No. 48
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 25. November
1836
sechster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1836 Nr. 48 Seite 1]

Vorladungen.

          Zur Anmeldung aller dinglichen Ansprüche an die von dem Büdner Hans Peter Mirow zu Wahrstorff verkaufte daselbst belegene Büdnerei mit Zubehör ist ein peremtorischer Termin

auf den 24sten Januar 1837

Morgens 11 Uhr anberahmt worden, wozu etwanige Liquidanten mit Ausnahme der betreffenden öffentlichen Behörden wegen aller und jeder öffentlichen Abgaben und Gefälle, unter dem Nachtheil, daß sie mit solchen Ansprüchen unter Auferlegung eines immerwährenden Stillschweigens werden präcludirt werden, hiemit vorgeladen sind.
      Grevesmühlen im Patrimonial= Gericht Wahrstorff den 1. November 1836.

Zum Patrimonial=Gericht Verordnete.      


          Alle diejenigen, welche an das dem Schneider Hans Joachim Dücker hieselbst gehörige, im Kuhhirten=Gange allhier zwischen Böttcher Anders und Schuster Luger sub No. 113 belegene, jetzt in vim executionis zum Verkauf gestellte Wohnhaus c. p. oder an die dafür aufkommenden Kaufgelder aus irgend einem Rechtsgrunde Ansprüche machen zu können vermeinen, werden hiedurch zur Anmeldung und sofortigen Bescheinigung solcher Ansprüche auf

den 10ten Januar k. J.

Morgens 11 Uhr sub praejudicio pro omni praeclusionis vorgeladen, welches mit Bezug auf die den Schweriner Anzeigen in extenso inserirten Proclamata hiemit noch weiter bekannt gemacht wird.
    Grevesmühlen, den 17ten October 1836.

Großherzoglich Stadtgericht.      


Verkaufs=Anzeigen.

Extract.

          Das Wohnhaus und Schmiede nebst Zubehörungen des hiesigen Grobschmids Langmaack soll in vim executionis am

16ten Januar k. J.

öffentlich meistbietend verkauft werden.
      Zur Liquidation und Justification aller Real=Ansprüche ist dagegen ein anderer Termin auf

den 28sten ej. mens.

sub poena praeclusionis angesetzt.
      Rehna den 9. November 1836.

Großherzogliches Stadt=Gericht.      


Vermischte Anzeigen.

          Ein noch sehr brauchbarer und tüchtiger holsteinscher Wagen mit Verdeck, bequemen Mittelstuhl und Kutschersitz ist zu verkaufen. Nähere Nachricht ertheilt der Landbaumeister Lohmeier auf dem Domhofe zu Ratzeburg.


          Der Kalender für das hiesige Fürstenthum auf 1837 ist beim Buchbinder Herrn Bade und bei mir für 2 Schilling (Mecklenburg) auf Druckpapier und für 3 Schilling (Mecklenburg) auf Schreibpapier zu haben.

L. Bicker.      


[ => Original lesen: 1836 Nr. 48 Seite 2]

