No. 27
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 03. Juli
1857
siebenundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1857 Nr. 27 Seite 1]

- Obwohl die dänische Antwort auf die letzten Noten der deutschen Großmächte genehmigt sein soll, so verlautet doch noch immer nichts über ihren wirklichen Abgang, vielmehr scheinen neue Bedenklichkeiten denselben wieder in unbestimmte Ferne gerückt und den schon zweimal gefaßten Beschluß nochmals wieder ins Schwanken gebracht zu haben. Es sollen weitgreifende Vorstellungen so nachdrücklich unmittelbar beim König angebracht sein, daß man sich in Kopenhagen ihrem entscheidenden Einfluß schwerlich wird entziehen können. Uebrigens ist die Stimmung im dortigen Publicum außerordentlich kriegerisch, weil man wirklich der Meinung ist, daß Dänemark es vollkommen mit ganz Deutschland aufnehmen könne. "Dänemark hat 1848-49 Deutschland besiegt", das ist die allgemeine Volksauffassung in Kopenhagen.
Die neuesten Nachrichten aus Berlin melden, daß die Ruckäußerung des dänischen Cabinetts auf die bekannten Noten nun doch erfolgt ist; eine gleichlautende Beantwortung ist auch nach Wien abgegangen.
- Der Kaiser von Rußland nebst der Kaiserin sind mit einem großen Gefolge am 27. Juni in Kiel eingetroffen und am selbigen Tage über Hamburg, wo sie von den zahlreich versammelten Bewohnern mit ehrfurchtsvollen Begrüßungen bewillkommt wurden, nach Darmstadt weiter gereist. In Kiel hatte man am Landungsplatz eine Ehrenpforte errietet und einen feierlichen Empfang vorbereitet. Da aber der Kaiser sich jede Feierlichkeit verbeten hatte, mußte die Ehrenpforte wieder weggenommen werden.
- Man giebt sich der frohen Hoffnung hin, daß die europäischen Großmächte gemeinschaftlich daran arbeiten, einen großen Luxus, das stehende Heer bedeutend zu verringern, um den Landeskassen in Friedenszeiten große Ersparungen zuzuwenden und den Credit wesentlich zu verbessern. Die Anregung soll von Wien aus geschehen sein und sowohl in Paris als auch in Petersburg großen Anklang gefunden haben.
- In Paris ist ein Complott gegen das Leben des Kaisers entdeckt. Die verhafteten Personen sind Römer und verzweifelte Verbrecher, bei denen man eine Menge vergifteter Dolche gefunden hat. - Der Gemeinderath der City von London hat beschlossen, dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen das Ehrenbürgerrecht anzubieten.
- Weit hinten in Asien, in Bengalen, ist eine Revolution ausgebrochen. Die Aufständischen haben den Sohn des abgesetzten Kaisers von Delhi als König von Indien ausgerufen, die Stadt Delhi wurde ausgeplündert, aus der Bank 5 Millionen Rupien geraubt und sehr viele Europäer ermordet. Die Rebellion hat sich weit ausgedehnt und die englischen Truppen werden zu thun haben, derselben Herr zu werden.
- In dem glücklichen Neapel ist neuerdings wieder ein Strafinstrument zu den vielen bereits im Gefängnißwesen bestehenden hinzugefügt. Es heißt die Mütze des Schweigens und sowohl für den besondern Zweck, zu welchem sie bestimmt, wie auch als Folterinstrument im Allgemeinen, übertrifft sie vielleicht noch an Raffinement die berühmte eiserne Maske und andere Werkzeuge des Alterthums. Die Erfindung macht dem Policeidirector von Palermo alle Ehre und scheint dieselbe so sehr gefallen zu haben, daß man den menschenfreundlichen Herrn sogleich mit einem Orden decorirte. Diese Mütze besteht aus einem Ringe von Stahl, welcher den Kopf über den Augen umschließt, mit einem halbkreisförmigen Bande von demselben Metall, das über den Scheitel von einem Ohr zum andern geht; an diesem obern Theil des Instruments ist ein Kinnhalter befestigt von Stahldraht, welcher, nach unten breiter werdend, die Kinnlade förmlich umschließt und es gänzlich unmöglich macht, einen Laut hervorzubringen, sobald die Schrauben an den Kopfbändern gehörig geschlossen sind. Um diese Einrichtung zu vervollständigen, ist noch ein Lederriemen mit einer Schnalle an dem Kinnhalter befestigt, welcher unter den Ohren hinweg um den Nacken geht. Man sagt, daß die ersten Versuche mit diesem neuen Folterwerkzeuge an zwei Personen gemacht worden und daß der eine so sehr davon litt, daß er eine Zeitlang bewußtlos war und ein Gefangenwärter, welcher glaubte, der Mann würde sterben, sogleich nach einem Arzt und Priester lief. Der Arzt ließ dem Unglücklichen die Mütze abnehmen, worauf er sich nach Anwendung eines Aderlasses und anderer Mittel wieder erholte; der Gefangenwärter jedoch wurde mit fünfzehn Stockprügeln bestraft, um für die Zukunft sein übermäßiges Mitleid abkühlen.
- Aus Petersburg wird unterm 16. Juni berichtet: In den letzten Tagen sind viele vornehme Familien in tiefe Trauer versetzt worden. In Folge eines Mittagsessens, das in dem St. Katharinen=Institut gegeben wurde, in welchem unter dem Patronat der Kaiserin eine große Anzahl adeliger Fräuleins erzogen wurde, erkrankte eine große Anzahl derselben in gefährlicher Art und in den ersten 24 Stunden starben bereits fünf derselben, eine sechste war in großer Gefahr. Der Kaiser hat sich sofort an Ort und Stelle begeben und alles genau untersuchen lassen, doch die Ursache des Uebels ist noch nicht entdeckt; man spricht von der Cholera.
- Am letzten Montag entlud sich über Lauenburg und Umgegend ein starkes Gewitter, verbunden mit einem Hagelfalle, dessen Stücke, welche zum Theil die Größe von Taubeneiern hatten, viele Fen=

