No. 1
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Schönberg, den 06. Januar
1837
siebenter Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1837 Nr. 1 Seite 1]

Verordnung.

betreffend das Verbot der Acten Versendung an JuristenFacultäten Criminal= und PoliceySachen, und die dadurch nothwendig gewordenen JustizEinrichtungen.

Georg von Gottes Gnaden
Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf
zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc. etc.

Zur Ausführung des Beschlusses der deutschen BundesVersammlung:

daß die BundesStaaten, in denen die Verschickung der Acten in Policey= und CriminalSachen an Facultäten, und SchöppenStühle dermalen noch gestattet sey, solche Anordnungen treffen würden, daß diese Verschickung der Acten - es sey an deutsche, oder an ausländische Universitäten - spätestens von dem 1sten Januar 1837 an aufhöre,
verordnen Wir hierdurch, nach vernommenem rathsamen Bedenken Unsrer getreuen Stände, für Unsre Lande, mit Einschluß des Fürstenthums Ratzeburg, wie folgt:

§. 1.

                    Die auf Antrag der Betheiligten bisher gestattete, oder dem Ermessen der Gerichte überlassene, oder endlich zur Einholung des zweiten, oder dritten Erkenntnisses nothwendig gewesene ActenVerschickung an nicht Mecklenburgische Universitäten in allen Criminal= und sonstigen inquisitorisch behandelten StrafSachen - mit Einschluß der so gestalteten PoliceySachen - wird hierdurch verboten, dergestalt, daß dieselbe vom 1sten Januar 1837 an nicht weiter vorkommen darf.

§. 2.

                    Die fiscalischen, und überhaupt alle diejenigen StrafSachen, in welchen nicht inquisitorisch, sondern auf Antrag accusatorisch verfahren wird, bleiben von vorstehendem Verbote ausbeschieden.

§. 3.

                    Damit die Handhabung der Justiz durch jenes Verbot nicht beeinträchtiget,

[ => Original lesen: 1837 Nr. 1 Seite 2]

vielmehr nach Möglichkeit verbessert und erleichtert werde, haben Wir, in Gemäßheit getroffener Vereinbarung mit des Großherzogs von Mecklenburg Schwerin Königlicher Hoheit, zur Abfassung der Erkenntnisse in StrafSachen etc. bzw. usw.. (§. 1.) fünf SpruchBehörden constituirt, nämlich Unsre JustizCanzley zu Neustrelitz, die drei MecklenburgSchwerinschen JustizCanzleyen zu Schwerin, Rostock und Güstrow, und die JuristenFacultät zu Rostock.
                    Auch wird der OberGerichtsbarkeit des OberAppellationsGerichts zu Parchim in StrafSachen hierdurch dieselbe Ausdehnung gegeben, welche für die MecklenburgSchwerinschen Lande schon gesetzlich besteht.

§. 4.

                    Sämmtliche Gerichte Unsrer Lande sind befugt, in allen bei ihnen anhängigen Untersuchungssachen das erste Erkenntniß selbst zu sprechen, es wäre denn, daß der Inculpat auf Einsendung der Acten an eine SpruchBehörde zur Abfassung des Erkenntnisses antrüge, oder das Gericht selbst aus eigener Bewegung zu solcher Einsendung sich veranlaßt sähe.
                    Gleiches gilt von den bei Unserm Consistorio vorkommenden DisciplinarStrafSachen.

§. 5.

                    Damit beim Auswählen des SpruchCollegii zur Abfassung des ersten Erkenntnisses eine möglichst gleiche Vertheilung der Sachen eintrete, wird sämmtlichen Gerichten, für welche Unsre JustizCanzley das nächste OberGericht ist - mit Ausnahme des JustizAmts der Landvogtey des Fürstenthums Ratzeburg zu Schönberg, und der an dasselbe zu verweisenden PatrimonialGerichte zu Dodow, Horst und Torriesdorf - hierdurch zur Pflicht gemacht, sich, wegen jener Auswahl, mit dem Gerichte der VorderStadt Neubrandenburg, welchem die Sorge für Beobachtung eines regelmäßigen turnus obliegen soll, jedesmal zu verständigen.
                    Unsre JustizCanzley, so wie das JustizAmt zu Schönberg, haben ihrer Seits gleichfalls eine gehörige Reihefolge zu beobachten.
                    Uebrigens darf der Inculpat, oder dessen Beistand, gegen eines der SpruchCollegien excipiren, wozu ihm also vor Absendung der Acten Gelegenheit zu geben ist.

§. 6.

