No. 39
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 29. September
1837
siebenter Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1837 Nr. 39 Seite 1]

Publicandum.

In Folge eines Allerhöchsten Befehls vom 22sten d. M. wird hiedurch bekannt gemacht, daß wegen des, am 21sten d. M. in Berlin erfolgten Ablebens Seiner Hoheit des wailand Durchlauchtigsten Herzogs und Herrn, Herrn Carl Friedrich August von Mecklenburg etc. bzw. usw.., im hiesigen Fürstenthum auf die Dauer von 4 Wochen, vom 22sten d. M. angerechnet, alle Musik bei Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten eingestellt seyn soll.
            Schönberg den 26sten September 1837.

Großherzogl. Mecklenb. Landvogtey des Fürstenthums Ratzeburg.          
(L. S.)                                            A. v. Drenkhahn.        Karsten.         Reinhold.
                


Bekanntmachung.

        Es wird hiedurch zur allgemeinen Kunde gebracht, daß die seit einer Reihe von Jahren hieselbst abgehaltenen Pferdemärkte für die Zukunft auf nachfolgende Tage verlegt sind:

der erste auf den Mittwoch, Donnerstag und Freitag vor Reminiscere;
der zweite auf den Mittwoch, Donnerstag und Freitag vor Margarethen;
der dritte aber, wie bisher, am zweiten, oder, wenn Kreuzerhöhung auf einen Freitag oder Sonnabend fällt, am dritten Mittwoch, Donnerstag und Freitag vor Kreuzerhöhung gehalten wird.
        Der Marktplatz befindet sich neben dem äußeren Holsteinthore.
        Der erste Tag ist nur Schautag. Die zu Markt zu bringenden Pferde sind frei von jedem Zoll und sonstigen Abgaben, außer sechs Schillingen Anbindegeld.
        Rotzige, krätzige und mit anderen ansteckenden Krankheiten behaftete Pferde, dürfen nicht auf den Markt gebracht werden.
    Lübeck, den 12. September 1837.

in fidem
  J. H. Behn, Dr.
  Act. Gew.        


[ => Original lesen: 1837 Nr. 39 Seite 2]

Vermischte Anzeigen.

        400 Rthlr. N2/3 sollen gegen genügende Sicherheit sogleich zinsbar belegt werden. - Nähere Nachricht in der Expedition dieser Anzeigen.


          Am 3. October werden wir mit unserm zweiten Transport Race=Füllen zu Stove seyn, wozu wir Kaufliebhaber freundlichst einladen.

Fock. Siebenmarck.      


Verkauf.

          Die vor wenig Jahren neu erbaute Ziegelei zu Reecke an der Trave, eine Meile von Lübeck, soll wegen Ablebens des Zieglers billig verkauft werden. Das Nähere bei

D. H. Carstens,          
Kaufmann in Lübeck.      


Die christliche Familie im Landpfarrhause.

[Erzählung.]
[im Abbild der Originalseite zu lesen]

(Die Fortsetzung folgt.)


[ => Original lesen: 1837 Nr. 39 Seite 3]

Gespräch zwischen dem Schulzen N. und seinem Nachbar Velten, beim Eintritt der Kälte im November 1835.