[ => Original lesen: 1857 Nr. 27 Seite 2]

sterscheiben in der Stadt und deren Nähe vernichteten. Zugleich wurden jenseits der Elbe in dem Dorfe Barhövde, eine halbe Meile von Lauenburg, zwei Häuser durch eine Windhose gänzlich zerstört und mehrere andere beschädigt; ein Schiff auf der Elbe kenterte bei derselben Veranlassung.
Die Lübecker Zeitung berichtet über ein bei Blankensee aufgegrabenes Hünengrab Folgendes: Der bekannte Alterthumsforscher Hr. Pastor Masch in Demern, der bei der Ausgrabung dieses riesigen Denkmals der Vorzeit zugegen war, äußerte, daß es größer sei, als irgend eines der vielen in Mecklenburg entdeckten Hünengräber. Man fand in demselben nichts weiter als verschiedene Theile eines menschlichen Skelettes; also eine neue Bestätigung, daß diese wahrscheinlich gegen 2000 Jahre alten Steinbauten als Begräbnißstätten dienten. Bei der Aufgrabung waren außer dem Hrn. Pastor Masch und einem anderen Alterthumskenner, dem Hrn. Professor Petersen noch 12 Hiesige anwesend, größtentheils Mitglieder des Vereins für lübeckische Geschichte und Alterthumskunde, so wie die Vorsteher des St. Johannisklosters, auf dessen Territorium das Hünengrab liegt und auf dessen Kosten auch die Ausgrabung beschafft wurde". Die Bahnverwaltung der Lübecker Eisenbahn giebt an solche Personen, welche das Hünengrab besehen und das Planum der Eisenbahn betreten wollen, unentgeltlich Erlaubnißkarten. - Die zu der mit dem Lübecker allgemeinen Scheibenschießen verbundenen Lotterie ausgegebenen Loose sind bereits alle abgesetzt. Das Feuerwerk bei demselben wird in diesem Jahr noch glänzender ausfallen wie früher.
Das Landes=Oekonomie=Collegium zu Berlin hat an die landwirthschaftlichen Centralvereine in Betreff der jetzt auftauchenden Befürchtungen wegen der bevorstehenden Ernte ein Schreiben erlassen, worin dieselben um ihre Ansicht über den wahrscheinlichen Ausfall ersucht werden. Es heißt darin im Eingange: Die eigenthümlichen Witterungsverhältnisse geben der Besorgniß Raum, daß die bevorstehende Ernte hierdurch erheblich geschmälert werden dürfte. Da die anhaltende Trockenheit indessen nicht überall ununterbrochen geblieben ist, so scheint es, daß die im Publicum verbreitete Befürchtung nicht so weit gerechtfertigt ist, daß eine wirkliche Noth in Aussicht steht. (Bekanntlich ist die Trockenheit durchaus keine allgemeine gewesen, je weiter nach Süden, desto weniger scheint sie geherrscht zu haben.
- In einigen Restaurationen Wiens ist eine nicht unpractische Neuerung eingeführt worden. Es werden nämlich auf den Speisekarten die Preise der Fleischgattungen nach dem Gewicht angesetzt, und der Gast kann sich sonach, statt wie bisher eine Portion, nach seinem Appetit eine viertel oder eine halbe Portion Braten bestellen.
- Aus dem Kanton Neuenburg ziehen gegenwärtig viele Taschen=Uhrmacher weg, die sich in dieser gewerbsamen Gegend nicht mehr heimisch fühlen; sie gehen nach Würtemberg und nach Sachsen.
- Ueber die deutsche Legion am Kap ist ein Brief eines Arztes in Hannover eingelaufen, der sich im Allgemeinen mit dem Schicksal der Legionäre zufrieden äußert und über das Land Folgendes sagt:
Nach den Eindrücken, die bis jetzt das Land mit seiner unbeschreiblichen Fruchtbarkeit, dem herrlichen Klima und den zur Kultur wie geschaffenen Wiesenhügeln auf mich gemacht hat, kann die Uebersiedelung einer großen Menge von Deutschen nicht allein für das Land selbst, sondern auch für die deutsche Auswanderung im Allgemeinen die herrlichsten Früchte tragen.
- Im Monat Mai sind von Hamburg 6457 Auswanderer in 24 Schiffen transportirt; seit Anfang des Jahrs 13,801: im vorigen Jahr 9,640. In Mecklenburg ist die Auswanderung seit Ende Mai einstweilen bedeutend im Abnehmen, was theilweise als eine Folge des jüngst erlassenen Auswanderungsgesetzes zu nehmen ist.
