Stearinlichten so sehr vermehrt, daß die zu Hamburg in St. Georg bestehende Lichtfabrik des Hr. Dr. Kramer in letzter Zeit so sehr an Ausdehnung gewonnen, daß selbst die durch 70 Arbeiter täglich angefertigten 160 Kisten Lichte à 20 [System Pfund] nicht ausreichen, die zahlreichen Aufträge auszuführen.
- Nach dem pr. Ldw. waren die in diesem Monat abgehaltenen Viehmärkte zu Parchim und Güstrow sowohl in Pferden wie in Rindvieh geschäftslos verlaufen. Letzteres war selbst zu sehr niedrigen Preisen fast unverkäuflich; Starken wurden vergebens zu 15-16 Taler (Mecklenburg) angeboten. Der Preisabschlag für Pferde wird auf 25 Procent angegeben.
- Hamburger Getreidemarkt: geschäftsstill, doch blieben Preise unverändert. Rappsamen, zu 175 Taler (Mecklenburg) Bco. pr. Last (4800 Pfund angeboten, blieb unbeachtet. Der Berliner Großhandel in Oelsaaten stockte noch immer und die ganze Thätigkeit darin beschränkt sich vorläufig auf gegenseitige Anfragen. Kleine Pöste sind mit 100 Taler (Mecklenburg) pr. 25 Scheffel bezahlt.


Das Unglück im Hauenstein.