Als ich im vorigen Jahre die Bevölkerungstabelle für das hiesige Fürstenthum mittheilte, konnte ich nicht unterlassen, auf die zunehmende Unsittlichkeit aufmerksam zu machen, die sich in der vermehrten Zahl unehelicher Kinder offenbarte. Die nachfolgende dießjährige Uebersicht der Geburten gewährt leider keine erfreulichere Resultate, wenn gleich unter Gottes Schutze verheerende Krankheiten uns ferne blieben und selbst die, im vorigen Jahre nicht unbedeutende Blatter=Epidemie, im Laufe dieses Jahres nur wenige Opfer forderte. (Die Krankheit war blos in der Carlower Gemeinde bemerkt worden und starben daran 7 Personen.)
          Das Verhältniß der unehelichen zu den ehelichen Geburten ist anscheinend unverändert geblieben, und die Aussicht ist nicht erhebend, daß Leichtsinn und Gleichgültigkeit gegen das Bessere ungezügelt verderblichen Einfluß äußert. Kann freilich überall nicht vorausgesetzt werden, daß irgend Jemand das Böse darum begeht, weil er schlechterdings nur Böses will; so erscheint der Wollüstige auch nicht in dieser Art ein vollendeter Uebelthäter; wohl aber handelt er gewissenlos gegen sich und Andere, indem er sorglos sich hingibt und nicht zu der ernstlichen Entschließung gelangt, jede Veranlassung zur Sünde zu meiden. Es geht dem Wollüstlinge wie dem Trunkenbolde; beide sündigen im Rausche, worin sie sich selbst versetzt haben, und bereuen oft bitter das Ereigniß eines schwachen Augenblickes. Indeß gibt es auch Menschen, die schon tief genug gefallen sind, bei kalter Ueberlegung, solche Begangenschaften nicht nur zu entschuldigen, sondern auch die unvermeidlich daran geknüpften Folgen als ein großes unverdientes Mißgeschick anzusehen und darüber laute Klagen zu führen.
          Nach der sehr natürlichen Vorschrift: wer Schaben thut, muß Schaden bessern, ist die nächste Folge des unzüchtigen Lebens, die Verpflichtung, das unglückliche Geschöpf, das durch solche Sünde daß Daseyn erhielte, ferner zu erhalten. Diese Obliegenheit wird an sich gar nicht verkannt, wohl aber dadurch oft beseitigt erachtet, daß Mittellosigkeit sie unmöglich mache. Daß meistens die ärmsten und niedrigsten Mitglieder der Gemeinde sich dieser Ungebühr schuldig machen, kann kein Grund seyn, sie ihrer Obliegenheit zu entheben, wenn es allerdings beklagenswerth ist, wie der Arme dadurch nur noch ärmer wird; aber er hat Niemanden, als nur sich, sein Ungemach beizumessen. Wie sehr indeß, gerade dieses Umstandes wegen, die allgemeine Wohlfahrt leidet, wie laut die Klagen sind, die darüber geführt werden, daß die unzüchtigen Aeltern eine Last der Communen fortwährend bleiben, ist nur zu bekannt, um hier besonders angedeutet zu werden.
          Verdienen nun solche Menschen, die leichtsinnig und im Taumel der Sünde Andere benachtheiligen, nachdrückliche Ahndung; so kann es nur gerecht befunden werden, wenn jede Sittenlosigkeit nicht ungerügt bleibt. Diese Rüge findet ein solches Vergehen indeß nicht sowohl in bürgerlichen Strafen, als vielmehr in den Vorhaltungen, die die Kirche dem in's Gewissen ruft, der seiner Menschenwürde uneingedenk, sich selbst der Vorzüge und der Achtung unwerth machte, wodurch er nur Mitglied der christlichen Gemeinde werden und bleiben konnte. Daher, treffen den Wollüstling vorzüglich nur Kirchen=Strafen, die auch noch heutiges Tages, freilich sehr gemildert, angewandt werden. Was ehemals, ehe geläuterte Religionslehren den hiesigen Einwohnern zu Theil wurden, gegen unzüchtige Menschen statuirt wurde, soll hier nicht gedacht werden; aber im Jahre 1641 (also fast 100 Jahre nach Abschaffung des Katholicismus) wurde auf der allgemeinen Kirchenvisitation für das hiesige Land geordnet: "die einmal die Sünde der Hurerei begangen haben, sollen hinführo höhere Geldstrafe als vor diesem geben; die aber zum andernmale hiemit sündigen, mir harten Gefängniß gestrafet, und die zum drittenmale sündigen, aus dem Stifte verwiesen werden". Daneben wurden die Prediger instruirt: "diejenigen, so von ihren Bräutigammes für ihre Hochzeit fleischlich erkannt worden ohne öffentliche Buße, von der Kanzel mit Names zu verkündigen". Neuere, am Ende des letzten Jahrhunderts ergangene spezielle Verordnungen haben in diesem Geiste, nach Aufhebung der öffentlichen Kirchen=Buße, Gelderlegnisse an die Kirche und an den zu einer Ermahnung unter vier Augen verpflichteten Prediger, so wie erhöhete Taufgebühren, bestimmt, und diese Bestimmungen sind aufs Neue im Jahr 1829 bei Festsetzung der Stolgebühren, landesherrlich bestätiget worden. Eben daher darf eine vor der Trauung bereits geschwächt

[ => Original lesen: 1836 Nr. 48 Seite 3]