- Der kürzlich in Altona in beschränkten Verhältnissen verstorbene Graf Hahn, von dem man sagt, daß er 99 Rittergüter besessen und größtentheils dem Theater zum Opfer gebracht hat, ist der Vater der Gräfin Ida Hahn=Hahn, die zur katholischen Religion übergetreten, ein klösterliches Leben in Mainz führt. Sie ist von ihrem Gatten, der auf seinen Gütern in Mecklenburg lebt, geschieden. In Folge einer Operation hat sie das linke Auge verloren.
- Im Jahr 1856 sind bei den Schwerinschen Postanstalten 2,859,488 Briefpost= und 657,348 Stück Fahr=Post=Gegenstände eingekommen. Von letzteren hat der Werth betragen 33,849,285 Th.; von diesen sind im Inlande durch Baarzahlung ausgeglichen worden 1,207,796 Thlr.
- Für jede der hinterbliebenen 12 Wittwen der im Tunnel zu Hauenstein verunglückten Arbeiter hat die Centralbahn eine jährliche Pension von 1000 Franks ausgesetzt. - In Marseille verspürte man am 21. Juni ein leichtem Erdbeben, die Schwankungen dauerten einige Minuten. - Damit die Frankfurter zu jeder Zeit auch in der Nacht wissen, wieviel die Uhr geschlagen hat, sollen dort electrische Uhren auf verschiedenen Punkten der Stadt aufgestellt werden. - Auf der Spree und Oder steht das Wasser so niedrig, daß die Fahrzeuge an manchen Stellen gar nicht mehr fort können. - Von München ist eine Sendung Bockbier nach Paris abgegangen, welche König Max dem Kaiser Napoleon zum Geschenk gemacht. - Man hört leider noch immer viel von Waldbränden. In dem Grünewalder Forst bei Berlin sind 200 und bei Potsdam über 400 Morgen Waldungen abgebrannt.
- In den meisten belgischen Städten fand diesmal keine Frohnleichnams=Prozession durch die Straßen statt. Die Bischöfe hatten es untersagt, um nicht neue Veranlassung zu unangenehmen Aeußerungen zu geben. Die Stimmung des Volks ist entschieden für den König und gegen die katholische Geistlichkeit. Einigen Schrecken hat es verursacht, als man hie und da Aeußerung hörte, es sei am besten, auch in Belgien die Reformation einzuführen.
- In Italien scheint die Geistlichkeit geflissentlich darauf ausgegangen zu sein, die Leute im Aberglauben zu bestärken, daß die Welt bald untergehe, denn man zählt jetzt eine Menge von Kirchen auf, in denen die Madonnenbilder entweder die Augen verdreht oder Blut geweint haben. - Seit einiger Zeit speit der Vesuv Feuer und Flammen, was besonders in nächtlicher Dunkelheit sehr bemerkbar wird. Ein prächtiger Lavastrom wälzt sich nach dem Orte Ottajano hin, ohne indeß gefahrdrohend zu sein. - Im südlichen Italien hat bereits die Ernte begonnen und fällt sehr reichlich aus. Nicht minder prangen die Oliven= und Mandelbäume mit einem Fruchtreichthum, wie man ihn seit mehreren Jahren nicht wahrgenommen hat.
- Die Eisenbahn=Unternehmungs=Gesellschaft in Rußland hat mit der Regierung einen Contract abgeschlossen, nach welchem diese gestattet, daß eine bedeutende Zahl von Soldaten des Garde=Corps gleich nach Beendigung der großen Sommer=Uebungen sich bei den Erdarbeiten an den Eisenbahnen betheiligen könne, wofür ein Tagelohn von 10 Silbergroschen gezahlt werden soll. Aus dieser Maßregel geht hervor, daß es der Regierung vollkommen Ernst mit Förderung der Eisenbahnen ist (nebenbei sei bemerkt, daß die Actien der Eisenbahnen mit 33 pCt. Aufgeld bezahlt werden), und daß man so wenig Hände als möglich dem Ackerbau entziehen will, der denn doch trotz Eisenbahnen, Dampfschiffen, Telegraphen etc. für Rußland immer die Hauptsache bleibt. Auch geben die Gutsbesitzer ihre Leibeigenen so lange nicht dazu her, bis die Ernte geborgen ist, und alle Arbeiter, von denen in dieser Zeit Hunderttausende arbeitsuchend in weit entfernte Gouvernements ziehen, werden sehr gut bezahlt.
- In London war kürzlich eine der ersten englischen Institutionen in großer Gefahr. Das ging