Dasselbe ereignete sich bekanntlich am 28. Mai, wo in dem Tunnel=Schacht Feuer ausbrach. Dieser war zum Zweck der Anlage einer Eisenbahn bei Solothurn, in das Jura=Gebirge hineingetrieben und mit Holzwerk ausgesperrt und eingeschalt. Furchtbar wüthete das entfesselte Element den beinahe 600 Fuß hohen Schacht hinauf, sprühte nicht bloß wildtobend Gluthen, Flammen und Rauch gen Himmel, sondern warf, einem feurigen Krater ähnlich. mit großer Gewalt brennende Bretter und Balken, Steine und Erde bis weit über die Oberfläche des Hauensteins empor. Der Brand des hölzernen Einbaues, der Bretter, Sparren und Balken hatte den Einsturz des ganzen Schachtes zur Folge. Drunten in der Tiefe des Berges, im Tunnel, hatte kurze Zeit zuvor die Ablösung der Arbeiter, welche alle drei Stunden zu geschehen pflegt, stattgefunden. Einer der an der Tunnel=Schmiede arbeitenden Meister hatte noch die Geistesgegenwart, seinen Lehrburschen den weiter in der Tiefe des Tunnels beschäftigten Arbeitern zuzuschicken, mit der Aufforderung hervorzukommen, "der Tunnel falle ein!" Noch war es Zeit; Viele folgten dem Rufe des Knaben und waren gerettet. Andere, sei es, daß sie zu weit in der Tiefe, den Warnruf nicht verstanden, oder daß sie den Ruf des Knaben nicht glaubten, blieben bei ihrer Arbeit und verhöhnten die Fliehenden als feige Bursche. Kaum hatten Jene aus dem innern Tunnel hervor die Brandstelle passirt, so stürzte das feurige Gebälk aus dem Schacht in den Tunnel hinunter, Schutt und Steine ihm nach, und der Rückweg war den in der Tiefe des Tunnels Zurückgebliebenen vollständig versperrt. Es waren ihrer zweiundfünfzig.
Der wiederholte Ruf der Sturmglocken der benachbarten Ortschaften und die himmelhoch aus dem verschütteten Schachte emporwirbelnde Rauchsäule brachten im Laufe des Tags eine Menge Menschen auf den Platz. Bauführer und Aufseher, das technische Personal der Central=Bahngesellschaft, die Aerzte und die Bezirksbeamten waren zur Stelle. Heerweise strömten Männer aus den umliegenden Ortschaften hinzu; die Arbeiter aus der Maschinenbauwerkstätte in Olten, die Tunnelarbeiter von Aarau, alle disponibeln Arbeiter der Centralbahn eilten herbei und wurden zum Theil durch Extrazüge auf den Schauplatz des Unglücks befördert. Weithin hatte schon der Telegraph von Olten aus Kunde von dem Unfalle getragen. Es galt die unterirdisch Abgesperrten zu retten, und alle nur erdenklichen Versuche wurden zu diesem Behufe mit todesverachtender Kraftanstrengung gemacht. Man hoffte und glaubte, was man wünschte. Rettung schien möglich. Man wußte, daß jeder der Verschütteten eine Flasche Rum, mancher auch noch etwa ein Stück Brod besaß; 8 Pferde, zur Wegschaffung des Schutts beständig im Tunnel, waren mit ihnen eingesperrt, ihr Fleisch konnte ihnen für den Nothfall Nahrung bieten; Wasser, reichlich aus den Schichten des Berges sickernd, war im Ueberfluß da, von welchem man auch noch hoffte, daß es zur Erneuerung der Luft und Dämpfung der Gluth dienen werde. Die Hoffnung lieh dem Muthe Kraft. Bald war ein Stollen von 8 Fuß Tiefe in den Schuttkegel getrieben, den man auf 40 Fuß Durchmesser berechnete. Da trat aber der werktätigen Bruderliebe ein Feind entgegen, der die Rettenden ohnmächtig hinwarf und zwang, die Rettungsarbeiten verlassend, den Tunnel zu räumen. Es entwickelten