Frauensperson an ihrem Ehrentage nicht mit der Brautkrone erscheinen, wenn gleich die Gebühr dafür erlegt werden muß.
          Wenn dann solche Uebertreter des sechsten Gebotes gegen ihre Prediger über die von ihnen erforderten Erlegnisse murren, oder sich wohl gar erdreisten, unziemlich darüber zu reden, oder nicht einmal des gewissenhaften Seelsorgers eindringlichen Vorhaltungen Gehör schenken wollen; so geben sie damit zu erkennen, wie wenig sie ihr begangenes Unrecht bereuen. Das sind aber wahrhaft böse Menschen, die auch bürgerliche Strafe sehr wohl verdienen! - Diese bürgerlichen Strafen sind indeß aus dem Grunde, weil man Reue und Besserung durch die Anwendung der Kirchen=Strafen erwartet, sehr milde, und bestehen, wenn sonst keine erschwerende Vorkommenheiten zu ahnden sind, in kleinen Geld=Erlegnissen, die jeder Theil zur herrschaftlichen Bruchkasse zu bringen hat, und nur von ganz Unvermögenden im Gefängnisse mit kurzer Haft gebüßt werden. - Sind hiernach die eigentlichen Strafen gegen Unsittlichkeit zwar nicht eben fühlbar, so wird doch dem besseren Menschen das eigene Gefühl für Zucht und Ehrbarkeit Beweggrund seyn müssen, selbst solchen Büßungen nicht ausgesetzt zu werden. Demjenigen aber, der alles Heil und Glück nur im äusseren Fortkommen findet, dürfte doch bedenklich seyn müssen, wie mit den mancherlei Geldstrafen 10 bis 12 Rthlr. aufgehen, die nützlicher zu verwenden gewesen wären! Daß die Ernährung und Erziehung des armen Kindes den beträchtlichsten Aufwand veranlaßt, will ich nicht einmal erwähnen. Immer liegt in dieser zügellosen Lebensweise der Grund zu der körperlichen und geistigen Zerrüttung des einzelnen Menschen, wie des unheilvollen Familienlebens.
          Möchte doch derselben von allen unsern Landesbewohnern ernstlich entgegengestrebt werden! -
          Die unten stehende Tabelle gibt in anderer Hinsicht zu einer nicht unerheblichen Betrachtung Anlaß, worauf hier indeß nur beiläufig hingedeutet werden kann. - Wenn nämlich die Ueberschüsse der Geburten über die Todesfälle seit 20 Jahren zusammengezählt werden, so ergibt sich die Zahl 3417. Daß die Bevölkerung des Landes seit 20 Jahren so viel zugenommen hätte, darf nicht behauptet werden, denn es ist zu erwägen, daß von diesen Ueberschüssen der einzelnen Jahre während dieser Zeit jährlich wieder eine nicht unbedeutende Menge, abstirbt. Die Größe dieses Verlustes ergibt sich aus den Sterberegistern nicht mit völliger Bestimmtheit; indeß ist durch Vergleichung mehrer speziellen Zahlen in derselben mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die Zahl der vom 1. October 1816 bis 1836 hier im Lande Gebornen und gegenwärtig noch Lebenden, zu 2412 Menschen anzugeben, die also, insoferne sie nicht ausgewandert sind, die Bevölkerung des Landes blos in Folge der jährlichen Geburten vermehrt haben. In wie ferne andere zufällige Ereignisse nebenher zur Vergrößerung der Volkszahl während dieser Zeit mitgewirkt haben mögen, läßt sich hier nicht untersuchen, wie denn überall nicht beabsichtigt wird, etwa zu befürchtende Uebervölkerung des Landes vorherzusagen.

 

In dem Jahre vom 30. Septbr. 1835 - 36 sind im Fürstenthume Ratzeburg
in den Gemeinden geboren gestorben copulirt.
in den Gemeinden Kinder. darunter uneheliche. Personen. confirmirt. Paar. Communicanten.
1) Camin (Dodow) 6 - 2 5 3 749
2) Carlow 53 8 32 55 13 1200
3) Demern 20 - 21 12 9 551
4) Dom=Kirche 13 - 21 117 2 287
5) Herrnburg 68 6 22 32 20 1822
6) Lübsee (5 hiesige Ortschaft.) 13 - 14 12 3 582
7) Mustin (Lankow) nicht eingesandt - - - - - -
8) Nusse (Vogtei Mannhagen) 25 4 17 15 3 558
9) Rehna (Falkenhagen) 3 - - 2 2 -
10) Selmsdorf 45 6 30 29 12 1247
11) Schlagsdorf 74 5 40 45 25 1472
12) Schönberg 125 14 90 60 36 2424
13) Sterley (Horst) 7 3 3 5 2 50
14) Ziethen 37 10 20 12 6 354
489 56 312 301 136 11296
Schönberg, den 17. Novbr. 1836. Karsten.


[ => Original lesen: 1836 Nr. 48 Seite 4]

Landwirthschaftliches.