[ => Original lesen: 1857 Nr. 27 Seite 3]

so zu. Ein Lehrer schlug einen widerspenstigen Schüler mit einem Rohrstöckchen braun und blau. Die Mutter des zwölf Jahre alten Märtyrers, die mit der Schuldisciplin nicht vertraut zu sein schien, verklagte den Lehrer. Es wurden Zeugen vernommen und der Magistrat verwies den Fall vor die Jury, wo die Sache bald zur Entscheidung kam. Der Polizeiarzt, der den Knaben kurz nach der Katastrophe untersucht hatte, sagte aus: Die Striemen auf dem Rücken, den Hüften und Schenkeln desselben seien 4-5 Zoll lang und anderthalb Zollbreit gewesen, und offenbar durch heftige Schläge verursacht worden. Der Advocat des Angeklagten vertheidigt seinen Clienten in charakteristischer Weise. Er fragte die anwesenden Richter und Advocaten, ob sie in ihrer Jugend nicht eben so tüchtige Prügel erhalten hätten. Ohne Prügelstrafe keine Disciplin in den öffentlichen Schulen! Verdamme man den Stock, so schließe man diese nützlichen, ja nothwendigen Anstalten! Die Jury besann sich natürlich nicht lange und sprach den Angeklagten frei. Der Präsident belobte sie für ihren Ausspruch.
- Man glaube ja nicht, daß jetzt die Männer übler d'ran und die Frauen theurer wären, als vor Zeiten. Vor 200 Jahren, als die Herzogin Dorothea Sibylle von Liegnitz die Gewohnheit hatte, jährlich einige Male adelige Damen und ehrbare Bürgerfrauen zum Vesperbrod bei sich zu sehen, kam der Anzug einer Bürgersfrau ungleich höher als jetzt. In dem Hausbuch eines Rothgerbermeisters findet sich 1619 für seine Hausfrau folgende Rechnung: 19 Ellen Damaschken zum Kleide 18 Th. 18 Gr., silberne Posamente zum Besatz 11 Th. 9 Gr., einen güldenen Latz 4 Th., Handschuhe, seidenes Strumpfwerk mit silbernen Zwickeln 3 Th. 8 Gr., ein Paar niederländische Schuhe mit silbernen Röslein 5 Th., eine neue Haubenkappe mit silbernem Deckel 13 Th., ein Fächer 1 Th. 18 Gr., allerlei Gländerich und Spitzenzeug 7 Th. 14 Gr., Macherlohn des Kleides 6 Th. 3 Gr., gemachte Blümlein auf den Latz zu heften 1 Th., die güldene Kette nebst den Armringen auffrischen zu lassen 13 Gr., zu Trinkgeldern und für die Armen aufzulegen auf die Hand gegeben. Summa 84 Th. 11 Gr.
- Wie ein Vaterunser dem Menschen durch's Herz gehen und in's Gewissen bohren kann, davon giebt folgende Geschichte ein Zeugniß. Es hatte ein rohes gottvergessenes irdisch gesinntes Weib eine fünfjährige Tochter, welche von dem verstorbenen Vater ein nicht unbedeutendes Vermögen erbte. Begierig darnach, beschließt die unnatürliche Mutter den Tod ihres Kindes, und damit man keine Spur des Frevels entdecke, verbirgt sie das Kind in einem Keller, um es verhungern zu lassen. Nach drei Tagen, als sie sich von dem Tode überzeugen will, findet sie das Kind fast verschmachtet. Es kann nur noch die gefalteten Hände ausstrecken und lallen: "Liebe Mutter gieb mir Brod!" Doch ohne Erbarmen verläßt die Mutter das Kind, welches nach zwei Tagen ausgelitten hat. Es wird feierlich begraben, und als der Prediger das Vaterunser betet und die Worte der vierten Bitte spricht: Unser täglich Brod gieb und heute! da schlägt dieses Wort, an des Kindes Bitte erinnernd, wie ein Blitzstrahl in das rohe, aber nun plötzlich ergriffene Herz der Rabenmutter, welche laut jammernd zusammenbricht und ihr Verbrechen bekennt.