                    Bei Untersuchungen, in welchen gegen mehrere Betheiligte zu erkennen ist, ist das Urtheil gegen diese alle nur von einer SpruchBehörde einzuholen.
                    Auch dürfen mehrere Betheiligte, oder deren Defensoren nur gegen eine SpruchBehörde gemeinschaftlich excipiren. Können sie sich über die Wahl derselben nicht einigen, so hat dies den Verlust solcher Befugniß zur Folge.

§. 7.

                    Jedes von einem SpruchCollegio abgefaßte Erkenntniß - es mag das erste oder zweite Urtheil in der Sache seyn (§. 13.) - wird im Namen des untersuchenden Gerichts publicirt, jedoch mit ausdrücklicher Bemerkung, an welches Collegium die Acten zum Spruche versandt worden seyen.
                    Die genannten SpruchCollegien werden übrigens die ihnen zum Erkenntnisse zugesandten CriminalSachen möglichst rasch fördern, und nicht ohne dringende Nothwendigkeit mit dem DefinitivErkenntnisse Anstand nehmen. Sollte aber, den Rechten nach, auf weitere Erörterung, oder Nachholung einiger Umstände erkannt werden müssen, so ist diese Verfügung mit den Acten dem Gerichte, welches die Untersuchung geführt hat, zuzufertigen, und hat letzteres sodann das Erforderliche, ohne Einwendungen, sofort nachzuholen.

[ => Original lesen: 1837 Nr. 1 Seite 3]

§. 8.

                    In Betreff der Rechtsmittel behält es in fiscalischen, und andern accusatorisch behandelten Strafsachen (§. 2.) bei den bestehenden gesetzlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Appellation, und resp. Supplication das Bewenden.

§. 9.

                    In allen übrigen StrafSachen - so weit nicht durch specielle Verordnungen blos der Recurs an Unsre LandesRegierung freigelassen ist - soll, der Regel nach, eine dreimalige richterliche Prüfung und Beurtheilung zu erwirken seyn. Nur in geringeren Sachen (§. 10.) behält es beim zweiten Erkenntnisse das Bewenden.
                    Zu diesem Zwecke wird das in Mecklenburg Schwerin bereits gebräuchliche Rechtsmittel der Revision auch für Unsre Lande, nach Maaßgabe der folgenden näheren Bestimmungen (§. §. 12. und 13.) hierdurch für ausschliessend anwendlich erklärt.
                    Für etwanige Beschwerden über das gerichtliche Verfahren wird die bei dem nächsten OberGerichte anzubringende Querel ungeändert beibehalten.

§. 10.

                    Zu den geringeren Strafsachen (§. 9.) sollen hier die Fälle gerechnet werden, in denen auf eine GeldBuße unter dreißig Thaler Gold, auf GefängnißStrafe unter dreimonatlicher Dauer, oder auf kürzere als dreimonatliche Suspension vom Amte, oder von der Praxis erkannt ist.

§. 11.

                    Die Vertheidigung des Angeschuldigten durch einen ihm beigeordneten Defensor soll überall nur zur Abwendung, oder Minderung der Strafe, mithin gegen keinen Act im CriminalVerfahren, welcher der DefinitivEntscheidung voraufgeht, Statt finden, folglich auch nicht zur Abwendung der Haft, der Confrontation, der weiteren Untersuchung, der SpecialInquisition u.s.w. Des Endes sollen auch alle mit diesen Handlungen etwa sonst in Rücksicht der Ehre und des Rufes verbundenen Nachtheile hierdurch gänzlich aufgehoben seyn.
                    Bei CapitalVerbrechen, wenn es nach dem Stande der UntersuchungsActen, und der rechtlichen Ueberzeugung des untersuchenden Gerichts zu einer TodesStrafe kommen könnte, ist allemal von richterlichen Amtswegen dafür zu sorgen, daß eine VertheidigungsSchrift, auch wenn sie verbeten worden, vor dem ersten Erkenntniße zu den Acten komme; sonst aber soll von der erkennenden Behörde, nach rechtlichem Befinden, jedoch allemal vor Erkennung der TodesStrafe, auf Nachholung der Defension vor Abfassung des ersten DefinitivUrtheils erkannt werden.
                    Wo diese Voraussetzungen nicht eintreten, findet die Defension vor dem ersten DefinitivErkenntnisse nicht Statt.

§. 12.

