No. 40
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Oktober
1835
fünfter Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1835 Nr. 40 Seite 1]

Vorladungen.

          Auf Antrag des jetzigen Halbhüfners Freytag zu Kuhlrade werden alle diejenigen, die an seine, von dem ehemaligen Halbhüfner Hans Jochen Sevecke gekaufte Halbstelle zu Kuhlrade und das dazu gehörige Inventarium, aus irgend einem Grunde, Ansprüche zu haben vermeinen, zur Angabe und Bescheinigung ihrer Forderungen, auf

den 16ten November d. J.
Morgens 10 Uhr hiedurch peremtorisch vor das unterzeichnete Gericht geladen, bei Vermeidung der, durch den sofort zu publicirenden Bescheid, zu verfügenden Präclusion aller vermeintlichen Rechte an das Vermögen des Sevecke und namentlich an das verkaufte Grundstück.
    Decretum Schönberg den 31. August 1835.

             Justiz=Amt der Landvogtei des Für=
(L. S.)                                              stenthums Ratzeburg.
                        Karsten.


          Alle diejenigen, welche an den Nachlaß des jüngst zu Gletzow verstorbenen Rademachers Wendelborn rechtliche Ansprüche und Forderungen zu haben vermeinen, werden auf Antrag der Vormünder der Wendelbornschen Tochter, als Beneficial=Erbin ihres Vaters, hiedurch peremtorisch geladen, solche in dem auf

den 24. October d. J., Morgens 10 Uhr,
anberahmten Liquidations=Termine vor dem Amtsgerichte zu Rehna bestimmt anzugeben und rechtsgenüglich zu bescheinigen, unter dem ein für allemal angedroheten Nachtheile der Präclusion und Auferlegung eines ewigen Stillschweigens.
    Gadebusch, den 23. July 1835.

Großherzogliches Amtsgericht Rehna.      


          Alle diejenigen welche an den cum beneficio legis et inventarii angetretenen Nachlaß des wailand Schulzen J. D. Reshöft zu Arpshagen aus irgend einem Grunde Ansprüche und Forderungen haben, werden zu deren Anmeldung und sofortigen Bescheinigung peremtorisch geladen,

am 2ten November d. J.
Morgens 11 Uhr vor uns hieselbst zu erscheinen, und haben sie im widrigen Fall zu gewärtigen, daß sie von dem gesammten Nachlasse auf immer werden ausgeschlossen und abgewiesen werden.
    Grevismühlen im Patrimonial=Gericht Bothmer den 1. September 1835.

Zum Patrimonial=Gericht Verordnete.      


[ => Original lesen: 1835 Nr. 40 Seite 2]

Verkaufs=Anzeigen.

          Am Freitag den 9ten October soll auf der Hohemeile, gegen baare Bezahlung, in N 2/3. z. v., öffentlich meistbietend verkauft werden:

Pferde, Kühe, 1 Schwein, 2 Bauwagen, einige Eggen und Pflüge, Mobiliar, worunter ein Sopha, Betten und sonstiges Hausgeräth.


Vermischte Anzeigen.

          Bei mir ist für 4 ßl. zu haben:
Der Komet unserer Tage. Eine Volksschrift, zur Belehrung und zur Beseitigung abergläubischer und furchterregender Meinungen.

J. P. Bade.      


          Der Fußsteig, welcher von hier nach Retelsdorf über meine Koppel führt, ist auf dieser von jetzt an aufgehoben, welches ich hiedurch bekannt mache.

Hauswirth Lenschow,      
zu Lübseerhagen.         


Der Räuber.

(Beschluß.)

[Erzählung.]
[im Abbild der Originalseite zu lesen]

[ => Original lesen: 1835 Nr. 40 Seite 3]

Der Räuber.

[Erzählung.]
[im Abbild der Originalseite zu lesen]


Der Mensch, der Herr der Erde.