(Neun Schneider machen einen Mann.) Dieses Spruchwort hat einen sehr ehrenwerthen Ursprung. Im Jahr 1742 kam ein Knabe, der sich mit einer Leier sein Brod bettelte, in der Werkstatt eines vornehmen Londoner Schneiders und bat um ein Almosen. In der Werkstatt saßen neun Gesellen, die durch die Bitten des Knaben gerührt wurden, zusammenlegten und ihm neun Schillinge gaben. Dieses Kapital verwandte der speculative Junge zum Ankauf von Obst, das er mit Gewinn absetzte. Nach und nach suchte er seinen kleinen Handel zu vergrößern, bis er sich endlich zu einem reichen und angesehenen Kaufmann emporgeschwungen hatte, welcher sich Dienerschaft Equipagen hielt. Auf. letztere alle hatte er aus Dankbarkeit die Deviese angebracht: "Neun Schneider machen einen Mann."
- Zur Vertilgung der Ratten: Man zerstoße weißes Glas zu möglichst feinem Pulver, thue ein Bund Streichhölzer in süße Milch, koche dieselben mit jener auf und lasse sie auch nach dem Kochen noch eine Zeitlang damit stehen, worauf man die Streichhölzer aus der Milch entfernt. Darauf mischt man das Glaspulver unter Buchweizenmehl, schüttet letzteres unter stetem Umrühren in die Milch und zwar so viel davon, daß es ein dicker Brei wird, und den man in kleinen Gefäßen oder Scherben an solche Orte stellt, wo die Ratten sich am häufigsten aufhalten. Das Mittel soll von großer Wirkung sein. Da die Scheunenfächer jetzt fast leer sind, so dürfte der jetzige Zeitpunkt gerade sehr günstig für die Anwendung desselben sein.
- Wegen der Eier, welche man Bruthennen unterzulegen gedenkt, wird Folgendes angegeben: Hält man ein Ei gegen ein Kerzenlicht und bemerkt einen kleinen leeren Raum genau unter der Spitze des Eies, so ist es ein männliches, steht aber der leere Raum etwas seitwärts, so ist es ein weibliches Ei. Ein Westphäler, der diese Auswahl probirt, hat stets, je nachdem er sie vornahm, mehr Hähne oder Hennen aus der Brut bekommen.
(Hundefuhrwerke.) Wie schon überall, so wird die Benutzung der Hunde zum Ziehen, bei einer Hitze, wie wir sie jetzt meistens haben, doppelt gefährlich, und es dürften daraus für die Zukunft sehr drohende Gefahren zu befürchten stehen. Es wird daher vollkommen gerechtfertigt sein, wenn auf diesen Umstand besonders aufmerksam gemacht wird und die Benutzung jener Thiere zu dem gedachten Zweck jetzt gänzlich zu unterlassen. Für die Hunde ist bekanntlich, selbst wenn sie im Sommer frei umherlaufen, der häufige, fast stündliche Genuß des frischen Wassers durchaus Bedürfniß, wo sie aber angestrengt arbeiten müssen, genügt es keineswegs, ihnen nur Morgens, Mittags und Abends Wasser vorzusetzen.