sich nämlich jene furchtbaren Gase, welche im Augenblick die Arbeiter zu Boden streckten und den Tunnel erfüllen. Die Luft wurde so schlecht, daß die Arbeiter massenhaft weggetragen werden mußten, die Arbeiten wurden eingestellt und man beschäftigte sich nur noch mit dem Retten der im Tunnel zurückgebliebenen Rettungsmannschaften, von welchen massenhaft in halb ersticktem Zustande den Aerzten zur Behandlung gebracht wurden, bis endlich gegen Mitternacht der Tunnel vollständig geräumt war.
Die Nacht über blieben alle Bemühungen erfolglos. Drinnen war wohl das stumme Gebet aller noch Lebendem die Bitte um baldige Erlösung, draußen stand der schwache Mensch verzweifelnd den feindlichen Elementen gegenüber. Am Freitag wurden die Arbeiten am frühesten Morgen wieder begonnen. Von Basel her war das ganze Directorium der Centralbahn in Begleit des Chemikers Schönlein an Ort und Stelle eingetroffen, um für alle Fälle das Nöthige anzuordnen. Alle verfügbaren technischen Kräfte waren auf den Platz beordert. Von Basel und Aarau waren Spritzen, Rettungsapparate mit Mannschaft, Leitwerk und anderes Nöthige auf dem Wege. Während der Fahrt hatte Schönlein die Hoffnung ausgesprochen, die Luft auf chemischem Wege reinigen zu können, an Ort und Stelle angekommen, und nachdem er den großen Umfang der Oeffnung gesehen, erklärte er, daß hier nur mit gewaltigen mechanischen Mitten gewirkt werden könne. Aber die Bruderliebe und die Aufopferungsfähigkeit hatte keine Geduld. Sie wollten ihre abgesperrten Brüder retten um jeden Preis, auch um den höchsten, das Leben. Wie Helden wagten sie sich hinein an die Arbeit im giftigen Dunstkreise des Todes. Nach einer Viertelstunde tragen in der Regel je vier die Leiche des fünften wieder aus dem Stollen heraus. Die todblassen Träger erfrischen sich dann und mit dem entseelten Getragenen werden sofort alle Rettungsversuche vorgenommen. In der Regel vermochte die Kunst der Aerzte das fliehende Leben wieder zurückzurufen, in der Regel, nicht immer! Aber die Hingebung hatte keine Grenzen und die innere Aufregung verdoppelte wieder die sinkenden Kräfte. Von der letzten Colonne waren einige betäubt oder todt im Tunnel liegen geblieben. Freiwillige drängten sich in Ueberzahl hinzu und wurden beordert, die Verunglückten zu retten. Sie begaben sich in das Gewölbe und brachten wirklich einige der Verunglückten wieder hervor. Beim Appell jedoch zeigte sich, daß von ihnen selbst mehrere zurückgeblieben waren. So wurde Colonne auf Colonne gesendet, bis die letzte 16 Mann stark, wovon beinahe alle besinnungslos waren, auf dem Rollwagen aus dem Tunnel herauskam. Sie brachten die Leiche eines Bruders, die siebente; vier Mann waren noch vermißt, sie hatten sich zu tief in den Tunnel gewagt. Neuerdings drangen die Arbeiter auf einen ferneren Versuch, auch diese noch heraufzuholen. Es bedurfte der ganzen Energie der Führer, dies zu verhindern und dem Tode eine gewisse, noch reichere Ernte zu entziehen. Denn schon hatten die Rettungsversuche elf Opfer gefordert. Aber sie achteten des Lebens nicht mehr. Es giebt Ingenieure und Arbeiter, die sechs, sieben Mal ohnmächtig aus dem höllischen Schlunde herausgetragen wurden und zum achten Male mit ungebrochenem Muth wieder hineinstürzten. Weit entfernt, eines Sporns zu bedürfen, mußte man die