          Als die Thiere und der Mensch erschaffen waren, sprach der neubelebte Löwe zu einer Vögelschaar, die hoch in den Lüften über ihn wegflog, und sich dann auf den Gipfel eines Baumes niederließ: Ihr mit Fittingen begabte Bewohner der Lüfte, die ihr hoch in den Wolken emporschwebt, was fürchtet ihr wohl auf Erden?
          Den Menschen, war die Antwort.
          Der Mensch ist ja ein Geschöpf wie ich, fuhr der Löwe fort, wie ist er denn im Stande, euch zu erreichen?
          Er erreicht uns zwar nicht in der Höhe der Lüfte, sprachen die Vögel, aber er weiß uns herabzulocken auf die Erde, sperret uns in Käfige ein, tödtet und verzehrt uns.
          Deß wunderte sich der Löwe und ward begierig, den Menschen kennen zu lernen. Da begegnete ihm das stolze Pferd im fliegenden Laufe, hochgesträubt die Mähne, kraftvoller Stirne und aus der Nase rauchend. Vielleicht ist das der Mensch, dachte der Löwe, denn Stärke und Ansehn beseelen diese Gestalt. Er redete das Pferd an, das ihm antwortete: O Löwe, der Mensch fängt mich, zähmt mich mit Zaum und Zügel, zwingt mich, seiner Hand und seinem Sporn zu gehorchen, Lasten zu tragen, und wenn ich entkräftet bin, so tödtet und verzehrt er mich.
          Bald hernach stieß dem Löwen der mächtige Stier auf, und es dünkte ihm, daß wohl dies der Mensch seyn könne. Allein der Stier belehrte ihn also: In das Joch werd' ich gespannt von dem Menschen, gezwungen, die Erde mit der Pflugschaar zu durchwühlen, und wenn ich alt geworden bin, ist die Schlachtbank mein Lohn, und des Menschen Bauch mein Grab.
          Hierauf begegnete ihm das langhalsige, hochtrabende Kameel, das, befragt, ob es nicht vieleicht der Mensch sei, zur Antwort gab: Keine Last würde meinen Rücken beschweren, kein gewaltsamer Tod mir drohen, besäße nicht der Mensch Stärke und List genug, mich seinem Willen zu unterwerfen?
          Wenn dies nicht der Mensch war, dachte der Löwe, so muß es wohl der lebendige Berg seyn, der da einhergeschritten kömmt, und zwischen den Silberzähnen so gewandt das ungeheure Fühlhorn bewegt. Sei mir gegrüßt, o Mensch, sprach der Löwe. Aber der Elephant erwiederte: Das bin ich nicht; der Mensch, er umgarnet mich, besteigt meinen Hals, letzt Thürme auf meinen Rücken, und belastet mich, bis daß ich sterbe. Dann glättet er meine Zähne als Elfenbein, macht Scepter und Königssitze daraus, und thronet noch auf meinen Gebeinen.
          Jetzt erblickte der Löwe ein kleines, schwaches, unansehnliches Geschöpf. Du elendes Thier, sprach er, fürchtest du dich nicht vor dem Menschen, vor dem die Mächtigsten unseres Reiches erzittern?
          Der Mensch bin Ich! ertönte die Rede.
Du der Mensch? brüllte der Löwe erstaunt. Hat dir die Natur doch keine Waffen, keine Hörner, keine Zähne, keine Klauen gegeben. Einen Streich will ich dir versetzen, und hiermit die ganze Schöpfung von deinem Unheile befreien.
          O Löwe, das kannst du nicht, erwiederte der Mensch.
          Warum nicht? fragte der Löwe.
          Weil ich von hier dir einen Schlag senden werde, war die Antwort, sende auch du einen, wenn du kannst.
          Nun, so komm' näher, erwiederte der Löwe, denn von hier aus kann dich meine Klaue nicht erreichen.
          Aber meine Hand soll dich erreichen, sprach der Mensch, ergriff zwei Steine und schleuderte sie ins Antlitz des Löwen, daß beide Augen aus ihren Höhlen rannen.
          Jetzt erkenne ich, daß du der Mensch, jetzt weiß ich, warum du der Schrecken aller Thiere bist, brüllte der Löwe, und als er sich beim Schweif fortgezogen fühlte, rief er: Was machst du? Willst du mich in einen Käfig sperren, wie den Vogel, oder mir Lasten auflegen, wie dem Kameele, oder mich mit Zaum und Zügel zähmen, wie das Pferd, oder dich meiner zum Pflügen bedienen; wie des Stieres, oder auf mich Thürme bauen, wie auf den Elephanten? -
          O nein, antwortete der Mensch: die Haut will ich dir abziehen, und dein Fleisch den Hunden vorwerfen, kraft des Vorranges, den mir Gott verliehen hat vor allen Thieren, deren er keinem als mir Vernunft und Willensherrschaft gegeben.
          Und wahrlich, nur durch Vernunft und Wil=