- Hamburger Getreidemarkt ruhige Stimmung bei festen Preisen.

Schönberg, 2. Juli. Heute Mittag um 1 Uhr brach in dem nahen Dorfe Mahlzow Feuer aus, das bei nur geringem Winde binnen wenigen Stunden, ungeachtet der schnell herbeigeeilten 12 Spritzen, wie der menschlichen Hülfe, die Gehöfte der Hauswirthe Schulze Maaß, Meier, Kleinfeldt, Ollrog und drei Büdnerwohnungen in Asche legte; auch mehrere Schweine und Schaafe sind verbrannt.


Verpachtung.

        Zur öffentlich meistbietenden Verpachtung der Meierei Selmsdorf, welche Johannis 1858 aus der Pacht fällt, ist vor dem unterzeichneten Großherzoglichen Domainen=Amte Termin auf Sonnabend

den 25. Juli d. J., Morgens 11 Uhr,

anberahmt worden, wozu Pachtliebhaber eingeladen werden.
    Dem Hohen Kammer= und Forst=Collegio bleibt die Wahl unter den 3 annehmlich Meistbietenden vorbehalten und haben dieselben, falls sie nicht schon Kammerpächter sind, sofort eine Conventional=Pön von 1000 Th. Ct. zu bestellen und sich über ihre bisherige Führung und öconomische Tüchtigkeit, sowie über das zur Annahme des Pachtstücks erforderliche Vermögen auszuweisen.
  Die Contracts=Bedingungen können in der hiesigen Amts=Registratur eingesehen und das Pachtstück, nach zuvoriger Meldung auf dem Hofe, in Augenschein genommen werden.
  Schönberg, den 30. Juni 1857.