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Arbeiter, deren sich eine Leidenschaft bemächtigt hatte ähnlich der Schlachtwuth der Soldaten, zeitweise mit Bayonnetten zurückhalten.
Man begann nun die ersten Versuche der Luftreinigung. Das Wasser, das aus der Tiefe des Tunnels hervorquillt, hatte sich durch den Schutt hindurch Bahn gebrochen und ermöglichte es, mehrere auf dem Platze vor dem Tunnel und in dessen Eingange aufgestellte Feuerspritzen in Bewegung zu setzen. Man schleuderte aus denselben einen fortwährenden Regen gegen die andringenden Gase und glaubte durch das Ausspritzen von Kalkwasser die Kohlendämpfe neutralisiren zu können. Aber stets noch stürzten die Arbeiter halb erstickt um, weshalb sie alle 10 Minuten abgelöst werden mußten, bis man, von der Unzulänglichkeit dieses Mittels überzeugt, diese Versuche einstellte. Aber die immer belebende Hoffnung spornte zu neuen Versuchen an. Man glaubte, durch mächtig große Strohfeuer und durch rasches Hin= und Herfahren mit Rollwagen, auf welchen Segel, den Tunnelraum ausfüllend, ausgespannt waren, eine entsprechende Luftcirculation herstellen zu können. Es blieb alles erfolglos; die feindliche Naturmacht spottete der menschlichen Anstrengungen. Und draußen auf dem Platze vor der Tunnelmündung, welch Gemälde entrollt sich da der fast unzähligen Menschenmenge, die der Sonntagsmorgen aus der weitesten Entfernung herbeigeführt! Welch ein Jammer und Wehklagen hier und die Freude und das Gottdanken dort! Hier die Mutter mit vier Waisen, den Säugling auf dem Arme, bei einer Leiche knieend und in herzzerbrechendem Geschrei, die Kleinen mit gefalteten Händen, vom Himmel das Leben des Vaters sich erbetend. Und dort die Freudenscene, die alte Mutter und der blinde Vater, das Haupt seines wiederbelebten Sohnes betastend, sie stammeln ein Lobgebet dem Allmächtigen, bis Thränen die schwache Stimme ersticken. Die Verzweiflung aber derer, die gekommen waren, Gewißheit über das Schicksal eines Angehörigen zu erlangen, den man bei den lebendigbegrabenen Verschütteten wußte - ich wage den Versuch nicht, davon eine Beschreibung zu geben. Es waren Scenen, die sich Niemand wieder aufzufrischen begehrt. Und aus all dem Jammer hier und der schmerzlichen Freude dort schöpften acht Aerzte Aufmunterung und Kraft zu ihren fast übermenschlichen Anstrengungen während voller acht Tage.
Nicht weniger als 500 solcher ohnmächtiger halbtodter Arbeiter der Rettungsmannschaft wurden den Aerzten während dieser Zeit zur Behandlung gebracht. Sie wurden alle gerettet bis auf die sieben todt aus dem Tunnel gebrachten und die vier todt im Tunnel zurückgebliebenen Unglücklichen. - Es war Sonntag Nachmittag geworden. Ernst und schweigend geleitete ein langer Zug langsam die Opfer der Rettungsversuche zur letzten Ruhestätte, gefolgt von einer ungeheuren Menge aus nah und fern. Es mußte auch das härteste Herz bewegen, als der Geistliche am Grabe in ergreifendem Gebete der Bejammernswerthen gedachte, welche noch im Tunnel eingeschlossen und deren Schicksal noch ungewiß war.
Zwei Tage lang war trotz der versuchten Luftreinigung ein weiteres Vordringen im Tunnel unmöglich gewesen. Inzwischen waren nun die bestellten hölzernen Röhren von 14 Zoll Durchmesser zur Herstellung einer zweckmäßigen Luftreinigung fertig gewordene die sogleich gelegt wurden und durch welche vermittelst einer Dampfmaschine gesunde Luft in das Tunnelgewölbe gepumpt wurde. Die Arbeit ging rasch vorwärts. Ein Hoffnungsstrahl, der Montags betreffs der Lage der Abgesperrten aufging, erleichterte die Mühseligkeiten der Arbeit, steigerte aber noch mehr die Ungeduld der Arbeiter, die Gewißheit wollten über das Schicksal ihrer verunglückten Brüder. Man bemerkte nämlich diesseits des Schutts in dem im Tunnel entspringenden und durch den Schutt abfließenden Wasser Blut, woraus man schloß, die Abgesperrten müssen gegen die giftigen Gase geschützt sein und haben zur Fristung des Lebens die mit ihnen verschütteten Pferde geschlachtet. Eine fernere Hoffnung gründete man stets noch auf das Vertrauen, das man in die zwei Engländer setzte, die sich unter den Verschütteten befanden; Einer von den beiden war schon einmal in England mehrere Tage verschüttet und wiederum gerettet. Es ist nämlich Grundsatz bei den engl. Mineurs, wenn sie abgesperrt werden, sich zurückzuziehen und ohne selbst an der Rettung zu arbeiten, diese nur von außen abzuwarten. Der Theil des Tunnels, in dem sich die Verschütteten befanden, ist vom verschütteten an auf etwa 1000 Fuß gewölbt, die übrigen 1500 Fuß sind erst im Stollenbetrieb. Haben sich nun die Abgesperrten auf den Rath der unter ihnen befindlichen Engländer zurückgezogen und einen der Stollen luftdicht geschlossen, so konnten sie ihr Leben wohl erhalten, da sie Rum, Wasser, Brod und Pferde, so wie eine Kiste voll Licht und Oel bei sich hatten und durch die verschiedenen Wasserquellen immerhin die nöthigste Luft zuströmte. - Inwieweit diese Hoffnungen begründet waren, werden wir in der Folge sehen.