        Velten. Guten Abend, Nachbar. Du hast eine warme Stube; ja, die thut einem wohl. Sag' mir nur, was das für ein Jahr ist? Erst die anhaltende Dürre und nun auch gleich die Kälte; was soll das nur werden? Mir ist Angst, meine Kartoffeln, die ich nicht in den Keller geschafft habe, weil sie vor dem Christfest sollten weggefüttert werden, möchten mir erfrieren.
        Schulz. Du bist doch sonst ein guter Wirth und vorsichtig, wie kömmt es, daß du dich hier nicht vorgesehen hast, um so mehr, da es in diesem Jahr an Futter mangelt?
        V. Ja, ich hat' mich auf den Kalender verlassen und der hat gelinde Witterung. Ader ich glaube, der Komet hat dem Kalendermacher die Rechnung verpfuscht.
        Sch. Ob der Komet Einfluß auf die Witterung hat, will ich nicht bestreiten. Aber unser Herr Pfarrer erzählte neulich, ein großer Astronom in Wien, ich glaube er hieß Littrow, hätte mit Gründen die Meinung wiederlegt, daß die Kometen einen solchen Einfluß hätten. Doch dem sey, wie ihm wolle. Daß weiß ich aber, daß die Herren Kalendermacher das Wetter nicht ein Jahr voraus wissen, es mögen Kometen da seyn, oder nicht.
        V. Was, die Kalendermacher wüßten das Wetter nicht vorher? Du glaubst aber an gar nichts mehr! Da habt ihr so eine Lesegesellschaft, wo der Herr Pfarrer das Wort führt und wo ihr von solchen Dingen leset und schwatzt; da hört ihr Läuten und nicht Zusammenschlagen, und du und deine Consorten dünkt euch nun auch gelehrte Männer, und wollt alles verstehen.
        Sch. Alles nun wohl eben nicht; aber doch erfahren wir so manches, was uns als Menschen überhaupt und auch für unsre Geschäfte von Nutzen ist. Du könntest auch Theil nehmen. Der Herr Pfarrer wünscht es, da du für einen ordentlichen Hausvater giltst.
        V. O, da geh' ich nicht mit hin. Gottes Wort - ja das versteht der Herr Pfarrer, aber in solche weltliche Dinge sollte er sich nicht mischen.
        Sch. Doch glaube ich, wird uns derselbe auf diese Weise so nützlich, als durch seine Predigten. Gar manches Vorurtheil und manchen Aberglauben, welche noch unter uns angetroffen werden, z. B. mit dem Anthau der Kinder, daß sie die bösen Finger bekämen, daß einem alles rückwärts ginge, wenn man im Krebs geboren wäre, daß es Heckethaler gäbe und dergl. - wird er auf diese Weise ausrotten. Auf der Kanzel geht das nicht so gut.
        V. Ja, ja. Man merkt's an euch. Ihr wollt nun auch nichts glauben, als was ihr seht und mit Händen begreifen könnt.
        Sch. Da hast du ganz Unrecht. Wir wollen nur nichts glauben, wofür nur gar keine Gründe da sind und was gegen unsre Vernunft streitet. Du aber glaubst nichts leichter, als wofür du gar keine Gründe hast, und was du nicht begreifen kannst.
        V. Ja, wenn ich's aber von meiner Mutter oder Großmutter gehört habe? Die werden's doch begriffen haben?
        Sch. Deine Großmutter und dein Großvater so wenig wie du. Könnten sie letzt wieder kommen sie würden gar Manches für Hexerei halten, was natürlich zugeht.
        V. Das möchte ich wissen, was das wäre.
        Sch. Nun z. B. Gasbeleuchtung, Dampfwagen u.s.w. - Würde dein Großvater an eine Eisenbahn in England gestellt und sähe hier die dampfenden Wagen ohne Pferde, und schwer beladen vorüberpfliegen; würde er nicht glauben, das ginge nicht mit rechten Dingen zu? Und doch ist's natürlich.
        V. Da könntest du wohl recht haben. Mein Vetter Friedrich, der Trompeter in Holland ist, hat mir auch von so einer Bahn in seinem Nachbarlande geschrieben und es muß also wahr seyn. Begreifen kann ich's nicht, doch glaub ich's nun. - Aber mit den Heckethalern u.s.w. da ist's doch eine andre Sache.
        Sch. s' ist eben so. Wenn jemand, ohne daß er erbt oder in der Lotterie gewinnt, emporkömmt, heißt es gleich: der kann etwas.
        V. Ja, ja, so ist es auch. Der Hans hat gar nichts gehabt, jetzt ist er ein reicher Mann. Wo kömmt das her? Er treibe auch kein anderes Geschäft als wir.
        Sch. Hans ist verständig, sparsam, sehr fleißig und hat kein Hauskreuz gehabt.
V. Kein Hauskreuz? Seine Frau ist eine Butter=Hexe! daher kömmt's. Was die für Butter zu Markte schleppt; man sollte meinen, die Kühe müßten Butter -
        Sch. Geh' du nur in seinen Stall und sieh, wie und was gefüttert wird, und in die Wirthschaft, wie haushälterisch die Frau ist, und du hast die ganze Hexerei. Du wirst doch nicht glauben, daß die Frau aus Wasser Butter schlägt und Gottes Gesetze in der Natur aufhebt.
        V. Du weißt eben alles besser. Warum läßt denn die Frau ihre Magd nicht melken und buttern?
        Sch. Wahrscheinlich damit alles recht ordentlich und reinlich zugehen soll.
        V. I nu, andere Leute sind auch keine Schweine. - Doch was will ich mich mit dir streiten. Mach' lieber, daß meine Kartoffeln nicht erfrieren;