          Ein Schreiben aus Bremen enthält unter Anderm: "Merkwürdig ist, daß in diesem Jahre beträchtliche Quantitäten Waizen von Bremen nach den Vereinigten Staaten, die doch sonst selbst viel Waizen ausführten, verschifft wurden, was noch immer fortdauert. Wegen der gestiegenen Nachfrage nach Baumwolle, die bei der überaus vergrößerten Consumtion der vielen Baumwollen=Fabriken in England, Frankreich, Deutschland, der Schweiz und Nord=Amerika selbst eher Zunahme als Abnahme verspricht, fand eine Menge Pflanzer in den südlichen nord=amerikanischen Staaten es vortheilhaft, die Waizen=Felder in Baumwollen=Felder umzuwandeln. So namentlich in Virginien, wo ehedem viel Waizen gezogen wurde. Da nun aus den Vereinigten Staaten Westindien und fast alle Theile von Südamerika, selbst Brasilien, mit Getraide versehen werden, so ist erklärbar, daß man in den nordamerikanischen Handelsplätzen weniger für die inländischen Märkte, als für die ausländischen der Waizen=Zufuhr aus Europa bedurfte. Dazu kam, daß wirklich in mehreren Gegenden Nord=Amerika's die Waizen=Erndte mißrathen war. Der europäische Waizen war daher mit großem Gewinn in Amerika anzubringen. Aber man konnte nur sehr schweren Waizen dahin senden. Daher wurde vorzugsweise Waizen in Mecklenburg, den Niederlanden und in den unteren Weser=Gegenden zu diesem Behufe aufgekauft, weshalb diese Ausfuhr auf die anderen entfernteren Gegenden von Deutschland keinen merklichen Einfluß gehabt hat."


Anecdoten.

          Bei den Leichenbegängnissen in England war es Sitte, Leute zu bezahlen, welche weinend der Leiche folgen mußten. Ein Schuhmacher, der dieses Geschäft neben seinem Handwerke trieb, bat eines Tages einen seiner Bekannten, am Abend bei der Beerdigung des Banquiers C. statt seiner zu weinen. Als dieser ihn fragte, warum er sein Geld nicht selbst verdienen wolle, antwortete er "Heute kann ich unmöglich weinen, denn meine zanksüchtige Frau ist diesen Morgen gestorben."


          Ein junger Mensch, der großes Vergnügen daran fand, beim Sprechen jedes Wort umzukehren, hatte dadurch seine Zunge dergestalt in Unordnung gebracht, daß auch, wenn er ordentlich reden wollte, ja selbst beim Lesen, kein Wort ohne Verdrehung aus seinem Munde kam, weßhalb er immer der Gegenstand des Gelächters wurde. Einst war er von einem Freunde zu einer Lustfahrt aufs Land gebeten. Die mit daran Theilnehmenden, ihm sämmtlich unbekannte Herren und Damen waren längst versammelt, als er endlich erschien und sich entschuldigte, wie folgt: "Verzeihen Sie mein spätes Kommen, ich war diesen Morgen in der Baldergillerie - nein, wollt' ich sagen: Gilderballerie - nein, Galbilderie - nein, sollt' ich wagen - Ball - Gill - Gill - Ball - Gillball - Ballgilder - oh mein Himmel! - Gilderball - Ah! Ah! oh giebster Lott! oh! oh!" (Die Damen schrien: Hülfe! Hülfe! ein Verrückter; und reterirten sich in die Winkel des Zimmers.)

          Zitternd und bebend und glühend vor Schaam versucht er nochmals sich zu erklären: "Gilderballer wollte ich - nein Baldergiller" - Jetzt fuhr er mit beiden Händen krampfhaft in die Haare - - "Gilder - Baller - oh! oh! so schlage mich ein Wortmonnerdetter - - Baldergillerie - - Gillerbald - zehntausend Erden tief in die Meile hinein!-Vekehrtes Umgefluche! -- Ich hänge mich todt! Ich bringe mich auf! - Ich schieße mich um! Ah - Ah!" - - Jetzt konnte er sich nicht länger behaupten; er eilte auf die Straße und gab sich halblaut das Versprechen: "Kervehre ich in Zukunft wieder das weinste Klord, so soll man mich in das Gespuck sichten."


Getraide=Preise in Lübeck
22. November.
Taler (Mecklenburg)
Waitzen, Mecklenburger und Holsteiner 102
Roggen, Mecklenburger und Holsteiner 70
              Petersburger 68
Gerste, Mecklenburger und Holsteiner 60
Hafer,   Mecklenburger und Holsteiner 52
Erbsen, Brecherbsen 80
             Futtererbsen -
Wicken -
Buchweitzen 36
Winter=Rapsaat die Tonne 20 Mark (Lübeck)
Sommer=Rapsaat 17
Schlagleinsaat 17


Gedruckt und verlegt von L. Bicker.


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