                                                    Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt
                                                    F. Graf Eyben.


[ => Original lesen: 1857 Nr. 27 Seite 4]

Vorladungen.

        Der Zimmergeselle Woisin in Selmsdorf hat beim Andringen seiner Gläubiger sich insolvent erklärt und sein Vermögen den Gläubigern zu deren Befriedigung abgetreten. Es ist demnach, über dasselbe der förmliche Concurs erkannt und werden nach verfügter Sicherstellung der Concursmasse, und bei einstweiliger Sistirung der Particularprocesse, alle Diejenigen, welche aus irgend einem Grunde Forderungen und Ansprüche an den Zimmergesellen Woisin und dessen Vermögen zu haben vermeinen, zur Anmeldung und Bescheinigung derselben, event. zur Prioritätsausführung, auf

Montag, den 20. k. M. Juli,
Vormittags 11 Uhr,

vor das unterzeichnete Justiz=Amt hiemit peremtorisch geladen unter dem ein für alle Mal angedroheten Nachtheile der Abweisung von der Masse, der Ausschließung mit dem Beweise und mit der Prioritätsdeduction.
Zum einstweiligen Güterpfleger ist der Schulze Faasch zu Selmsdorf ernannt und bleibt die Wahl eines definitiv zu bestellenden Güterpflegers den Gläubigern im Termin vorbehalten.
    Schönberg, den 8. Juni 1857.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Verkaufsanzeigen.

        Auf Antrag des Schulzen Faasch in Selmsdorf, als im Zimmergeselle Woisinschen Debitwesen interimistisch bestellten Güterpflegers, soll die, zu dieser Concursmasse gehörende, zu Selmsdorf belegene Woisinsche Büdnerei öffentlich meistbietend verkauft werden, und sind zu dem Ende Licitationstermine auf
                          den 13ten,
                          den 20sten,
                          den 27sten k. M. Juli,
jedesmal Morgens 11 Uhr, anberaumt worden. Es werden daher Kaufliebhaber hiemit geladen, sich sodann vor Gericht einzufinden und zu erwarten, daß dem im letzten Termin Meistbietenden, mit Vorbehalt der Ansetzung eines Termins zur Ausübung des creditorischen Gleichgebotsrechts, das Grundstück in Grundlage der, im ersten Licitations=Termin zu regulirenden Verkaufsbedingungen - wobei sich zu betheiligen, den Woisinschen Gläubigern unbenommen bleibt - zugeschlagen werden wird.
    Auch ist die Besichtigung des Grundstücks nach vorgängiger Meldung beim curator bonorum, Schulzen Faasch, gestattet.
    Schönberg, den 30. Juni 1857.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Bekanntmachung.

   Es wird hierdurch gemeinkundig gemacht, daß dem Schneider Hans Heinrich Hagenow zu Dassow auf dessen Antrag heute in der Person des Gastwirths Weber daselbst ein Curator bestellt worden; Ersterer mithin nicht befugt ist, ohne Zustimmung seines Curators rechtsverbindliche Geschäfte wahrzunehmen.
    Patrimonialgericht Lütgenhof, den 24. Juni 1847.


Vermischte Anzeigen.