(Schluß f.)            


Vorladungen.

        Auf den Antrag des Herrn Amtmanns Drenkhahn zu Gr. Molzahn soll über dessen, zu Schönberg an der Lübecker Straße sub Nr. 5. belegenes Wohnhaus c. p. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden. - Zu dem Ende werden hierdurch alle Diejenigen, welche Realrechte an das proclamirte Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung in dem auf

Montag, den 31. August d. J.,
Morgens 11 Uhr,

vor unterzeichneter Behörde angesetzten Liquidations=Termine peremtorisch, und unter dem Nachtheile aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
    Schönberg, den 12. Juni 1857.

                          Großherzogliche Hypothekenbehörde des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                                                                              (L. S.) Reinhardt.


Bescheide.

        In der Sache, betreffend die Errichtung eines Hypothekenbuchs über die dem Hauswirth Peter Heinrich Schleuß gehörige, zu Lockwisch belegene Vollstelle c. pert. giebt

die Großherzogliche Hypothekenbehörde
des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 18. d. M. abgehaltene Liquidationsprotocoll, nachdem die vorschriftsmäßigen Proclamata zu den Acten docirt worden, hiermit zum

Bescheid:

daß, unter Vollstreckung des ladungsmäßig angedroheten Nachtheils, alle bisher nicht angemeldeten Realansprüche und Forderungen, soweit sie von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommen, sowohl gegen den jetzigen, als auch gegen alle künftigen Besitzer der vorbezeichneten Vollstelle hiermit für erloschen erklärt werden.

Von Rechtswegen!

    Schönberg, den 21. Juli 1857.

                          C. L. v. Oertzen.
                                                              Reinhardt.


In der Sache, betreffend die Errichtung eines Hypothekenbuchs über die dem Hauswirth Jochen Heinrich Lühr gehörige, zu Wahrsow belegene Vollstelle c. pert., giebt

die Großherzogliche Hypothekenbehörde
des Fürstenthums Ratzeburg

auf das am 15. d. M. abgehaltene Liquidations=

[ => Original lesen: 1857 Nr. 31 Seite 4]

protocoll, nachdem die vorschriftsmäßigen Proclamata zu den Acten docirt worden, hiermit zum

Bescheid:

daß, unter Vollstreckung des ladungsmäßig angedroheten Nachtheils, alle bisher nicht angemeldeten Realansprüche und Forderungen, soweit sie von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommen, sowohl gegen den jetzigen, als auch gegen alle künftigen Besitzer der vorbezeichneten Vollstelle hiermit für erloschen erklärt werden.

Von Rechtswegen!

    Schönberg den 17. Juli 1857.

                          C. L. v. Oertzen.
                                                    Reinhardt.


        In Sachen betreffend das Debitwesen des Zimmergesellen Woisin in Selmsdorf ist wider alle Diejenigen, welche mit ihren etwaigen Forderungen an den Gemeinschuldner und dessen Vermögen in dem am 20. d. M. stattgefundenen Termin sich nicht gemeldet haben, der Präclusiv=Bescheid erlassen worden.
    Schönberg, den 24. Juli 1857.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


        Daß mittelst am 13. v. M. ergangenen Erkenntnisses, der Hauswirth Heinrich Oldörp zu Lockwisch gerichtlich für einen Verschwender erklärt und für ihn definitiv der Herr Pensionair Breuel zu Hof Selmsdorf zum Curator bestellt worden ist, wird - unter Bezugnahme auf das notificatorium vom 6. Mai d. J. - hierdurch zur Kenntniß des interessirenden Publicums gebracht.
        Decretum Schönberg den 19. Juli 1857.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     A. E. C. Zimmermann.


Verkaufsanzeigen.

Am Freitag den 7. August,
Morgens 9 Uhr,

sollen auf dem Forsthofe zu Schlagbrügge

alte Baumaterialien, bestehend in Holz und Pfannensteinen, in bequemen Cavelingen,
meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
    Schlagsdorf den 28. Juli 1857.

                                                    H. Speck, Landreiter.


        Am Montag den 3. August, Morgens 9 Uhr, soll auf dem Amtsplatz altes Bauholz, als Brennholz zu gebrauchen, meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
    Schönberg, den 30. Juli 1857.

                                                    Seegert, Landreiter.


Vermischte Anzeigen.

          Ich wohne jetzt in der Hinterstraße bei'm Tischler Herrn Prickel.

Rehna.                                                     Dr. Heuschert.


Eine mit der besten Kundschaft versehene
Schmiede

ist auf 5 Jahre zu verpachten.
    Reflectanten wollen sich persönlich oder in portofreien Briefen bei dem Unterzeichneten melden.
  Dassow, den 13. Juli 1857.

                                                    Karpf, Actuar.


Bekanntmachung.

        Der von mir verspielte Stuhlwagen ist auf Nr. 147 gewonnen.
    Schönberg, den 30. Juli 1857.