[ => Original lesen: 1835 Nr. 40 Seite 4]

lenskraft ist der Mensch der Herr des Landes und des Meeres. Durch ihre Macht zieht er den Fisch aus der Tiefe des Meeres, und den Vogel aus der Höhe der Lüfte. Durch sie fesselt er den Elephanten, und reißt dem Löwen Zähne aus, baut Palläste bis an die Zinnen des Himmels und gräbt Schachten bis in den Abgrund der Erde, schmiedet Waffen, um seine Feinde zu bezwingen, und stimmet Flöten, um das Ohr der Freude zu vergnügen. Alle diese Gaben dankt er nicht sich, sondern der Gnade des Schöpfers, der dieselben eben sowohl andern Geschöpfen hätte verleihen können, wie er zum Beispiel der Biene die Kunst verlieh, sechseckige Zellen zu bauen, zierlich und kunstreich, dem kunstreichsten der Menschen unnachahmbar.


Kurze, geographische Notiz über Rußland.

          Dieses ungeheure Reich zerfällt eigentlich in das europäische Rußland, das Königreich Polen, und das Asiatische Rußland, wozu noch die Niederlassungen in Amerika hinzu gezählt werden müssen. Dieses Kaiserreich enthält 375,174 Quadratmeilen, und ist 74 1/2 mal so groß, als unser Vaterland. Im Ganzen aber ist es noch lange nicht hinlänglich genug bevölkert, denn es hat nur 62 Millionen Einwohner, mithin etwa 165 auf einer Quadratmeile Land, während in unserem Vaterlande 2580 Einwohner auf einer Quadratmeile leben. Berechnet man, daß sich 3000 Menschen auf einer Quadratmeile ernähren können, so können in ganz Rußland 1,125,522,000 Menschen, und mithin noch 1,063,522,000 Menschen mehr leben, als jetzt. Ganz Europa zusammengenommen, hat aber nur 216,500,000 Bewohner, und das einzige Rußland würde dann allein 857,622,000 Seelen mehr haben, als ganz Europa! - Dieses zeigt, was Rußland werden kann, und muß; doch auch schon in seinem jetzigen Zustande ist dieser Staat der Mächtigste der ganzen Welt, denn er hat eine Landmacht von 650,000 Mann, die er im Nothfall auf eine Million vermehren kann, und eine Seemacht von 464 Segel, oder 4348 Kanonen mit 33,000 Mann Seesoldaten. Ist Rußland einst gehörig bevölkert, wie andere Staaten Europa's, und nur so, wie unser Vaterland es jetzt ist, so hat es 967,918,920 Einwohner, und kann ein Kriegsheer von 15 Millionen Streitern in's Feld stellen. Wehe dann dem übrigen Europa, ja, der ganzen Welt, wenn ein Eroberer, wie Napoleon, an die Spitze der Regierung Rußlands tritt! -


Anecdoten.

          Der Bürgermeister einer kleinen Stadt bewillkommnete den durchreisenden Oberpräsidenten mit folgender Anrede: "Zwei Dinge haben stets die hier durchreisenden Großen belästigt, die Fliegen nämlich und eine lange Anrede. Vor den Ersten möge Sie Gott schützen, vor der Andern will ich es, indem ich hier meine Rede schließe!" -
          Ein Kaufmann schrieb an den Andern: "Das Oel ist im Fallen, die Weine steigen, aber der Syrup hält sich noch ganz gleich, wie meine Freundschaft, mit der ich bin: Ihr ergebenster N."


Gedanken.

          Versprich nichts, oder doch so wenig, als nur irgend möglich. Hast du aber etwas versprochen, dann halte ehrlich Wort, und sollte es dein eigenes Unglück sein. -
          Leidest du Schiffbruch auf den Wogen des Lebens, und umstürmt dich überall Verderben und Zerstörung, o so laß' untersinken, was da will, rette nur Dein inneres Bewußtsein, und Du hast das höchste Kleinod gerettet. -


Getraide=Preise in Lübeck
vom 29. September.
Taler (Mecklenburg)
Waitzen, Mecklenburger und Holsteiner 62
Roggen, Mecklenburger und Holsteiner 54
              Petersburger 66
Gerste, Mecklenburger und Holsteiner 44
Hafer,   Mecklenburger und Holsteiner 34
Erbsen, Brecherbsen 50
             Futtererbsen -
Wicken -
Buchweitzen 34
Winter=Rapsaat die Tonne 23 Mark (Lübeck)
Sommer=Rapsaat 20
Schlagleinsaat 17


Gedruckt und verlegt von L. Bicker.


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