Eine hübsche Landstelle,

nicht weit von Hamburg, an einem bekannten großen Marktflecken, in bester Lage, nahe der Haupt=Chaussee belegen, soll mit dem guten neu durchgebauten Wohnhause (4 Zimmer, Küche etc.), angebauetem Landhause, Stallung, Nebengebäude etc., mit schönem Garten am Hause, mit vollständigem Inventar, 2 Wagen, Pflüge, Eggen etc., dann 2 gute Pferde, 6 Milchkühe, Schweine, Schaafe, Federvieh, mit completen Saaten, allen Kornvorräthen etc.; ferner mit 10000 Quadratruthen trefflichen Wiesen, Moor= und Ackerländereien, zu 3400 Thalern preuß. mit nur halber Auszahlung rasch verkauft werden. Abgaben nur 16 Thlr. Ueber dieses preiswürdige Grundstück, so wie über einige äußerst rentable Güter, Höfe, Mühlen, Gastwirthschaften, Krämereien und Hökereien, Bäckereien, Schmieden u. s. w, giebt auf portofreie Anfragen die genaueste Auskunft Madame Louise Seyfarth, geb. Schröder in Hamburg (Schauenburgerstraße Nr. 16.)


Orgeln
Zum Haus-, Schul- und Kirchengebrauch.

Mit 4 Octaven, Eichenholz, Court. Mark 110.
Mit 5 Octaven, 1Register, Court. Mark 180.
Mit 5 Octaven, 3 Register, Court. Mark 250.

in Palisander 15 Mark, 20 Mark und 25 Mark theurer.
        Ferner: Orgeln mit 8, 12 und 19 Registern, in Palisander zu 425 Mark, 550 Mark und 1200 Mark, bei

                                                    B. Büschel in Lübeck,
                                                    Holstenstrasse 180.


        Da meine Färberei etwas abgelegen von der Stadt liegt, so zeige ich meinen geehrten Kunden hierdurch an, daß die Waaren, welche gewalkt, gefärbt oder gedruckt werden sollen, nicht allein bei mir, sondern auch beim Kaufmann Heinrich Rohde am Markt zu jeder Zeit abgegeben und auch wieder abgeholt werden können. Für hübsche ächte Farben und schnelle Bedienung wird stets gesorgt werden.

                                                    Carl Schott, Färbermeister,
                                                    in Rehna.


Schutzmarke Dr. Koch's Kräuterbonbons Die aus den vorzüglichst geeigneten Kräuter= und Pflanzensäften mit einem Theile des reinsten Zuckerkrystalls zur Consistenz gebrachten
Doctor Koch'schen
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haben sich durch ihre Güte auch in hiesiger Gegend rühmlichst bewährt und sind in Originalschachteln à 8 u. 16 Schilling (Mecklenburg) stets ächt vorräthig bei

                                                    J. P. Bade in Schönberg.


          Am Montag den 6. und Dienstag den 7. Juli findet bei mir

Scheibenschießen

statt, wozu ich Schießliebhaber freundlichst einlade

                                                    Krüger Schröder in Gr. Mist.


        Zu dem am Montag den 6. und Dienstag den 7. Juli bei mir stattfindenden

Scheibenschießen

lade ich Freunde ergebenst ein.

                                                    Krüger Arndt in Neschow.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde
Vom 26. Juni bis 2. Juli.

Geboren: Den 27. Juni eine unehel. Tochter in Schönberg.
Gestorben: Den 29. Hans Jochen Heinrich Bohnhof, Hauswirthssohn zu Kl. Bünsdorf, 9 Wochen alt, am Anfall. Den 30. Cath. Elisab. Willms, Tagelöhnertochter aus Niendorf, 32 Jahr alt. Den 1. Juli Joh. Wilhelm Friedr. Wildfang, Chirurgus in Schönberg, 36 J. a.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 28-40 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) 36-40 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1- Taler (Mecklenburg)   6-14 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 48-50 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 48-50 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 27-28 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 38-42 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 25-26 Mark (Lübeck)
Erbsen - Taler (Mecklenburg) 44-52 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 18-20 Mark (Lübeck)
Butter 10 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, 6 Schilling (Mecklenburg).


(Hiezu: Officieller Anzeiger No. 13)


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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