[ => Original lesen: 1837 Nr. 39 Seite 4]

denn in den Keller kann ich sie nun nicht schaffen, da ist alles besetzt und macht zu viele Schererei.
        Sch. Das kann ich freilich nicht. Aber ich glaube nicht, daß die Kälte so anhalten wird, es ist doch noch zu bald.
        V. Ja, ich glaub's auch nicht, denn der Kalender kann doch nicht ganz lügen.
        Sch. Darauf verlaß dich weder jetzt noch in der Zukunft.
        V. Ich vorlaß mich aber darauf, wenn nur nicht so ein Komet gerade da ist. - Die Hexen wissen doch präcis, wenn eine Mond= und Sonnenfinsterniß eintritt, und sagen's vorher, ebenso gut können sie auch das Wetter vorhersagen.
        Sch. Mit den Finsternissen hat es seine Richtigkeit. Aber diese erfolgen nach bestimmten Gesetzen, welche die Astronomen, die die Umlaufszeit der Gestirne und ihre Geschwindigkeit berechnen, kennen. Aber das Wetter hängt von gar zu vielen Umständen ab und läßt sich nicht berechnen. Wie will z.B. Jemand vorher wissen: in der oder jener Woche weht der Wind von Norden oder Osten? und doch hat dieß auf das Wetter großen Einfluß. Was steht denn auch in deinem Kalender über die Witterung?
        V. Muthmaßlich.
        Sch. Nun, da siehst du ja. Was man muthmaßt, das weiß man nicht. Bei den Finsternissen steht das nicht.
        V. Das ist zwar wahr, aber es wird mir schwer, den Glauben aufzugeben. Denn der Artikel vom Wetter ist mir das Liebste am Kalender, und ich dürfte vor meiner Frau keinen in das Haus bringen, worin das fehlte. Das ist das Erste, was sie liest, das Wetter aufs ganze Jahr, und wir freuen uns Schon im Voraus, wenn cm gelinder Winter prophezeiht wird.
        Sch. Die Freude mag nun wohl schon oft vom Froste gelitten haben, und mich wundert', daß die Glaubensfrucht nicht abgefallen ist. Wahrscheinlich aber nimmt man auf Leute deines Schlages Rücksicht, wenn man solche unnöthige Dinge nicht ganz wegläßt. Ich glaube in Preußen, oder wo sonst, hatte man auf Anordnung des Regenten den Versuch gemacht, die unnöthigen Dinge aus dem Kalender wegzulassen. Aber es ging nicht. Das Volk wollte die Alfanzereien und - so gab man sie ihm wieder. Mag es seyn, es wird schon die Zeit kommen, wo niemand mehr dergleichen glaubt. Unsere Kinder werden anders und sind es schon jetzt.
        V. Ja, die sind, leider Gottes! anders.
Mein Junge Heinrich z.B. ist im Krebs geboren und macht mir vielen Kummer. Der Galgenvogel ist schon vom Baum gefallen und hat das Bein zerbrochen, und beim Eislauf ist er auch beinahe ertrunken. Doch meint der Junge neulich, der Krebs könne ihm nichts helfen und nichts schaden. Den Namen hätte das Sternbild von den Astronomen erhalten, und die hätten es eben so gut auch Goldfisch, Glücksbote oder wie sonst nennen können. Ich gab dem Jungen natürlich ein paar Ohrfeigen und ließ dem Schulmeister sagen: er sollte den Kindern das Christenthum lehren und nicht solche dumme Sachen vorschwatzen. Aber zum Herrn Pfarrer ging ich nicht: denn der hilft doch dem Schulmeister über.
        Sch. Und das mit Recht. Denn es gehört auch zum Christenthum, daß der Mensch eine richtige Ansicht von der Welt bekommt, die Gottes schönes Werk ist, und in der wir ihn bewundern.
        V. Ei was! mein Junge braucht keine andere Ansicht von der Welt wie ich, und die Neuerungen Schaden. Statt daß er sich nun wegen des Krebses in Acht nehmen und beten sollte, daß ihn Gott vor Unglück bewahren möge, lebt er in den Tag hinein und macht mir nur Sorge und Kummer. Aber ich will ihm schon den Daumen auf's Auge drücken.
        Sch. Das wird dir nichts helfen; denn wie dein Junge, sind alle. Er wird also im Geiste seines Zeitalters aufwachsen, und ich merke schon, dem wird's einerlei seyn, ob die muthmaßliche Witterung im Kalender steht oder nicht; dem würde es jetzt auch nicht Angst seyn, daß seine Kartoffeln erfrieren möchten; denn er hätte nicht den Kalender, sondern seinen Verstand um Rath gefragt, und der hätte gesagt: es ist möglich, daß bald Kälte eintritt - die Kartoffeln müssen in den Keller. -


Getraide=Preise in Lübeck
vom 26. September.
Taler (Mecklenburg)
Waitzen, Mecklenburger und Holsteiner 68
Roggen, Mecklenburger und Holsteiner 62
              Petersburger 66
Gerste, Mecklenburger und Holsteiner 44
Hafer,   Mecklenburger und Holsteiner 38
Erbsen, Brecherbsen 56
             Futtererbsen -
Wicken -
Buchweitzen 44
Winter=Rapsaat die Tonne 141/2 Mark (Lübeck)
Sommer=Rapsaat 13
Schlagleinsaat 111/2


Gedruckt und verlegt von L. Bicker.


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