                                                    F. Bäer, Sattler.


Dr. med. A. Heuschert,
Berta Heuschert, geb. Thiem

Rehna und Hohen=Sprenz, den 24. Juli 1857.


Eine große Landstelle,

malerisch schön an einem Haltpunkte der Eisenbahn im südlichen Holstein in der Nähe Hamburgs und der Chaussee belegen, soll mit einem fast arrondirten Areale von circa 63,000 []Ruthen (10 1/2 Last) des schönsten Roggenbodens (darunter 1 1/4 Last Rieselwiesen, 1 Last schön bestandene Laubholzwaldung, circa 6 Last sorgsam cultivirte Aecker und 2 1/2 Last Weiden) mit ansehnlichen herrschaftlichen Wohn= und Oeconomiegebäuden (Brandkassentaxe 24000 Mark (Lübeck)), mit einer gut eingerichteten großen Ziegelei (Brennofen für 90000 Steine, das schönste Material für 150 bis 200 Jahre ist vorhanden), mit großem Garten, ergiebigem Torfmoor, completen Inventarien u. Einrichtungen aller Art, mit 5-6 Pferden, 22-24 St. schönem Hornvieh, 8 Schweinen, Federvieh, Fischerei, sonstigem Privilegium, mit den vollen gottgesegneten Erndten rasch und äußerst preisbillig zu 14800 Taler (Mecklenburg) pr. Ct. verkauft und bei einer Auszahlung von 6000 Taler (Mecklenburg) sofort tradirt und übergeben werden. Abgaben 56 Taler (Mecklenburg), feste Hebungen 125 Mark. Nähere Auskunft giebt Madame Louise Seyfarth, geb. Schröder, Schauenburgerstr. No. 16 zu Hamburg.


Berlinische
Feuerversicherungs=Anstalt,
concessionirt durch Königliche Kabinets=Ordre
vom Jahr 1812.
.....................
Gewährleistungs=Kapital Ct. Taler (Mecklenburg) 1082900.    
Prämien=Reserve Ct. Taler (Mecklenburg) 93186. 20 Sg. 9 pf.

      Die Erhöhung des Grundkapitals auf zwei Millionen Thaler ist in der General=Versammlung am 27. Febr. d. J. beschlossen.
Einem geehrten Publikum kann ich diese seit 44 Jahren bestehende älteste Feuerversicherungs=Anstalt in Deutschland mit voller Ueberzeugung empfehlen; sie übernimmt Versicherungen gegen Feuersgefahr jeder Art zu festen, im voraus bestimmten billigen Prämien. Nachzahlungen können niemals stattfinden, und werden die vorkommenden Brandschäden liberal und prompt regulirt.
    Antragsformulare und Bedingungen können unentgeltlich bei mir in Empfang genommen werden, und bin ich überhaupt gern bereit, jede gewünschte Auskunft zu geben.
    Schönberg, im Juli 1857.

                                                    J. P. Bade,
                                                    Agent der Berliner Feuerversicherungs=Anstalt.


Zwei Ziegen,

davon eine milchgebend, sind zu verkaufen. Näheres in der Exp. d. Bl.


Kirchliche Nachrichten.

Sonntag, 2. Aug.: Frühpredigt: Pastor Gerling. Vormittagspredigt: Pastor Kämpfer.

Schönberger Gemeinde
Vom 24. bis 30. Juli

Geboren: Den 24. dem Hausw. Woisin in Lindow ein S., dem Schullehrer Ollrogge in Petersberg eine T. Den 25. dem Baumwollenweber Schäper in Schönberg ein S., ein unehel. Sohn in Gr. Siemz. Den 28. dem Hausw. Wigger in Kl. Bünsdorf ein S. Den 29. ein unehel. Sohn in Retelsdorf.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 20-22 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) 42-44 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1- Taler (Mecklenburg)   2-  8 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 48-50 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 48-52 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 26-27 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 44-46 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 25-26 Mark (Lübeck)
Erbsen - Taler (Mecklenburg) 52-56 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 19-20 Mark (Lübeck)
Butter 12 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, 6 Schilling (Mecklenburg).


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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