                    Wenn auf Todes= oder lebenswierige Zuchthaus=, Festungs= oder GefängnißStrafe erkannt ist, so muß das zweite, und eventualiter - also wenn das zweite Urtheil keine geringere, als die eben genannten Strafen ausspricht - das dritte Urtheil jedesmal ex officio eingeholt werden, ohne daß etwaniger Verzicht des Inquisiten zu beachten ist.
                    Auch hat in solchen Fällen das zur Untersuchung competente Gericht von Amtswegen dafür zu sorgen, daß der Inquisit nach dem ersten, und vor dem zweiten Erkenntnisse - unter Umständen also zum zweiten Mal (§. 11, Absatz 2) - durch einen Defensor schriftlich vertheidigt werde.
                    Das dritte Urtheil wird ohne Verstattung weiterer Defension eingeholt.

[ => Original lesen: 1837 Nr. 1 Seite 4]

                    In allen sonstigen, zur Revision geeigneten StrafSachen (§. 9.) erfolgt Defension und weiteres Erkenntniß nur auf Begehren des Betheiligten, und zwar so, daß demselben überhaupt nur eine Vertheidigungsschrift - und diese zwischen dem ersten und zweiten HauptErkenntnisse - gestattet wird.
                    Wäre im ersten Erkenntniße auf eine geringere GeldBuße als zehn Thaler Gold, oder auf GefängnißStrafe unter achttägiger Dauer erkannt worden, so ist gar keine DefensionsSchrift, sondern nur die Bitte um Einholung des zweiten Erkenntnisses zuläßig.

§. 13.

                    Auf eingewandtes, oder ex officio (§. 12.) zu beachtendes Rechtsmittel der Revision wird das zweite Erkenntniß in der Sache von demjenigen der fünf SpruchCollegien abgefaßt, welches der Verurtheilte, oder sein Beistand wählt.
                    Verzichtet er auf diese Wahl, oder können mehrere Betheiligte sich nicht einigen, so trifft das Gericht, welches die Untersuchung geführt hat, die erforderliche Bestimmung.
                    Dasjenige SpruchCollegium, welches etwa das angefochtene Urtheil abgefaßt hat, darf unter keinen Umständen aufs Neue in der Sache erkennen.
                    Das Dritte Urtheil, so weit es überhaupt zulässig ist (§. §. 8 und 9), spricht jedesmal das OberAppellationsGericht zu Parchim.

§. 14.

                    Sollte letzteres in einzelnen Fällen aus besonderen rechtlichen Gründen an der Abfassung das Erkenntnißes gehindert seyn, so tritt eine der constituirten SpruchBehörden, welche bisher noch nicht in derselben Sache erkannt haben, an dessen Stelle, und ist unter solchen dem Inculpaten die Wahl zu lassen. Kommt diese Wahl nicht zu Stande (§. 13.), so bestimmt das OberAppellationsGericht die SpruchBehörde.

§. 15.

                    Die gegenwärtige Verordnung findet auf alle bereits anhängige Untersuchungen so weit Anwendung, als der Stand der Sache es gestattet, mithin auch in Betreff der Rechtsmittel gegen solche Erkenntnisse, welche auf tempestive erfolgte ActenVerschickung an auswärtige Facultäten erst nach dem 1sten Januar 1837 publicirt werden können.
                    Unsere interimistische Verordnung an die AmtsGerichte, vom 3ten Februar d. J., in Betreff der Rechtsmittel in Strafsachen etc. bzw. usw.., wird durch gegenwärtiges Gesetz überflüßig, und soll deshalb hierdurch aufgehoben seyn.
                    Wonach sämmtliche Gerichte in Unserm hiesigen Herzogthume, und in Unserm Fürstenthume Ratzeburg, so wie sonst Jedermann, den es angeht, allerunterthänigst sich zu richten, und zu achten.
                    Urkundlich haben Wir diese, gewöhnlichermaaßen zu publicirende Verordnung höchsteigenhändig unterzeichnet, und mit Unserm Großherzoglichen RegierungsInsiegel bestärken lassen. Datum Neustrelitz den 23sten December 1836.

Georg, G. H. v. M.
(L. S.) von Dewitz.    


Verkaufs=Anzeigen.

        Auf Antrag des Schulzen Werner zu Lüdersdorf, als Curator der Ziegeler Bornemannschen Debitmasse, sollen am

21sten dieses Monats

Morgens 10 Uhr durch ,den Landreiter Klockmann die, neben der Ziegeley zu Lockwisch stehenden Mauer= und Kluthsteine, so wie auch die zu dieser Concursmasse gehörenden Torf=Miethen daselbst öffentlich meistbietend verkauft werden, wozu Kaufliebhaber hierdurch Gerichtswegen geladen werden.
    Decretum Schönberg den 4. Januar 1837.

             Justiz=Amt der Landvogtey des Fürsten=
                            (L. S.)                  thums Ratzeburg.
        Karsten.         Reinhold.


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